Die Stadt Lauscha im Landkreis Sonneberg sowie die kreisfreie Stadt Gera stehen zurzeit ohne Haushalte da. Im ersten Fall wurde das Haushaltssicherungskonzept zweimal vom Stadtrat abgelehnt, im zweiten Fall wurde das Haushaltssicherungskonzept vom Stadtrat angenommen, aber vom Landesverwaltungsamt als Aufsichtsbehörde abgelehnt. Lauscha wie Gera sind überschuldet und müssen massive Kürzungen im Bereich der freiwilligen Leistungen vornehmen. So mussten in Lauscha bereits die Kindergartengebühren um über 30 Prozent angehoben werden. Gera soll mehrere Millionen Euro bei den freiwilligen Leistungen sparen und unter anderem beim Theater kürzen.
1. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund der massiven Verschuldungsprobleme von Lauscha und Gera eine Entschuldung oder einen Schuldenschnitt für die beiden Städte?
2. Warum wurden Gera statt der beantragten 16,3 Millionen Euro aus den Mitteln des Landesausgleichsstocks nur 7,25 Millionen Euro bewilligt?
3. Welche Maßnahmen führt die Landesregierung durch oder plant die Landesregierung in den Jahren 2016 bis 2017 zur Stärkung der Einnahmen und der Investitionskraft von hochverschuldeten Städten wie Lauscha und Gera?
4. Wie beurteilt die Landesregierung, dass aufgrund der Verschuldung in Lauscha und Gera massive Kürzungen im freiwilligen Bereich – Kultur und Sport – der betroffenen Städte vorgenommen werden müssen?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Eine Entschuldung oder ein Schuldenschnitt dürften vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Zinsniveaus wohl kein geeignetes Mittel sein, um die Probleme der Städte Lauscha und Gera zu lösen. Erforderlich ist vielmehr, dass die beiden Städte im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwal
tung Möglichkeiten finden, um strukturell eine finanzielle Konsolidierung zu schaffen. Genau deshalb ist ein Haushaltssicherungskonzept, dass entsprechende Maßnahmen aufzeigt, auch Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung des Landes durch Bedarfszuweisung. Im Übrigen ist es nach meiner Erinnerung so, dass der Stadtrat in Lauscha das HSK sehr wohl beschlossen hat.
Zu Frage 2: An dieser Stelle möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass, anders als in der Vorbemerkung zu dieser Anfrage dargestellt ist, das Thüringer Landesverwaltungsamt das Haushaltssicherungskonzept der Stadt Gera am 26. August 2015 rechtsaufsichtlich genehmigt hat. Die Genehmigung des Liquiditätskredits im Zusammenhang mit dem Haushalt der Stadt Gera steht dagegen noch aus. Seine Entscheidung zur Höhe der Bedarfszuweisungen begründet das Thüringer Landesverwaltungsamt im Bewilligungsbescheid vom 14. September 2015 auch damit, dass die Stadt Gera über ein eigenes Konsolidierungspotenzial verfüge, welches vor der Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen auszuschöpfen sei.
Zu Frage 3: Das Land stellt über die Investitionspauschalen nach dem Thüringer Kommunalhaushaltssicherungsprogrammgesetz Mittel bereit, die auch im Jahr 2016 noch zweckentsprechend verwendet werden dürfen. Darüber hinaus erhalten Landkreise und Gemeinden bis zum 31. Dezember 2018 Anteile aus dem Kommunalinvestitionsförderungsprogramm des Bundes. Dieses umfasst knapp 76 Millionen Euro für Thüringen. Die Kofinanzierung dieser Mittel in Höhe von 8,4 Millionen Euro erfolgt durch das Land.
Zu Frage 4: Wie bereits erläutert, obliegt es den Gemeinden selbst zu entscheiden, auf welche Weise sie ihre Konsolidierungsziele erreichen. Dass aber Kommunen, die finanzielle Leistungen aus dem Landesausgleichsstock in Anspruch nehmen möchten, eigene Konsolidierungsbemühungen unternehmen, erachte ich für sachgerecht.
Ja, ich habe dazu noch eine Nachfrage. Plant die Landesregierung die Vorlage von Vorschlägen zur Senkung der landesrechtlich gesetzten Standards und/oder Rückübertragung von Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis an das Land bzw. Umwandlung von Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis zu freiwilligen Aufgaben? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht?
