Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

davon nach Hohenleuben verlegen und das gesamte Personal mitschicken, haben Sie dort eine deutlich bessere Situation. Auch das haben wir gemacht.

Wir haben – auch darauf wurde schon hingewiesen – das Gesundheitsmanagement deutlich verbessert und werden jetzt tatsächlich zum ersten Mal, nachdem wir die Ausbildungskapazitäten wieder deutlich erhöht haben, diese Situation haben, dass die Zahl derjenigen, die aus der Ausbildung kommen, derjenigen übersteigt, die in den Ruhestand gehen werden.

Ihr Vorwurf, man hätte nichts getan, ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Die Wahrheit ist, dass wir das tun, was Sie über viele Jahre unterlassen haben, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich zum Schluss vielleicht noch auf dieses Personalentwicklungskonzept zu sprechen kommen. Ja, es ist richtig: Auf der einen Seite hat Thüringen die niedrigsten Gefangenenzahlen seit der Wiedervereinigung. Noch nie hatte Thüringen so wenig Straftäter in den Gefängnissen, was grundsätzlich ein positives Zeichen ist. Trotzdem ist die Situation – das ist der Punkt, bei dem ich Herrn Helmerich recht gebe –, wenn ich mit vielen dieser Beamten spreche, immer wieder klar, dass die Problemlagen der Inhaftierten, wie es so schön heißt, multipler geworden sind.

Es ist auch richtig und es ist auch gut – da verteidige ich an dieser Stelle immer ganz ausdrücklich meinen Vorgänger, Herrn Poppenhäger –, dass das neue Strafvollzugsgesetzbuch den richtigen Ansatz wählte zu sagen, wir müssen einen stärkeren Fokus auf den behandlerischen Vollzug legen. Dann kommt aber wieder der Vorwurf – den kann ich Ihnen nicht ersparen –, Sie haben dieses Gesetz gemacht und haben hineingeschrieben, personelle Auswirkungen: keine.

Jetzt haben wir festgestellt, dass das einfach nicht richtig ist. Natürlich dauert es ein bisschen, das zu evaluieren, wenn man das umsetzt, was man dann braucht. Deshalb ist es so, dass der Thüringer Vollzug mittelfristig auf jeden Fall zur Durchsetzung dieser richtigen Ansatzpunkte in dem Strafvollzugsgesetzbuch Personal brauchen wird. Das Personal können wir aber erst einmal nur generieren, indem wir die Ausbildungskapazitäten weiter erhöhen. Wir werden Ihnen das noch in der nächsten Zeit vorlegen. Es wird eine Zahl sein, die sich in dem Siebzigerbereich bewegen wird. Wir sind wirklich in den allerletzten Abstimmungen mit den Personalvertretungen. Zum Schluss wird da eine Zahl stehen, dass der Thüringer Vollzug, um diese anspruchsvollen Ziele des Strafvollzugsgesetzbuchs zu erfül

len, tatsächlich dieses Maß mehr an Personal braucht. Dann freue ich mich auch ganz besonders darauf, Herr Helmerich, wenn Sie und die SPDFraktion zusammen mit Ihrer Finanzministerin sagen: Stimmt, das machen wir so. Diese Stellen werden wir in den nächsten Doppelhaushalt in der nächsten Legislaturperiode schreiben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Unsere Unterstützung in diesem Kampf haben Sie auf alle Fälle. Das ist keine Frage. Vielen Dank.

Ich schließe den vierten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den fünften Teil

e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Thüringen stärken und medizinische Versorgung flächendeckend sicherstellen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/6999 -

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Hartung für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Vor einigen Tagen hat die DAK eine Studie zur Gesundheit der Kinder hier in Thüringen veröffentlicht. Nun könnte man sagen: Die DAK ist nicht unbedingt die größte Kasse in Thüringen. Das ist sicher richtig, aber es ist zumindest eine Studie, die etwa 4 Prozent aller Thüringer Kinder und Jugendlichen umfasst. 4 Prozent, das ist nicht nichts und damit kann man schon mal umgehen. Die Auswertung bezieht sich ausschließlich auf Versorgungsdaten, das heißt darauf, wenn Kinder und Jugendliche beim Arzt, im Krankenhaus, bei Apotheken oder anderen medizinischen Versorgern aufgetaucht sind und dort eine Behandlung bekommen haben. Was dort festgestellt wird, ist meines Erachtens durchaus bedenkenswert. Wenn wir uns überlegen, dass in fast allen Bereichen, die aufgeführt sind, die Thüringer Kinder wesentlich häufiger behandelt werden müssen als der Bundesschnitt, gibt das schon zu denken.

