Gut so ist auch, dass die Landesregierung in den kommenden Wochen erstmalig klare und verbindliche Standards für die Erstaufnahmeeinrichtungen entwickeln wird und auch die schulische, berufliche und sprachliche Qualifikation früher fördern möchte, um dann eine gezieltere und schnellere Vermittlung in den Arbeitsmarkt zu befördern. Ich habe mich heute übrigens sehr über eine Meldung der IHK Ostthüringen gefreut, die sich dafür starkmacht, gerade jugendliche Flüchtlinge besser auszubilden und ihnen dann aber in dieser Zeit auch Sicherheit zu geben. Das heißt auch, sie nicht abzuschieben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Was ich hier gehört habe, sowohl von den Kollegen der CDU, die von Abschiebepflichten gesprochen haben, als auch von den – ich nenne es leider so – Ausfällen der AfD-Fraktion, die am liebsten alle in ein Lager schicken und schnellstmöglich wieder zurückführen wollen,
das widerspricht eklatant unserem Ansatz einer menschenrechtsorientierten Flüchtlings- und Asylpolitik,
Ihre Änderungsanträge hat meine Kollegin Berninger schon intensiv beleuchtet. Ich will aber noch mal ganz deutlich sagen: Sie wollen sämtliche Mittel für die Integrations- und Migrationsbeauftragte beispielsweise streichen, auch die Projektzuschüs
se für wichtige Vereine und Initiativen, die sich in der Integrations- und Flüchtlingsarbeit verdient machen. Das zeigt doch, wes Geistes Kind Sie sind. Es ist bitter, dass wir hier mehr oder weniger gemeinsam sitzen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will ganz deutlich sagen, auf dem Flüchtlingsgipfel sind etliche Maßnahmen vorgestellt worden – und zwar von den unterschiedlichsten Ressorts –, weil wir alle wissen, dass der Umgang mit Flüchtlingen, die Aufgabe der Integration nicht nur eine Aufgabe des Migrations-, Justiz- und Verbraucherschutzministeriums ist. Ich glaube, das ist allen bewusst – dafür bin ich auch sehr dankbar –, das hat Herr Tiefensee erst unlängst in einem Schreiben an die Universitäten beispielsweise deutlich gemacht, wofür ich sehr dankbar bin,
in dem er die Universitäten darauf hingewiesen und ermutigt hat, doch auch und gerade Menschen, die nicht von hier kommen, auch Asylsuchenden, die Möglichkeit zum Zugang zu Universitäten zu gewährleisten. Wir arbeiten intensiv als Fraktionen im Moment an einer Lösung, um zu einer medizinischen Gesundheitskarte für Asylsuchende zu kommen. Darauf haben wir uns auch in den Koalitionsverhandlungen verständigt, zumal vom Bund leider nichts zu erwarten ist. Das muss ich so deutlich sagen.
Die Sozialministerin hat erklärt, an welchen Stellen sie dazu beitragen wird. Im Doppelhaushalt werden wir uns gerade der psychosozialen Beratung und Betreuung noch sehr viel stärker widmen. Im Bildungsbereich – wir haben ja vorhin schon diskutiert –
ist es nicht nur die Sprachförderung, sondern auch und gerade der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, der uns beschäftigt. Ich will an dieser Stelle auch noch einmal kurz darauf eingehen, weil ich manchen Zungenschlag wirklich vorhin in der Debatte schlimm fand. Es geht hier um Kinder und Jugendliche. Sie brauchen unser aller Schutz, sie sind hier ohne ihre Eltern, sie sind hier allein, wenn sie hier ankommen. Ich glaube, wir sollten ihnen bestmöglich eine Heimat bieten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben einen Antrag eingebracht, um tatsächlich die Flüchtlingskostenerstattungsverordnung – Frau Berninger hat darauf hingewiesen –, die leider die Weichen dahin gehend gestellt hat, dass nur in Gemeinschaftsunterbringung die Schaffung von Plätzen im Moment unterstützt wird, entsprechend ge
ändert wird. Wir haben einen konkreten Antrag dafür eingebracht, um den Betreuungsschlüssel in der Flüchtlingssozialarbeit zu verbessern. Ich weiß, dass die Verbesserung von 1 zu 150 auf 1 zu 100 noch lange nicht das ist, was gerade die Expertinnen und Experten in diesem Bereich fordern. Aber ich glaube, es ist ein erster richtiger Schritt.
