Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ich bestreite aber, dass die Demokraten sind!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir nehmen jetzt einen Wechsel vor. Als Nächster hat Abgeordneter Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Anträgen der Aktuellen Stunde der AfD müssen wir uns als Grüne sehr wundern. Es hat so den Eindruck, als wenn man bei der AfD immer verschiedene Politikbereiche auf Abruf bestellen kann. Einmal haben Sie die Rolle des Wirtschaftsvertreters, dann unterstützen Sie mehr die Politik in Russland, und heute versuchen Sie mal die Rolle als Naturschützer. Aber bei der Rolle als Naturschützer ist in den letzten Jahren, in den letzten Monaten hier im Parlament ziemlich klar geworden, dass das keine wahre Rolle ist, sondern nur eine scheinbare Rolle. Das erscheint mir nicht als eine kontinuierliche Arbeit für den Naturschutz, sondern Herr Höcke kommt mir eher vor wie ein Callboy des Naturschutzes, wo man mal anrufen kann und bestellt, heute möchten wir den Herrn Höcke als Redner für den Naturschutz haben. Denn wenn Sie sich ernsthaft für den Naturschutz interessieren würden, dann würden Sie natürlich wichtige Fragen beantworten, zum Beispiel zum Klimawandel. Da wäre ich auch sehr gespannt, wie Sie den jungen Leuten am Freitag zur Demonstration erklären würden, wie Sie sich denn die Welt in 20 oder 30 Jahren vorstellen. Ob Sie sie dann durch den Klimawandel in einer gewissen

(Abg. Harzer)

Zerstörung hinterlassen wollen oder ob Sie sie zukunftsfest gestalten wollen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das Zerstö- ren machen Sie doch schon!)

Ich höre immer ganz genau zu. Sonst sprechen zu Klimafragen immer auch andere Abgeordnete in Ihrer Fraktion. Es ist eher selten, dass Herr Höcke dazu spricht. Aber ich habe immer sehr genau zugehört. In keiner einzigen Wortmeldung in den letzten Monaten oder Jahren haben Sie etwas dazu gesagt, wie Sie sich eine klimafreundliche Energiepolitik oder überhaupt eine vernünftige – wie Sie es bezeichnen – Energiepolitik vorstellen. Nicht ein Mal sind Sie darauf eingegangen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Da haben Sie nicht aufgepasst!)

In manchen Nebensätzen ist immer mal darauf zu sprechen gekommen worden, dass Sie von der Revolution des Fusionskraftwerks träumen.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Ja!)

Aber auf weitere Punkte sind Sie nicht eingegangen. Wenn Sie uns jetzt weismachen wollen, dass Sie die Natur schützen wollen, dann müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen, dass der Klimawandel die Natur zerstört. Herr Harzer hat es ansatzweise gesagt: Der Wald wird nicht wegen zwei Windrädern, die es in Thüringen zurzeit gibt – darauf gehe ich gleich im Detail noch mal ein –, zugrunde gehen, sondern durch die hohe Trockenheit werden wir hektarweise Wald verlieren. Wenn Sie sich den Bericht von ThüringenForst anschauen, dann sehen Sie ganz genau, dass das nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern auch ein finanzielles Problem. Wenn Sie sich interessieren würden, wo Windräder gebaut werden – Sie haben ja behauptet, dass das im Wald gefährlich oder schädlich für den Naturschutz ist –, dann würden Sie sich auch damit befassen, was Artenvielfalt ist und werden sehen, dass es sich dort, wo überhaupt Windräder im Wald durch uns ermöglicht werden, um reine Fichtenmonokulturen handelt. Vergleichen Sie mal bitte die Artenvielfalt von Fichtenmonokulturflächen mit landwirtschaftlich genutzten Offenlandflächen. Da werden Sie feststellen, dass die Artenvielfalt dort ungefähr nur ein Drittel ist.

