Protokoll der Sitzung vom 12.06.2019

Was den Lehrplaninhalt betrifft, das haben die Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt, das

muss ich nicht wiederholen. Deswegen kann ich nur allen und gerade der AfD-Fraktion raten, wenn solche Dinge auftauchen – Sie haben das ausgeführt –, dann sollten Sie sich an uns wenden. Wir würden dann auch entsprechend aktiv werden und die Sache als Erstes recherchieren und überprüfen. Das haben wir auch in diesem Fall getan – ganz klar als Ministerium –, nachdem Ihr Antrag auf die Aktuelle Stunde kam. Dabei ist festzustellen, dass sich die Religionslehrerin an alle Regeln und Vorschriften gehalten hat. Das haben Frau Rosin und die anderen Kolleginnen und Kollegen bereits ausgeführt, das muss ich jetzt hier im Einzelnen nicht wiederholen.

Deswegen sollte man, Frau Herold, hier nicht Ängste und irgendwelche Situationen schaffen, an denen nichts dran ist. Das ist doch wirklich Panikmache, das ist doch Angstmache, das ist doch verrückt. Sie stellen eine Frau an den Pranger. Allein mit der Feststellung der Schule und des Ortes ist doch auch klar, wer es ist. Das müsste den Datenschutzbeauftragten auf den Plan rufen, wenn so etwas hier tatsächlich gang und gäbe ist. Das kann ich als Dienstherr nicht zulassen und muss es auch entschieden zurückweisen.

Ich möchte abschließend aus dem Gemeinsamen Wort der Evangelischen und der Katholischen Kirche, also der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, „Vertrauen in die Demokratie stärken“, zitieren. Die geben klar Auskunft und damit auch klare – ich nenne es jetzt mal so – Anweisungen an diejenigen, die Religion unterrichten: „Jeder Zwang zum Glauben ist ein Widerspruch in sich selbst. […] Erzwungener Glaube stellt die Freiheit und damit die Würde des Menschen infrage. Ein authentischer christlicher Glaube ist deshalb unvereinbar mit totalitären Ideologien und illiberalen, holistischen Gesellschaftskonzepten. Daher widersprechen wir Kirchen all denen, die – auch in unseren eigenen Reihen – einen religiösen Fundamentalismus propagieren, der auf soziale Abgrenzung und Abwertung von Andersgläubigen zielt.“

Das genau, meine Damen und Herren der AfD, machen Sie. Sie wollen Andersdenkende, Andersgläubige ausgrenzen. Wir haben ein anderes Weltbild. Ihre Aktuelle Stunde ist voll daneben. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Rosin)

Ich schließe den dritten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den vierten Teil auf, der auch der letzte für heute sein wird. Frau Herold?

(Zuruf Abg. Herold, AfD: Ich hatte mich zu Wort gemeldet, Frau Präsidentin!)

Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen. Dann noch mal zurück. Sie haben noch 25 Sekunden.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Es haben sich drei Eltern dazu durchgerungen, ihr Kind vom Religionsunterricht abzumelden. Es wurde mit dem Schulleiter gesprochen. Das Schulamt hat gesagt, es meldet sich in drei Wochen zurück. Es gibt dort ein Problem. Angesichts der Schwäche der Vertreter der Evangelischen Kirche vor allem im Angesicht der Herausforderungen der kulturellen und religiösen Herausforderungen durch Eingewanderte …

Kommen Sie dann bitte zum Schluss, die 25 Sekunden sind um.

… fremder Religionen sehe ich durchaus eine Berechtigung, sich hier damit zu beschäftigen. Danke.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wissen, dass das Christentum auch nach Deutschland einge- wandert ist?)

Dazu noch einmal Minister Holter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich dachte, wir – also die Koalitionsfraktionen und Frau Rosin – haben eigentlich alles klargestellt. Wir haben das recherchiert, wir haben schulaufsichtlich die Sache überprüft. Der Religionsunterricht in der Klasse 4 läuft nach den Lehrplaninhalten ab, die die Kollegen hier vorgetragen haben.

Ja, es ist Ziel, die monotheistischen Weltreligionen im Unterricht zu vermitteln, auch durch eigene Anschauung. Es ist so gewesen, dass natürlich auch die Suren gelesen wurden und dass auch Gebete gesprochen wurden. Aber die Kinder konnten freiwillig daran teilnehmen. Ob sie auf die Knie gegangen sind oder nicht gegangen sind, war eine freiwil

lige Entscheidung der Kinder. Kein Kind wurde gezwungen, irgendetwas in dieser Frage zu tun. Deswegen habe ich das auch noch einmal ganz klar aus dem Gemeinsamen Wort der Kirchen zitiert. Das, was Frau Herold hier vorträgt, selbst wenn einzelne Eltern das so darlegen, entspricht nicht den Tatsachen. Die schulaufsichtliche Prüfung hat ergeben, dass es keinen Zwang auf die Kinder gegeben hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann schaue ich jetzt noch einmal: Gibt es weitere Wortmeldungen aus dem Rund? Das sehe ich nicht.

