Protokoll der Sitzung vom 13.09.2019

Dann komme ich noch mal zu Herrn Harzer. Sie haben gestern den schönen Spruch losgelassen, es gibt Windräder, die schalten sich ab, wenn Vögel und Fledermäuse fliegen. Da frage ich mich, wann sich die Windräder überhaupt drehen. Die müssen sich ja laufend abschalten. Das ist doch Unsinn, was Sie hier erzählen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Also bitte, Herr Henke!)

Noch etwas zum Änderungsantrag der CDU: Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten sich mit uns darüber unterhalten. Dass wir Ihnen so zustimmen können, hätte ich nett gefunden. So wird es für uns natürlich etwas schwierig, dass man uns da nicht mit eingebunden hat. Wir werden sehen, wie wir uns da entscheiden. Aber es ist der richtige Weg. Vielen Dank.

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

(Beifall AfD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Malsch, Sie haben 1 Minute.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kollegen, ich möchte auf das eingehen, was Herr Kobelt gesagt hat. Er ist ja nicht das erste Mal bei mir im Wahlkreis gewesen oder bei mir im Heimatort und ihm ist sicherlich nicht entgangen, dass seit 2018 dort die Wasserkraft als sinnvolle Energie zur Einspeisung in die Straßenbeleuchtung genutzt wird, dass es einen Carsharing-Standort gibt, wo mit E-Mobilen gefahren wird, dass es schnell die aufgeforsteten Schadensflächen gab, um Wiederbepflanzungen zu machen, dass es den Blick von Altenstein – Buga-Außenstandort 2021 – ohne Sicht auf Windräder gibt, dass die Wanderer, die am Rennsteig wandern, eine Sicht auf den Inselsberg ohne Windräder haben. Und wenn Sie mit denen reden, genau deswegen sind die nämlich auf dem Rennsteig unterwegs. Ich kann Ihnen eins sagen, ich vermisse Ihren Antrag auf gleichwertige Lebensverhältnisse, nämlich auf Windkraft in der Stadt. Danke.

(Beifall CDU, AfD)

Aus den Reihen der Abgeordneten sehe ich jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Frau Ministerin Keller, Sie haben das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, Interessenten am Thema „Wald“! Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, Wald ist offensichtlich doch ein sehr emotional getragenes Thema. Ich möchte deshalb an der Stelle jeder und jedem, die sich jetzt um den Wald Gedanken machen, die pflanzen gehen, die gießen gehen, die alle gesellschaftlichen Kräfte bündeln, den Forstleuten, all denen will ich Dank sagen, dass sie auch diese Emotionen aufgenommen haben und in Taten umsetzen. Egal, wie die Debatte aussieht, ob im August zu pflanzen sinnvoll ist oder besser im November. Am Ende, wenn man emotional reagiert, passieren natürlich auch solche Dinge. Wenn die Bäume, die gepflanzt wurden, gegossen werden, dann soll das auch recht sein. Obwohl natürlich schon die Frage zu stellen ist, ob das

zuträglich ist, weil auch Wasser ist natürlich am Ende in solchen Zeiten, wo wir weniger Regen haben, ein hohes Gut. Ich hoffe, dass wir einen Winter, eine Novemberzeit bekommen, die dafür sorgt, dass die Setzlinge, die wir dann auszubringen in der Lage sind, auch gedeihen können. Ich denke, auch das ist eine Möglichkeit. Dennoch allen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es geht heute um einen Gesetzentwurf, der im Wesentlichen Folgendes regeln soll: Das Betretungsrecht des Waldes für Reiter und Radfahrer, das Vorkaufsrecht an Waldgrundstücken, die Pflicht zur Wiederaufforstung, der Verkauf von Kommunalwald und die Verkehrsfähigkeit von Waldgenossenschaftsanteilen sollen rechtlich neu geordnet werden.

Nach dem Anhörungsverfahren, der Onlinediskussion und den Beratungen im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten liegt jetzt die Beschlussempfehlung des Ausschusses vor. Den Reitern und Radfahrern soll die Benutzung auf dafür geeigneten festen und befestigten Wegen sowie Straßen, auf denen forstwirtschaftliche Maßnahmen nicht stattfinden, gestattet werden. Die bisherige Reitwegeregelung wird abgeschafft. Im Interesse der Erholungssuchenden wird damit das Betretensrecht des Waldes nicht unwesentlich erweitert. Ich hoffe sehr, dass sich diese Regelung in der Praxis auch bewähren wird, auch wenn das in der Anhörung und auch in der Debatte teilweise kontrovers diskutiert wurde.

Die Bestimmungen zum Vorkaufsrecht sollen umfassend neu geregelt werden, um einen verstärkten Aufkauf von Waldflächen durch forstwirtschaftsfremde Investoren in Thüringen zu verhindern.

(Beifall DIE LINKE)

Dieser Ansatz findet unsere volle Zustimmung. Ich bin mir sicher, dass wir mit der vorliegenden Neuregelung solche Vorhaben deutlich erschweren und möglicherweise insbesondere auch gänzlich verhindern können.