(Unruhe AfD)

Wenn Sie das neutral begutachten würden, dann würden Sie schauen, wo kann man Windräder hinstellen, wo ist es aus naturschutzrechtlicher Sicht sinnvoll und wo nicht. Da sagen wir ganz eindeutig: Wenn es Probleme gibt im Wald, wenn es in Naturschutzgebieten ist, wenn es in Landschaftsschutzgebieten ist, wenn es in Biosphärenreservaten ist,

dann soll dort kein Windrad gebaut werden. Aber wenn sich alle Umweltbehörden einig sind und die Gemeinden und der Landkreis und die Planungsgemeinschaft das möchten und der Eigentümer auch und es auch nicht umweltschädlicher ist als im Offenland, dann soll es doch die Möglichkeit geben, dies sensibel zu ermöglichen. Das ist das, was wir als Grüne und als Koalition gesagt haben. Dazu stehen wir, egal was für Reden Sie hier halten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns das in Südthüringen mal genau anschauen. Dort geht es darum, dass gerade nicht auf den Kammflächen des Thüringer Walds Windräder gebaut werden, sondern dass es in Randgebieten ist. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal bei einem Windrad waren, das im Wald in Thüringen errichtet wird. Wir waren zusammen mit Bodo Ramelow bei einem, das ist genau an einer Übergangsfläche zum Offenland gewesen. Dort wurden wegen des Windrads Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen. Die Artenvielfalt hat sich um das Fünffache verbessert. Für die einzelnen Bäume, die dort weggekommen sind, hat es in fünffacher Menge Neuanpflanzungen gegeben, und das in anderen Qualitäten, und zwar in Mischwäldern. Dort hat ein Waldumbau durch Windräder stattgefunden, und das sind Beispiele, die man im Einzelfall umsetzen kann.

Wir sind dafür, das nicht massenweise im Wald zu bauen, aber an zwei oder drei Punkten. In Südthüringen wird jetzt gerade über acht Windräder diskutiert, wovon kein einziges im Kernbereich des Thüringer Walds ist, meine sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Abgeordneter Gruhner, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, dass diese Debatte und auch schon die Debatten heute Nachmittag, die wir im Vorfeld zu diesem Punkt hier erlebt haben, eines sehr, sehr schön zeigen, nämlich: Wenn Politik von Rändern aus gemacht wird, erleben wir wie vorhin bei der Debatte um die Europäische Union, dass Die Linke am liebsten die völlige Umverteilungsunion und die AfD gar keine Europäische Union will. Und jetzt bei der Debatte um Windräder und der Debatte um Klimaschutz erleben wir, dass Die Linke mit ihren grünen Helfern am liebsten Klimaschutz mit der Brech

(Abg. Kobelt)

stange will, am liebsten das ganze Land verspargeln will,

(Unruhe DIE LINKE)

und bei der AfD erleben wir, dass sie am liebsten gar keinen Klimaschutz und am liebsten auch gar keine Windräder will.

(Beifall AfD)

Und das zeigt eines ganz klar, dass es in der Mitte eine politische Kraft braucht, die mit Vernunft rangeht, die die Dinge ordnet,

(Beifall CDU)

die Maß und Mitte hält,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die Augenmaß im Blick hat, und – Herr Adams, gut, dass Sie es selbst sagen, da muss ich es nicht tun – genau das ist die Union und das ist auch gut so, dass wir aus der Mitte heraus diese Dinge so ordnen.

Ich will Ihnen auch sagen, was das bei diesem Thema bedeutet. Es bedeutet, dass wir …

(Unruhe im Hause)

Die Lautstärke macht es nicht besser, wenn Sie alle dazwischenschreien. Ich will es Ihnen aber trotzdem gern erklären, was Maß und Mitte bei diesem Thema bedeutet: Es bedeutet – und das ist ja nicht das erste Mal, dass wir über dieses Thema reden –, dass man beim Thema „Windkraftnutzung“, beim Thema „Energiewende“, Leitplanken setzt, die am Ende dafür sorgen, dass es Akzeptanz bei der Bevölkerung gibt.

(Beifall CDU)

Und dazu gehört unser ganz klares Bekenntnis – und das haben wir auch schon oft gesagt –, dass Wind im Wald nichts zu suchen hat.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genau!)

Und da muss man dann am Ende auch konsequent sein – im Übrigen habe ich diese Konsequenz bei dem Beitrag der AfD heute auch vermisst –, dass man nämlich das Thüringer Waldgesetz jetzt angeht und im Thüringer Waldgesetz auch ganz klar verankert, dass Windkraftnutzung im Wald verboten sein soll.