Wichtig war uns außerdem, die Beratungs- und Netzwerkarbeit des Thüringer Flüchtlingsrats zu unterstützen, auch wenn Sie versuchen, diesen zu diskreditieren, werte Kollegen von der AfD. Das wird uns erst recht anspornen, diesem wichtigen Gremium unsere Unterstützung zukommen zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen aber auch, dass es sowohl im Bereich Justiz als auch im Verbraucherschutz etliche Dinge gibt, die angepackt werden müssen. Das ist die Einführung der elektronischen Akte, die kommen muss und der wir uns selbstverständlich stellen. Das ist aber auch eine Aufstockung der Mittel – auch und gerade im Verbraucherschutz – um etwa 100.000 Euro, die wir endlich anpacken, auf die lange gewartet werden musste. Ich glaube, das ist ebenfalls ein gutes und wichtiges Zeichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch sagen: Ich bin froh, dass wir den Mut gehabt haben, ein völlig neues Ministerium zu stricken, was sich ganz unterschiedlichen Themenbereichen widmet. Ich hoffe, dass Sie alle dem Haushalt im Einzelplan 05 und auch den Änderungsanträgen von Rot-Rot-Grün zustimmen und den rassistisch motivierten Anträgen der AfD selbstverständlich Ihre Zustimmung verweigern. Vielen herzlichen Dank.
Es liegen jetzt keine Wortmeldungen der Abgeordneten mehr vor. Das Wort hat der Minister Lauinger, Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Scherer hat es zu Recht erwähnt, der Haushalt des TMMJV bildet im Wesentlichen staatliche Kernaufgaben ab. Justiz als dritte Staatsgewalt ist ein elementarer Bestandteil der Demokratie. Die Funktionsfähigkeit der Justiz ist entscheidend für den Rechtsfrieden in unserem Land, für Sicherheit und
Vertrauen in den Rechtsstaat. Vertrauen in staatliche Institutionen ist vor allem auch ein wesentlicher Standortfaktor für Wirtschaftsansiedlungen. Justiz muss personell und finanziell so ausgestattet sein, dass eine effiziente Rechtsprechung, auch eine effiziente Strafverfolgung und ein funktionierender Strafvollzug möglich sind.
Von daher, Herr Scherer, war ich schon etwas überrascht, dass Sie Titelkürzungen ausgerechnet im Bereich Justiz vornehmen wollen. Und auch Ihre einzelnen Vorschläge, die Sie gemacht haben, insbesondere der Vorschlag zum Strafvollzug, zeigen, dass Sie es sich doch im Ergebnis nicht ganz so genau angeschaut haben. Der beruht nämlich im Wesentlichen darauf, dass es Abkommen mit Sachsen gibt, dass es eine gemeinsame Haftanstalt für weibliche Gegangene gibt, dass wir dafür im Wesentlichen zahlen und dass der Ausgleich, den es früher gegeben hat, indem nämlich männliche Gefangene aus Sachsen in Thüringen waren, im Moment nicht mehr erfolgt, sodass dieser Anstieg, der dort eingeplant ist, zwingend notwendig ist.
„Migrations- und Flüchtlingswesen“ ist ein Thema, das neu in dieses Ministerium dazu gekommen ist und – wie man der ganzen Debatte entnommen hat – eigentlich das Thema, das diesen Einzelplan inzwischen dominiert. Wenn Sie heute Zeitungen und Medien verfolgt haben, dann haben Sie sicher gelesen, dass es inzwischen 50 Millionen Menschen gibt, die auf der Flucht sind. Wenn man diese Zahlen kennt und weiß, dass Europa für viele ein Ziel ist, dann muss jedem klar sein, dass diese Zahl Menschen, die Zuflucht in Europa suchen, in den nächsten Jahren nicht abnehmen wird, sondern dass dies eine Aufgabe für dieses Land ist, vor der wir noch viele Jahre stehen werden. Ich werde im Einzelnen noch mal versuchen, auf die Punkte einzugehen, die Sie zu dem Bereich gesagt haben.
