Protokoll der Sitzung vom 10.07.2015

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Maier, für – ich glaube – Ihren ersten Vortrag und Ihre persönlichen Eindrücke. Jetzt frage ich: Gibt es das Verlangen auf Aussprache? Auf Verlangen der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Linken und der CDU-Fraktion. Damit eröffne ich die Aussprache und Herr Bühl hat als Erster das Wort für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Besucher auf der Besuchertribüne! Lieber Staatssekretär, herzlichen Dank für Ihren ersten Beitrag hier im Plenum und für Ihre sehr realistische Einschätzung. Das fand ich sehr gut, dass Sie uns hier nicht erzählt haben, was alles gut läuft, sondern dass Sie uns auch eine realistische Einschätzung gegeben haben, wo es tatsächlich noch viele Entwicklungsmöglichkeiten und auch Potenziale gibt. Ich denke, das ist ein Thema, was wir heute hier behandeln, was bei Weitem nicht so polarisierend ist wie das Thema, was wir davor hatten. Ich denke, im Thema „Tourismus“ – da sehe ich auch die Linke nicken – sind wir relativ nahe beieinander. Wir sind der Auffassung, dass es durchaus Potenziale gibt, die man gut zusammen entwickeln kann.

Ich kann die Auffassung des Staatssekretärs teilen. Ich habe auch schon persönliche Erfahrungen im Wassertourismus in Thüringen machen können. Bei mir war es auf der Saale, das war eine grundsätzlich sehr positive Erfahrung, hat mir sehr gut gefallen, natürlich mit den Brüchen, dass man das Kanu zwischendrin tragen muss und dummerweise, dass es die Infrastruktur zwischendrin nicht in dem Maße gibt, wie wir sie vielleicht brauchen. Es gibt durchaus auch mal Stellen – 20 Kilometer –, wo man überhaupt keinen Anlegeplatz hat und auch – was Sie auch schon gesagt haben –, wo es keine gastronomischen Möglichkeiten gibt, was natürlich abschreckend ist.

Ein ganz wichtiger Punkt – deswegen haben wir heute hierzu einen Ergänzungsantrag gestellt – ist für mich die überregionale Komponente unserer Flüsse, denn Flüsse kennen keine Ländergrenzen. Ihrem Antrag kann man – denke ich – zustimmen. Aber ich hätte gern Erweiterungen dahin gehend, dass wir mit den angrenzenden Nachbarregionen durchaus eng zusammenarbeiten können, um den Tourismus ganzheitlich zu entwickeln und auch touristische Angebote, die meinetwegen in Hessen oder in Sachsen und Sachsen-Anhalt geboten werden, mit einbeziehen.

Bei einem Blick auf den Wassertourismus kommt man um das Gutachten des Wirtschaftsministeriums vom letzten Jahr nicht herum, das Uwe Höhn im letzten Jahr vorgestellt hat. Wenn man sich das

mal genauer anschaut, sieht man allein schon von den Zahlen: 15.300 Kilometer Bäche und Flüsse haben wir in Thüringen. Ganzheitlich für das Wasserwandern interessant sind 375 Kilometer davon, 1.206 Kilometer sind grundsätzlich befahrbar, das sind 2 bis 3 Prozent des gesamten befahrbaren Gewässernetzes in Deutschland. Daran sieht man, dass der Wassertourismus wirklich nur eine Ergänzung zu dem darstellt, was wir an Tourismus in Thüringen haben. Nun hatten wir in dieser Woche den Tourismustag, haben da gehört, dass der Freistaat Thüringen über den Tourismus 170 Millionen Euro an Steuern einnimmt. Man kann mal dagegenhalten, was für Tourismus ausgegeben wird. Ich sehe da durchaus noch Luft nach oben, um die Investitionen zu steigern und was der Staatssekretär alles ausgeführt hat an Infrastrukturinvestitionen. Ich fände es gut, wenn wir ein gemeinsames Konzept entwickeln, wie man infrastrukturell Sachen entwickeln kann. Ich habe vorhin schon gehört, Zeulenroda. Da gibt es, was die Stauseen dort betrifft, Entwicklungspotenziale – Erhaltung von Staumauern, das ist alles nicht ganz günstig, aber ich denke, so eine Investition lohnt sich schlussendlich dann auch für den Tourismus. Wenn man sich den Wassersportentwicklungsplan Thüringens anschaut, sieht man, dass vor allen Dingen die Saale, Werra und die Unstrut aufgrund ihrer landschaftlichen Attraktivität natürlich touristisches Potenzial bieten und für den Wassersport und Wassertourismus, Wasserwandern besonders interessant sind. Eine andere besonders reizvolle Sache ist natürlich die Möglichkeit, von einem Stromgebiet in das nächste zu wechseln,