Der einzige Bereich, in dem es eine niedrigere Arztbesuchsfrequenz von Kindern gab, ist der augenärztliche Bereich. Und selbst da muss man jetzt die

(Minister Lauinger)

Frage stellen, ob das eventuell an der, sage ich mal, nicht so üppigen Ausstattung mit Augenärzten, die in Thüringen zu konstatieren ist, liegen könnte und ob es, wenn es genügend Termine und genügend Augenärzte gäbe, möglicherweise auch da eine wesentlich höhere Frequentierung geben würde.

Ich möchte mal an dieser Stelle ein paar Zahlen herausgreifen. Beispielsweise ist die Zahl der Neurodermitiserkrankungen oder Neurodermitisbehandlungen von Kindern in Thüringen um fast zwei Drittel höher als im Bundesschnitt. Oder um eine weitere Zahl aufzuführen: Thüringer Kinder sind zu einem Drittel hautkrank, also die Versicherten der DAK. Weitere auffällige Erkrankungen sind Virusinfekte beispielsweise, die in Thüringen 41 Prozent höher liegen als im Bundesschnitt. Wir müssen da tatsächlich auch jede einzelne Zahl genauer anschauen. Hier sind es sehr, sehr viele Erkrankte, also immer mehrere Hundert pro Tausend, also durchaus eine nennenswerte Zahl. In einem anderen Bereich, bei psychischen Auffälligkeiten in Verbindung mit Alkohol, geht es nur um wenige Fälle. Aber immerhin, auch da liegt Thüringen 47 Prozent über dem Bundesschnitt. Ich glaube, das allein macht schon deutlich, dass da tatsächlich etwas im Argen liegt. Und wenn wir uns jetzt noch bestimmte Gewichtungen anschauen, da müssen wir feststellen, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen Stadt und Land gibt. Kinder, die in ländlichen Regionen aufwachsen, sind wesentlich seltener beim Arzt vorstellig als Kinder, die in städtischen Regionen aufwachsen. Das macht sich besonders bei Dingen wie Karies, bei psychischen Auffälligkeiten, bei psychosomatischen Erkrankungen, bei Allergien, bei Hautkrankheiten und bei Virusinfekten bemerkbar. Darüber hinaus – auch das sollte uns zu denken geben – sind Kinder unterschiedlich erkrankt oder unterschiedlich in Behandlung nach ihrem sozioökonomischen Umfeld. Kinder aus Studierten-Elternhäusern, mit studierten Eltern, sind zu 74 Prozent weniger mit Karies belastet als Kinder aus Elternhäusern ohne studierte Elternteile. All das müssen wir genauer betrachten. Das wirft ein Starklicht auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Thüringen.

Ich möchte jetzt mal den Blick von dieser DAK-Studie abwenden und zum Robert-Koch-Institut gehen, das mal ausgewertet hat, wie die Impfquoten in Thüringen sind. Ich möchte mal deutlich machen, bei den Masern nimmt Thüringen bei den Kindern, die zweimal geimpft sind, also einen kompletten Impfschutz haben, derzeit den zweitletzten Rang vor Sachsen ein, bei Kinderlähmung ebenfalls den zweitletzten Rang vor Baden-Württemberg. Das sind Zahlen, die müssen uns zu denken geben. Da