Wir kommen zum Aufruf des vierten Teils

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Das Thüringer AzubiTicket – ein wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe junger Menschen in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/7322 -

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Engel, Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Zuhörerinnen auf der Tribüne und am Livestream, liebe Kolleginnen, bekanntlich macht der demografische Wandel auch vor Thüringen nicht halt. Das hat zur Folge, dass die Anzahl der Fachklassen und Berufsschulen abnimmt und die Wege für Auszubildende immer länger werden, während gleichzeitig ihre Ausgaben für Fahrt und Unterbringung stetig steigen. In der Vergangenheit sind daher wiederholt Fälle bekannt geworden, in denen Auszubildende den Schulort oder den Ausbildungsgang gewechselt haben, weil sie die Fahrtkosten nicht mehr tragen konnten. Die Jugendberufshilfe weist auch darauf hin, dass viele Jugendliche aus diesen Gründen gar nicht erst eine Berufsausbildung anfangen, sondern sich gleich für eine wohnortnahe Alternative entscheiden. Im Vergleich zu Studierenden, deren Wege oft kürzer sind und die meist auf günstigere Semestertickets zurückgreifen können, gibt es demzufolge einen dringenden Unterstützungsbedarf für die Mobilität der Berufsschülerinnen.

Gerade Mobilität ist für junge Menschen ein grundlegendes Thema, das sich nicht nur auf den Bereich der Schule und Ausbildung beschränkt, sondern auch in den Bereich von Freizeit und Familie hineinwirkt. Mobilität beeinflusst die Lebensqualität von Jugendlichen in erheblichem Maße und das vor allem natürlich im ländlichen Raum. Außerdem ist eine bessere Unterstützung der Auszubildenden natürlich auch ein wichtiger Punkt, um die Ausbildungsattraktivität in Thüringen zu stärken, Abbrüche zu vermeiden und der Abwanderung junger Fachkräfte entgegenzuwirken. Dies hat unsere Koalition erkannt und deswegen in einem ersten Schritt die Richtlinie für Fahrt- und Unterbringungskosten überarbeitet. Da das nicht jeder weiß, dass Berufsschülerinnen die Möglichkeit haben, teilweise ihre Fahrt- oder Unterbringungskosten rückerstattet zu bekommen, werde ich einen Link auf meine Homepage genau an dieser Stelle in der Rede setzen und da könnt ihr dann nachsehen.

Als zweiten Schritt startete letzten Herbst das langersehnte Azubi-Ticket, auf welches nun fast 50.000 Berufsschülerinnen Anspruch haben. Mit dem Azubi-Ticket Thüringen können Auszubildende nun rund um die Uhr in nahezu ganz Thüringen Zug, Bus und Straßenbahn fahren, so oft sie wollen und wann sie wollen, denn das Ticket gilt nicht nur auf dem Weg vom Wohnort zur Berufsschule, sondern auch in der Freizeit. Mit einer Förderrichtlinie wird allen Kreisen die Teilnahme am Azubi-Ticket ermöglicht. Das Land ist auf die Mitwirkung der Landkreise angewiesen, weil diese die Aufgabenträgerschaft für Bus und Bahn innehaben, während das Land hingegen die Trägerschaft für den Schienennahverkehr innehat. Das Azubi-Ticket in Thüringen kostet rund 150 Euro, davon bezahlen die Auszubildenden lediglich 50 Euro. Die Differenz übernimmt der Freistaat Thüringen, dafür stehen insgesamt 10 Millionen Euro im Landeshaushalt bereit.

(Beifall DIE LINKE)

Die gestern nun veröffentlichten Ergebnisse der Marktforschung zeigen, dass die Nutzerinnen mit dem Azubi-Ticket sehr zufrieden sind, die Verkaufszahlen sind seit der Einführung kontinuierlich gestiegen. Durch das Azubi-Ticket gibt es 6 Prozent mehr Neukundinnen und mehr als 30 Prozent der Ticketinhaber fahren nun häufiger und auch länger mit Bus und Bahn. So profitiert neben den bisher nun fast 5.000 Azubis, die das Ticket innehaben, der öffentliche Nahverkehr und damit auch die Umwelt in Thüringen davon. Fast alle Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte beteiligen sich an diesem Angebot. Einzig der Landkreis Greiz nimmt nicht teil und schließt damit etwa 2.000 Auszubil

dende von diesen Vorzügen des Tickets aus. Eine Gruppe Jugendlicher wollte daher unter dem Slogan „Azubi-Ticket Jetzt!“ ein Bürgerbegehren starten, doch das Landratsamt Greiz hat den Antrag auf ein Bürgerbegehren abgelehnt. In die Richtung von Frau Schweinsburg sei hiermit gerichtet: Auch junge Menschen haben ein Recht auf bezahlbare Mobilität, denn nur so ist es ihnen möglich, eine Ausbildung ihrer Wahl zu absolvieren und am gesellschaftlichen Leben überhaupt teilzuhaben.

