Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

Vielen Dank. Als Nächster spricht Abgeordneter Adams von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, es ist grotesk, wenn Herr Kollege Kellner vom Leistungsprinzip, das er mir erst einmal in der Verfassung zeigen muss, hier spricht und sich selbst mit seinem Redebeitrag outet, dass er das Gesetz entweder nicht verstanden oder nicht gelesen hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Kellner liest hier allen Ernstes vor, an welchen Stellen Linke, Grüne und SPD keine quotierten Listen vorgelegt haben in der Kreistagswahl, um zu dokumentieren, dass wir hinter unserem eigenen Anspruch, wie wir ihn in diesem Gesetz vorlegen, zurückfallen würden – grotesk, denn in diesem Gesetz geht es nur um die Landesliste. Und in den Landeslisten – da können Sie zurückschauen auf viele Jahre – sind wir, Linke, Grüne und die SPD, immer unserer Verantwortung bei der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nachgekommen.

Jetzt will ich Ihnen noch mal was sagen: Wenn wir schon bei den Kreistagslisten, die mit diesem Gesetz gar nichts zu tun haben, sind, dann sage ich Ihnen, in Ilmenau, Stadt und Kreis, in Erfurt, in Jena und in Rudolstadt und in Saalfeld haben wir durchweg quotierte Listen. Und ich könnte Ihnen noch eine längere Liste vorlesen, wo wir fast bis zum Schluss durchquotiert und paritätisch besetzte Listen haben. Jetzt kommen Sie mal nach vorn und zeigen uns, wann Sie jemals eine Landesliste quotiert hatten,

(Abg. Stange)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wann Sie jemals irgendwo eine Kreistagsliste quotiert hatten und Frauen und Männern gleiche Chancen eingeräumt haben. Das schaffen Sie selbst 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution nicht. Unser Gesetz wird Sie dazu bringen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wir können eigenständig handeln, wir bei der CDU und ihr bei den Grünen!)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen der Abgeordneten mehr. Der Ministerpräsident hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Ramelow.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich will ein paar persönliche Anmerkungen machen. Ich finde es gut, dass sich die drei Fraktionen aufgemacht haben, ein Gesetz als Text vorzulegen und zu sagen, 100 Jahre nach der Rede von Marie Juchacz in Weimar zur Deutschen Nationalversammlung ist es Zeit, über die weitere Entwicklung der Gleichberechtigung in unserem Land zu debattieren und nicht nur zu debattieren, sondern Maßnahmen zu ergreifen. Ob das die richtigen sind, ob es weiterer bedarf, das muss alles gesellschaftlich weiterentwickelt werden. Deswegen begrüße ich es, dass sich die drei Fraktionen aufgemacht haben, diesen Weg zu eröffnen. Wir als Landesregierung haben uns bislang nicht damit beschäftigt, nicht dazu verhalten, weil wir es den drei Fraktionen überlassen wollten, diesen Diskussionsprozess als parlamentarischen Prozess zu ermöglichen.

Aber wenn hier eine steile These aufgestellt wird, dass dieses Gesetz ein Zurück in die ständische Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik sei und man damit den Eindruck erweckt, als ob das Land, aus dem Herr Höcke und ich gekommen sind, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, oder auch „Westdeutschland“ an diesem Pult genannt, ein Land gewesen sei, in dem man im Sinne von Marie Juchacz die Gleichberechtigung gefördert hätte – das ist doch historisch völlig unzutreffend.

Noch bis 1962 durfte eine Ehefrau in Westdeutschland kein Konto eröffnen ohne die Unterschrift des Ehemanns. Das ist in Westdeutschland erst 1962 abgeschafft worden. Noch in den 1970ern durften Ehefrauen nur Waren des täglichen Bedarfs ein

kaufen. Sie waren nicht berechtigt, eigenständig über Entscheidungen größerer Anschaffungen allein zu entscheiden. Und, meine Damen und Herren, noch in den 70ern durfte eine Ehefrau in dem Land, aus dem ich komme, in dem ich geboren worden bin, nämlich der Bundesrepublik Deutschland – und ich will hier vorn nichts Schlechtes über meine Heimat sagen, aus der ich gekommen bin –, nicht einmal eine Arbeit annehmen, eine Erwerbstätigkeit ausüben ohne das Einverständnis, die Zustimmung des Ehemanns.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Da kommt von hier drüben der Zuruf „sehr gut“. Das ist genau die Welt der AfD. Gestern wollten Sie noch zurück in die EWG – und damit war nicht Kulenkampff gemeint, sondern die alte Bundesrepublik und der Zaun dazwischen – und das ist ein Zurück in die Vergangenheit. Das ist ein Zurück in eine Welt, in der die Männer darüber bestimmen, was die Frauen tun oder nicht tun dürfen. Das sind die gleichen Argumente, die ich gehört habe, als wir uns historisch mit der Debatte von Marie Juchacz in der Weimarer Nationalversammlung auseinandergesetzt haben. Man hört in dem Originaltext – man kann es sogar nachhören, es gibt Tonaufnahmen davon –, wie viele der Männer in der Zeit sogar lachen und johlen, während Marie Juchacz spricht. Und nichts anderes habe ich heute hier wieder gehört – 100 Jahre später.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen, meine Damen und Herren, um die letzte Anmerkung zu machen: Noch 1966 hat der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden, dass der eheliche Beischlaf von der Ehefrau nicht nur zu vollziehen ist, sondern in den Leitsätzen ist aufgenommen und aufgeschrieben: Sie hat dabei auch Lust zu zeigen. Das ist genau die Haltung, die diese Menschen hier vertreten.

