2020: Die Aufwertung für Lieferungen und Leistungen, die auf der Basis von freihändiger Vergabe vergeben werden können, wurden im Auftragswert verdoppelt, 1.000 Euro statt 500 Euro. – Bei den Schulbüchern ein Vergabeverfahren, das auf Verhandlungen im Unterschwellenbereich setzt. Sie wissen, bis 220.000 Euro. Sie brauchen nur noch einmal auf einer Plattform Ihr Angebot, Ihre Auftragsvergabe veröffentlichen. Alles das führt dazu – und das ist in den Anlagen auf den Euro berechnet –, dass wir ein Gesetz vorlegen, das Bürokratie vermindert, Bürokratie abbaut. Und da kann mir Herr Prof. Voigt erzählen, was er will; das ist eben so. Jetzt haben wir den großen Streitpunkt,
wenn es um die sozialen Kriterien geht: Wie ist es um den vergabespezifischen Mindestlohn bestellt? Ich habe es vorhin versucht anzudeuten. Herr Prof. Voigt, wenn Sie wirklich etwas für die Wirtschaft, für das Handwerk tun wollen, dann – noch einmal – müssen Sie verhindern, dass diejenigen sich durchsetzen bei der Vergabe, die schlechte Bedingungen in ihren Unternehmen haben,
diejenigen, die Lohndumping betreiben. Ich will Ihnen mal ein Beispiel nennen: Es gibt in TambachDietharz die Schraubenfirma EJOT. EJOT mit 200/300 Mitarbeitern hat unlängst ein Fest gefeiert, bei dem ich zugegen war. Da haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Tischen gestanden, als die Geschäftsführung gesagt hat: Wir werden im kommenden Jahr den Tarifvertrag der IG-Metall Nordrhein-Westfalen einführen – 35 Stunden, entsprechenden Urlaub, Weihnachtsgeld und alles drum und dran. Und an meinem Tisch sitzen zig Unternehmen, die sagen: Lieber Herr Tiefensee, wo sind meine Fachkräfte? Und wenn ich sie frage, welchen Lohn sie zahlen, dann ist der unterirdisch. Es gibt in Thüringen beides und der vergabespezifische Mindestlohn sorgt dafür, dass die Firmen sich durchsetzen, die ordentliche Löhne bezahlen. Und das ist unser Anliegen.
Da können Sie erzählen, was Sie wollen. Wir haben eine Dreistufigkeit eingeführt: allgemein verbindlicher Tarifvertrag, repräsentativer Tarifvertrag, vergabespezifisches Mindestentgelt. Herr Prof. Voigt, ich kann Ihnen das nicht ersparen: Sie haben das immer noch nicht verstanden. Sie führen hier pars pro toto die Baubranche an. Die AfD hat sich aufgeplustert, genauso wie Sie: ein Investitionshemmnis
Vor allen Dingen im Baugewerbe, weil dort die Hauptlast oder die Hauptsumme entsteht, lieber Herr Prof. Voigt.
Wie können Sie sich jetzt hierhinstellen, von 12,20 Euro und von 11,42 Euro reden und nicht verstehen, dass das erste Kriterium ist – neben den ILO-Kernarbeitsnormen, die verbindlich schon immer eingeführt sind –, dass der allgemeinverbindliche Tarifvertrag gilt, kein repräsentatives, kein vergabespezifisches Mindestentgelt. Wenn in der Baubranche ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag da ist, gilt der mit 12,20 Euro und allen anderen Parametern und hat Vorrang. Das ist unser Weg, Tariftreue in Thüringen durchzusetzen.
Dann haben wir das vergabespezifische Mindestentgelt. Das, meine Damen und Herren, richtet sich nach der unteren Entgeltstufe des Tarifvertrags der Länder: 11,43 Euro ab dem 01.01.2020 zahlt der öffentliche Dienst der Länder in der untersten Entgeltgruppe. Was bitte soll das Geschrei? Dass wir einen Cent darunter bleiben – aus europarechtlichen Erwägungen heraus – bei 11,42 Euro? Es ist notwendig – im Gegensatz zum Mindestlohn, der allgemeinverbindlich ist –, das auf Bundesebene nach all den Verfahren, die wir kennen, auszuarbeiten. Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass Menschen, die unsere Aufträge erledigen, wenigstens so viel verdienen wie die unterste Entgeltgruppe im Tarifvertrag der Länder.
Jetzt noch einmal zu den von Ihnen mehrfach angesprochenen Zuarbeiten, den Aussagen der Experten – ich kann mich an Dieter Hausold eins zu eins anschließen: Was gab es für ein Geschrei bei der Einführung des allgemeinverbindlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Alle, die Sie jetzt im Hinterkopf haben, deren Expertise wir angeblich nicht angeschaut und schon gar nicht umgesetzt haben, haben Weltuntergangsszenarien an die Wand gemalt. Sie sollten sich jetzt hinstellen und sagen, dass sie glücklich und zufrieden sind, dass es Menschen in diesem Lande gibt, verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker, die ihrer Aufgabe gerecht werden, einer funktionierenden Wirt
schaft dadurch zu helfen, dass sie die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen. Das ist nämlich eine Aufgabe von Politik.
