Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für die Unterstützung von Opfern der SED-Diktatur mit Hilfe von PMO-Mitteln
Das ist nicht der Fall, dann treten wir in die Aussprache ein, und das auch deswegen, weil die Landesregierung angekündigt hat, von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung keinen Gebrauch zu machen.
mit einem freundlichen Hallo. Jetzt kommen wir zur Beratung des Tagesordnungspunkts 17. Als erstem Redner erteile ich das Wort dem Kollegen Wirkner von der CDU-Fraktion.
Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste, im Februar 2018, also nun vor einem Jahr, hat unsere Fraktion einen Antrag in Drucksache 6/4944 eingebracht, der das Ziel verfolgt, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, um die zu erwartenden finanziellen Mittel aus dem Parteivermögen der ehemaligen SED und Massenorganisationen, kurz PMO genannt, die zur Auszahlung standen, im Jahr 2018 flexibel einsetzen zu können.
Bis jetzt gibt es eine Verwaltungsvereinbarung, deren Maßgabe es ist, diese Mittel für investive und investitionsfördernde Maßnahmen der öffentlichen Hand im Bereich der wirtschaftlichen Umstrukturierung zu 60 Prozent sowie für investive und investitionsfördernde Maßnahmen zu sozialen und kulturellen Zwecken zu 25 Prozent im Bereich der öffentlichen Hand und zu circa 15 Prozent im Bereich der nicht staatlichen Träger zu verwenden. Diese Verwaltungsvereinbarung wurde zwischen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderausgaben, kurz BvS genannt, und den Bundesländern geschlossen.
Im Laufe der letzten Jahre wurden in Thüringen bereits 69,5 Millionen Euro aus dem PMO-Vermögen ausgezahlt, deren Verwendung schon damals auf der Grundlage der bis dato geltenden Verwaltungs
vereinbarung erfolgte. Nun hat Thüringen im Jahr 2018 wiederum 32,4 Millionen Euro aus dem PMO-Vermögen erhalten. Nimmt man die bestehende Verwaltungsvorschrift zur Grundlage, müssen die Mittel, diese 32,4 Millionen Euro, wie folgt Verwendung finden: 19,44 Millionen Euro für die wirtschaftliche Umstrukturierung der öffentlichen Hand, 8,1 Millionen Euro für investitionsfördernde Maßnahmen zu sozialen und kulturellen Zwecken im Bereich der öffentlichen Hand und 4,86 Millionen Euro für nicht öffentliche Träger, und dies laut Verwaltungsvorschrift maßgeblich für investive Maßnahmen.
Dies mag sicherlich – gerade nach dem Zusammenbruch der DDR und der maroden Infrastruktur auf dem Territorium der neuen Bundesländer – seine Richtigkeit gehabt haben. Zeitgemäß ist diese Verwaltungsvorschrift mit seiner strikten Verteilungsvorgabe auf keinen Fall. Darüber waren wir uns schon im vergangenen Jahr, als wir uns hier über das Thema unterhalten haben, vor allen Dingen auch mit der Fraktion der Grünen einig.
Diese im Ausland geparkten Gelder der SED und all ihrer unsäglichen Scheinfirmen beruhten hauptsächlich auf dubiosen Exportgeschäften, die zum großen Teil auf dem Rücken von politischen Gefangenen, die zur Zwangsarbeit unter teilweise sehr unmenschlichen Bedingungen gezwungen wurden, ausgetragen wurden, um hier nur eine Opfergruppe zu benennen, die in keiner Weise in der oben genannten Verwaltungsvorschrift für eine wenigstens teilweise Entschädigung vorgesehen ist. Wie viel unsägliches Leid musste in der ehemaligen DDR von vielen Menschen ertragen werden, denkt man zum Beispiel an die Zwangsaussiedlung aus den ehemaligen Grenzgebieten der DDR Anfang der 50er- und 60er-Jahre und an die zum Teil drastischen Folgen? Ein besonders leidvolles Schicksal mussten jene ertragen, die ihre geliebten Angehörigen an der innerdeutschen Grenze zu betrauern hatten und haben, und die Familien derer, deren Angehörige in den Gefängnissen aus politischen Gründen jahrelang weggesperrt waren oder gar den Tod fanden. Wer denkt an die Kinder, die in den Heimen von ihren Eltern getrennt leben mussten, weil diese auf Jahre weggesperrt wurden, und viele von ihnen niemals mehr zu ihren Eltern zurückkonnten – Kinder, die als Erwachsene zum Teil noch heute an den Folgen des Erlebten leiden? Gleiches gilt natürlich auch für die Eltern.
An all diese Personengruppen, die ich jetzt als Beispiel aufgezählt habe, wurde bei der Erarbeitung dieser Verwaltungsvorschrift nicht gedacht – keine Wiedergutmachung, keine Entschädigung.