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit wir klar haben: Wenn sie zurückwollen in die gute alte Zeit, dann wollen Sie genau in diese gute alte Zeit zurück, dass Frauen zurück an Heim und Herd sollen und dass es keine Gleichberechtigung gibt, bei der Frauen darauf achten, dass so ein männliches Gerede nicht den Frauen den Weg zu einer Entwicklung in der Gesellschaft ermöglicht.

Ich bin froh, dass Frauen selbstbewusst sagen: Wir kämpfen um unseren Teil dieser Welt, wir kämpfen

(Abg. Adams)

um unsere Hälfte des Selbstgestaltens und deswegen, liebe Kolleginnen, herzlichen Dank dafür.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Ich möchte gern abstimmen lassen. Ich frage noch mal: Gibt es noch Wortmeldungen? Bei der Fraktion Die Linke, Herr Abgeordneter Kuschel? Alle anderen Fraktionen haben keine Redezeit mehr.

(Zuruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hat sich er- ledigt!)

Es hat sich erledigt – gut.

Dann würde ich gern über die Ausschussüberweisung abstimmen lassen. Es wurden drei Ausschussüberweisungen beantragt: an den Innenund Kommunalausschuss, an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und an den Gleichstellungsausschuss.

Wir beginnen mit dem Innen- und Kommunalausschuss. Wer damit einverstanden ist, dass dieser Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen wird, der müsste mir jetzt das Handzeichen zeigen. Das sind einzelne Stimmen aus der Fraktion der CDU, die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke.

Wer ist gegen eine Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da stimmen doch einige mehrfach ab!)

Die Fraktion der AfD, die Fraktion der CDU – überwiegend.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Frau Holzapfel hat doch jetzt zweimal abge- stimmt!)

Wer enthält sich? Enthaltungen sehe ich keine. Damit ist die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss bestätigt.

Wir kommen zum Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer ist damit einverstanden, dass dieser Gesetzentwurf, der aus der Mitte des Hauses kommt, an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen wird? Das sind die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer ist dagegen? Dagegen sind die AfD- und die CDU-Fraktion. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand. Damit ist die Überweisung bestätigt.

Ich will nur zur Erläuterung sagen, dass es im Parlament üblich ist – das müssten Sie eigentlich wissen, weil Sie es kommentiert haben: aus der Mitte des Hauses –, wenn Gesetzentwürfe aus den Fraktionen kommen, dass sie üblicherweise an den Justizausschuss überwiesen werden.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Das kann er nicht wissen!)

Die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss war beantragt. Wer ist dafür, dass dieser Gesetzentwurf an den Gleichstellungsausschuss überwiesen wird? Das sind die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der AfD und der CDU. Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist die Überweisung an den Gleichstellungsausschuss genehmigt.

Wir müssten über die Federführung abstimmen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Innenausschuss!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Innenausschuss!)

Die Federführung soll der Innen- und Kommunalausschuss übernehmen. Dann stimmen wir über die Federführung ab: Wer ist dafür, dass der Innenund Kommunalausschuss die Federführung übernimmt? Das sind die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Fraktionen der CDU und der AfD. Wer enthält sich? Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist die Federführung beim Innen- und Kommunalausschuss festgelegt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 11

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Jagdgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/6959 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte schön, Frau Ministerin Keller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste! Am 19. März hat die Thüringer Landesregierung den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Jagdgesetzes beschlossen. Damit

(Ministerpräsident Ramelow)

wurde ein längerer Dialogprozess erfolgreich abgeschlossen.

Das Thüringer Jagdgesetz stammt aus dem Jahr 1991 und wurde zuletzt im Jahre 2006 neu gefasst. Das ist einer der Gründe, warum wir die Überarbeitung des Gesetzes in den Koalitionsvertrag aufgenommen haben. Konkret wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sich die Jagd an ökologischen und wildbiologischen Grundsätzen orientieren und sie den neuesten Erkenntnissen der Jagdpraxis, Werten des Tierschutzes und Erfordernissen der Lebensmittelhygiene Rechnung tragen soll. Hierzu wurde das Thüringer Jagdgesetz einem offenen Diskussionsprozess unterzogen. Seit dem Jahr 2015 haben wir in unzähligen Foren, Abstimmungen und öffentlichen Podien die Thematik behandelt. Die Jagd und Hege sowie das Wildtiermanagement wurden ebenso in diesem Prozess berücksichtigt wie die Belange der Waldentwicklung. Das Ergebnis des anderthalbjährigen Diskussionsprozesses habe ich in Form von Eckpunkten für die Überarbeitung des Thüringer Jagdgesetzes am 12. März 2017 im Thüringer Landtag hier vorgestellt.