Fakt ist eins: Alle Diskussionen nützen nichts, solange die Betroffenen nicht mitgenommen werden, und
deswegen sollten wir dazu kommen, dass eine Person gefunden wird – und das schnellstmöglich –, die fachlich geeignet ist, die breit aufgestellt ist und die die Unterstützung von den Betroffenen in Thüringen hat. Vielen Dank.
Frau Meißner, Sie haben gerade ganz breit erklärt, wie die Rechte des Behindertenbeauftragten/der Behindertenbeauftragten neu geregelt werden sollen, die Rechte und Pflichten. Warum haben Sie diese Forderungen nicht bereits vor vier Jahren, vor fünf Jahren gestellt und umgesetzt?
Weil wir in den letzten zehn Jahren einen Behindertenbeauftragten hatten, der diese Arbeit in diesem Zusammenhang hervorragend erledigt hat, und wir nicht wissen, was jetzt kommt, und deswegen diese Stellung stärken wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, manchmal kommt man ja aus dem Wundern nicht heraus. Frau Meißner, das finde ich ja jetzt toll. Also erstmal, dass Sie sich bei Dr. Brockhausen für seine Arbeit bedanken, dem will ich mich für meine Fraktion anschließen
und sagen, er hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Interessanterweise hat er diese hervorragende Arbeit geleistet angesiedelt beim Sozialministerium. Und dafür auch noch einmal ganz besonders herzlichen Dank.
Ich glaube, Herr Dr. Brockhausen hat seine Unabhängigkeit nie infrage stellen lassen und er hat seine Aufgabe deshalb auch besonders gut gemacht. Nun muss man nicht immer bei dem bleiben, was man schon einmal hatte, sondern man kann sich ja auch ändern und neue Überlegungen anstellen. Wir haben an dieser Stelle schon des Öfteren die Frage diskutiert – Frau Stange hat es auch erwähnt –, sich grundsätzlich zu beschäftigen mit der Frage des Beauftragtenwesens – und es gibt auch einige, die gesagt haben: des Beauftragtenunwesens –, dass wir darüber mal diskutieren, welche Rolle die Beauftragten haben, wo sie denn angesiedelt sein sollen, welche Aufgaben man ihnen zuordnen kann, und auch die Frage des Zu-Wort-Meldens in diesem Plenarsaal war immer mit diskutiert worden. Aber ich sage genauso deutlich, an diesem Punkt sind wir auch in einer vorhergehenden Koalition nicht so besonders weitergekommen, denn wir haben Diskussionen geführt um Veränderungen und – zumindest Herr Heym wird sich noch daran entsinnen – dass die Frage des Bürgerbeauftragten und die Situation und die Aufgaben des Petitionsausschusses in entweder der Zusammenarbeit oder auch in der Gegenüberstellung immer mal mit diskutiert werden sollten.
Also, ich bin gern bereit, für meine Fraktion die Frage der Beauftragten, was sie für Aufgaben haben, wie sie noch anders und besser gestellt werden können, zu diskutieren. Aber grundsätzlich und auch an dem Beispiel der Novellierung des Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen will ich noch einmal ganz deutlich darauf aufmerksam machen: In der letzten Koalition – und ich wollte heute überhaupt nicht rückwärtsgewandt diskutieren, aber scheinbar ist es doch immer mal ein bisschen notwendig –, in der letzten Koalition haben wir koalitionsintern darüber diskutiert, dass wir eine Novellierung des Gleichstellungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen auf den Tisch legen wollen. Das ist nicht zustande gekommen, haben Sie nicht gewollt. Ich kann mich noch entsinnen: Das lag auch ein bisschen an der Situation im In
nenministerium, da ging es um die Frage der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Da ist es dann nicht zustande gekommen. Insofern finde ich es schade, wenn man aus einem anderen Blickwinkel auf einmal sagt, jetzt machen wir alles anders und besser, und vorher hat man sich auf solche Überlegungen nicht eingelassen. Das finde ich im Nachgang schade – an dieser Stelle noch mal ganz deutlich gesagt.
