Deshalb bitte ich uns alle zusammenzustehen. Der Gesetzentwurf ist ein Anfang, wir sehen das als guten Schritt. Ich bitte auch die CDU, dem zuzustimmen. Und dann müssen wir sehen, wie es weitergeht. Sicherlich werden wir bis Oktober noch öfters hier am Pult stehen und über unser schönes grünes Herz sprechen müssen, weil es nicht mehr sehr schön ist. Danke.
Danke schön, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede erst mal Dank sagen. Ich möchte mich bei denjenigen bedanken, die jetzt im Wald stehen, die Schäden aufarbeiten, die teilweise unter Einsatz ihrer Gesundheit im Wald dafür sorgen, dass das Schadholz entfernt wird.
Vielen Dank an die Waldarbeiter, die Förster, aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, an die Naturschützer, die sich für den Wald einsetzen. Und ja, auch wenn die Form vielleicht nicht dem Hause entsprochen hat: Aber ich sage auch Dank an die jungen Menschen von „Fridays for Future“, die mit ihren Aktionen auf den Missstand aufmerksam machen, dass auch der Wald vom Klimawandel gefährdet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das gehört auch zur Wahrheit dazu, wenn wir uns fragen, wie der Wald in solch einen Zustand gekommen ist: Der ist natürlich in den Zustand gekommen, weil es über 20, 30 Jahre eine totale Ignoranz gegenüber Umweltzerstörung gegeben hat.
(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: So ein Schwachsinn! Die Bäume, die jetzt umfallen, sind über 100 Jahre alt!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte lassen Sie den Redner weitersprechen. Jeder hat noch Zeit, hier zu sprechen. Bitte schön, Herr Kobelt.
Sie kennen das ja vielleicht von der Jagd: Wenn jemand angeschossen ist, dann wird er laut und schreit. Aber lassen Sie mich versuchen, Ihre – ich sage mal positiv betrachtet – Anregungen auch aufzunehmen und das noch mal zu erläutern.
Sie können nicht verhehlen, Herr Primas, dass das Motto der Waldbewirtschaftung oder des Umgangs mit dem Wald in genau Ihrer Regierungszeit und in den letzten 20 Jahren war: Waldbewirtschaftung gibt vor, Wirtschaft gibt vor, wie der Wald zu funktionieren hat. Genau das Motto müssen wir umdrehen: Der Wald wird zunehmend vorgeben, was an Wirtschaft überhaupt noch möglich ist. Das haben Sie nicht erkannt, Herr Primas, und das werden Sie auch nicht mehr erkennen.
Ich habe genau zugehört, was Sie versucht haben, hier an Fakten darzustellen. Als Erstes haben Sie gesagt: In dem Gesetzentwurf, den wir jetzt mit 4 Millionen Euro Erhöhung jedes Jahr vorgeschlagen haben, wäre nur ein Bruchteil von dem, was ThüringenForst reduziert wurde. Jetzt stellen wir mal die Fakten gegenüber: Ja, es wurde gekürzt. Das war auch zu dem Zeitpunkt noch nicht so absehbar und es muss auch gegengesteuert werden, keine Frage. Aber dass Sie hier die Fakten verdrehen und sich Ihre eigene Zahlenwahrheit machen, das kann ich so nicht stehen lassen. Deswegen schauen wir uns die Zahlen mal an: In dem Gesetz, in dem es um die Reduzierung ging, ging es 2019 um 500.000 Euro. Jetzt kommt eine Erhöhung um 4 Millionen Euro. 2020 gibt es eine Kürzung um weitere 400.000 Euro, jetzt in dem Gesetz eine Erhöhung von 4 Millionen Euro. Entweder wussten Sie es nicht, Herr Primas, da Sie sich nicht damit beschäftigt haben, aber das Fünf- bis Zehnfache von dem, was gekürzt wurde, wird jetzt erhöht. Sie haben genau das Gegenteil behauptet. Sie haben gesagt: Wir hätten ein Vielfaches von dem gekürzt, was jetzt erhöht wird. Ich finde, das kann man in so einer Debatte nicht machen, wo es Ihnen angeblich um Einigkeit oder um Klarheit geht, hier solche Lügen zu verbreiten.