(Beifall CDU)

allerdings auch wieder mit dem, was ich vorhin schon angesprochen habe, längeren Umtragungsstrecken, was für Touristen ein gewisses Hemmnis darstellt.

In den 375 Kilometern, die wir für Wasserwandern in Thüringen haben, sind aktuell 90 Anleger, 46 Rastplätze, 50 Wehre und Wasserhindernisse mit Umtragungsmöglichkeiten enthalten. Besonders für Kanutourismus, Floß- und Schlauchboottouren ist das besonders reizvoll. Allerdings sind diese Zahlen, wenn man das auf ganz Thüringen betrachtet, natürlich nicht sehr hoch, 90 Anleger, 46 Rastplätze. Das zeigt, dass wir da durchaus Entwicklungspotenzial und Möglichkeiten haben, um die Wasserwanderwege noch attraktiver zu gestalten. Wo wir uns meiner Meinung nach völlig unter Wert verkaufen, das ist bei unseren Talsperren und gerade dem größten Stauseengebiet bzw. Talsperrensystem Deutschlands, was wir mit der Saalekaskade haben. Wenn man da mal war und wenn man sich dort mal an den Strand gesetzt oder gelegt hat, kommt man sich zum Teil schon sehr weit von der Heimat weg vor. Es hat wirklich ein tolles Urlaubsflair. Ich glaube, da haben wir auch noch viele Mög

lichkeiten, die man ausschöpfen kann, was Wassertourismus betrifft, ob das Jetski ist, ob das Wasserboot, Motorboote oder sonst irgendwas ist. Ich denke, da könnte man durchaus noch einiges entwickeln.

Laut einer Grundlagenuntersuchung zum Kanutourismus gab es in Deutschland im Jahr 2005 1,314 Millionen Paddler mit einem Grundumsatz von jährlich 845 Millionen Euro. Man sieht also, es ist durchaus ein Markt vorhanden, den es auch zu heben gilt. Wenn man über den Tellerrand hinausschaut, zum Beispiel nach Sachsen, Sachsen-Anhalt, so haben sich dort gerade kommunale Träger mit einem tourismuswirtschaftlichem Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im mitteldeutschen Raum zusammengesetzt und haben breite Ansätze für eine koordinierte Zusammenarbeit in Mitteldeutschland entwickelt. Auch wenn wir in Thüringen dabei nur mit dem Altenburger Land, einem kleinen Teil, betroffen sind, so sind es doch gute Ansätze, die wir uns genauer anschauen sollten und wo wir auch sehen sollten, ob wir die nicht mit unseren Plänen in Kombination setzen können. Denn nur eine grenzübergreifende Nutzung dieser touristischen Potenziale erscheint mir hier gänzlich sinnvoll.

(Beifall CDU)

Wenn man dann in die andere Richtung nach Hessen schaut, sieht man, dass andere Bundesländer aus dem Wassertourismus schon deutlich mehr herausholen. Ilmenau hat als Partnerstadt Wetzlar, das liegt an der Lahn im Lahn-Dill-Kreis. Ich hatte das Glück, dort schon mal Wassertourismus nutzen zu können. Die Lahn ist der längste durchgängig befahrbare Wasserwanderfluss in Deutschland mit 160 Kilometern Länge. Da kann man sich durchaus etwas abschauen. Man sieht ein bewährtes Besucherlenk- und -informationssystem, eine ausgeprägte kanutouristische Infrastruktur und man sieht eine gute Verknüpfung aus verschiedensten touristischen Angeboten. Abgesehen von dem gastronomischen Bereich sieht man zum Beispiel auch Verbindungen mit der Bahntouristik. Dort fahren auch Dampfloks und man kann noch viele andere Sachen um die Flüsse drumherum machen, Wetzlar als Goethe-Stadt sowieso. Dort, denke ich, kann man sich durchaus was abschauen, da sollte man auch zusammenarbeiten. Wenn man sich die Besucherzahlen allein an der Lahn anschaut, sind das pro Jahr 150.000 Besucher, die die Lahn nutzen. Wenn man das gegenüberstellt mit den Zahlen in Thüringen, wir haben in Thüringen insgesamt 65.000 Wasserwanderer in einem Jahr, dann sieht man, was allein ein Fluss in Hessen macht, im Vergleich zu dem, was wir in Thüringen haben. Da sieht man, welches Potenzial man mit guter Infrastruktur und guter Werbung noch heben kann. Durchschnittlich ist der Thüringer Wasserwanderer zwei Tage unterwegs. Auch da könnte man sicherlich mit Luft nach oben noch ein bisschen längere

