Nach Ansicht der AfD-Fraktion wäre das Geld besser für eine konsequente Absenkung des Betreuungsschlüssels in allen Altersgruppen mithilfe einer vorausschauenden Ausbildung von Erzieherinnen eingesetzt als für ein weiteres beitragsfreies KitaJahr für Besserverdienende und nur eine geringe Verbesserung des Betreuungsschlüssels.
Hinzu kommt: Der Freistaat Thüringen hat sich sehenden Auges auf einen föderalismusfeindlichen Handel mit dem Bund eingelassen – ich habe das hier auch schon erläutert. Die Kindertagesbetreuung ist eigentlich Ländersache und nicht Bundesangelegenheit. Über den nun unterzeichneten Vertrag des sogenannten Gute-KiTa-Gesetzes bestimmt der Bund mit darüber, was hier in Thüringen in den Kindertagesstätten gemacht wird, und das ist eigentlich gerade nicht seine Aufgabe.
Noch dazu sind die Gelder zeitlich begrenzt. 2022 ist Schluss mit dem Geldfluss aus dem Bund. Das heißt, weder das beitragsfreie Kita-Jahr noch die Absenkung des Betreuungsschlüssels sind dauerhaft und nachhaltig finanziert.
Damit kommen wir zu einem weiteren wunden Punkt: Wo sollen denn die neuen Erzieherinnen so schnell herkommen? Der Gemeinde- und Städtebund merkt richtig an, dass es keine Übergangsfristen im Gesetz gibt. Zum 1. August 2020 werden voraussichtlich auf einen Schlag rund 600 Fachkräfte mehr benötigt, Fachkräfte, die schwer zu bekommen sein werden.
Das wiederum wird zur Folge haben, dass Kindertagesstätten gegebenenfalls ihren normalen Betreuungsbetrieb nicht aufrechterhalten können. Und Sie, Herr Wolf, klatschen dann wahrscheinlich immer noch. Oder es wird bedeuten, dass keine voll ausgebildeten Erzieherinnen, sondern sogenannte pädagogische Ergänzungskräfte wie Kinderpfleger und Sozialassistenten in Kindergärten angestellt und auf den Personalschlüssel angerechnet werden.
ren. Im Zweifel denken Sie sich wahrscheinlich, mit den Problemen soll sich die Nachfolgeregierung dann rumschlagen.
Gerade weil die Bundesgelder bis 2022 befristet sind, wäre es sinnvoll, diese Gelder in zeitlich absehbare Projekte wie die Ausbildung von Erzieherinnen oder eine bessere Ausstattung der Kindergärten zu stecken. Das wären Investitionen, die zwar zeitlich begrenzt sind, aber langfristig und nachhaltig zugunsten der Thüringer Kinder wirken würden.
Zu guter Letzt möchte ich anmerken, dass der Landesverband für Kindertagespflege diesen Gesetzentwurf an einigen Stellen kritisiert hat. Und auch da finde ich es interessant, Herr Minister, dass Sie sich zwar bei den entsprechenden Personen bedanken, aber rein gar nichts dafür tun, dass die Bedingungen verbessert werden. Auch eineinhalb Jahre nach der Novellierung sei der Vollzug des Gesetzes in weiten Teilen Thüringens noch mangelhaft und dies mit fatalen Folgen für die Thüringer Kindertagespflege. Innerhalb der letzten zwei Jahre sei die Zahl der Tagespflegepersonen von 335 auf 306 zurückgegangen. Momentan überlegten viele, ihre Tätigkeit als Tagespflegeperson aufzugeben. Der Landesverband für Kindertagespflege schlägt vor, die Sachkostenpauschale gemäß der Empfehlung des Bundesfinanzministeriums von 170 Euro pro Kind und Monat auf 300 Euro pro Kind und Monat anzuheben. Außerdem soll die Förderleistung nicht wie bisher aufgrund der Annahme erfolgen, dass eine Tagespflegeperson 9 Stunden am Tag arbeitet, sondern aufgrund einer 40-Stunden-Woche. Letzteres würde eine deutliche finanzielle Erleichterung für die Tagesmütter darstellen.
Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, Ihr Gesetzentwurf ist weder Fisch noch Fleisch und für Kinder, die von Tagesmüttern betreut werden, bringt er rein gar nichts. Das Bundesgeld wäre in der Fachkräftegewinnung und damit in einer tatsächlich mittelfristigen Senkung des Betreuungsspiegels besser angelegt. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, sehr geehrte Gäste und vor allen Dingen liebe Frau Grosse-Röthig, lieber Herr Dr. Kullmann, ich begrüße
Wenn Sie dieses Wochenende mit Freude auch das neue Gesetz diskutieren, stellen Sie sich dann vielleicht auch die Frage: Sind wir dann zukünftig LEV Kiga oder Kita? Die Diskussion nach diesem Gesetzesbeschluss wird noch interessant sein.
Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt haben wir viel gehört von der Opposition, aber inhaltlich war nichts dabei.
Wir wissen nur, was Sie alles nicht wollen. Wir wissen von der CDU, Sie wollen irgendwo etwas in der Qualität verbessern. Aber normale parlamentarische Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren hier oben auf den Rängen, heißt dann, dass man im Gesetzgebungsverfahren Änderungsanträge stellt und damit seinen politischen Willen auch deutlich macht. Und das könnten wir hier auch diskutieren. Da ist nichts gekommen. Weder von der AfD noch von der CDU ist irgendetwas gekommen, weil da eben auch nichts ist. Da ist große Leere, da pfeift es durch den leeren Kopf und es pfeift wahrscheinlich noch bis zum 27. Oktober. Das werden dann auch die Wählerinnen und Wähler hören.
Es wurde gesagt, man hätte das mit der Unterschrift noch bis nach dem 27. Oktober schieben können, denn man wüsste ja nicht, was eine neue Landesregierung anders machen würde. Frau Rosin, ich kann Ihnen versichern, die neue rot-rot-grüne Landesregierung wird genauso weitermachen. Wir werden das umsetzen, was wir heute beschließen. Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken. Sie werden es dann kritisch begleiten können. Wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Was wir tatsächlich machen mit diesem Gesetz, ist – und das sage ich hier ganz klar:
Immer wenn diese Koalition die finanziellen Möglichkeiten hatte, hat sie in Bildung investiert. Wir haben das im Jahre 2017 mit dem neuen Kita-Gesetz im Bereich frühkindliche Bildung getan und haben dort schon 550 Stellen und ein beitragsfreies Jahr extra geschaffen, der Minister hat das auch schon in der Wirkung ausformuliert. Jetzt gehen wir den
zweiten Schritt, auch mit Unterstützung des Bundes, keine Frage. Und das ist auch etwas, was nicht etwa den Föderalismus schwächt, wie Kollegin Muhsal hier dargestellt hat, sondern was ihn gerade prägt: dass sich die verschiedenen staatlichen Ebenen austauschen und zusammenarbeiten. Wenn der Bund uns jetzt 142 Millionen Euro gibt, dann kofinanzieren wir das mit 36 Millionen Euro. Das heißt, auch Thüringen investiert weiterhin kräftig in frühkindliche Bildung. Das ist etwas, was hier leider bisher noch nicht genannt worden ist. Aber gerade das – das eigene Geld und die Verpflichtungen, die wir geschaffen haben, indem wir das ins Gesetz genommen haben und das Ganze nicht durch Richtlinien oder Verordnungen begleiten – schafft für die Eltern, schafft für die Kommunen, schafft für die Träger Rechtssicherheit. Wir bekennen uns ganz klar mit diesen zusätzlichen Mitteln zur Beitragsfreiheit und zur Qualitätsverbesserung für gute frühkindliche Bildung. Das macht Rot-RotGrün aus, dazu haben wir heute hier von der Opposition leider gar nichts gehört.
Und ja, wir sind auch stolz darauf und wir bedanken uns ausdrücklich auch noch mal für den deutlichen Hinweis durch die Petition, dass wir zukünftig im Fröbelland wieder von Kindergärten sprechen. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Ich war gestern in einer Besuchergruppe mit 50 Menschen hier aus Thüringen. Was die sofort gesagt haben, war: Warum heißt das immer noch Kita? Als ich gesagt habe, das ändern wir jetzt gerade, war die Zustimmung riesengroß.
Und es ist nicht nur Blankenburg, es ist zum Beispiel auch Schweina in Westthüringen, wo Fröbel gewirkt hat. Fröbel hat – und das muss man gerade in Verbindung mit diesem Gesetz noch mal deutlich machen – die Erzieherinnenausbildung maßgeblich geprägt. Den Weg, den wir mit den Mitteln, die wir jetzt einsetzen, gehen, womit wir die praxisintegrierte, also die duale und mit Ausbildungsvergütung ausgestattete Erzieherinnenausbildung stärken, hat Fröbel schon angedacht, weil er wusste, dass man Fachkräfte braucht, weil er wusste, dass nur durch gute pädagogische Arbeit auch die entsprechende Förderung passiert.