Weil Sie auch noch mal darauf eingegangen sind, dass das Ministerium heute keinen Bericht gegeben hat: Es ist auch im Moment nicht ganz klar, worüber wir denn berichten sollen, was den Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention angeht und auch den Stand der Evaluierung des Maßnahmenplans, über den Planungsstand des Entwurfs eines novellierten Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen. Liebe Kollegin Meißner und liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, alle Fraktionen waren beim außerparlamentarischen Bündnis für Menschen mit Behinderungen dabei. Da hat die Ministerin sehr ausführlich gesagt, im Übrigen auch mit Unterstützung derer, die dort anwesend waren, insbesondere auch Herrn Pfeffer: Es braucht noch eine Weile Zeit zu diskutieren, zu überlegen auch im Zusammenhang mit dem Beauftragten für Menschen mit Behinderungen. Da wurde das alles ganz deutlich und offen angesprochen. Frau Meißner, Sie waren mit anwesend, Frau Pfefferlein, glaube ich, war auch mit da, es war Frau Stange mit da. Wir waren alle anwesend und haben damit auch die Grundlagen der Diskussion erlebt. Die Forderungen beispielsweise auch vom außerparlamentarischen Bündnis werden jetzt noch mal zusammengetragen und ergänzt, sodass die auch Grundlage dafür sind, denn wenn man schon Transparenz und die Öffnung einfordert, auch dass sich Verbände und Betroffene beteiligen können, dann ist das eine ganz vernünftige Grundlage.
Im Übrigen werden diese Themen auch im Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen weiter diskutiert. Wer dort gewesen ist, weiß, dass dabei alles angesprochen worden ist und dass wir gesagt haben, dass es noch Zeit braucht, um die Dinge vernünftig und miteinander zu gestalten. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch mal zu der Frage, wo denn dann ein Beauftragter angesiedelt wird oder werden soll, sagen: Wir haben das bei der Frage Gleichstellungsbeauftragte für Mann und Frau, die Sache, wo ein Beauftragter angesiedelt werden soll, schon diskutiert. Seit Frau Arenhövel das Amt übernommen hat – ich will ihr im Übrigen an dieser Stelle noch mal herzlichen Dank sagen, weil sie nämlich auch in den Ruhestand gegangen ist,
in den verdienten Ruhe- oder Unruhestand –, haben wir darüber diskutiert, wer wo angesiedelt ist. Im Grundsatz geht es darum, was der- oder diejenige tut und wie er auch seine Unabhängigkeit und seine Neutralität pflegt.
Ein letzter Satz zu der Frage. Ich will auch nicht darüber diskutieren, was verlängert jetzt welche Situation und welche arbeitsrechtliche Maßnahme. Das sage ich jetzt ganz für mich persönlich: Arbeitsrechtliche Aspekte, die jedem zustehen, kann jeder ausschöpfen und da gibt es für mich überhaupt keine Diskussion. Dann werden wir weitersehen, wie sich die Dinge gestalten.
Letztendlich glaube ich, dass es einen Terminplan geben wird, der überschaubar ist. Selbst wenn es einige Wochen Verzug geben sollte, was die Besetzung von Stellen angeht auch in Rücksprache mit Vereinen und Verbänden, glaube ich, trägt es im Moment nicht dazu bei, dass irgendwas im Argen liegt, das wissen Sie selber. Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen: Auch bestimmte Dinge, die wir mit Ihnen gemeinsam bearbeiten konnten, haben manchmal etwas länger gedauert als nötig. Aber letztendlich sind sie dann doch noch auf einen guten Weg gekommen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuhörer auf den Rängen! Wir als AfD unterstützen die Arbeit des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen und bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich für seinen Einsatz für die betroffenen Menschen in Thüringen.