Touren möglich machen. Mit Blick auf die Landestourismuskonzeption, die wir bis 2015 jetzt noch haben, wo das als Profilierungsthema in der Themensäule „Natur und Aktiv“ mitintegriert ist, findet man in der aktuellen Konzeption, wenn man mal das Wort „Wassertourismus“ eingibt, nur dreimal einen Treffer. Ich finde, das sollte bei der Fortschreibung der Tourismuskonzeption mehr als dreimal darin vorkommen und man sollte sich dafür Konzepte überlegen. Da komme ich zum Fazit, dass gerade die wirtschaftliche Bedeutung des Wassertourismus in Thüringen noch unterdurchschnittlich ist, dass es da Luft nach oben gibt, gerade im Vergleich zu Fahrrad- und Wandertourismus, dass sich das Ganze aber gar nicht ausschließen muss, sondern dass man eine Kombination aus diesen möglichen Tourismusarten, gerade Kulturtourismus, Wanderund Fahrradtourismus, haben kann. Das sollten wir mit Pilotprojekten ergründen. Deswegen haben wir einen zusätzlichen Antrag gestellt, wo auch diese Pilotprojekte darin aufgerufen sind. Wir sollten sehen, wie wir die Stauseeregion noch besser entwickeln können.

Gerade die Chancen der Zusammenarbeit mit den Grenzregionen erscheinen mir sehr sinnvoll. Das gilt nicht nur beim Wassertourismus, das sieht man zum Beispiel auch am Harz, am Vogtland und an der Rhön, gute Beispiele, wo auch in der zukünftigen Landestourismuskonzeption auf den grenzübergreifenden Tourismus noch mehr Wert gelegt werden sollte. Ich glaube, da haben wir viel Potenzial. Ich war neulich erst im Vogtland mit dem neuen Tourismusverband dort. Die machen das, glaube ich, schon sehr gut. Da ist auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Thüringen, da können wir vielleicht auch von Sachsen ein bisschen lernen. Sachsen finanziert zum Beispiel Personalstellen für den Tourismusverbund mit. Da sind wir in Thüringen, gerade für diese Tourismusverbünde, ein bisschen im Hintertreffen. Deshalb möchte ich hier noch einmal darum werben, beide Anträge, die wir heute hier haben, im Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft weiterzuberaten, um das Thema „Wassertourismus“ noch einmal gründlicher zu beleuchten, Potenziale für Thüringen zu erkennen und schlussendlich dann auch darauf hinzuwirken, dass das in der Tourismuskonzeption weiter bedacht wird. Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Das Wort hat Abgeordneter Korschewsky von der Fraktion Die Linke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst auch von meiner Seite aus ein herzliches Dankeschön an den Staatssekretär für

(Abg. Bühl)

den Sofortbericht. Ich will auch voranschicken, dass ich wirklich sehr froh bin, dass das Wirtschaftsministerium in dieser Legislaturperiode die Bedeutung des Tourismus doch ein Stück weit anders – ich sage es mal – erkannt hat und es den Tourismus anders bewertet als in vorangegangenen Legislaturperioden. Ich will es auch deutlich an dieser Stelle sagen: Der Tourismus insgesamt ist ein Wirtschaftsfaktor für Thüringen, der wirklich nicht zu unterschätzen ist. Da bin ich mir mit Herrn Bühl sicherlich sehr einig, dass wir hier durchaus noch Entwicklungspotenziale haben, und zwar nicht nur im Wassertourismus, sondern auch in den anderen touristischen Segmenten, die wir haben. Es wurde an den beiden vorhergehenden Reden schon deutlich, welche Entwicklungspotenziale es an der einen oder anderen Stelle gibt. Wenn man selber davon Gebrauch macht, erkennt man das natürlich auch besonders an dieser Stelle.