(Beifall DIE LINKE)

Statt dass Sie junge Leute bestärken, sich für ihre Interessen einzusetzen, vergraulen Sie diese nur. Hier wird Politik auf dem Rücken der Schwächsten gemacht, denn die Nichtbeteiligung am Azubi-Ticket trifft schlussendlich nicht die rot-rot-grüne Landesregierung, sondern es trifft die Jugendlichen vor Ort. Ich halte das, ehrlich gesagt, für eine riesengroße Frechheit.

(Beifall DIE LINKE)

Der vorgebrachte Ablehnungsgrund, dass das Thüringer Azubi-Ticket lediglich ein bis Jahresende befristetes Pilotprojekt sei, ist schlicht und einfach nicht wahr. Für das Azubi-Ticket wird auch im geplanten Haushalt Geld eingestellt. Selbst für den Fall, dass mehr Mittel als eingestellt benötigt werden, ist Vorsorge getroffen. Die Linke steht daher solidarisch an der Seite der Gruppe junger Menschen um das Bürgerbegehren „Azubi-Ticket Jetzt!“. Denn das Azubi-Ticket ist ein Gewinn nicht nur für Greiz, sondern für den gesamten Ausbildungsstandort Thüringen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als nächstem Redner erteile ich Abgeordneten Bühl von der CDU-Fraktion das Wort.

Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne, ich will zum Einstieg sagen: Es ist gut, dass das Azubi-Ticket jetzt ein Jahr gelaufen ist, dass es endlich da ist und dass auch so viele junge Menschen dieses Azubi-Ticket nutzen. Das ist erst mal ein wichtiger Punkt und es hat viel zu lange gedauert, ehe dieses Azubi-Ticket – und das muss man hier auch noch einmal sagen – überhaupt gekommen ist.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Stimmt, das hätte schon 2013 eingeführt werden können!)

(Abg. Engel)

Warum hat es so lange gedauert? Weil diese Landesregierung zu lange gebraucht hat. Das Verkehrsministerium hat zu lange gebraucht. Ich kann mich erinnern,

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Im Gegensatz zu der vorherigen!)

dass die SPD-Fraktion noch damals das Verkehrsministerium in die Fraktion einbestellt hatte, um dort darüber zu sprechen, weil augenscheinlich auch die Koalitionäre nicht zufrieden damit waren, dass es so lange dauert.

Ich frage mich, warum hier gerade mit den Fingern auf mich gezeigt wird.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Sie mit Ihrer Fraktion verantwortlich sind, dass es das Azubi-Ticket nicht schon seit 2013 gibt!)

Na ja, trotzdem, der Anstand gebietet es eigentlich, dass man nicht mit dem Finger auf Menschen zeigt – aber okay. Nun gut.

Auf jeden Fall scheint es auch innerhalb der Koalition doch Unmut gegeben zu haben, dass es so lange gedauert hat. Umso mehr ist es gut, dass es nun zumindest für ein Jahr da ist.

Aber – und das will ich ganz klar sagen – es ist noch nicht das, was wir uns unter diesem Ticket für die Zukunft vorstellen.

(Beifall CDU)

Deswegen will ich einige Punkte umreißen, die uns für die Zukunft wichtig sind und die uns auch leiten in unserem Wahlprogramm und den Zielen, die wir uns für die Zukunft gestellt haben. Wir sagen ganz klar: Wir wünschen uns ein flächendeckendes Azubi-Ticket. Und ganz klar auch in Richtung des Landkreises Greiz gesagt, denke ich, dass, wenn ausgeräumt ist, dass es eben über das Jahr 2019 hinausgeht, dann auch Frau Landrätin Schweinsburg dort zustimmen wird. Ich bin mir sicher, wir habe dort gute Politiker, gute Kreistagsmitglieder, die auch dafür sorgen werden, dass es dort auf den Weg kommt. Da bin ich mir ganz sicher.

Punkt 2 ist, dass man aus unserer Sicht nicht so einfach mit dem Zeigefinger auf Unternehmen zeigen und sagen sollte, dass man die Schuld irgendwie hinschiebt, die Unternehmen sollen sich beteiligen; und das hat ja Frau Keller gestern getan – aber wir haben gerade gesehen, das machen Linke augenscheinlich. So funktioniert das nicht. Wenn man mit den IHKs spricht, die hätten sich schon viel früher in diesen Prozess einbinden wollen, aber

diese Landesregierung ist nicht auf sie zugekommen und hat sie nicht intensiv eingebunden.