Wir stehen dem Beauftragtenwesen in Thüringen auch grundsätzlich sehr kritisch gegenüber und sehen im Haushalt hier einiges an Kürzungspotenzial. Es gibt immerhin sieben Beauftragte, von denen einige Ressorts mit sehr zweifelhaftem Wert arbeiten. Generell denke ich, dass von den über 5 Millionen Euro, die hier ausgegeben werden, davon zwei Drittel lediglich für Personalkosten und Sachkosten, 2 Millionen Euro locker eingespart werden könnten. Aber das wird sicherlich an anderer Stelle noch diskutiert werden. Was ich eben bemerkenswert fand: Bei dem Lob, was die Abgeordnete Meißner dem scheidenden Behindertenbeauftragten Herrn Brockhausen hinterhergeschickt hat mit der Bemerkung, er hätte zehn Jahre eine hervorragende Arbeit geleistet, fand ich es ein bisschen schade, hämisches Gelächter von links zu vernehmen.
Hier ist bei den Behinderten eine Gruppe von Menschen betroffen, die besondere parlamentarische Aufmerksamkeit und Hilfe braucht. Um in Zukunft zu garantieren, dass der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen leistungsfähig bleibt, ist es sinnvoll, diese Institution an sich mit mehr Geld auszustatten. Was wir jedoch leider am CDU-Antrag ablehnen müssen, ist eine personelle Aufstockung bei diesem Amt. Der oder die oder das Beauftragte kann gern auf das Fachwissen der Ministerien zurückgreifen und sich von diesen beraten lassen. Die CDU fordert in ihrem Antrag eine stärkere Verankerung der Unabhängigkeit des Beauftragten. Das ist allerdings überraschend, denn diese maximale Unabhängigkeit hätte in den letzten 25 Jahren durchaus schon hergestellt werden können. Die Skepsis, die wir an dieser Stelle für diesen Antrag entwickeln, bezieht sich vor allem darauf, dass der Beauftragte zweimal in der Legislaturperiode hier im Landtag über seine Tätigkeit berichten sollte, womit die Gelegenheit gegeben wäre, nach einer Halbzeit das eine oder andere nachzujustieren. Außerdem fordern wir ein eindeutiges Vorschlagsrecht für diesen Posten nur für die Behindertenverbände, denn das steigert nicht nur das Vertrauen der Betroffenen in ihren Beauftragten, sondern garantiert auch, dass der Beauftragte ein unabhängiger Fachmann wird und keinen Versorgungsposten oder die Besetzung eines politischen Elefantenfriedhofs.
Der Antrag der CDU geht also zwar grundsätzlich in die richtige Richtung, aber bleibt leider auf halbem Wege stehen. Wir werden uns enthalten. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, auch ich möchte mich meinen Vorrednerinnen erst einmal anschließen und Dr. Brockhausen für seine geleistete Arbeit auch im Namen meiner Fraktion an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich danken.
Ich kenne sehr viele Menschen, die mit Einschränkungen den Alltag, das Arbeits- und Familienleben, die Schule und die Freizeit meistern müssen und das auch gern wollen. Erst vor ein paar Tagen besuchte ich in meinem Wahlkreis eine Werkstatt für
behinderte Menschen, die dort arbeiten und wohnen können und ich bekam dort mal wieder einen authentischen Eindruck. Die Menschen können dort ein selbstbestimmtes Leben führen und sie werden dort unterstützt, aber im Alltag außerhalb des Hauses ist diese Eigenständigkeit oft eingeschränkt, denn sie werden immer wieder vor Barrieren gestellt und das fängt an, wenn sie in öffentliche Gebäude gehen wollen. Dort fehlt es oft an Rollstuhlrampen etc., was sie ohne fremde Hilfe nicht erreichen können. Viele Menschen mit Behinderungen kennen solche und ähnliche Probleme. Sie begegnen ihnen immer wieder. Diese Geschichten sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern Probleme des alltäglichen Lebens. Noch immer behindern eingeschränkte Zugangsmöglichkeiten und Barrieren den Alltag vieler Bürgerinnen. Sie schränken Teilnahmerechte ein, verringern die Lebensqualität und verhindern soziale Zugehörigkeit. Ein barrierefreies Lebensumfeld, das alle Menschen, ob jung oder alt, ob mit oder ohne Behinderung selbstbestimmt gemeinsam nutzen und mitgestalten können, ist eine grundlegende Voraussetzung, um soziale Teilhabe zu ermöglichen und Ausgrenzung zu unterbinden. Ziel muss es sein, allen Menschen ein selbstbestimmtes und gemeinschaftliches Leben zu ermöglichen. Selbstbestimmt statt fremdbestimmt bedeutet, aus verschiedenen Angeboten frei wählen zu können, zum Beispiel wo möchte ich wohnen? Auf welche Schule möchte ich gehen? Wo möchte ich arbeiten und welche Hilfe benötige ich? Wir Grüne setzen uns schon lange dafür ein, dass das System der Hilfen, welches den Lebenswirklichkeiten längst nicht mehr gerecht ist, angepasst wird. Für das steht die Etablierung von individuellen Unterstützungsformen, die den Menschen ein echtes Wunsch- und Wahlrecht ermöglichen, im Mittelpunkt.
