Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

Um den Zugang zum Internet in Thüringen weiter auszubauen, haben wir eben auch diese besagten 100.000 Euro zur Verfügung gestellt, um Projekte zur digitalen Gesellschaft auf den Weg zu bringen und insbesondere – und das ist nämlich das Wichtige daran – auch bürgerschaftliches Engagement, beispielsweise bei den Freifunkinitiativen, zu stärken.

(Beifall SPD)

Die Freifunknetze und die Freifunkinitiativen – also wir reden hier wirklich von einem Bürgernetz, was natürlich politisch unterstützt und auch finanziell unterstützt werden muss, aber was davon lebt, das Bürgerinnen und Bürgern Netz zur Verfügung steht. Diese Freifunknetze sind für alle zugänglich, sie sind frei von Zensur und sie werden nicht kommerziell betrieben und sie gehören der Gemeinschaft. Und das ist etwas, was wir übrigens als einen Schwerpunkt und als einen ganz großen Unterschied zu dem, was hier in den letzten Jahren passiert ist, setzen werden und wo wir ansetzen und digitale Gesellschaft auch spürbar machen wollen.

(Abg. Möller)

Neben den finanziellen Förderungen wollen wir aber auch beispielsweise Landesliegenschaften als Standorte für Freifunkrouter zur Verfügung stellen. Um die digitale Gesellschaft mit Leben zu füllen, braucht man eben nicht nur Geld, sondern vor allem ein Umdenken, und das in der Wirtschaft, in der Verwaltung und auch bei uns Abgeordneten. Auch das war gestern schon an dieser Stelle Thema.

Unser Fokus muss dabei sowohl auf der Transparenz von politischen Abläufen als auch auf dem Schutz von Daten liegen. So wollen wir in den kommenden Jahren – auch das ist ja schon in der Pipeline – ein umfassendes Transparenzgesetz auf den Weg bringen und dafür auch das notwendige Geld in die Hand nehmen, um Kriterien wie Open Data und Open Access zu erfüllen.

Beim Datenschutz und der Datensicherheit ist es wichtig, dass wir bei uns selber anfangen. Die Verschlüsselung der elektronischen Kommunikation wollen wir Schritt für Schritt auch in unseren Verwaltungen ausweiten. Nur so können wir den Umgang mit sensiblen Daten sicher machen. Auch das ist gestern von der Kollegin König erwähnt worden. Wir haben dazu Open-Source-Programme vorliegen, Open-Source-basierte Software zur Verfügung wie beispielsweise die PGP-Verschlüsselung. PGP heißt übrigens – für alle, die sich damit noch nicht beschäftigt haben –, pretty good privacy, also eine ziemlich gute Privatsphäre.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, auch mit Blick auf die gestrige Diskussion ist das eine sehr wichtige Geschichte, dass wir hier weiterkommen. Sie sehen, Geld ist das eine, Umdenken ist das andere. Meine sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, dieses Umdenken habe ich in den letzten Jahren in diesem Freistaat von Ihnen nicht gespürt und, ich glaube, da gehen wir einen sehr großen Schritt voran und sind sehr, sehr innovativ. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Abgeordneter Jens Krumpe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Bürger, Thüringen ist etwas ganz Besonderes. Thüringen braucht sich in Bezug auf herausragende Impulse für Deutschland und in der Geschichte und Gegenwart nicht zu verstecken. Ich denke an Luther, der auf der Wartburg mit seiner Bibelübersetzung eine gemeinsame deutsche Schriftsprache schuf, oder Bachs himmlische Musik, Fröbels Kinderpädagogik,

die Weimarer Klassik, aber auch Carl Zeiss und Ernst Abbe mit ihren vielen technischen und sozialen Innovationen leuchten bis heute weit in die Welt hinein.

Damit sich Thüringen auch weiterhin in der Bundesrepublik und darüber hinaus als Impulsgeber und innovatives Land darstellen kann, müssen wir alles daran setzen, damit die gesellschaftlichen Lebensadern nicht versiegen. Sollte es uns in den kommenden Jahren nicht gelingen, die Reduzierung der Landesausgaben zu verringern, dann trifft es notwendige Investitionen in den Erhalt unserer Lebensadern, und das beeinträchtigt die Wirtschaftskraft unseres Landes.