Dieses Thema wird uns im Rahmen der Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform sicher beschäftigen und wir werden das in dem Rahmen auch mit untersuchen und dort, wo nötig, dann Änderungen vornehmen.
Vielen Dank. Wir kommen jetzt erneut zur Anfrage des Abgeordneten Herrn Möller aus der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/1093, vorgetragen durch die Kollegin Herold.
Laut eines Presseartikels des Präsidenten des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung – „Wirtschaftswoche“ vom 11. September 2015 – müsse der gesetzliche Mindestlohn gesenkt werden, um die „neuen Arbeitskräfte in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren“, denn mehr Beschäftigung für gering Qualifizierte gäbe es unter sonst gleichen Bedingungen nur zu niedrigerem Lohn. Nur bei einem niedrigeren Lohn rutschen arbeitsintensive Geschäftsmodelle über die Rentabilitätsschwelle und finden sich Unternehmer, die bereit sind, dafür ihr Geld einzusetzen. In dem oben genannten Presseartikel wird betont, dass die Bundesregierung sich um diese Konsequenz drückt, weil Deutschland sich derzeit im Boom befindet und deshalb die Bremswirkungen des Mindestlohns nicht spürt. Ohne eine Korrektur beim Mindestlohn wird die Fortsetzung der derzeitigen Massenzuwanderung gering Qualifizierter trotz aller guten Absichten zu einer Immigration in die Arbeitslosigkeit führen.
1. Wie positioniert sich die Landesregierung auf Bundesebene zu einer Absenkung des Mindestlohns, um die Integration der Flüchtlinge in den ersten Arbeitsmarkt in Thüringen gewährleisten zu können?
2. Hält die Landesregierung bezogen auf Frage 1 eine generelle Absenkung oder eine Aussetzung des Mindestlohns für eine bestimmte Zeit für sinnvoll und wie begründet sie ihre Auffassung?
3. Welche anderen Konzepte hält die Landesregierung für sinnvoll, um die Integration von Flüchtlingen in Thüringen in den ersten Arbeitsmarkt gewährleisten zu können?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Staatssekretärin Feierabend.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Herold für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Geflüchtete suchen in Deutschland Schutz vor Gewalt, Verfolgung oder menschenunwürdigen Verhältnissen. Sie haben hier ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben, dazu gehört auch, dass wir die Menschen, die zu uns kommen, gut integrieren einschließlich der Chance auf Bildung und gute Arbeit. In beinahe allen europäischen Staaten wurden Mindestlöhne mit dem Ziel eingeführt, Lohndumping zu verhindern. Mit dem deutschlandweiten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro wurde zum 01.01.2015 eine Lohnuntergrenze gezogen. Diese schützt Beschäftigte im Niedriglohnsektor vor Dumpinglöhnen und verringert die Zahl derer, die trotz Vollzeitbeschäftigung auf Sozialleistungen angewiesen sind. Der gesetzliche Mindestlohn setzt eine feste Grenze, die auch in Zukunft nicht mehr unterschritten werden darf und selbstverständlich auch für Geflüchtete hier in Deutschland gelten muss.
Zu Frage 2: Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn schützt alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vor unangemessenen niedrigen Löhnen. Damit leistet der gesetzliche Mindestlohn einen Beitrag für einen fairen und funktionierenden Wettbewerb und sorgt gleichzeitig für mehr Stabilität in den sozialen Sicherungssystemen. Der Mindestlohn stellt über alle Branchen hinweg sicher, dass sich Arbeitgeber keine Wettbewerbsvorteile durch zu geringe Lohnzahlungen verschaffen können. Der Mindestlohn gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem Wohnsitz des Arbeitnehmers für alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, egal ob sie bei einem in- oder ausländischen Arbeitgeber angestellt sind. Eine generelle Absenkung des gesetzlichen Mindestlohns kommt nicht in Betracht. Der falsche Weg wäre auch, Geflüchtete schlechter zu stellen, um ihnen Arbeitnehmerrechte vorzuenthalten. Die Absenkung des gesetzlichen Mindestlohns für Geflüchtete darf nicht zugelassen werden, denn damit würden Beschäftigte aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft gegeneinander ausgespielt.