Die Verlängerung der Wiederaufforstungspflicht in § 23 wird vor dem Hintergrund der aktuell schwierigen Dürre- und Forstschutzsituation den administrativen Aufwand bei den Waldbesitzern und der Landesforstanstalt reduzieren. Für die Entwicklung der Naturverjüngung steht damit ein deutlich längerer Zeitraum zur Verfügung, wodurch die Waldeigentümer nicht zuletzt auch von Wiederbewaldungskosten entlastet werden. Auch das ist eine Unterstützung.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Henke)

Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist es eine unserer wichtigsten Aufgaben, die Stabilität der Waldbestände zu sichern. Dazu werden wir Geld benötigen, möglicherweise auch mehr Geld, als wir uns heute vorstellen können.

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein das gibt es nicht, das ist weg, das ist in den Straßenausbaubeiträgen drin!)

Ich finde es deshalb richtig, für die Finanzierung dieser Aufgabe angemessene Fördermittel zur Verfügung zu stellen und dieses auch im Waldgesetz zu verankern. Da sind die 600 Millionen Euro, die gestern von der CDU für die Rückzahlung von Ausbaubeiträgen angefordert wurden, auch ziemlich gut angelegt, denn hier ist es möglich. Das, was jetzt die CDU im Wahlkampf einsetzen will, ist rechtlich ziemlich waghalsig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, hier haben wir eine gute Wahl getroffen, 500 Millionen Euro im Aktionsplan 2030 ff. für den Wald einzusetzen. Da, denke ich, ist es auch möglich und auch rechtlich möglich, und da haben wir, glaube ich, im Sinne der Waldeigentümer, ob Staat, ob kommunal, ob privat, ohne Unterschied auch richtig gehandelt.

Sehr geehrte Damen und Herren, von Warten kann keine Rede sein. Im September des Jahres 2018 haben wir uns bereits zusammengesetzt, haben einen Krisenstab in meinem Hause gebildet, der die ganze Zeit entsprechend handelt und miteinander gesprochen hat. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

Zum Aktionismus vielleicht – ein Wort sei mir auch gestattet –, der hier von unterschiedlicher Seite, auch von unterschiedlichen Interessengruppen eingefordert wird: Ich kann nur sagen, das ist, was ich als Erstes als Forstministerin gelernt habe: Im Wald und für den Wald denkt man in Generationen und nicht in Tagen. Das haben wir mit dem Waldaktionsplan auch auf den Weg gebracht.

(Beifall SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, die verschärfende Regelung bei der Genehmigung von Kommunalwaldveräußerungen, wie in § 33 vorgesehen, wird den Gemeinwohlbezug des Waldes stärken.

(Beifall DIE LINKE)

Der Kommunalwald gehört genauso wie der Staatswald zum sogenannten öffentlichen Wald. Dieser öffentliche Wald ist zum Wohl von uns allen zu erhalten und zu schützen. Nicht zuletzt freue ich mich

sehr über die neue Regelung in § 54, mit der die Anteile von Waldgenossenschaften wieder verkehrsfähig werden. Mit Beschluss vom 4. April 2018 hatte das Thüringer Oberlandesgericht festgestellt, dass aufgrund von fehlenden Regelungen im Thüringer Waldgesetz die Anteile an Waldgenossenschaften derzeit nicht verkehrsfähig sind, das heißt, derzeit auch nicht veräußert werden können. Dadurch können gegenwärtig keine Grundstücks- bzw. Anteilskäufe grundbuchrechtlich vollzogen werden. Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des § 54 wird diese Regelungslücke bei der grundbuchmäßigen Behandlung von Waldgenossenschaften endlich geschlossen.

(Beifall SPD)

Es werden Regelungen zum Eintrag der aus den Mitgliedern der Waldgenossenschaft gebildeten Gesamthandsgemeinschaft getroffen und die Anlage eines Anteilsbuchs mit Anteilsblättern geregelt. Die Änderung schafft somit Rechtsklarheit bei der Eigentümereintragung und führt dazu, den faktisch eingetretenen Eintragsstau bei den Grundbuchverfügungen zu beseitigen. Im Ergebnis wird die eigentumsrechtliche Handlungsfähigkeit von über 300 altrechtlichen sowie neu gegründeten Waldgenossenschaften hergestellt.

