Protokoll der Sitzung vom 03.07.2019

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Toleranz für In- toleranz! Niemals!)

Die nächste Rednerin ist Frau König-Preuss, Fraktion Die Linke.

Ich muss kurz erst mal das klarziehen, dass hier gerade von der AfD gesagt wurde, schauen Sie weg im Hinblick auf Rechtsrockkonzerte, von denen zumindest der überwiegende Teil der Abgeordneten hier im Hause, glaube ich, sehr wohl weiß, wohin sie, diese Rechtsrockkonzerte, führen können. Ich will es mal an einem Beispiel festmachen. Am Freitagabend spielt in Themar „Oidoxie“. „Oidoxie“ ist die deutsche „Combat-18“-Band. „Combat 18“ ist der militante und bewaffnete Arm von „Blood & Honour“. „Blood & Honour“ wurde im Jahr 2000 verboten, „Combat 18“ nicht, was alle, die sich damit beschäftigen, nicht nur irritiert, sondern bis heute fragen lässt, was bitte damals eigentlich das Bundesinnenministerium gemacht hat und warum der militante und bewaffnete Arm „Combat 18“ nicht verboten wurde. Diese Band spielt am Freitag, diese Band zieht natürlich „Combat-18“-Mitglieder an und ich sage bewusst „Mitglieder“, auch wenn so einige Sicherheitsbehörden die Strukturen bis heute nicht erkennen wollen und sagen, es würde sich nur um lose, um einzelne Personen handeln, unter anderem in Thüringen seien es nur Einzelpersonen und keine Struktur.

Wir fordern schon länger, nicht erst seit dem Mord an Herrn Lübcke, das Verbot von „Combat 18“. Ich will aber nicht nur bei „Combat 18“ bleiben. Übrigens wohnt der Kopf von „Combat 18“ in Deutschland seit einigen Monaten in Eisenach. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, da mal etwas dagegen zu tun, und vielleicht sollte dieses An-den-Wurzeln-Bekämpfen auch bedeuten, dass man die Oberbürgermeisterin in Eisenach in ihrem Engagement gegen die NPD unterstützt, anstelle sie dafür zu kritisieren,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass sie Patrick Wieschke, der unter anderem wegen Anstiftung zu einem Sprengstoffanschlag verurteilt wurde, nicht die Hand gibt. Da sich die AfD aber hier mit ihrer Rede mal wieder so schön ins rechte Abseits gestellt hat und meinte, man könne ja wegschauen und es hätte ja alles gar nichts mit irgendwas zu tun, will ich mal einen Hinweis geben. Der geständige Mörder von Herrn Lübcke war unter anderem Mitglied der „Artgemeinschaft“, einer völki

(Abg. Möller)

schen Organisation. In dieser völkischen Organisation ist zum Beispiel Ralf Wohlleben, nachdem er letztes Jahr aus der Haft freigekommen ist, aufgenommen worden. Er lebt mittlerweile bei dem Chef der „Artgemeinschaft“ in der Nähe von Thüringen. Sie haben einen Mitarbeiter angestellt, der auch Mitglied der „Artgemeinschaft“ war. Der war aber nicht nur Mitglied der „Artgemeinschaft“, der war auch Mitglied der FAP, einer verbotenen Neonazipartei, der Wiking-Jugend und der Nationalistischen Front.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Lügen Sie doch nicht so rum!)

Wissen Sie was? Zeigen Sie mich an. Klagen Sie auf Unterlassung!

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie haben Im- munität! Ich bin nicht so dumm!)

Sorgen Sie dafür, dass Sie das, was Sie hier sonst in diversen Reden probieren, auch in der Praxis umsetzen, und das bedeutet, Mitarbeiter, die in mehreren Neonaziorganisationen über Jahre hinweg tätig waren, nicht im Thüringer Landtag zu beschäftigen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde das, was die Thüringer Landesregierung jetzt in Themar für das Wochenende macht, richtig gut. Und ich bin, glaube ich, keine, die oft irgendwas gut findet, wenn es aus dem Innenministerium kommt, sondern bin eher für eine kritische Perspektive bekannt.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Insofern hoffe ich, dass die Anerkennung, insbesondere der neu gegründeten Taskforce, da auch ankommt und an die Menschen geht, die sich dafür eingesetzt haben, die diese Taskforce errichtet haben und die das jetzt auch umsetzen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Taskforce wird allerdings nicht verhindern können, was am Wochenende in Themar geschieht, was am Wochenende in Kirchheim geschieht, was am Wochenende zumindest in Teilen möglicherweise auch beim sogenannten Flügeltreffen geschieht, das gibt es ja auch noch. Wenn es darum geht, Rechtsrock, Neonazis an den Wurzeln zu bekämpfen, dann heißt das, nicht erst dann anzufangen, wenn sie mit „Combat-18“-Tätowierungen auf dem Kopf herumlaufen wie ein bekannter Thüringer Neo-Nazi, sondern es bedeutet im ganz Kleinen anzufangen. Herr Walk, das richtet sich jetzt konkret an Sie: In Eisenach ist das Problem weder Die Lin