Nun will ich sagen – die beiden Kollegen, Herr Staatssekretär und Kollege Bühl, haben es gesagt –, auch ich nutze natürlich aktiv den Wassertourismus als aktiver Taucher in einem anderen Segment, nicht im Bootfahren, sondern in der Frage des Tauchens. Auch hier gibt es gerade in Thüringen durchaus Entwicklungsmöglichkeiten, weil auch der Tauchsport unter anderem ein Sport ist, der zunehmend immer mehr von jüngeren, aber auch älteren Menschen betrieben wird. Bei der demografischen Entwicklung des Landes ist es natürlich auch so, dass wir dem auch ein bisschen entsprechen sollten. Ich möchte auch noch einmal auf die Frage der Potenzialanalyse 2014 zurückkommen. Es ist schon einiges darüber gesagt worden. Aber es ist wirklich nicht nur nicht bekannt, dass wir mit der Stauseeregion Bleiloch und Hohenwarte tatsächlich das größte zusammenhängende aufgestaute Wassergewässer Deutschlands haben und mit der Hohenwarte nämlich auch noch den zwölftgrößten Stausee insgesamt in Deutschland und mit der Bleiloch den fünftgrößten Stausee. Das ist einfach nicht bekannt. Wer von den Touristinnen und Touristen, die nach Thüringen kommen, die beispielsweise in der Region um Weimar oder in Erfurt, also an der Städtekette der Autobahn, Urlaub machen, erfährt eigentlich davon, dass wir in weniger als 50 Kilometern Abstand auch ein Wassergebiet haben, wo man Wassertourismus betreiben kann, nämlich, wie gesagt, in der Stauseeregion, aber natürlich auch an der Saale, Werra und Unstrut. Hier muss es uns darum gehen, in den nächsten Jahren vieles zu verändern. Auch darauf wurde schon hingewiesen.

Da hat der Thüringer Tourismustag auch deutliche Hinweise gegeben. Es muss nicht nur darum gehen, die Ankünfte von Touristinnen und Touristen zu erhöhen, sondern es muss unseres Erachtens nach darum gehen, die Verweildauerzahlen zu erhöhen, dass Touristen nicht nur nach Thüringen

kommen, einen Tag in Thüringen verbleiben, sich die Sehenswürdigkeiten anschauen und dann wieder in andere Bundesländer weiterreisen. Es muss darum gehen, dass wir Möglichkeiten schaffen, dass Touristinnen und Touristen im gesamten Thüringer Land länger an den entsprechenden Stellen sind, dass sie länger hierbleiben, dass sie die Wirtschaftskreisläufe, die damit gestärkt werden, auch tatsächlich bedienen und dass mehr Menschen in Thüringen vom Tourismus profitieren. Das betrifft sowohl das Gastgewerbe. Das betrifft aber auch weitere Einkaufsmöglichkeiten in den Innenstädten, das betrifft die Hotellerie etc. Das muss unser Ziel sein. Dazu kann auch der Wassertourismus dienen. Dazu sollte der Wassertourismus dienen, weil er eines der Segmente ist. Er wird in Thüringen sicherlich nie so groß Beachtung finden wie zum Beispiel der Wandertourismus im Thüringer Wald oder auch der Städtetourismus entlang der Städtekette. Das wird wohl kaum möglich werden. Aber er ist ein Segment. Er ist ein Segment der touristischen Möglichkeiten, die es in unserem Land gibt und in den letzten Jahren aus meiner Sicht heraus doch im Wesentlichen vernachlässigt worden sind. Dem müssen und wollen wir auch mit diesem Antrag entgegenwirken und wollen dort dringende Dinge auch mit in Gang bringen.

Ich will einige Verbesserungsnotwendigkeiten kurz benennen. Da ist als Erstes die Frage der Behebung der infrastrukturellen Lücken. Auch hier ist schon einiges dazu gesagt worden. Es ist oftmals so, wenn ein Tourist in eine Region kommt – wir sprechen hier über die Wasserregionen –, dass er natürlich nicht nur dort das Boot einsetzt oder baden will. Er will natürlich etwas essen, er will übernachten und er will möglicherweise auch dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommen. Das ist in vielen, vielen Fällen heute im Moment noch sehr schwierig. Das ist einer der Punkte.