waren wir mal wesentlich besser. Da waren wir in der letzten Legislatur an dritter bzw. fünfter Stelle von vorn. Jetzt sind wir an vorletzter Stelle. Das ist im Prinzip der Punkt, weswegen wir diese Aktuelle Stunde hier eingereicht haben. Wir müssen diese beiden Signale – das sind ja nur zwei von vielen Signalen – ernst nehmen. Wir müssen schauen, warum Thüringer Kinder kränker als andere Kinder in der Bundesrepublik sind. Wir müssen schauen, ob wir es uns leisten können, die Impfquote weiterhin so fallen zu lassen. Die wird wirklich schlechter, messbar schlechter, auch wenn sie in diesem Jahr, verglichen zum letzten Jahr, etwas angestiegen ist. Sie ist deutlich schlechter als noch vor zehn Jahren. Und genau diesen Punkt müssen wir beleuchten. Ich glaube, aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir aktuelle Meldungen ernst nehmen und tatsächlich zur Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen eine etwas aufmerksamere Haltung einnehmen, als es vielleicht bisher der Fall ist. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Zippel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank an die SPDFraktion für diese Aktuelle Stunde. Ich selbst hatte Anfang März eine Kleine Anfrage zum Thema „Chronische Erkrankungen bei Kindern“ gestellt. Und es ist jetzt schön, dass nun auch die SPD sieht, dass in Thüringen bei dieser Thematik einiges im Argen liegt. Aber, Herr Kollege, ich bin ein bisschen enttäuscht von dem, was Sie hier so dargeboten haben. Sie haben hier zu 80 Prozent die DAK-Studie aufgezählt und dann noch kurz dem Ministerium ein paar Tritte vors Schienbein gegeben. Das wäre eigentlich meine Aufgabe – aber trotzdem danke für diese Arbeit.

Die Aktuelle Stunde ist nichtsdestotrotz ein wichtiges Signal, dass doch einiges nicht passiert ist, was hätte passieren müssen. Aussitzen hilft eben nicht weiter. Die Ergebnisse der Länderstudie im Auftrag der Krankenkasse DAK sind in der Tat alarmierend.

Wir haben es natürlich auch mit einem bundesweiten Trend zu tun. Die Ursachen sind sicherlich komplex. Es geht um Fragen des Lebensstils, um Freizeitgestaltung. Aber die Frage ist doch, warum in Thüringen eben mehr Kinder chronisch erkrankt

(Abg. Dr. Hartung)

sind als Gleichaltrige in anderen Bundesländern. Diese Frage wurde eben gerade vom Antragsteller der Aktuellen Stunde nicht aufgeworfen.

Jedes dritte Kind in Thüringen ist körperlich chronisch krank – jedes dritte Kind! Knapp jedes zehnte Kind in Thüringen leidet an einer potenziell chronischen psychischen Erkrankung. Ich habe schlichtweg den Eindruck, dass das Thema in Thüringen vernachlässigt wird. Schade ist es zum Beispiel, denn die Landesgesundheitskonferenz ist ein Instrument, das ja gerade dafür geschaffen wurde, um sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Es wäre dafür prädestiniert, eben alle Akteure an einen Tisch zu bringen, aber diese Möglichkeiten bleiben in Thüringen ganz offensichtlich ungenutzt. Es ist kein Geheimnis, ich war nie ein großer Freund der Landesgesundheitskonferenz, und wenn ich solche Probleme höre

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Sie waren auch nie da, oder?)

ich war da, zweimal –, dann merke ich einfach, dass die Landesgesundheitskonferenz offensichtlich viel redet, ins Leere arbeitet, aber solche Probleme einfach nicht gelöst werden. Da würde ich mir doch viel mehr wünschen. Aber, Frau Ministerin, vielleicht können Sie es als Anregung mitnehmen. Falls Sie noch ein Thema für die diesjährige Landesgesundheitskonferenz suchen, dann wäre das doch vielleicht mal ein Anlass, Probleme haben wir in dem Bereich ja genug. Wünschenswert wäre allerdings, auch wirklich mal konkrete Ergebnisse zu liefern und eben nicht nur Symbolpolitik.

Ein weiterer Punkt ist, dass jeder 20. Minderjährige chronisch übergewichtig ist – jeder 20. Minderjährige! Und 6 Prozent aller Kinder ab 12 Jahren wurden wenigstens einmal im Jahr wegen Rückenleiden behandelt. Ganz sicher hilft hier auch nicht – und da kommen wir zum nächsten Problem, was damit zusammenhängt –, wenn in Thüringen eben zunehmend der Sportunterricht wegen fehlender Lehrer ausfällt.