Zum CDU-Antrag, die Umwandlung von Wald zur Errichtung von Windenergieanlagen per Gesetz für nicht zulässig zu erklären, möchte ich Folgendes klarstellen: Wie die CDU-Fraktion in ihrem Antrag richtig feststellt, liegen viele Waldflächen in Thüringen innerhalb von Schutzgebieten, sodass die Errichtung von Windenergieanlagen dort aus rechtlichen Gründen bereits jetzt ausgeschlossen ist. Für die Errichtung einer Windenergieanlage muss nur eine verhältnismäßig kleine Fläche gerodet werden, sodass die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem überschaubar sind. Das ist Fakt. Wir haben dafür bereits zwei Beispiele im Praktischen, also im Wald, stehen. Beeinträchtigungen von Vögeln und Fledermäusen können zudem durch entsprechende Standortwahl und Abschaltmechanismen auf ein Minimum reduziert werden. Das ist tatsächlich so. Für die Rodung von Wald ist zudem eine funktionsgleiche Ausgleichsaufforstung notwendig, sodass die Waldfläche in Thüringen nicht kleiner wird. Das Verbot der Errichtung von Windenergieanlagen im Wald würde mit großer Sicherheit dazu führen, dass diese Anlagen vermehrt im Offenland, das heißt auch in Siedlungsnähe, errichtet werden müssen, um die energiepolitischen Ziele der Landesregierung und – wie wir seit gestern in der Debatte auch noch einmal bestätigt bekamen – auch der Bundesregierung zu erreichen. Dadurch würde die Bevölkerung jedoch weit mehr belastet als durch

(Ministerin Keller)

die Errichtung in größeren zusammenhängenden Waldgebieten, die von der Bevölkerung zum Zweck der Erholung aufgesucht werden.

Ich möchte auch darauf verweisen, dass bereits jetzt bei der Entscheidung über einen Antrag auf Änderung der Nutzungsart die berechtigten Interessen des Waldbesitzers und die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abgewogen werden müssen.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Was heißt denn das?)

Erkläre ich gleich. – So stellen die Versagenstatbestände zur Änderung der Nutzungsart nach § 10 Thüringer Waldgesetz sicher, dass Windenergieanlagen im Wald nur dort errichtet werden, wo dies zu keinen nachhaltigen Schäden am Wald führt oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege, der Landeskultur, der Luft- und Wasserreinhaltung und der Erholung der Bevölkerung nicht gefährdet werden. Insofern bestehen bereits jetzt hohe genehmigungsrechtliche Hürden für eine Änderung der Nutzungsart im Wald zum Zweck des Baus von Windenergieanlagen.

Im Übrigen hat die Landesregierung mit dem Maßnahmenplan „Grünes Herz Thüringen. Aktionsplan Wald 2030 ff.“ klargestellt, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften ihre Planung der Vorranggebiete „Windenergie im Wald“ daraufhin zu überprüfen haben, dass Kalamitätsflächen erschlossen werden, um den Waldbestand nicht zusätzlich zu belasten. Meine Fachbehörde arbeitet daran bereits mit Hochdruck. Dahinter steckt der Gedanke, dass unversehrte Waldgebiete verschont werden und stattdessen Waldgebiete, die durch Sturm, Trockenheit oder Forstschädlinge ohnehin schon stark devastiert sind, für die Vorranggebiete „Windenergie“ genutzt werden. Ich habe deshalb die Forstanstalt gebeten, die derzeit von den Regionalen Planungsgemeinschaften in ihren regionalen Planentwürfen vorgesehenen Vorranggebiete „Windenergie“ auf ihre Schädigung hin zu prüfen. Dazu soll zunächst für jedes geplante Vorranggebiet „Windenergie“ ein Vitalitätsbericht erstellt werden und im Anschluss soll diese Prüfung auf die Umgebung der Vorranggebiete ausgedehnt werden. Die Ergebnisse werde ich den Regionalen Planungsgemeinschaften zur Verfügung stellen, sodass die Waldschadensproblematik sachgerecht in die Überarbeitung der Regionalpläne einfließen kann. So sieht die Unterstützung der Regionalen Planungsgemeinschaften vonseiten der Landesregierung in Wahrheit aus.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, eine derartig gezielte Untersuchung der Waldgebiete wird den Anforderungen direkt vor Ort und der Schadensproblematik weit mehr gerecht als ein pauschales Verbot, wie es hier bereits wieder gefordert werden soll. Die Notwendigkeit, die Änderung von Wald in eine andere Nutzungsart zum Zwecke der anschließenden Errichtung von Windenergieanlagen gesetzlich zu verbieten, sehe ich daher nicht. Und ganz nebenbei gesagt: Das wird offensichtlich auch von vielen anderen inzwischen so gesehen. Wir haben heute dazu schon Ausführungen gehört.

Ich möchte die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, mich für die Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs zu bedanken, möchte mich bei all denen bedanken, die sich mit viel Emotionalität an der Anhörung beteiligt haben, sich natürlich auch mit viel Herzblut in das Thema „Änderung des Waldgesetzes“ eingebracht haben. Ich denke, wir haben das Thüringer Waldgesetz damit in vielen Punkten verbessert und auch aktuellen Gegebenheiten entsprechend angepasst und darauf reagiert. Ich werbe um Ihre Zustimmung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hat sich der Ministerpräsident zu Wort gemeldet. Herr Ramelow, Sie haben das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich ausdrücklich meiner Ministerin Keller danken möchte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte in diesen Dank auch ausdrücklich Staatssekretär Dr. Sühl mit einbeziehen und den Vorstand sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anstalt öffentlichen Rechts ThüringenForst, allen Försterinnen und Förstern,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)