Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Die Landesregierung verschläft ein Jahr für Thüringen, denn wer im Juni davon spricht, dass er jetzt bestimmte Bereiche stärken will, der spricht nicht die Wahrheit, denn in Wahrheit ist es so, dass 100 Existenzgründer in Thüringen seit dem 1. Januar auf Unterstützung warten. Ich finde, das dauert

einfach viel zu lange, wenn ein Haushalt erst im Juni eines Jahres kommt.

(Beifall CDU)

Wenn wir uns den zweiten Punkt anschauen, ich will auch da den Finger in die Wunde legen, Sie sorgen neben der Tatsache, dass das Schneckentempo natürlich der Thüringer Wirtschaft schadet, im Wirtschaftshaushalt auch dafür, dass Sie Ihre eigenen Leute versorgen. Ein Haushalt, der Arbeit und Energie in andere Ministerien abgegeben hat, der glänzt jetzt dadurch, dass ein zweiter Staatssekretär benötigt wird, um die Arbeit zu erledigen. Sehr geehrter Herr Minister, bisher habe ich Sie als jemanden kennengelernt, der gut in der Materie drinsteckt, gerade in der Wirtschaftspolitik, ich kann Ihnen eines sagen, lassen Sie doch den Staatssekretär weg. Das spart dem Thüringer Steuerzahler Geld und die Arbeit wird trotzdem gut gemacht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: Gut gemacht?)

Ausreichend.

Der dritte Punkt – und das finde ich im Hinblick auf Wissenschaft und Hochschule besonders schändlich: Sie haben gemeinsam im Bund mit auf den Weg gebracht, dass der Bund die Vollfinanzierung für das BAföG übernimmt, 100 Prozent. Wir haben Sie das in den Haushaltsberatungen gefragt, wir haben da noch einmal eine Kleine Anfrage gestartet und da kam dann die Auskunft, dass wir uns in der Rahmenvereinbarung ab dem Jahr 2016 überlegen wollen, ob wir diese Mittel, die 24 Millionen Euro, die zusätzlich für die Hochschullandschaft zur Verfügung stehen, auch tatsächlich an die Hochschulen geben. Das ist, finde ich, offen gestanden der falsche Weg. Ich fordere Sie hier noch einmal auf, 100 Prozent der BAföG-Mittel müssen in die Finanzierung der Thüringer Hochschullandschaft gehen, nicht in irgendwelche Schattenhaushalte und Spardosen Ihres Ministeriums, sondern tatsächlich in die Hochschullandschaft und ich glaube, da kann man einiges leisten.

Ein vierter Punkt, der mir auch in Ihrem Haushalt zu kurz kommt, das Ministerium heißt ja Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es heißt digitale Gesell- schaft!)

Digitale Gesellschaft. Wenn ich mir die Digitale Gesellschaft im Haushaltsplan anschaue, dann darf ich feststellen, dass es sogar einen Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen braucht, um das Thema „Digitale Gesellschaft“ überhaupt in diesen Haushalt hineinzuformulieren. Wenn ich mir dann die Frage stelle, wie viel Geld wird tatsächlich

(Vizepräsidentin Jung)

für Digitalisierung etatisiert, dann kann ich sagen, in Sonntagsreden funktioniert „Industrie 4.0“ und Digitalisierung, aber in den Zahlen des Haushalts muss es auch sichtbar werden. Ich finde, für Breitbandförderung kommt da zu wenig raus und das ist – finde ich – kein gutes Zeugnis für ein Ministerium, das den Namen Digitale Gesellschaft trägt.