Ein zweiter Punkt ist die Verbesserung der Qualität. Wenn ich von Qualität spreche, dann meine ich nicht nur die Wasserqualität, auch die muss weiter verbessert werden, sondern es muss auch die Qualität der Angebote verbessert werden. Das betrifft sowohl die Angebote im sportlichen, wassersportlichen Bereich selbst, als auch die Qualität der weiteren strukturellen Angebote. Das betrifft zum Beispiel auch die Qualität in Gaststätten. Auch das ist eine große Frage, der wir uns in diesem Zusammenhang durchaus widmen müssen. Wenn ich von Qualität spreche, spreche ich auch davon, wir brauchen, um Qualität bieten zu können, auch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im touristischen Bereich. Auch hier gibt es Nachholbedarf.

Ein weiterer Nachholbedarf, den ich sehe, ist die Kooperation der touristischen Akteure, und zwar der touristischen Akteure nicht nur im Wasserbereich, sondern gerade im Zusammenwirken von Wassertourismus mit weiteren touristischen Seg

menten. Wir müssen wegkommen von dem Kirchturmdenken meiner eigenen Region.

(Beifall SPD)

Nur wenn es gelingt, gemeinsame Angebote auch tatsächlich weiter voranzubringen, wird es auch gelingen, die unterschiedlichen Segmente gemeinsam zu stärken. Der Tourist heute, der beispielsweise in Erfurt übernachtet, muss wissen, dass er auch im Südharz gute touristische Möglichkeiten hat, dass er im Eichsfeld Möglichkeiten hat, dass er im Unstrutbereich Möglichkeiten hat und er muss wissen, dass er diese Wassersportmöglichkeiten hat. Es kann nicht sein, dass nur darauf für die eigene Region geworben wird, sondern es muss breiter für das gesamte Land Thüringen, für alle Angebote im Land Thüringen geworben werden.

Noch einmal zurück zur Frage der Stauseen bzw. des Wasserwanderns als solches. Ja, es müssen verschiedene Dinge verbessert werden. Dazu gehören die Fährangebote auf den Stauseen Hohenwarte und Bleiloch. Aber ich will auch sagen – da sind die Nutzer bzw. die Anbieter auch an uns herangetreten – wir müssen auch die Frage des Motorsportsegments neu durchdenken und zwar nach den Kriterien der Nachhaltigkeit. Wenn ich hier von Nachhaltigkeit spreche, dann spreche ich hier von Elektromobilität und nicht von großen Motorbooten auf den Seen, was keine Absage an die Fahrgastschifffahrt ist, sondern an große, schnelle Motorboote mit einer Kapazität über 15 PS. Ich glaube, das ist auf diesen Seen nicht notwendig. Hier müssen wir jetzt schauen, wie es gelingt, die Nachhaltigkeit zu sichern, die Wasserqualität zu sichern, aber gleichzeitig auch die Angebotsmöglichkeiten zu verbessern, denn es gibt meines Wissens weder an der Bleiloch- noch an der Hohenwartetalsperre eine einzige zugelassene Tankstelle für Motorboote. Die Motorboote werden auf diesen beiden Stauseen mit Kanistern betankt. Ich glaube, das ist heute nicht mehr das, was wir wirklich brauchen, weil – jeder weiß es, der das selber schon mal gemacht hat – nicht aller Sprit dahin gelangt, wohin er muss. Vieles davon fließt möglicherweise auch ins Wasser.

Ich möchte noch einige Dinge aus Gesprächen mit der Thüringer Tourismus GmbH und mit Herrn Göschka, der zurzeit noch der Projektmanager Wassertourismus insgesamt für Thüringen ist, nennen. Er übernimmt jetzt eine andere Aufgabe. Ich hoffe, dass dieser Projektmanager Wassertourismus sehr schnell wieder besetzt wird. Er ist angesiedelt im Tourismusgebiet des Saalelands. Er hat auf ein paar Probleme hingewiesen. Diese Probleme sind unter anderem tatsächlich die mangelnde Kommunikation der lokalen Akteure, Konkurrenzdenken, welches ich schon angesprochen habe, und insbesondere auch über die Saalestauseen hinweg. Hier sind unterschiedliche Kreise involviert.