Apropos Schule: Unter den chronisch psychischen Erkrankungen sind eben besonders häufig Schulangst und Depressionen. Offenbar sehen wir hier eine zunehmend psychische Belastung unserer Schulkinder. Wollen wir dann tatsächlich noch längere Schulwege, noch größere Schulklassen, noch weniger individuelle Angebote für förderbedürftige Schüler? Hier greifen doch die Probleme ineinander, wir können uns doch nicht über die kranken Schüler aufregen und auf der anderen Seite, wenn wir über Bildungsthemen sprechen, halt eben diese Probleme noch weiter befördern. Ich habe den Ein

druck, man sieht hier einfach nicht die gesamte Größe des Themas. Mein Appell ist eben, diese Ergebnisse der Studie auch ernst zu nehmen und Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall CDU)

Die Studie zeigt auch, dass Kinder von suchterkrankten Eltern eine um zwei Drittel höhere Wahrscheinlichkeit haben, selbst suchtkrank zu werden, und da kommt – das sage ich Ihnen, wie es ist – ein riesiges Problem auf uns zu, denn Thüringen hat, auch wenn es einige von Ihnen nicht hören wollen, ein Drogenproblem. Verharmlosung ist da der absolut falsche Weg.

(Beifall CDU, AfD)

Ein weiteres drängendes Thema in der Kinder- und Jugendmedizin ist das Thema „Impfschutz“ – der Kollege hat es gerade schon mal angerissen. Die zunehmende Zahl von Maserninfektionen ist besorgniserregend und die Kampagne „Thüringen impft“ des Sozialministeriums läuft bisher noch ohne weitere größere Erfolge. Auch da würde mich als nächste Frage interessieren, was da konkret herausgekommen ist. Ein nächstes Projekt, ein Prestigeprojekt, wo ich mich aber frage: Was ist nun da das Ergebnis? Scheint ein weiterer Fall von roter und grüner Schönrederei und Symbolpolitik zu sein. Wo sind hier konkrete Gesetzesinitiativen und vielleicht auch mal eine klare Positionierung zu einer Impfpflicht, in welcher Form auch immer, eine passive Impfpflicht vielleicht, die zum Beispiel sagt, dass eine Impfung notwendig ist und verbindlich ist, überhaupt die Voraussetzungen zu schaffen zum Besuch einer Kita? Solche Vorschläge oder andere Dinge höre ich eben von der rot-rot-grünen Regierung gar nicht.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Wenn sie kämen, würde doch bloß geme- ckert!)

Ein Gedanke wäre zum Beispiel auch, die fehlenden Impfungen bei Schuleingangsuntersuchungen nachzuholen. Es ist einfach ein Irrsinn – das hat der Kollege ja auch schon gesagt –, wenn solche Krankheiten zurückkommen.

Schließlich ist auch im Titel der Aktuellen Stunde davon die Rede, medizinische Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen hat Anfang März angekündigt, in Konsequenz eines Urteils des Bundessozialgerichts Krankenhausärzte nicht mehr für den ärztlichen Bereitschaftsdienst einzusetzen. Das betrifft eben auch Kinder- und Jugendmedizin. Mancherorts gibt es eben ohnehin eine Knappheit an niedergelassenen Ärzten. Ich habe dazu auch schon eine Kleine

Anfrage eingereicht. Ich würde mich freuen, wenn die Ministerin dazu heute noch etwas sagen könnte, welche Auswirkungen diese Entscheidung eben auf den kinderärztlichen Notdienst hat, ob die Versorgung wirklich noch flächendeckend sichergestellt ist.

Das sind all die Fragen, die eigentlich aufgeworfen werden. Ich hätte mir eine Antwort gewünscht, das ist leider nicht passiert, insbesondere vom Fragesteller. Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Kubitzki das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich staune schon etwas, was in so eine Studie, womit 4 Prozent der Kinder von Thüringen erfasst sind, alles reininterpretiert werden kann. Damit will ich nicht ausdrücken, dass diese Studie nicht ernst genommen werden soll. Aber daraus dann gleich „Frau Ministerin, Sie sind schuld, keine Impfungen, Kinder sind zu dick, also lassen Sie sich mal was einfallen“ zu machen, das finde ich schon ein bisschen unredlich in dieser Sache. Dass mit medizinischer Struktur in Verbindung zu bringen, finde ich auch fachlich sehr fragwürdig an dieser Stelle.