Als Nächstes haben Sie gesagt – und das ist ja auch bei solchen populistischen Äußerungen oft üblich, dass man Sachzusammenhänge miteinander verknüpft und das auch den Haushalt betreffend ausführt –: Wir können doch jetzt das Wohnungsbauvermögen nehmen und können Gelder,
die aus dem Wohnungsbauvermögen sind, zur Waldrettung einsetzen. Entweder wissen Sie das auch nicht oder Sie setzen es bewusst ein. Dann würde ich Ihnen empfehlen, mal mit Ihrer Fraktion zu sprechen. Herr Mohring wird es Ihnen vielleicht sagen, dass ein Wohnungsbauvermögen zweckgebunden für den Wohnungsbau ist und man das nicht zur Waldrettung nehmen kann.
Wenn Sie solche Verknüpfungen herstellen, dann ist das leider, muss man sagen, wirklich nicht sachdienlich, sondern populistisch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen gern noch mal erläutern, was ich eingangs gesagt habe, dass der Umgang mit dem Wald in den letzten Jahren ein Fehler war und dass der Wald hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet wurde. Woher kommt es denn, dass die Waldschäden entstanden sind? Das hat natürlich mit dem Klimawandel zu tun. Wir hatten den heißesten Juni, seit es überhaupt dokumentiert und aufgezeichnet wird. Das können Sie von der CDU nicht leugnen, das können Sie von der AfD auch nicht leugnen, dass es da einen immanenten Zusammenhang gibt. Diese Trockenheit sorgt kurzfristig für die Schäden. Aber die langfristigen Schäden deuten sich schon länger an. Das kommt durch den Verkehr, durch die Emissionen. Wir haben zum Beispiel durch den Stickstoffeintrag ein viel zu schnelles Wachstum der Bäume und die anderen Elemente wie Magnesium können deshalb gar nicht aufgenommen werden. Das führt dazu, dass die Bäume zu schnell gewachsen sind und dann in der Stabilität gefährdet sind. Wir haben viele standortfremde Baumarten eingeführt und eine standortfremde Baumart ist auch die Fichte. Die Fichte ist eine künstliche Einführung, eine künstliche Baumart, die es im natürlichen Zusammenhang nie in den Gebieten gegeben hätte. Die wurden rein aus wirtschaftlichen Gründen eingeführt. Dann haben wir eine viel zu starke Entnahme im Wald, das System wird geschwächt und es ist praktisch ständig eine Biomasse, die entfernt wird, was auch nicht mehr die Stabilität in dem Maße gewährleistet, wie es notwendig ist. Dann sind Monokulturen entstanden. Das können Sie nicht abstreiten, dass sowohl die Fichte, aber in gewisser Weise auch die Buche eine Monokultur ist. Diese Schwächung ist vom Wald bei solchen Angriffen durch hohe Trockenheit oder Borkenkäfer nicht mehr so einfach wettzumachen. Das sind Ursachen dafür, dass die Stabilität gefährdet ist.
Natürlich gehört auch dazu, dass wir mit immer größeren Maschinen im Wald den Boden zerstören. Wenn ich da höre, Herr Primas, dass Sie wieder neuere, größere Maschinen für die Waldschäden fordern, dann haben Sie noch nicht verstanden, was die Ursachen sind und dass wir gerade an der Ursache arbeiten müssen und nicht durch Schädigung des Bodens die Grundlage des Waldes weiter in dem Maße schwächen sollten.
(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Deswegen wollen Sie Betonfundamente im Wald bauen für die Windräder!)
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man zeigt nicht mit dem Finger auf angezogene Leute!)
Erst haben Sie an den Zahlen gedreht, jetzt sind wir alle Mörder, die sich für naturnahen Wald einsetzen; das ist eigentlich nicht mehr hinzunehmen, was Sie hier von sich geben, Herr Primas.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was können wir jetzt tun? Es gibt darauf keine einfache Antwort. Selbst die Forstamtsleiter sind in vielen Bereichen ratlos, wenn es darum geht, in Monaten, vielleicht in ein, zwei Jahren die Schäden zu beseitigen oder dort für einen Wandel zu sorgen. Das müssen wir, glaube ich, auch ganz eindeutig den Menschen sagen, dass 40/50 Jahre Umgang mit dem Wald nicht durch einfache Korrekturen in ein oder in zwei Jahren rückgängig zu machen sind. Aber ich denke, wir haben die Verantwortung, jetzt die Fehler zu erkennen und eine andere Waldbewirtschaftung und einen anderen Wald anfangen, zu gestalten oder vielleicht auch von der Natur in vielen Bereichen gestalten zu lassen.