Ich glaube, es muss gelingen, dass diese Kreise auch miteinander reden und gemeinsam die Entwicklung voranbringen. Ich spreche ganz konkret vom Saale-Orla-Kreis und von dem Kreis SaalfeldRudolstadt. Hier bringt es nichts, wenn jeder dieser zwei Kreise seine eigenen Dinge voranbringt. Es gibt positive Beispiele, positive Entwicklungslinien, beispielsweise auf der Talsperre Zeulenroda in der Verknüpfung von Wandern und Badespaß. Es gibt eine zentrale Informationswebseite „Wassertourismus in Thüringen“, die in Vorbereitung ist. Wie gesagt, gibt es auch den Projektmanager Wassertourismus, der dort etliches machen kann. Aber wir müssen auch unsere Hausaufgaben machen, und zwar das Land genauso wie auch die Akteure vor Ort. Dazu zählt es für das Land, dass Rahmenbedingungen zu klären sind, wie beispielsweise die Hochwasserschutzfragen gerade in den Stauseegebieten eingebunden werden in die touristische Entwicklung. Sie dürfen nicht separat gesehen werden. Hochwasserschutz muss auch in die touristische Entwicklung eingebunden werden.

(Beifall SPD)

Als Zweites die Frage der Verzahnung der verschiedenen Tourismuselemente, ich nenne hier Radwandern, Wasserwandern, Zusammendenken. Ich nenne hier, Kulturtourismus in die Vermarktung auch des Wasserwanderns miteinbeziehen. Ein Wasserwanderer muss auch wissen, wo es bestimmte kulturelle Angebote gibt. Die Angebotsperspektiven müssen einfach erweitert werden. Es ist wichtig, auch den Familientourismus im Wassertourismus mitzubedenken. Das ist gerade ein Beispiel, was in letzter Zeit sehr viel für Furore gesorgt hat. Viele Familien machen mit ihren Kindern Wasserurlaub und gehen damit auch wasserwandern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Tourismustag 2015 hat eines deutlich gemacht, und zwar in drei Punkten: Wir müssen die Qualität unserer Angebote erhöhen, wir müssen die Arbeit am Menschen und mit den Menschen erhöhen und wir müssen Netzwerke bilden. Genau deshalb bin ich sehr froh, dass sich das Beratungsnetzwerk, angesiedelt bei der Thüringer Tourismusgesellschaft, gebildet hat. Die entsprechenden Verträge wurden am Montag unterschrieben. Ich glaube, hier können wir alle fraktionsübergreifend etwas tun, die Thüringer Tourismusgesellschaft zukünftig mit ihrem Netzwerk auch weiter zu unterstützen und dieses Netzwerk auch weiter auszubauen. Ich habe mich sehr gefreut, Herr Bühl, als Sie gesagt haben, ja, wir müssen auch in den Tourismus möglicherweise noch das ein oder andere investieren. Ich glaube, gerade in die Frage des Beratungsnetzwerks sollten wir investieren, weil es einfach notwendig ist, um diese anderen Dinge auch weiter zu entwickeln und um hier weiter voranzukommen, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Regionen vorzunehmen.

Ein paar wenige Sätze zum Alternativantrag: Ich habe mich ein bisschen gewundert, als ich diesen Alternativantrag gelesen habe, weil es eigentlich so ist, dass die Fragen, die Sie hier gestellt haben, im Wesentlichen in der Kleinen Anfrage der Kollegin Holbe in Drucksache 6/724 durch das Ministerium beantwortet wurden, es also dieses Alternativantrags gar nicht bedarf. Eins muss man deutlich sagen, Herr Bühl, und da sind wir unterschiedlicher Meinung: Ja, Flüsse kennen keine Ländergrenzen, aber was Sie einfordern mit einzubringen – oder in dieser Studie in Mitteldeutschland, noch nicht mal 2 Prozent der Thüringer Wassersportbedingungen im Wasserwandern sind mit einbezogen. Es ist gerade mal ein ganz kleiner Teil des Altenburger Lands, der in diesem Bereich, der eigentlich der Bereich um Leipzig ist, mit dabei ist. Alles andere hat damit gar nichts zu tun, sodass es aus meiner Sicht heraus keine Relevanz für Thüringen hat. Das bedeutet aber keine Absage an die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt oder auch Hessen und Bayern. Aber ich glaube, wir sollten uns auf unsere Kernthemen hier in unserem Land fokussieren.