In den letzten Jahren sind in Deutschland wichtige gesetzliche Grundlagen auf den Weg gleichberechtigter Teilhabe von Menschen gelegt worden. Auch wenn das deutsche Recht für Menschen mit Behinderungen im internationalen Vergleich eine gute Position einnimmt, steht die deutsche Rechtsordnung durch die UN-Behindertenrechtskonvention vor großen Herausforderungen. Die UN-Behindertenrechtskonvention stellt auch an das Thüringer Gleichstellungsgesetz verbindliche Anforderungen, die es bislang nur hinreichend erfüllt. Es ist an der Zeit, dass das Gleichstellungsgesetz im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention fortentwickelt wird.
Wir wollen in der Koalition vor allem das Verständnis von Behinderung, das Konzept der Zugänglichkeit, Barrierefreiheit, der Inklusion sowie der Partizipation von Menschen mit Behinderungen weiterent
wickeln. Deshalb haben wir auch im Koalitionsvertrag Folgendes vereinbart und machen uns für eine echte Teilhabepolitik stark, ich zitiere: „Im Namen der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes [sollen] die Aufgaben und Befugnisse des/ der Thüringer Beauftragten für Menschen mit Behinderungen [gestärkt] sowie die Kommunen bei der Einrichtung von hauptamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten unterstützt [werden]“.
Für uns geht es nicht darum, Menschen mit Behinderungen in die bestehenden Strukturen für Menschen ohne Behinderung zu integrieren, sondern die gesellschaftlichen Strukturen so zu verändern, dass sie der Vielfalt der menschlichen Lebenslagen gleichermaßen gerecht werden.
War das Thüringer Gleichstellungsgesetz in seiner ursprünglichen Version eher dazu gedacht, den Gedanken der Barrierefreiheit einzuführen, wollen wir es nun zu einem echten Umsetzungsförderungsgesetz weiterentwickeln. Fragen, die dabei zu beantworten sind, will ich hier noch einmal kurz nennen:
Erstens: Wie kann das Gleichstellungsgesetz schärfer wirksam gemacht werden? Zweitens: Auf welche Elemente kann verzichtet werden? Und drittens: Wie kann das Zusammenspiel zwischen dem Gleichstellungsgesetz und anderen Vorschriften in den verschiedenen Ressorts verbessert werden?
Sehr geehrte Damen und Herren, im Rahmen der dann folgenden Gesetzesberatung können wir gemeinsam schauen, wie Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und eine umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden kann. Am Rande möchte ich Ihnen aber auch noch sagen: Wenn die CDU ein solches Engagement für Menschen mit Behinderungen schon in der letzten Legislatur an den Tag gelegt hätte, wären wir insgesamt schon weiter.
Wir Grüne wollen den Koalitionsvertrag, den Antrag und die Eindrücke aus Gesprächen mit Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen und natürlich auch Vereinen und Verbänden als Grundlage nehmen, um über eine sinnvolle, nachhaltige und finanziell tragfähige Novellierung des Gleichstellungsgesetzes zu sprechen. Nur so kann die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention als gesamtgesellschaftlicher Lernund Gestaltungsprozess gelingen. Vielen herzlichen Dank.