Protokoll der Sitzung vom 11.09.2015

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich damit die kurze Beispielliste verlassen, aber abschließend noch auf eine der Forderungen konkreter eingehen. Die Aufforderung nämlich nach sofortiger Erfassung der Anzahl strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen nicht deutsche Tatverdächtige differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten ist schlichtweg überflüssig. Der Minister sitzt ja hier, ich denke, er wird dazu auch

noch was sagen. Denn dies ist bereits heute über die Polizeiliche Kriminalstatistik – PKS –, über den sogenannten Gemeindeschlüssel möglich. Im Übrigen – und das nur zur Erläuterung – unterscheidet die PKS eben nicht zwischen beispielsweise Asylbewerber, durchreisende Ausländer oder EU-Bürger, die ja bekanntlich auch Freizügigkeit genießen.

Kurzum, und damit komme ich auch zum Schluss: Aus den dargelegten Gründen lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Walk. Als Nächste spricht zu uns Frau Abgeordnete Marx, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch ich möchte jetzt zur Drucksache mit der arabischen Nummer 6/977 mit dem arabisch ausgedruckten Datum vom 01.09.2015 hier sprechen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also arabische Zahlen verwenden wir schon lange

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich zittere!)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Vor Angst!)

und die Tradition – ja, so weit ist es schon gekommen, dass wir die arabischen Zahlen schon lange verwenden, und wenn wir dann noch anfangen, unser Grundgesetz, das Vorbildwirkung in aller Welt hat, in alle Sprachen zu übersetzen, dann wird es ja ganz schlimm. Bestimmte Dinge wissen Sie nicht und die wollen Sie auch nicht wissen und die sagen Sie immer wieder falsch.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Sie dürfen nicht mal frei reden!)

„Die Bedrohung der säkularen Gesellschaft“ – Sie wissen gar nicht, was eine säkulare Gesellschaft ist. Wir haben Tagungen darüber gehabt, auch vor Kurzem im Augustinerkloster. Die säkulare Gesellschaft ist nicht die, die sich komplett aus der Religion heraushält, sondern ist die, die es jedem Bürger ermöglicht, im Rahmen seiner eigenen Religion Religionsfreiheit zu leben und auszuüben. Diese Religionen existieren dann nebeneinander.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommt Ihre merkwürdige Auswahlliste, die – nach der ganzen Soße, die Sie da jetzt wieder aus Ihrer Sicht auf die Problematik von Zuwanderung,

(Abg. Walk)

Flüchtlingen und Asyl ausgeschüttet haben – so ein Miniaspektchen rausgreift, nämlich es soll eine Statistik zu interethnischen und interreligiösen Konflikten in den Landeserstaufnahmestellen geführt werden.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Das steht aber drin, warum lesen Sie es nicht vor?)

Der Kollege Walk hat es schon gesagt: Was heißt eigentlich „interethnisch“ und „interreligiös“? Normalerweise innerhalb der Ethnie selbst und innerhalb der Religion. Wir haben einige wenige Vorfälle, die haben auch eine große mediale Aufmerksamkeit erreicht, aber daraus abzuleiten, dass wir da eine Statistik für etwas führen müssen, was sich im normalen Polizeibericht widerspiegelt? Ich gebe Ihnen mal einen Vergleich: Das ist überhaupt kein Massenphänomen, aber Sie versuchen es, auf so etwas aufzupeppen. Mit der gleichen Logik könnten wir – das machen wir aber nicht – mal eine Statistik anlegen über straffällig gewordene AfD-Abgeordnete im Thüringer Landtag

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

da würden Sie zu Recht aufschreien –

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sind wir straf- fällig geworden?)

oder welche, gegen die Ermittlungsverfahren laufen, denn hier …

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Da haben wir aber sehr viele im Landtag!)

(Unruhe AfD)

Ja, da schreien Sie jetzt auf, das gefällt Ihnen nicht, das habe ich mir schon gedacht.

(Zwischenruf Abg. Möller: … bei der SPD ha- ben! … mehr als bei uns!)

Ach ja, wie viele sind es denn bei Ihnen, dass ich es vergleichen kann? Sagen Sie es!

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also medial waren in der...

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Ich habe Sie bisher für eine sehr vernünftige Frau ge- halten!)

Herr Abgeordneter Brandner! Frau Abgeordnete Marx hat hier das Wort.

Danke. Ja, genau darauf habe ich jetzt gewartet.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Sind Sie Volljuristin oder Vollidiotin?)

Haben Sie mich verstanden?

Herr Brandner, genau darauf habe ich gewartet, dass Sie fragen, ob ich denn den Unterschied zwischen Ermittlungs- und Strafverfahren nicht kenne. Diese Frage gebe ich an Ihre Alt-AfD zurück, nämlich bei dem Punkt II.2. Da wollen Sie die Anzahl der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren überprüfen. Genau, das sind Ermittlungsverfahren. Es gilt die staatliche Unschuldsvermutung, auch Ihnen gegenüber, auch der Kollegin Muhsal, auch dem Kollegen Höcke gegenüber.

Frau Kollegin Marx, eine kleine Unterbrechung. Für die Verwendung des Wortes „Vollidiotin“ erteile ich dem Abgeordneten Brandner einen Ordnungsruf.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich hätte es auch so nicht geglaubt.

(Beifall und Heiterkeit SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Ach, Herr Brandner, Sie bringen mich hier ständig aus dem Konzept, aber das machen Sie ja gern.

Noch mal zurück zu II.2: Wir sollen also auch noch eine spezielle Statistik führen – die gibt es schon im Rahmen der allgemeinen Polizeistatistik, allerdings nicht begrenzt auf bestimmte Ausländergruppen. Man kann sie auch rückverfolgen. Sie wollen die also dann monatlich, differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten, offenbar zeitnah erheben. Auch das ist – sage ich –, statistisch gesehen, selbst wenn man den Zweck, den Sie da verfolgen, irgendwie ernst nehmen wollte, Quatsch, denn es fehlen ja dann die Vergleichsreferenzdaten. Sie nehmen sozusagen ein Einzeldatum heraus und dann haben Sie das Vergleichsdatum nicht. Um die Absurdität auch mal vor Augen zu führen: In München wird demnächst die Ausländerkriminalität sprunghaft ansteigen, in der Zeit von Mitte September bis Anfang Oktober. Warum? Weil da Oktoberfest ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gleichzeitig wird die deutsche Kriminalität entsprechend ansteigen. Das heißt, Sie haben von so ei

nem Einzeldatum gar nichts, wenn Sie das Vergleichsdatum nicht erheben, und deswegen ist das doch alles hier wieder nur – Entschuldigung – irgendwelche Sülze, mit der Sie versuchen, Ihre Ressentiments und Ihren Populismus wieder mal auf ein nettes, kleines, neues, pseudogoldenes Füßchen zu stellen. Deswegen lehnen auch wir den Antrag mit der arabischen Drucksachennummer 6/977 ab.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Als Nächstes hat die Landesregierung das Wort. Herr Prof. Dr. Hoff, bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren. Wir haben uns in der Landesregierung entschieden, dass ich für die Landesregierung zu diesem Punkt spreche.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wir bedau- ern das!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir bedauern auch, dass Sie gesprochen haben!)