Die Frage einer stärkeren Verzahnung von Tourismus in Ihren unter Punkt 2 geforderten Dingen ist eigentlich auch in unserem Antrag schon enthalten und braucht keinen Alternativantrag. Sie selber sprachen vorhin von Ergänzungen, aber geschrieben haben Sie leider „Alternativantrag“. Ich denke, darüber wäre sicherlich im Ausschuss noch zu reden. In diesem Sinne beantrage ich die Überweisung beider Anträge an den Ausschuss. Danke.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist doch ein Wort!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Abgeordneter Rudy, AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Ebenso herzlichen Dank für den Sofortbericht des Herrn Staatssekretär, der sehr aufschlussreich war. Der Tourismus ist, wie wir alle wissen, ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Thüringen. Wir alle freuen uns, dass der Tourismus grundsätzlich eine Thüringer Wachstumsbranche ist. So stellt es sich jedenfalls dar, wenn man von den Übernachtungs- und Gästezahlen ausgeht, die im Großen und Ganzen seit Jahren kontinuierlich steigen. Aber wir sehen auch, dass dieses Wachstum nicht unbedingt nachhaltig und zudem keineswegs ein Selbstläufer ist. Darauf verweist die Tatsache, dass die Gastronomie hierzulande von dem neuerlichen Übernachtungsrekord des letzten Jahres offenbar kaum profitiert. Daher

auch bleibt die Politik gefordert, günstige Rahmenbedingungen für den Tourismus zu schaffen und dort, wo es nötig und möglich ist, Vorhaben und Projekte zu fördern. Insgesamt erkennt die AfDFraktion etwa die Bemühungen von Wirtschaftsminister Tiefensee um die Tourismusförderung – beispielsweise im Bereich der Thüringenwerbung im Ausland – an.

Selbstredend aber ist es auch notwendig, immer wieder neue Perspektiven für den Thüringer Tourismus zu eröffnen und neue Wege dort zu beschreiten, wo es sinnvoll ist. Dabei ist der Blick auf den Wassertourismus zu richten, der seit einiger Zeit wieder verstärkte Aufmerksamkeit gewinnt. Glaubt man der vor etwa einem Jahr erschienenen Studie zum Wassertourismus in Thüringen, die das Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte, dann gibt es im Bereich des Wassertourismus durchaus ein Entwicklungspotenzial, und zwar, obwohl der Anteil der Wasserfläche an der Landesfläche Thüringens deutlich unterdurchschnittlich ist.

Einiges wird hier bereits getan. So wird das ehemals bedeutende Tourismusgebiet um ZeulenrodaTriebes mit den Talsperren Zeulenroda und Weida in der jüngsten Vergangenheit touristisch aufgewertet und ein wassertouristisches Angebot entwickelt. Ende des Jahres bzw. Anfang 2016 soll dort das neue Bio-Seehotel Zeulenroda eröffnet werden. So entsteht ein Ensemble …

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das Hotel ist schon lange eröffnet!)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da treffen sich sogar AfD-na- he Organisationen! Da haben Sie etwas ver- passt!)

Ach so, ja, das habe ich übersehen.

So entsteht ein Ensemble, ein Angebot um das Zeulenrodaer Meer, von dem man hoffen darf, dass es einigen Zuspruch findet und zunehmend Touristen nach Ostthüringen lockt. Entsprechende Anstrengungen bedürfen der Förderung und Begleitung durch das Land Thüringen. Wir werden eine entsprechende Politik, die natürlich auch die Belange des Umwelt- und Landschaftsschutzes berücksichtigen muss, unterstützen.

Dieses Stichwort führt mich aber abschließend noch zu einem anderen Punkt. Das wassertouristische Entwicklungspotenzial Thüringens soll ausgeschöpft werden, ja. Es darf aber selbstredend nicht zu einer Vernachlässigung der anderen touristischen Segmente führen. Thüringens Attraktivität, insbesondere für den Wandertourismus, darf nicht beschädigt werden. Ich sage das mit Blick darauf,