Der Sinn dieses Antrags im Monat Februar des vergangenen Jahres bestand schon damals wie heute darin, auf eine nicht mehr zeitgemäße Verwaltungsvorschrift hinzuweisen und auf deren Überarbeitung zu drängen, um auch denen gerecht werden zu können, die jenseits von Investitionen ebenfalls Berücksichtigung finden sollten – zum Beispiel beim Einrichten eines Härtefallfonds oder gar Entschädigungen wie zum Beispiel bei der Gruppe der Zwangsausgesiedelten.
Unser Antrag zielte bereits vor einem Jahr darauf ab, die Landesregierung aufzufordern, sich für eine Bundesratsinitiative aller Bundesländer einzusetzen, um eine Flexibilisierung der Verwaltungsvorschrift und deren Auszahlungsmöglichkeiten zu erreichen. Unser damaliger Antrag wurde von der Regierungskoalition nicht mitgetragen und stattdessen durch einen eigenen Alternativantrag ersetzt, der aber nicht unserem Anliegen entsprach, nämlich eine Bundesratsinitiative zum Zweck der Veränderung der Verwaltungsvorschriften zu initiieren.
Die Landesregierung wurde lediglich im Antrag von Rot-Rot-Grün aufgefordert – dazu komme ich jetzt, Frau Rothe-Beinlich, einen Moment –, sich mit den anderen in Betracht kommenden Bundesländern beim Bund dafür einzusetzen, dass ein Fonds für Härtefälle und für bisher nicht berücksichtigte Opfergruppen aus SED-Unrecht eingerichtet wird.
Dies scheint jedoch ohne Veränderung einer Verwaltungsvorschrift, was der Sinn und Zweck unseres Antrags war, sehr fraglich. Es ist nicht bekannt, dass dies bis heute jemals mit dem Bund verhandelt wurde. Unsere Forderung, die Verwaltungsvorschrift zum Zweck der Flexibilisierung zu ändern und sich um eine Bundesratsinitiative auch jetzt noch intensiv zu bemühen, bleibt daher aufrechterhalten, hat man doch vor Kurzem aus den Medien erfahren können, dass eventuell weitere 100 Millionen Euro zur Disposition stehen. Ungeachtet dessen wurde bereits auf der Grundlage der vorhandenen Verwaltungsvorschrift über die Vergabe der Gelder in Thüringen verhandelt, also über die 32,4 Millionen Euro.
Im Zuge der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des Abgeordneten Walk wurde eine Vielzahl von gestellten Anträgen aufgezeigt, von denen sicherlich eine große Anzahl geeignet gewesen wäre, mit PMO-Mitteln gefördert werden zu können, wie zum Beispiel die Ausstellung in Mödlareuth, das Grenzlandmuseum Teistungen, das Dokumentationszen
trum Jena, wo es um die Aufarbeitung der Justiz in der ehemaligen DDR ging, oder um Ausstellungselemente am Ort Probstzella, am Grenzbahnhof, um nur einige zu benennen.
In der Antwort des Finanzministeriums hieß es seinerzeit – es liegt nun schon einige Monate zurück –: „Die aktuell vorliegenden Anträge überschreiten bereits die dem Freistaat zugeflossenen PMO-Mittel um ein Vielfaches. Eine Priorisierung von Maßnahmen, die alle [Voraussetzungen für eine Förderung aus PMO] erfüllen, ist bereits erfolgt. Daher können darüber hinaus eingehende Anträge aus den genannten Gründen keine Berücksichtigung finden.“ Das hat gezeigt, dass es an diesen PMO-Mitteln doch ein großes Interesse gab. So weit zunächst – so gut.
Wir fordern jedenfalls auch heute noch die Landesregierung auf, alle priorisierten Antragstellungen zu benennen und zu berichten, wie die Auswahl der Projekte begründet wird. Gleiche Begründung fordern wir für die abgelehnten Projekte. Uns ist bekannt, dass zum Beispiel der Antrag Schifflersgrund mit 300.000 Euro für investive Maßnahmen abgelehnt worden ist. Uns ist auch bekannt, dass eine Naturschutzstation in Jena gefördert werden soll. Ich will auch voraussagen, man will nicht das eine mit dem anderen ausspielen, aber man will damit eigentlich einmal dokumentieren, dass es doch wichtiger wäre, speziell zum Beispiel solche Maßnahmen wie das Grenzmuseum „Schifflersgrund“ mit solchen PMO-Mitteln zu unterstützen. Dafür sollten sie uns alle zugeführt werden. Das wäre meiner Meinung nach auch eine gute Lösung gewesen.
Ungeachtet dessen bleibt unsere Forderung uneingeschränkt bestehen, sich nach wie vor für einen Härtefallfonds für die Opfer des DDR-Unrechts einzusetzen und die Voraussetzungen durch Änderung der Verwaltungsvorschrift zu schaffen, dass durch die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für die Zwangsausgesiedelten aus dem Grenzgebiet der ehemaligen DDR eine angemessene Entschädigungszahlung aus PMO-Mitteln erfolgen könnte. Dies sollte bei aller Dringlichkeit für eine Vielzahl von Projekten, die zur Diskussion standen, oberste Priorität haben. Dafür treten wir als Fraktion ein und auch ich ganz persönlich werde aus innerster Überzeugung nicht eher ruhen, bis sich in dieser Richtung Bewegung und eine Lösung abzeichnen.