Genau das passiert bereits am Beispiel des Breitbandausbaus. Thüringen hat im Kampf um den letzten Platz mit Sachsen-Anhalt verloren und ist bundesweit das Land, welches über Jahre hinweg über die schlechteste Breitbandinfrastruktur verfügt und damit über Jahre hinweg auf Steuereinnahmen in Millionenhöhe durch eine fehlende digitale Wirtschaft in Thüringen verzichtet. Die Reduzierung der Landesausgaben kann aber gelingen, wenn endlich die Einspar- und Wertschöpfungspotenziale durch eine zentrale strategische Steuerung der IT in der Landesverwaltung gehoben werden. Momentan wird die IT in der Thüringer Verwaltung, wenn überhaupt, als Unterstützungsfunktion gesehen, um einzelne Geschäftsprozesse innerhalb der Verwaltung effizienter zu gestalten. Wenn wir aber perspektivisch 11.000 Stellen in der Landesverwaltung abbauen müssen, wenn wir die Öffnung von Staat und Verwaltung vorantreiben möchten, wenn die OpenData-Politik tatsächlich gelebt werden soll, wenn das Ziel besteht, die zeitlichen und finanziellen Erfüllungsaufwände zur Umsetzung einer gesetzlichen Norm stetig zu reduzieren und wenn uns der Datenschutz ein wichtiges Anliegen ist, dann werden wir nicht drumherum kommen, einen Verantwortlichen festzulegen, der im politischen Raum auch deutlich sichtbar ist. In Neudeutsch heißt ein solcher IT-Verantwortlicher „Chief-Information-Officer“, kurz CIO. Und die Forderung, die ich hier formuliere, einen solchen CIO samt Stabsstelle, die die Steuerung der IT im Zusammenhang mit den Geschäftsprozessen als eine strategische Aufgabe zur Verwaltungsmodernisierung versteht und auch ganzheitlich angeht, ist nicht neu, sondern wurde 2014 im IT-Konzept der Landesregierung bereits festgeschrieben.

Mit der Schaffung des Ministeriums für Digitale Gesellschaft wurde der Grundstein einer institutionellen Verantwortung der eben beschriebenen strategischen Aufgaben gelegt. Bislang wurde der oberste Digitalisierer Thüringens und Chef der Verwaltungs-IT noch nicht mit Namen benannt.

Ein Blick auf das Nachbarland Bayern verrät, wo wir uns in Thüringen befinden. Im Jahr 2009 hat

(Abg. Henfling)

das bayerische Kabinett einen CIO berufen. Damit wurde der Weg freigemacht, um die eng verflochtenen Aufgaben, also Finanzierung der landesweiten IT, Verwaltungsmodernisierung, IT-Strategie und EGovernment zentral zu bündeln. Die derzeitige Landesregierung schafft sechs Jahre später genau das an, was in Bayern und in vielen anderen Bundesländern abgeschafft worden ist, nämlich eine Dezentralisierung der Aufgabenbereiche eines CIOs. Mit meinem Antrag fordere ich die Landesregierung indirekt auf, einen CIO für Thüringen aus dem Hause Digitale Gesellschaft zu benennen und ihm aufgrund seiner wichtigen politischen Rolle auch einen Platz am Kabinettstisch zuzusichern. Mit meinem Antrag fordere ich direkt die Schaffung einer CIO-Stabsstellenleitung, die organisatorisch eine CIO-Stabsstelle vorbereitet, damit diese ab 2016 ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Das bedeutet zukünftig auch eine zentrale Budgetierung aller ITAusgaben der einzelnen Ministerien. Da eine Beamtenkarriere nicht von der erbrachten Leistung abhängig ist, sondern von den Dienstaltersstufen, habe ich bewusst eine Angestelltenstelle gefordert und nicht eine Beamtenstelle. Zu den wichtigsten Eigenschaften eines CIO-Stabsstellenleiters gehört eine gleichbleibende Agilität, sich den stetigen Veränderungen in der Informationstechnik zu stellen. Vielen Dank.