ke noch Antifaschistinnen und Antifaschisten, in Eisenach ist das Problem Rechts.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollten in Eisenach Ihren Fokus darauf richten, mit denen, die sich gegen Rechts engagieren, gemeinsam dagegen vorzugehen und nicht mit einer dauerhaften Kritik aufzufallen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner erhält Abgeordneter Walk von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werter Besucher! Frau Kollegin König-Preuss, was Sie zum Schluss eingeworfen haben mit der „dauerhaften Kritik“, kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Fakt ist, dass es in Eisenach ein erhebliches Problem im Bereich „Rechts“ gibt, dass alle Demokraten aufgefordert sind, sich darum zu kümmern, dass die Situation geändert wird.

Zum Thema: Die Ausgangslage ist bekannt. Am 5. und 6. Juli 2019 findet in Themar das Rechtsrockfestival „Tage der nationalen Bewegung“ statt. Ich gehe davon aus, dass die vom Anmelder angegebene Zahl von 800 Teilnehmern ähnlich wie bei den vorausgegangenen Veranstaltungen wesentlich höher ausfallen wird. Klar ist leider auch: Erneut werden Teilnehmer aus der gut vernetzten Rechtsextremistenszene aus ganz Europa nach Themar anreisen. Wir wissen auch nicht erst seit heute: Der Freistaat gilt schon seit längerer Zeit als zentraler Anziehungs- und Veranstaltungsort für Neonazis. Die Zahl rechter Konzerte ist in den letzten fünf Jahren massiv angestiegen. Sie liegt derzeit bei etwa 60 Konzerten im Jahr mit Teilnehmerzahlen im fünfstelligen Bereich.

Auch dass diese Veranstaltungen zur weiteren Vernetzung und Radikalisierung genutzt werden und dabei noch Gewinne erzielt werden, die dem weiteren Auf- und Ausbau rechter Strukturen dienen, ist hinlänglich bekannt und unerträglich. Wir als CDU wollen verhindern, dass Rechtsextremisten unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit mit kommerziellen Pseudomusikveranstaltungen Profite machen und dabei noch mit Liedern, Texten, Symbolen Demokratie und Menschenwürde gleichzeitig herabwürdigen.

Daher haben wir auch unser Versammlungsgesetz im Mai in den Landtag eingebracht und es sollte in

(Abg. König-Preuss)

Thüringen den Grundstein für ein modernes Versammlungsrecht legen und für kommunale Aufsichtsbehörden größere Rechtssicherheit schaffen.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh bitte! Könnt ihr euch mal ernsthaft damit auseinandersetzen?)

Aber alle anderen Fraktionen haben sich der inhaltlichen Diskussion in den Fachausschüssen leider verweigert und den Gesetzentwurf letztlich ganz abgelehnt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter zum Teil schwierigen Bedingungen leisten die Kommunen vor Ort und unsere Sicherheitsbehörden schon jetzt engagiert ihren Beitrag für unsere Demokratie. Dafür gebühren ihnen auch gerade von dieser Stelle aus unser Dank und unsere Anerkennung.

(Beifall CDU)

Das Gleiche gilt ausdrücklich auch für das bürgerschaftliche Engagement vor Ort. Ich finde es auch wichtig und zielführend, dass die Polizeiführung im Beisein von Ihnen, Herr Innenminister, in der Einwohnerversammlung vorgestern ihr Einsatzkonzept öffentlich dargelegt und sich auch den kritischen Fragen der Bürger gestellt hat. Die kontinuierliche Beobachtung und Überwachung, die Erteilung von Auflagen und Platzverweisen, die konsequente Verfolgung von Straftätern sind wichtige und geeignete Einsatzmaßnahmen, um das extremistische Wohlgefühl nachhaltig zu schmälern.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die CDU steht klar gegen Extremismus und wir wollen konsequent extremistische Zusammenkünfte verhindern oder diese zumindest erschweren. Dazu brauchen Verfassungsschutz, Polizei, Versammlungsbehörden unsere gemeinsame Unterstützung. Vor allem müssen Sicherheitsbehörden und insbesondere der Verfassungsschutz nachhaltig auch personell gestärkt werden, um die Erkenntnislage, die Überwachung und den Verfolgungsdruck stetig und dauerhaft zu erhöhen.