Zum Schluss gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung: Es ist mir unverständlich, dass 30 Jahre nach Grenzöffnung noch immer über Wiedergutmachung diskutiert wird und versucht werden muss, jenen eine entsprechende Fürsorge entgegenzubringen, die in 40 Jahren DDR Schlimmstes
erleben mussten. 30 Jahre kämpfen die Opfer um Rehabilitation, um Entschädigung, Wiedergutmachung für ergangenes Unrecht. Da denke ich zum Beispiel an ein seit vielen Jahren bekanntes Rechtsverfahren der Familie May hier in Erfurt.
Neuerlich gibt es jedoch eine Diskussion über alle Parteien hinweg, dass man den Osten Deutschlands wieder mehr in den Fokus politischen Handelns rücken muss. Ich hoffe daher, dass man künftig auch dem Thema „Aufarbeitung und Wiedergutmachung“ die Aufmerksamkeit zukommen lässt, die unbedingt notwendig ist.
Ich bin überzeugt, auch im Namen meiner Fraktion sprechen zu können: Wir werden von nun an und noch beherzter unseren Beitrag bezüglich Wiedergutmachung leisten. Und ich lade Sie alle dazu ein, an der Lösung dieser Aufgabe im Interesse der vielen Betroffenen im Land Thüringen mitzuarbeiten. Danke sehr.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Wirkner, Sie haben ganz viele wesentliche Dinge hier angesprochen, ganz viele Zahlen genannt, ganz viele Themen miteinander vermischt, über die wir gern bereit sind, mit Ihnen zu diskutieren. Es hat nur nichts mit dem Antrag zu tun, der uns vorliegt – überhaupt nichts.
Die Bemerkung, die Sie am Schluss gesagt haben, widerstrebt mir schon und das möchte ich noch mal ganz deutlich darstellen: Sie kennen diejenigen, die zum Thema „Aufarbeitung“ in den regierungstragenden Fraktion arbeiten – außer meiner Wenigkeit Frau Rothe-Beinlich und Frau Mitteldorf –, und Sie müssen eigentlich wissen und Sie wissen, mit wie viel Herzblut wir uns alle gemeinsam und oft auch mit Ihnen an der Seite zum Thema „Aufarbeitung“ stellen und wie intensiv wir es bearbeiten. Ich sage noch mal in aller Deutlichkeit: Dieser Landesregierung und den regierungstragenden Fraktionen ist das Thema „Aufarbeitung“ ein überaus wesentliches und wichtiges Thema und so haben wir bislang auch immer gearbeitet.
Jetzt kommen wir noch mal zu Ihrem Antrag: Wir können über verschiedene Sachen irgendwann noch mal reden, aber diesen Antrag – das ist die Drucksache 6/6657 vom 17.01.2019, Antrag der CDU-Fraktion „Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für die Unterstützung von Opfern der SED-Diktatur mit Hilfe von PMO-Mitteln“ – haben Sie jetzt hier vorgelegt. Sie waren auch nicht bereit, darüber zu reden, den gegebenenfalls umzuformulieren oder zurückzuziehen, weil wir diesen Antrag hier im Landtag schon längst beschlossen haben.
Zunächst zum Landtag: Vor fast exakt einem Jahr, am 22.02.2018, hat das Plenum auf Antrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 6/5356 den Beschluss gefasst, die Landesregierung möge sich im Zusammenhang mit der Auszahlung der PMO-Mittel dafür einsetzen, dass diese Gelder auch für Investitionen in die Thüringer Aufarbeitungslandschaft sowie zur Einrichtung eines Härtefallfonds für bisher nicht berücksichtigte Opfergruppen verwendet werden können. Zudem ist die Landesregierung gebeten worden, bei der Vergabe der PMO-Mittel für die genannten Zwecke die Expertise der Fachöffentlichkeit zu berücksichtigen. Das haben wir beschlossen.
Und was fordern Sie jetzt in Ihrem Antrag? Ich zitiere: Sie wollen, dass „PMO-Mittel auch für die Aufarbeitung des SBZ/DDR-Unrechts und vor allem auch für die Unterstützung der Opfer eingesetzt werden können (zum Beispiel durch Einrichtung eines Här- tefallfonds für bereits anerkannte als auch bisher noch nicht berücksichtigte Opfergruppen des SBZ/ DDR-Unrechts).“ Das hatten wir schon, das haben Sie jetzt nur noch mal aufgeschrieben.
Die CDU bittet die Landesregierung in Punkt 3 des jetzt vorliegenden Antrags, über den wir heute abstimmen sollen, diesem Härtefallfonds einen Beirat zur Seite zu stellen, in dem die Fachöffentlichkeit vertreten ist. Mit anderen Worten, Sie fordern noch mal genau das Gleiche ein, was längst auf Initiative von Rot-Rot-Grün auf den Weg gebracht worden ist.
Es wird noch schöner: Die CDU will mit Punkt 2 des Papiers eine Bundesratsinitiative mit der Zielset