(Beifall CDU)

Deswegen haben wir als CDU-Fraktion Einsparpotenzial offengelegt, knapp 7 Millionen Euro, erstens weil es ein spätes Haushaltsjahr gibt, zweitens weil es erhebliche Differenzen gibt zwischen den IstAusgaben und den prognostizierten Soll-Ausgaben und – das will ich schon mal sagen –, weil das hier häufiger als Kürzung verkauft wird. Nur weil ein Sollwert in einem Haushaltsplan drinsteht, ist das noch lange nicht das reale Geld, was dann draußen ankommt, und deswegen muss man die Ist-Zahlen der vorvergangenen Jahre vergleichen, um zu wissen, was tatsächlich gehauen und gestochen ist. Da kann ich Ihnen sagen, haben wir genügend Einsparpotenzial identifiziert, 7 Millionen Euro. Ich finde, das ist ein wichtiger Wert.

(Beifall CDU)

Wir werben mit eigenen Änderungsanträgen für eine zukunftsorientierte Politik und für Umschichtungen in Ihrem Etat. Dazu zählt einerseits die Stärkung der lokalen Tourismusverbände, weil wir glauben, dass es wichtig ist, nicht nur abstrakt in Plänen im Land über Dinge nachzudenken, sondern auch konkret an der regionalen Basis Mittel zur Verfügung zu stellen. Deswegen wollen wir 350.000 Euro für die regionalen Tourismusverbände vor Ort gewinnen.

Ein zweiter Punkt, der uns inhaltlich sehr wichtig ist in den Änderungsanträgen, ist der ganze Bereich Meisterbonus. Wir glauben, dass es wichtig ist, die Meisterausbildung im Handwerk zu stärken. Wir werben für einen Bonus, der dafür Sorge trägt, dass junge Menschen die Chance haben, sich auch über diesen Qualifizierungsweg weiter zu profilieren. Ihr eigenes Ministerium hat berechnet, die Kosten sind ungefähr 500.000 Euro im Jahr. Genau das ist der Vorschlag, den wir haben. Wir setzen – statt zwanghaftem Bildungsurlaub – motivierte junge Auszubildende und Gesellen für den Meisterbonus dagegen. Ich glaube, das ist auch ein guter Weg, um die Thüringer Wirtschaft zu stärken.

Und dann – last, but not least – schnelles Internet und hier noch mal: Ihr Anspruch ist „digitale Gesellschaft“ – da muss sich das auch in den Zahlen wiederfinden. Deswegen machen wir den Vorschlag, wie wir Breitband und Bratwurst zusammenbringen – nämlich mehr Geld für den Breitbandausbau im Freistaat.

Ich will das schon durchaus sagen, Herr Minister, ich schätze Sie in vielen inhaltlichen Fragen, aber

die 30 Mbit pro Sekunde im Jahr 2019, das ist einfach zu wenig ambitioniert. Wir haben jetzt schon 56 Prozent der Thüringer, die schneller surfen als 50 Mbit pro Sekunde, und ich glaube, es muss unser gemeinsames Ziel sein, das zu erreichen. Sie haben 100.000 Euro Umschichtung in den koalitionstragenden Fraktionen vorgeschlagen. Wir schlagen tatsächlich mit landeseigenen Mitteln 12 Millionen vor plus digitale Dividende – ergibt am Ende tatsächlich einen Innovationsschub für die Thüringer Digitalisierung.

Fortschritt hat wenig mit Geschwindigkeit, aber viel mit der Richtung zu tun. Man gewinnt bei dem Haushalt Wirtschaft den Eindruck, dass die Richtung noch nicht richtig da ist. Deswegen stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu, dann stimmt die Richtung auch. Danke.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Hausold das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, verehrter Kollege Voigt, ich verstehe, dass Sie ein bisschen in Schwierigkeiten sind. Wir haben seit Dezember vergangenen Jahres eine linke Regierung aus Linken, SPD und Grünen. Entgegen aller Voraussagen, die manche Leute immer wieder getätigt haben, entwickelt sich die Wirtschaft in Thüringen gut, die Daten sind positiv.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat in allererster Linie damit zu tun, dass engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer und die Belegschaften in diesem Land auch mit ihrer Initiative darauf setzen können, dass sie gerade von dieser Landesregierung entsprechend unterstützt werden. Darin besteht die Voraussetzung für weiteren Erfolg. Wir wissen, dass es dabei auch viele Problemfelder gibt, denen wir uns zuwenden. Ich will sie aus Zeitgründen hier nicht alle aufführen. Aber ich muss schon mal sagen, bei den Ausgangsbedingungen, die wir hatten, Kollege Voigt, finde ich, wir werden ein gutes halbes Jahr noch haben bei der Haushaltsumsetzung. Die meisten Ihrer Jahre haben diese Ergebnisse nicht zutage gebracht, die wir schaffen werden. Das kann ich Ihnen sagen und daran können Sie uns dann messen,