Was mich natürlich überrascht hat, sind zum Beispiel an erster Stelle die Atemwegserkrankungen vor allem bei Kindern in der Stadt und Allergien bei Kindern auf dem Land. Aber wenn man mal nachdenkt, ist das ja gar nicht so befremdlich. Ich glaube, unter anderem die Atemwegserkrankungen in der Stadt haben auch was mit unserer Umwelt zu tun – als eine Ursache. Und die zweite Ursache ist fehlende Bewegung. Jetzt könnte ich reininterpretieren, Allergien usw. auf dem Land – wir haben gerade die Glyphosat-Diskussion. Das könnte ich jetzt einbringen. Auch das kann ich hier in diese Studie reininterpretieren.

Aber ich will mal eine andere Aufmerksamkeit bei Ihnen wecken. Vor Kurzem konnte ich die RehaEinrichtung in Bad Salzungen „Charlottenhall“ besuchen. Dort werden Kinder betreut und rehabilitiert, die übergewichtig sind. Das Programm, was die dort machen, ist eine ganz tolle Sache, in drei, vier Wochen die Kinder in eine gesunde Lebensweise zu bringen. Da sagte mir aber der Chef von dieser Reha-Einrichtung dort: Wir arbeiten auch viel mit Eltern zusammen; aber, Herr Kubitzki, was kann ich denn in den drei Wochen anfangen, wenn ich

auch die Mutti hier habe – und ich sage das jetzt mal ein bisschen plakativ – und die so breit ist, dass sie eigentlich auf zwei Stühlen Platz finden muss. – Ich glaube, und das ist doch das Wesentliche, dass die Lebensverhältnisse und die Lebensweise der Eltern auch entscheidend die Lebensweise der Kinder beeinflussen. Dazu wird in der Studie was gesagt, nämlich, dass es Unterschiede in der Frage bildungsfern oder bildungsnah gibt. Ich sage aber auch, es gibt Unterschiede bei der Frage arm oder reich. Auch das spielt eine Rolle.

Aber wir müssen doch ansetzen unter anderem bei der Erziehung der Eltern. Das beginnt auch schon im Kindergarten bei der Bewegung der Eltern zu einer gesunden Lebensweise, die sie auch an ihre Kinder weitergeben müssen. Deshalb gehört die Erziehung der Eltern für mich – und deshalb haben wir auch Eltern-Kind-Zentren – mit dazu, um das zu erreichen. Ich gebe zu, Bewegung brauchen unsere Kinder, dazu zählt der Sportunterricht. Und es ist schade und schlecht, wenn Sportunterricht ausfällt. Da bin ich bei denen, die das gesagt haben. Aber es gehört auch dazu, dass Kinder mehr für eine Teilnahme in Sportvereinen gewonnen werden. Aber auch das ist eine Geldfrage, manchmal. Ich erlebe das selbst bei meiner Enkelin. Die ist Flossenschwimmerin, macht Leistungssport im Tauchsportverein der TU Ilmenau. Sie nimmt an Wettkämpfen teil. Aber was das für Kosten für die Eltern bringt, allein die Ausrüstung, die Flossen, auch der Transport zu Wettkämpfen und dergleichen mehr – das tragen die Eltern. Manche können das, manche können das nicht. Also fällt das weg. Auch hier spielt die Einkommensfrage eine Rolle bzw. wir müssen darüber nachdenken, wie solche Kinder, die auch aus sozial schwachen Familien kommen, an solchen Sportveranstaltungen zum Beispiel teilnehmen können.

Wir brauchen eine gesunde Ernährung in unseren Schulen; gesundes Schulessen gehört dazu. Aber wir wissen alle, über den Essensanbieter in den Schulen entscheidet die Schulkonferenz. Da denken viele auch noch: Hauptsache es kostet nichts. Also wir können nicht alles nur auf Land und Regierung schieben, sondern es haben hier an dieser Stelle auch die Eltern eine Rolle.

Hier wurde die Frage der Depressionen genannt. Herr Zippel sagt, das ist der Leistungsdruck, der auf unseren Kindern liegt. Mag sein! Ich stelle aber, auch über meine Integrationskräfte aus dem Betrieb, die Problematik fest, dass auch Kinder Depressionen haben, die gerade nicht aus Familien in prekären Verhältnissen kommen, sondern dass das oft auch Kinder sind, die die sogenannte ESE-Störung haben – emotional-soziale Empfindungsstö

(Abg. Zippel)