Abschließend ein Wort zum Polizeieinsatz: Die Polizeiführung hat sich für ein sogenanntes offensives Einsatzkonzept entschieden, Herr Minister. Es ist davon auszugehen, dass die Einsatzlage am Wochenende wieder einmal sehr komplex, äußerst schwierig und auch dynamisch sein wird. Wir wissen auch nicht, ob es Ersatzveranstaltungsorte geben wird. Das macht das Ganze noch schwieriger. Ohnehin hat ja die Polizei die besonders sensible und schwierige Aufgabe, stets folgenden schwierigen Spagat hinzubekommen: auf der einen Seite die Gewährleistung der Versammlungsfreiheit und

auf der anderen Seite der Waage die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Dazu sage ich von hier aus: Ich wünsche dabei viel Erfolg. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin erhält Frau Abgeordnete Lehmann von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Thema „Rechtsrock“, nicht nur in Themar, sondern überall in Thüringen, hat uns in den vergangenen Jahren hier im Parlament immer wieder beschäftigt. Jetzt kann man sich im Vorfeld immer die Frage stellen, ob das zielführend ist, dass wir das hier jedes Mal wieder diskutieren. Aber wenn es nach wie vor Fraktionen gibt, die der Meinung sind, dass es eine Kultur des Wegschauens geben müsste und man sich nicht aktiv damit auseinandersetzen sollte, dann bin ich mir doch sicher,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wenn es die Gerichte nicht verhindern können, was wol- len Sie da machen?)

dass die Auseinandersetzung hier im Parlament und auch hier in der Landesregierung kontinuierlich notwendig ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist auch nicht nur deswegen notwendig, weil wir damit auch permanent überregionale Schlagzeilen haben, weil es kein Bundesland gibt, in dem es so viele Rechtsrockkonzerte wie in Thüringen gibt, sondern es ist auch notwendig, dass wir uns als Politikerinnen und Politiker und auch als Parlament bewusst machen, dass wir hier ein Problem haben und dass wir tatsächlich kontinuierlich eine Auseinandersetzung damit brauchen. Was es aber auch braucht – das ist, glaube ich, gerade im Vorfeld des großen Nazikonzerts am Wochenende notwendig –, ist, noch mal zu erwähnen, dass wir natürlich ein starkes Engagement vor Ort brauchen. Ich bin froh, dass sich in und rund um den kleinen Ort Themar dann ein sehr aktives Bündnis gegründet hat und dass das inzwischen schon seit zwei Jahren versucht, dieses Konzert zu verhindern, bzw. einen aktiven und bunten Protest dagegen ausübt und sehr wohl zeigt, dass es auch die Menschen vor Ort sind, die nicht wollen, dass Nazis in ihrem Ort demonstrieren, und auch zeigen will, dass Thüringen ein offenes und tolerantes Bundesland ist.

(Abg. Walk)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen darüber hinaus aber auch ein konsequentes Handeln der Verwaltung. Da bin ich sehr froh über die Entwicklung, die wir in diesem Jahr in Themar haben. Wir brauchen eine starke Unterstützung im Land, und ich glaube, dass wir gerade in diesem Jahr sehen – und das hat meine Kollegin Katharina König-Preuss schon angesprochen –, dass die Taskforce, die es im Innenministerium gibt, tatsächlich wirkt, und auch, dass das Engagement, das der Innenminister in den letzten beiden Jahren da an den Tag gelegt hat, jetzt auch tatsächlich Früchte trägt. Dafür bin ich sehr dankbar und darüber bin ich froh, weil es zeigt, dass es nicht ganz umsonst ist, diesen Kampf zu führen, sondern dass wir sehr wohl, wenn es auch kleine Erfolge sind, manchmal kontinuierlich auch Erfolge feiern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Was nichts hilft – und darauf will ich an der Stelle auch noch mal eingehen –, ist, ein Versammlungsgesetz einzubringen, das am Ende nicht dazu führt, dass es mehr Rechtssicherheit gibt, sondern lediglich dazu führt, dass das Versammlungsrecht insgesamt eingeschränkt wird. Das haben wir ja auch hier im Haus schon ausführlich im Rahmen der Gesetzesnovelle, die die CDU hier eingebracht hat, diskutiert. Sie wissen auch, warum wir dieses Gesetz abgelehnt haben. Wenn es Ihnen wichtig ist, diese Debatte noch mal ausführlicher zu führen, können Sie das gerne hier im Hause, aber auch natürlich im Ausschuss kontinuierlich tun. An unserer Position wird es schlicht und ergreifend nichts ändern.

Was ich mir wünsche, ist, dass am Wochenende möglichst viele Demokratinnen und Demokraten nach Themar gehen und dort für Toleranz, für Menschenwürde demonstrieren und zeigen, dass die Demokratinnen und Demokraten in Thüringen geschlossen stehen und dafür kämpfen, dass wir hier in einem guten Bundesland und gut miteinander leben können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.