Verbraucherschutz ist in unseren Augen ein sehr, sehr wichtiges Thema, um viele Bürgerinnen und Bürger, die in diesem Bereich einen großen Bedarf an Beratung haben, auch ausreichend zu unterstützen.
Die wesentlichen Schwerpunkte dieses Haushaltsentwurfs, das hat Herr Scherer völlig zu Recht gesagt, sind Personalausgaben. Allein 51 Prozent, nämlich 226,4 Millionen Euro, betreffen diesen Bereich. Das ist traditionell im Bereich der Justiz auch ein großer Bereich, nämlich 85 Prozent aus Beamten und Richtern, neu hinzugekommene Bereiche aus dem Innen- und Sozialministerium, Bereiche, bei denen kein großer Spielraum gegeben ist.
Lassen Sie mich ein paar Sätze zur Flüchtlingsund Migrationspolitik sagen und zu den heute hier in die Debatte eingeworfenen Argumenten, es ist ein Bereich, der inzwischen 78,5 Millionen Euro in diesem Einzeltitel umfasst. Die Debatte konzentriert sich immer wieder auf die erst 13, dann auf 26 Mil
lionen Euro erhöhten Summen, die an die Kommunen direkt durchgereicht werden sollen. Ich versuche jetzt nicht einmal, die ganzen Argumente, die heute mehrfach und immer wieder wiederholt worden sind, noch einmal zu erwähnen. Aber es fällt auf, dass Sie immer von drei Ländern sprechen, die gesagt haben, sie werden die Mittel vollständig durchreichen. Im Ergebnis bedeutet das aber, dass es auch 13 Länder sind, die dieses nicht machen. Und dass man dann ausgerechnet diese drei Länder, die in der Erstattung an niedrigster Stelle sind, die selbst nach der Komplettdurchreichung noch nicht einmal so viel an die Kommunen geben wie Thüringen, als Beispiel heranzieht, ist einfach die Milchmädchenrechnung, die Sie immer wieder machen an dieser Stelle und sie wird durch dauernde Wiederholung nicht richtiger.
Einen zweiten Punkt vergessen Sie auch immer wieder – ich glaube, ich habe das an dieser Stelle mindestens auch schon vier- oder fünfmal gesagt –: Selbst wenn Ihre Rechnung richtig wäre, erhöhen wir die Zuweisungen für die Kommunen um mindestens 20 Millionen Euro. Also die Zahlen, die bis gestern auf dem Tisch lagen, dass der Bund sich nämlich mit 13 Millionen Euro beteiligt, übertreffen wir sogar noch um 7 Millionen Euro. Und dass Sie jetzt mit 26 Millionen Euro argumentieren, während im Kanzleramt die Runde noch tagt, von der ich noch nicht einmal weiß, was das Ergebnis sein wird, ist nicht gerade ein Zeichen von Seriosität an dieser Stelle.
Die Situation der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist so, dass wir in diesem Bereich einen Betrag von 81,6 Millionen Euro angesetzt haben. Das ist eine Steigerung von 5,4 Millionen Euro, die im Wesentlichen auf einer Steigerung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes beruht. Mit dem einher gehen aber auch steigende Kosten für Vergütungen für Rechtsanwälte, Entschädigungen von Zeugen, Sachverständigen, ehrenamtlichen Richtern usw.