Genauso wird es wieder sein. Die staatlichen Aufträge, die verbindlich die 11,42 Euro bei der Auftragserledigung vorschreiben, werden Vorreiter für die Kommunen sein, die das fakultativ dürfen. Ich verspreche Ihnen, sie werden gar nicht anders können. Wenn meine Kollegin Werner im Gesetzblatt, im Verordnungsblatt im Staatsanzeiger sagt, das ist ein repräsentativer Tarifvertrag, dann werden diejenigen, die in Firmen arbeiten, die nicht so viel zahlen, sagen: Hier steht schwarz auf weiß, unser Wettbewerber bezahlt wesentlich mehr. Warum, lieber Arbeitgeber, machst du nicht auch dasselbe? Genau das wollen wir mit dem vergabespezifischen Mindestlohn erreichen.
Lieber Prof. Voigt, wir greifen eben gerade nicht in die Tarifhoheit ein. Erzählen Sie nicht so etwas. Hast du einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, gilt der. Gibt es einen repräsentativen Tarifvertrag – „Tarif“ ganz groß geschrieben –, dann gilt der, was das Entgelt anbetrifft. Wissen Sie, wer diese beiden Tarifverträge ausgehandelt hat? Das sind die Sozialpartner, die wir achten, deren Rolle wir wertschätzen, weil sie stabilisierend für unsere Wirtschaft wirken. Deutschland ist nicht zuletzt deshalb so stark, weil es diese Tarifautonomie gibt, und die stärken wir mit dem Vergabegesetz und dem vergabespezifischen Mindestentgelt.
Schließlich, meine Damen und Herren, die ökologischen Kriterien, ich habe es bereits angesprochen: Sie sind fakultativ, was den Auftrag anbetrifft, sie sind verbindlich für den Staat, was die Auftragserledigung anbetrifft. Auch hier erwarte ich, dass sich das flächendeckend in Thüringen herumsprechen wird. Das ist gut, diese ökologischen Kriterien anzuwenden. Denn – noch einmal – es darf uns nicht egal sein, wie das Gut, das wir anschaffen, die Bauleistung, die wir ausschreiben, wie die sowohl bei der Auftragserledigung ökologisch gestaltet wird als auch im Lebenszyklus ökologisch wirkt. Die Schülerinnen und Schüler, die kommenden Generationen dürfen erwarten, dass unsere Bauleistungen, das verwendete Fenster, der Anstrich oder
wenn wir Reinigungsleistungen erbringen oder wenn es um das Zubereiten von Speisen geht und dergleichen, die dürfen erwarten, dass wir diejenigen stärken, die sich verantwortungsbewusst gegenüber unserer Umwelt verhalten.
Deshalb noch einmal: Wir sprechen nicht mehr von vergabefremden Kriterien. Alles das gehört zu einer verantwortungsvollen Vergabe. Es gibt nicht die Hauptkriterien und die Nebenkriterien, es gibt nicht die vergabespezifischen und die vergabefremden. Moderne Vergabepolitik ist, dass man die drei Dinge zusammendenkt. Das ist die Auffassung von Rot-Rot-Grün. So haben wir dieses Gesetz geschrieben. So ist dieses Gesetz in allen drei Belangen Vorreiter, vorbildlich. Und genauso wie Kommunen, die sich jetzt noch fakultativ entscheiden können, nach meiner festen Überzeugung in der Zukunft so handeln werden wie die staatlichen Stellen, genauso wird es andere Bundesländer geben, die sich an diesem Vergabegesetz orientieren, weil es ein modernes Gesetz des 21. Jahrhunderts ist.
Vielen Dank all denen, die daran mitgewirkt haben. Keine leichte Aufgabe, aber wir haben sie gut gemeistert! Vielen Dank.
Danke schön. Ich sehe jetzt keine Wortmeldung mehr. Dann schließe ich die Debatte zu TOP 1 b und 1 a und wir kommen zu den Abstimmungen.
Wir stimmen als Erstes über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU ab. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? Es enthalten sich die AfD-Fraktion und die fraktionslosen Abgeordneten Gentele und Rietschel. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Wir kommen zum Gesetzentwurf der Landesregierung, als Erstes zum Änderungsantrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/7448. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen. Danke. Und die AfD-Fraktion, habe ich das richtig gesehen? Über den Änderungsantrag. Ja. Danke. Und Abgeordneter Rietschel. Dagegen? Die CDU-Fraktion. Danke schön. Wer enthält sich? Es enthält sich Abgeordneter Gentele. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft in Drucksache 6/7428 unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung zum Änderungsantrag. Wer für diese Beschlussempfehlung ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Danke.
Wer ist dagegen? Dagegen sind die CDU-Fraktion und Abgeordneter Rietschel. Danke schön. Wer enthält sich? Es enthält sich Abgeordneter Gentele.
Wir kommen zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/6682 in zweiter Lesung unter Berücksichtigung der Abstimmung zur Beschlussempfehlung. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen. Danke. Wer ist dagegen? Dagegen sind die CDU-Fraktion und Abgeordneter Rietschel. Wer enthält sich? Es enthalten sich die AfD-Fraktion und Abgeordneter Gentele.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Danke schön.
Wer enthält sich? Es enthält sich Abgeordneter Gentele. Vielen Dank. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.