(Beifall DIE LINKE)

wie das ja der Opposition zusteht. Wir haben uns in der Koalition geeinigt auf jeweils Schwerpunkte, ich werde mich deshalb besonders mit der Wirtschaftsförderung und mit den Wirtschaftsfragen befassen.

(Abg. Dr. Voigt)

Hat diese Landesregierung in der Richtung und auch im Tempo, das möglich ist, die Zeichen der Zeit erkannt? Wir sagen deutlich: Ja, sie hat diese erkannt. Wir haben eine Situation, dass wir zum Beispiel die Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte als ganz wichtigen Fokus sehen, dass wir deshalb die einzelbetriebliche Außenwirtschaftsförderung mit 240.000 Euro insgesamt mit einem Plus im Bereich um dann 1,7 Millionen Euro steigern. Das ist ganz wichtig, Globalisierung und Außenwirtschaftsbeziehungen – das Thema kennen wir alle. Wir hatten übrigens auch nicht und erst mit Beginn dieser heutigen Beschlussfassung eine gute Politik in der Richtung. Ich erinnere nur zum Beispiel mal an die erfolgreiche Ausgestaltung des Germany Travel Mart in Erfurt – so etwas hat dieses Land noch nicht gesehen, es war für die internationale Präsentation Thüringens sehr wichtig, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Wir werden eine gute Präsentation des Landes auf der Expo in Mailand haben. Wir haben auch außenpolitische und außenwirtschaftliche Aktivitäten, das will ich durchaus hervorheben, zum Beispiel die auch im Ausschuss diskutierte Reise von Minister Tiefensee nach Brasilien. Also diese Regierung zeigt sich den internationalen Herausforderungen zur Stärkung der Thüringer Wirtschaft gewachsen, meine Damen und Herren. Das sagt auch dieser Haushalt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei verkennen wir nicht, dass im außenwirtschaftlichen Bereich viele Risiken und Herausforderungen liegen. Wir haben deshalb unser Konzept weiter auf regionale Wirtschaftsförderung gerichtet, denn wir wissen, zum Beispiel alleine die Einbrüche im Russlandgeschäft aufgrund der aktuellen Lage machen uns natürlich zu schaffen.

Ich will ausdrücklich begrüßen, dass die Wirtschaftsförderung auf die kleinteiligen Unternehmen ausgerichtet wird. Wir haben hier eine deutliche Aufstockung des Clustermanagements um 1 Millionen Euro zu verzeichnen. Wir haben das deshalb gemacht – und die Regierung tut das richtig –, weil die innovative Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen gerade bei der Kleinteiligkeit eine ganz wichtige Angelegenheit ist. Wir haben bei Thüringen-Invest – auch das hat ja eine Rolle gespielt – ein Plus von 2 Millionen Euro zum Unternehmenswachstum. Ich will hier noch mal unterstreichen, das Ziel dieser Regierung und der Koalition ist, nicht nur über Kleinteiligkeit zu reden, sondern sie auch tatsächlich zu fördern und auch diesen Unternehmen eine Zuwachsmöglichkeit in den nächsten Jahren und damit im Übrigen auch Mehrbeschäftigung zu ermöglichen. Das Gleiche betrifft übrigens auch Investitionszuschüsse an pri