Der größte Brocken, der auf die Justiz zukommen wird, sind die schon mehrfach angesprochene elektronische Akte und die IT-Ausgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Wir haben eine Situation, dass viele Gerichte sowohl von der baulichen Situation als auch von der Computer- und IT-Kapazität darauf nicht ausreichend vorbereitet sind. Das heißt, in diesem Bereich werden tatsächlich in den nächsten Jahren erhebliche Ausgaben auf die Justiz zukommen. Die dafür in Ansatz gebrachten Mittel sind notwendig, denn ohne diese Mittel werden
Sicherheit in Gerichten ist noch ein Punkt, den ich gern ansprechen würde. Wir haben eine Situation, dass dies teilweise in den Gerichten schon umgesetzt ist, mit gutem Erfolg, mit einem deutlich gestiegenen Sicherheitsempfinden der Bediensteten. Aber es ist tatsächlich so, dass es eben nicht in allen Gerichten bisher erfolgt ist. Um da keine Ungleichbehandlung entstehen zu lassen, sind die dafür in Ansatz gebrachten Beträge notwendig. Diese Zugangskontrollen sind gut, haben positive Erfahrungen gebracht. Und wir würden das natürlich auch gern an den weiteren Standorten – bisher ist es in neun Standorten etabliert – in den Folgejahren ausbauen.
Zum Justizvollzug: Die Gesamtkosten belaufen sich in dem Bereich auf 61,9 Millionen Euro, 21 Millionen Euro ohne Personalkosten, natürlich ein für den Gesamtetat durchaus relevanter Bereich. Für uns ist wichtig, dass wir in diesem Bereich den begonnenen Weg fortsetzen, das heißt, die sozialen Dienste stärken, den Behandlungsvollzug ausbauen. Die Kostenbeteiligung an der Sicherungsverwahrung in Hessen ist nun einmal eine Vereinbarung, die wir eingegangen sind. Auch die Baukosten für Zwickau sind natürlich etwas, was wir gern umsetzen, weil wir damit in die Lage versetzt werden, Justizvollzugsanstalten, die alt, marode und teilweise nicht mehr zeitgemäß sind, ersetzen zu können, nämlich die Justizvollzugsanstalten in Hohenleuben und Gera.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen, den Sie angesprochen haben, die Justizwachtmeister. Tatsächlich ist es so, diese Justizwachtmeister wurden von dem einfachen in den mittleren Dienst angehoben. Das war ein Wunsch der alten Regierung. Den finde ich auch im Ergebnis richtig. Aber dann zu sagen, ihr habt nicht gleichzeitig auch noch dafür gesorgt, dass es jetzt wieder weitere Anhebungen gibt, ist in dem Fall, glaube ich, nicht besonders ehrlich, denn wir müssen jetzt erst mal Laufbahnverordnungen schaffen. Und dann müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir auch in bestimmten Bereichen tatsächlich in der Lage sind, noch zu Verbesserungen für die Leiter der Justizwachtmeistereien zu kommen.
Letzter Satz oder zwei letzte Bemerkungen zu dem, was die AfD an dieser Stelle gesagt hat, und auch zu den Vorwürfen, die sie erhoben hat, dass der Justizminister nicht an der Umsetzung des Rechts interessiert wäre: Ich glaube, Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es zwei Schritte gibt in diesem Verfahren. Das Erste ist, über den Antrag des Asylbewerbers, ob er ein Bleiberecht in Deutschland hat oder das Recht auf Asyl, entscheiden natürlich die Gerichte und darüber entscheiden
die Gerichte auch rechtskräftig. Am Ende dieses gerichtlichen Verfahrens steht eine Entscheidung, ob das Recht dem Antragsteller zusteht oder nicht. Danach gibt es einen zweiten Schritt, den man betrachten muss. Dieser zweite Schritt heißt: Ist selbst, wenn dieses Recht auf Asyl nicht zusteht, eine Abschiebung möglich? An dieser Stelle kann ich nur immer wieder stakkatoartig wiederholen: Sämtliche Länder haben eine ähnliche Abschiebequote, ganz egal, ob das Bayern oder Thüringen oder andere Länder sind. Alle Länder haben aufgrund diverser Gründe, die ich auch hier schon mehrfach benannt habe, diese Abschiebequote zwischen 10 und 15 Prozent. Thüringen vorzuwerfen, wir würden da Rechtsmissbrauch begehen oder was auch immer, ist komplett neben der Sache.
Es ist nun mal nicht so, dass jede abgelehnte Entscheidung sofort zwingend die Abschiebung nach sich zieht. Das sind wieder ganz andere Gründe. Das mal zu trennen, wäre, glaube ich, an dieser Stelle ganz hilfreich.