(Beifall CDU)

Und deswegen sind wir Rot-Rot-Grün durchaus dankbar, dass Sie das Thema „Waldgesetz“ jetzt auch auf die Tagesordnung gesetzt haben, und deswegen werden wir bei der Debatte um das Waldgesetz auch ganz klar vorschlagen, dass im

Thüringer Waldgesetz verankert wird, dass Windkraftnutzung künftig in Thüringer Wäldern verboten ist. Das ist die konsequente Antwort auf das, was die AfD hier in den Raum stellt. Nur machen wir es eben richtig und konsequent, und das ist dann eben auch der Unterschied von CDU zu AfD an dieser Stelle.

(Beifall CDU)

Und dann will ich aber auch sagen, dass neben der Frage „Wind im Wald“ auch die Frage von Mindestabständen – und auch das ist nicht neu – eine Rolle spielt. Rot-Rot-Grün hat da leider eine Chance vertan, wir hatten, als das noch im Baugesetzbuch ermöglicht wurde, eine Länderöffnungsklausel hier schon am Anfang dieser Legislaturperiode in das Parlament eingebracht. Sie von rot-rot-grüner Seite haben das abgelehnt und auch da hat sich gezeigt, dass Sie überhaupt nicht an Maß und Mitte und an Augenmaß interessiert sind, und deswegen ist es auch ein Thema, wo wir ganz klar sagen, das gehört dazu, wenn man Leitplanken beim Thema „Windkraftnutzung“ setzt, dass man eben auch für entsprechende Mindestabstände zur Wohnbebauung sorgt.

Dann will ich ein drittes Thema ansprechen, auch das hat hier schon eine Rolle gespielt und auch da hat man wieder gesehen, dass Rot-Rot-Grün an Maß und Mitte nicht interessiert ist, dass wir nämlich auch im Baugesetzbuch die Privilegierung der Windkraftnutzung abschaffen, weil wir – auch das haben wir schon mehrfach betont – immer wieder sagen müssen, dass die Windkraftnutzung den Kinderschuhen entwachsen ist. Deswegen sind das alles Beispiele, wo wunderbar deutlich wird, dass man beim Thema „Klimaschutz“, beim Thema „Energiewende“ einen konsequenten Weg gehen kann, dass man aber Maß und Mitte walten lassen muss, wofür wir stehen. Links und rechts in diesem Haus ist genau Maß und Mitte nicht vorhanden. Wie gesagt, die einen wollen gar keinen Klimaschutz, die anderen wollen ihn mit der Brechstange.

Deswegen kann man an dieser Stelle nur sagen, dass unser Weg aus der Mitte heraus durchaus auch an dieser Stelle wie bei anderen Themen auch der richtige ist. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Alles Ausreden!)

Für die Landesregierung hat Staatssekretär Möller das Wort.

(Abg. Gruhner)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Gäste auf der Tribüne und im Internet! Windkraft, das ist ja der zentrale Punkt, der hier zur Debatte stehen soll, bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in das Ökosystem unseres Bundeslands. Über das Ökosystem Thüringens nachzudenken, ist uns als Umweltministerium selbstverständlich immer wichtig. Deshalb beteiligen wir uns auch gern an dieser Debatte. Wenn ich allerdings die Überschrift dieser Aktuellen Stunde sehe „Keine Verschandelung unserer schönen Heimat“, dann kommen mir jedoch Zweifel daran, dass es sich hier um eine ehrliche Debatte um Nutzen und Probleme des Windkraftausbaus handeln soll. Und ich frage mich, ob es sich doch nicht eher um eine billige Stimmungsmache und plumpes Wahlkampfgetöse handelt.

Wie dem auch sei, wir führen heute die Debatte und ich will die Gelegenheit nutzen, ein paar grundlegende Dinge klarzustellen. Dazu gehört, dass die Landesregierung ohne Wenn und Aber zum Ausbau der Windenergie steht. Wenn wir den Klimawandel – und die Folgen erleben wir derzeit an vielen Stellen überdeutlich – überhaupt noch in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir bis zur Mitte des Jahrhunderts unseren CO2-Ausstoß, unseren Klimagasausstoß auf Null gebracht haben.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Sagen Sie das mal den Chinesen!)