Dazu will ich versuchen, Ihnen mal kurz etwas zu verdeutlichen: Wir werden in den nächsten zehn Jahren nahezu jede vierte Erzieherin und Erzieher altersbedingt aus den Thüringer Kindergärten ausscheiden sehen. Das sind mehr als 3.300 Fachkräfte, die wir verlieren. Wir haben in den letzten fünf Jahren, wenn man in die Statistik sieht – das war auch die Verbesserung unseres Betreuungsschlüssels, aber es waren auch die aufwachsenden Kinderzahlen –, mehr als 1.100 zusätzliche Fachkräfte
an den Kitas registriert. Wenn wir heute dieses Gesetz beschließen, dann heißt das, dass wir uns klar dazu bekennen, dass die Fachkräfteentwicklung auch so weitergeht. Wir brauchen einerseits Ersatz für die ausscheidenden Fachkräfte, andererseits brauchen wir auch für die Verbesserung des Personalschlüssels zusätzliche Fachkräfte. Insgesamt – Herr Grob, das können Sie gern nachrechnen – brauchen wir pro Jahr in den nächsten Jahren 500 bis 600 Erzieherinnen, die Kindergärten einstellen.
Das setzt voraus, dass wir die Ausbildung stärken, dass wir sie attraktiver machen, dass wir den Beruf attraktiver machen. Deswegen ist es richtig, dass wir jetzt mit dem Modellprojekt PiA in diese Richtung gehen, dass wir sagen, wir machen die Ausbildung attraktiv, denn das Interesse ist da. Wir machen die Aufgabe attraktiv, die Arbeit attraktiv, indem wir den Betreuungsschlüssel verbessern, und zwar in dieser Legislatur – das ist schon von Kollegin Pelke gesagt worden – mit 1.100 zusätzlichen, durch das Land finanzierten Stellen. Und wir werden – das will ich hier deutlich sagen – uns auch in der neuen Legislatur darüber unterhalten müssen, inwiefern wir das Kindergartengesetz, die Finanzierung der Kindergärten dahin gehend anpassen, dass die Träger – die Kommunen und die freien Träger – selbst entscheiden können aufgrund ihrer Finanzzuweisungen, wie der Ausbildungsbedarf ist, und dass das auf den Personalschlüssel angerechnet werden kann, wie es zum Beispiel in BadenWürttemberg passiert. Das ist ein sinnvoller Weg, das ist ein guter Weg, dass wir die Ausbildung stärken, denn jede und jeder, der oder die Qualitätsverbesserungen in den Mittelpunkt stellt, muss als Allererstes die Frage lösen – deswegen gehen wir auch immer wieder Schritte –, wo die Fachkräfte herkommen. Da sagen wir: Das kann nur durch eine Umstellung in der Ausbildung passieren und das muss im Gesetz passieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es ist heute gesagt worden, mit diesem Gesetz würde vor allen Dingen die Beitragsfreiheit in den Mittelpunkt gestellt. Das ist schlicht falsch.
Nein. Der Minister hat eine sehr ausgewogene Rede gehalten, für die ich ihm auch danke. Aber Sie haben gesagt, wir würden hier vorrangig die Beitragsfreiheit bedienen, und das als Wahlgeschenk hingestellt. Fakt ist, dass 42 Prozent der Mittel, die
Wo da der Schwerpunkt liegt, ist, glaube ich, ziemlich deutlich geworden. Und, ja, wenn wir „Beitragsfreiheit“ sagen, und zwar im Geleit zur Qualitätsverbesserung, dann weiß ich gar nicht, welche Vorstellungen Sie von den Thüringern und Thüringer Familien haben. Es mag ja sein, man hat mit dem Salär eines Landtagsabgeordneten irgendwo als AfDAbgeordneter die Bodenhaftung verloren.
Aber Fakt ist, dass wir damit vor allen Dingen den Busfahrer, die Pflegefachkraft oder auch die Verkäuferin stärken, denn das sind die Familien, die die Beiträge bezahlen –
im Schnitt über 120 Euro im Monat. Da können Sie meine neueste Kleine Anfrage mal nachlesen, ich kann Ihnen Kommunen nennen, da sind es bis zu 200 Euro. Wir haben das hier im Landtag auch diskutiert, wie das immer wieder durch die Decke geht – gerade in VGs, wo die VG-Chefin ein CDU-Parteibuch hat.
Wir entlasten mit zwei beitragsfreien Jahren die Familien nicht nur um 3.080 Euro, sondern das sind Familien mit ganz normalen Erwerbsbiografien, mit ganz normalen Einkommen. Und das ist gut angelegtes Geld für diese Familien, die wissen es nämlich besser einzusetzen für ihre Kinder
und für ihre familiäre Entwicklung, als es dann tatsächlich in Beiträgen zu versenken. Also ganz klar: Beitragsfreiheit und Qualitätsverbesserung sind der Markenkern dieser Koalition.