Dazu gehört es, dass wir nicht mehr in engmaschigem Abstand von 20 Metern den Boden verdichten, in Rückegassen mit großen Maschinen reinfahren, sondern uns nach Alternativen umschauen. Das ist überhaupt nicht so, dass wir dann nur auf Pferde angewiesen sind, wie Sie es versuchen, Herr Pri
mas, lächerlich zu machen, sondern wie in vielen Revieren in Deutschland schon praktiziert mit leichterer Technik, mit Raupenfahrzeugen, mit Seilwinden oder mit anderer leichter Technik, die gerade den Boden nicht so stark verdichtet und zerstört. Das sind keine grünen Spinnereien, das sind praktikable Varianten, die in Deutschland in anderen Regionen, wo der politische Wille noch stärker war, in den letzten 20 Jahren umgesetzt wurden.
Es gehört auch dazu, dass man wieder mehr Holz im Wald lässt, dass wir den Holzvorrat aufbauen. Ja, das kostet Geld, natürlich kostet das Geld, wenn ThüringenForst jetzt nicht mehr seinen Wirtschaftsplan erfüllen kann, auf Teufel komm raus die Entnahmen machen kann, sondern auch die größeren Bäume stehen lässt. Wir sagen ganz eindeutig, das kostet Geld und wir müssen den Wald auch als Klimainvestition sehen. Wir wollen als Grüne dort auch massiv investieren, aber nicht einfach mit der Gießkanne, nicht zweckgebunden, sondern genau für die Maßnahmen, die für einen naturverträglichen, stabilen Wald sorgen. Dort wollen wir Geld in die Hand nehmen und investieren.
Dazu gehört es auch, dass wir zum Beispiel in Naturschutzgebieten – das werden die Herzstücke von Stabilität im Wald sein – eine andere Technik anwenden und dort noch viel sensibler umgehen. Es wird auch darum gehen, Naturverjüngung stärker wirken zu lassen und gerade nicht auf Teufel komm raus aufzuforsten, sondern nur dort, wo es wirklich nicht mehr möglich ist, dass die Naturverjüngung mit einheimischen Arten sich langfristig durchsetzen kann. Wir sind auch sehr dafür, dass wir keine exotischen Arten einführen, nur weil wir denken, dass Douglasie, Roteiche oder Küstentanne das große Allheilmittel sind. Dieses Allheilmittel wird es nicht geben, es wird darin bestehen, ein großes Gemisch von einheimischen Arten anzupflanzen oder durch Naturverjüngung entstehen zu lassen, und es wird darum gehen, dem Wald Raum und Zeit zu geben und auch Geduld zu haben. Das wollen wir als Grüne erreichen.
Wir werden dazu massiv investieren, in der nächsten Legislaturperiode genau solche Maßnahmen umsetzen. Ich bin auch meinen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar, dass wir jetzt schon in der Legislatur in den Haushalten für solche Maßnahmen Gelder bereitgestellt haben und dass auch die Diskussion bei ThüringenForst in solch eine Richtung geht. Denn die Menschen, die im Wald arbeiten, sehen, dass es so nicht weitergehen kann. Die brauchen unsere Unterstützung. Das wollen wir als Bündnis 90/Die Grünen unterstützen.
habe ich das schon getan – den Menschen, die jetzt im Wald ihre Arbeit tun. Ich möchte Dank sagen an zwei Parlamentarier, die sich in der letzten Legislatur sehr für den Wald eingesetzt haben, von denen ich auch persönlich viel lernen konnte: das sind Dagmar Becker und Tilo Kummer.
Liebe Dagmar, lieber Tilo, vielen Dank, dass wir so gut zusammengearbeitet haben, dass ihr euch immer für die Belange des Forstes und des Waldes eingesetzt habt. Ich persönlich bin sehr traurig, dass ihr wahrscheinlich beide in der nächsten Legislatur nicht mehr im Landtag sein werdet. Das war ein großer Gewinn für unsere parlamentarische Arbeit. Vielen Dank.
Danke schön, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Primas, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, dass die CDU schuld daran ist, sie hat seit 1990 neuen Wald gepflanzt und deshalb ist der Borkenkäfer da. Die 100-jährigen Buchen haben wir auch gepflanzt, deswegen trocknen die jetzt.
Das ist doch ganz klar. Irgendjemand muss doch daran schuld sein. Wollen Sie die Leute wirklich veralbern? Sie haben keine Ahnung, von dem, was Sie hier reden.
(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Derjenige, der damit angefangen hat, steht gerade hier vorne!)