(Beifall Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Hel- merich, fraktionslos)

Das war eine Punktlandung. Für die Landesregierung erhält Minister Tiefensee das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen hat den Anspruch, seinen Mittelstand so zu stärken, dass er innovativ und zukunftsfest ist, seine Wirtschaft so fit zu machen, dass sie den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts genügt. Thüringen hat den Anspruch, eine Wissenschafts- und Forschungslandschaft zu entwickeln, die in der Spitzengruppe der Bundesländer rangiert. Der Einzelplan 07, der Haushalt des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, bildet das genau ab.

Ich danke – und das ist der Ort einer solchen Debatte – allen sehr herzlich, die dazu beigetragen haben, dass dieser Haushalt entstanden ist, ich bedanke mich bei den die Regierung tragenden Fraktionen, ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Haus.

Meine Damen und Herren, der Haushalt ist tatsächlich ein gewichtiger. Allein durch das Zusammenführen, durch das sehr sinnvolle Zusammenführen

der beiden Bereiche Wirtschaft und Wissenschaft ist ein Haushalt aufgewachsen von 619 Millionen auf 1,24 Milliarden Euro. Die Zuweisungen aus dem Landeshaushalt sind von 200 Millionen auf 842 Millionen Euro angestiegen. Die Investitionen, die unser Land vornimmt, schlagen mit etwa einem Drittel in unserem Haushalt zu Buche.

Wir haben in unserem Haushalt eine Globale Minderausgabe von 7 Millionen Euro eingeführt – und das an die Adresse der CDU –, um flexibel zu sein – nicht etwa, weil wir das hätten nicht aufteilen können, sondern weil wir flexibel sein wollen, in diesem kurzen halben Jahr alles das finanzieren zu können, was zu finanzieren ist.

Meine Damen und Herren, die Mehrzahl der investiven Mittel geht in die GRW. Die Investitionen sind also in Förderprogrammen angelegt, die sehr, sehr segensreich sind. Wenn man auf das Jahr 2014 schaut, wo wir eine Summe von ungefähr 567 Millionen Euro in diese Programme gesteckt haben, da haben wir rund 1.750 Arbeitsplätze neu geschaffen in einem Jahr, rund 350 Ausbildungsplätze. Das heißt, diese Programme und auch das Aufstocken dieser Programme ist ein deutliches Signal an die Wirtschaft. Das Geld ist gut angelegt, schafft Arbeitsplätze, die gute Arbeitsbedingungen haben. Das ist das Rückgrat all dessen, was wir auch bei den anderen Haushalten hier verhandeln.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir investieren in eine weitere Branche, die uns wichtig ist, nämlich in den Tourismus. Sie wissen, ungefähr 100.000 Arbeitsplätze hängen daran, ein Umsatz von 3,2 Milliarden Euro pro anno. Das ist eine wichtige Säule. Ich kann die Anträge aus der CDU, den Antrag, überhaupt nicht verstehen. Dort müssen wir stärken, und zwar sowohl auf der Landesebene als auch im regionalen Bereich. Das ist unser Anspruch. Wir haben mit dem Germany Travel Mart gezeigt, dass die TTG ihrer Aufgabe nicht nur gewachsen ist, sondern sie auch in Relation zu anderen Bundesländern hervorragend wahrnimmt. 1.000 Menschen sind gekommen, 350 aus dem Ausland, 600 aus ganz Deutschland, die begeistert waren vom Standort Thüringen. Wir müssen allerdings zulegen, was Qualität, was Service angeht, damit wir unser Land noch besser vermarkten und nach außen bringen.

(Beifall SPD)

Es ist angesprochen worden, wir legen Wert darauf, das Clustermanagement voranzutreiben. Wir haben da durchaus Erfolge. Sie haben in Erinnerung, dass das Optronikcluster einen namhaften Förderbeitrag des Bundes zur Aufstockung seiner internationalen Tätigkeit bekommen hat. Das ist ein Ausweis dafür, dass wir hier auch im Jahre 2015 investieren müs

(Abg. Krumpe)

sen. Wir tun das, indem wir diesen Bereich aufstocken.