vate Unternehmen insgesamt, ein Plus von 4,2 Millionen Euro, und Investitionszuweisungen an Gemeinden für Infrastrukturmaßnahmen mit einem Plus von 10 Millionen Euro und Investitionszuschüsse für öffentliche Unternehmen, mehr als verdoppelt: 2014 waren es 250.000 Euro und wir haben 2015 mit 570.300 Euro hier die Zahlen festgezurrt. Da sage ich Ihnen: Das ist tatsächliche Stärkung des Wirtschaftsstandorts Thüringen entsprechend seiner Bedingungen, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür danke ich dieser Regierung. Darunter fällt im Übrigen auch die Frage, wie wir mit Mikrokreditprogrammen, mit der Gründerprämie und mit einem jetzt angekündigten Gründerinnenprogramm diese Fragen der Betriebsübergänge, der Neugründung, der Motivation zu einem vernünftigen Risiko bei Unternehmensneugründungen unterstützen.

Wir haben im Bereich des Tourismus wichtige Fragen enthalten, unter anderem die Frage der Verknüpfung von Kultur-, Städte- und Aktivtourismus, eine Frage, die für Thüringen besonders wichtig ist. Wir haben schließlich eine entsprechend stabile Finanzierung der TTG, aber auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft bei Finanzierungszusagen im Wintersportzentrum Oberhof und beim Organisationsbüro zum Reformationsjubiläum und zum „Deutschen Wandertag 2017“ mit insgesamt 2,2 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, das sind die richtigen Akzente für Thüringen.

Wenn ich jetzt auf Ihre Änderungsanträge eingehen soll, will ich hier sagen: Kürzungen um 1,2 Millionen Euro beim Standortmarketing. Ist der CDU der Standort Thüringen jetzt weniger wert als bisher, meine Damen und Herren? Das kann doch wohl nicht Ihre Aussage sein, die Sie hier treffen wollen. Sie haben 57.500 Euro weniger für Zuschüsse an private Unternehmen zur einzelbetrieblichen Außenwirtschaftsförderung. Ich hatte das vorhin gerade erläutert. Wohin soll denn der Kurs bitte führen, meine Damen und Herren? Da bleiben Sie ja selbst hinter dem zurück, was Sie mühsam in den vergangenen Jahren gemacht haben. Ist das jetzt der Kurs der CDU? Das verstehe ich nicht. Genauso verstehe ich nicht die Kürzungen bei der TTG, die Sie vorschlagen, wo wir tagein, tagaus gemeinsam auf Veranstaltungen über die Frage eines einheitlichen Tourismusangebots in Thüringen streiten und debattieren. Sie konterkarieren das, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig Kürzungen beim Clustermanagement und langfristige Streichung – das ist dann der Gipfel – der Förderung für Elektromobilität, meine Damen

und Herren. Was ist von den Worten Ihrer ehemaligen Ministerpräsidentin Frau Lieberknecht übrig geblieben, die sich ganz nach vorn gestellt hat bei diesen Fragen der Energiewende in diesem Land? Nichts ist bei Ihnen übrig geblieben. Deshalb ist es umso besser, dass dieses Land auch im Einzelplan 07 einen guten Haushaltsentwurf hat, den wir morgen beschließen werden.

Ihren Anträgen können wir natürlich nicht zustimmen, wenn wir das Land voranbringen wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD hat die Abgeordnete Mühlbauer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, als Erstes sei mir hier erlaubt, ein Dankeschön an meinen Koalitionsarbeitskreis auszurichten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wir haben effektiv, gut und sehr erfolgreich, zielorientiert, sach- und fachorientiert an dem Thema gearbeitet. Und auch danke schön an das Ministerium. Wir waren immer gut beraten, immer offen, unsere Ideen, unsere Ansätze unterzubringen

(Beifall SPD)