Oder nehmen Sie einen weiteren Sektor, nämlich die Existenzgründung. Ich habe an anderer Stelle Gelegenheit gehabt, breit auszuführen, dass Thüringen darauf setzen muss, dass wir Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit, aus dem Arbeitsverhältnis heraus generieren, dass wir es Frauen besonders leicht machen, aber auch dass wir für Wagniskapital sorgen. Deshalb wird es zwei neue Fonds geben: den Wachstumsbeteiligungsfonds und den StartUP-Fonds, die dazu dienen sollen, das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Auch im Bereich der Existenzgründungen sind wir hervorragend, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stocken hier auf und wir werden an der Spitze der Bundesrepublik ankommen, wenn wir so weitermachen.

Ein weiterer Punkt ist die regionale Innovationsstrategie, meine Damen und Herren. Dort setzen wir verstärkt EFRE-Gelder ein, weil wir auf den vier Schwerpunktfeldern und dem quer liegenden ITFeld innovativ sein, die Innovation in unserem Land stärken wollen. Auch hier wieder ist das Geld hervorragend angelegt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Bereich der Wissenschaft und der Forschung kommen. Wir haben im Jahre 2015 für die Hochschulen einen Wert, ein Finanzvolumen von über 580 Millionen Euro im Haushalt stehen. Die Rahmenvereinbarung III läuft in diesem Jahr aus. Wir ergänzen sie durch Hochschulpaktmittel. Diese Hochschulpaktmittel können aber nur dann fließen, meine Damen und Herren, wenn wir tatsächlich unsere Zielzahl von 10.000 Studienanfängern schaffen. Da wir, wie Sie wissen, unterhalb dieses Levels sind, müssen wir etwas tun, dass Thüringen für Studienanfänger attraktiv und bekannt wird. Attraktiv, indem wir zum Beispiel in die Renovierung unserer Studentenwohnheime investieren, ein Förderprogramm bis 2019 von 15 Millionen Euro, das wir im Jahre 2015 bereits mit 2 Millionen Euro anfinanzieren.

(Beifall SPD)

Mir ist völlig unverständlich, wie man in diesem Sektor mittels eines Antrags sparen will.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die große Sorge, dass wir die Sanierung unserer Mensen nicht finanzieren können, aber es wäre doch völlig kontraproduktiv und quer jeglicher Zukunftsvision, wenn wir diesen Titel kürzen.

Das Gleiche gilt für den Werbeetat. Wir müssen in Deutschland und darüber hinaus bekannter werden. Wir haben hervorragende Bedingungen, was zum Beispiel das Schüler-, das Studierenden- und Lehrverhältnis anbetrifft. Das gilt es auszubauen. Deshalb Aufstockung dieses Titels und die Werbekampagne.

Schauen wir auf die Forschungslandschaft. Hier sind wir sehr gut aufgestellt – zwei Preise. Wenn Sie an Herrn Prof. Hertweck denken vom HansKnöll-Institut, der den Leibnizpreis bekommen hat, oder Herrn Prof. Tünnermann, der einen Award vom europäischen Forschungsrat bekommen hat, alles das Millionenbeträge, die den Ausweis dafür darstellen, dass unsere Forschungslandschaft hervorragend aufgestellt ist. Jetzt gilt es – die ProExzellenz-Initiative ist angesprochen worden –, mit diesen sieben neuen Forschungseinrichtungen, mit zwei Exzellenzprofessuren, die wir im Laufe der nächsten Jahre mit namhaften Millionenbeträgen finanzieren wollen, hier zuzulegen.

Das Gleiche gilt für die digitale Gesellschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch hier werden wir mittels der Gelder, die wir vom Bund bekommen, zulegen. Wir wollen den Breitbandausbau gestalten und mit Modellvorhaben „Industrie 4.0“, die wir dank der Anträge finanzieren können, an die Spitze der Bundesländer vorstoßen.

Meine Damen und Herren, ein ehrgeiziges Vorhaben für 2015. Der Einzelplan 07 bietet die hervorragende Grundlage dafür, dass wir auch in der Zukunft eine starke Wirtschaft, eine starke Wissenschafts- und Forschungslandschaft haben werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist die Aussprache zum Einzelplan des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft beendet.

Ich schließe damit die heutige Plenarsitzung. Ich möchte noch einmal auf den parlamentarischen Abend um 20.00 Uhr aufmerksam machen. Morgen ist neuer Plenumstag um 9.00 Uhr an gleicher Stelle.

Ende: 19.38 Uhr