Zu Frage 3: Besonders wichtig ist es, die Möglichkeiten für den Erwerb der deutschen Sprache weiter zu verbessern. Die diesbezüglichen auf Bundesebene geplanten Rechtsänderungen zur Eröffnung der Integrations- und Sprachkurse werden sich auch positiv auf die Bedingungen in Thüringen aus
wirken. Wir werden die am 6. Oktober 2015 in Kraft tretende Richtlinie zum Landesarbeitsmarktprogramm „Arbeit für Thüringen“ nutzen, um Projekte zur beruflichen Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern aus Landesmitteln zu fördern. Hierfür liegen bereits mehrere Konzepte vor. Sinnvolle Projektbestandteile können in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Sensibilisierung der Unternehmen, die Schulung der Ausbilder, Clearing, Kompetenzfeststellung und berufliche Orientierung sowie die Ausbildungsvorbereitung und -begleitung sein. Wir setzen auch auf die Unterstützung der Kammern bei der Qualifizierung der Flüchtlinge und der Beratung der Betriebe.
Vielen Dank, Frau Feierabend. Nachfragen gibt es nicht, sodass wir nun zur Anfrage des Kollegen Bühl in der Drucksache 6/1106 kommen. Herr Bühl, Sie haben das Wort.
Die Herabstufung von Landesstraßen stellt Kommunen regelmäßig vor große Herausforderungen. Ein Beispiel hierfür ist die L 2648 zwischen Altenfeld und Großbreitenbach. Diese Verbindung ist über die Gemeinden hinaus für die Wirtschaft und Versorgung bedeutend sowie zur Absicherung der ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke sehr wichtig. Durch eine Herabstufung kann allerdings zum Beispiel im Winter die Schneeberäumung nicht mehr gleichbleibend gewährleistet werden, was in einem Notfall schwerwiegende Folgen haben könnte.
1. Wie plant die Landesregierung die betroffenen Gemeinden zu unterstützen, damit die Straße weiter sicher und unkompliziert befahren werden kann?
2. Wie will die Landesregierung Rettungswege sicherstellen, wenn es auf der betroffenen Straße keinen bzw. nur einen eingeschränkten Winterdienst gibt?
3. Wie schätzt die Landesregierung die Risikosituation ein, wenn in einem Havariefall auf der ICETrasse oder des Umspannwerks Rettungs- oder Hilfsfahrzeuge aufgrund mangelnder Befahrbarkeit behindert werden?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft. Frau Ministerin Keller, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Bühl, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Die Einteilung der öffentlichen Straßen in Thüringen in die Straßenklassen Landes-, Kreis-, Gemeinde- und sonstige Straßen richtet sich nach dem Thüringer Straßengesetz und bestimmt sich nach der jeweiligen Verkehrsbedeutung. Ändert sich diese Verkehrsbedeutung oder sind Straßen nicht in der ihrer Verkehrsbedeutung entsprechenden Straßenklasse eingeordnet, sind sie in die ihrer Bedeutung entsprechende Straßenklasse umzustufen. Es handelt sich hier um eine sogenannte gebundene Entscheidung, bei der kein Ermessen besteht. Entsprechend § 11 Abs. 4 des Thüringer Straßengesetzes hat der bisherige Träger der Straßenbaulast dem neuen Träger der Straßenbaulast dafür einzustehen, dass er die Straßen in dem durch die Verkehrsbedeutung gebotenen Umfang ordnungsgemäß unterhalten hat. Die Straßen werden also in den gesetzlich geforderten, ordnungsgemäß unterhaltenen Zustand abgestuft. Nach dem Wechsel der Straßenbaulast ist der neue Träger der Baulast für Bau, Unterhaltung und Betrieb der Straßen zuständig. Dazu zählt ausdrücklich auch der Winterdienst.
Zu Frage 2: Die Hilfsfrist für die Rettungsmittel der Notfallrettung umfasst nach Ziffer 3.2 des Landesrettungsdienstplans für den Freistaat Thüringen den Zeitraum vom Beginn des Eingangs der Notfallmeldung in einer zentralen Leitstelle bis zum Eintreffen am Einsatzort an einer öffentlich zugänglichen Straße. Für den dünn besiedelten Bereich ist eine Hilfsfrist von 17 Minuten einzuhalten.
Das nächstgelegene Rettungsmittel – also auch Rettungswagen – für die Gemeinde Altenfeld ist auf der Rettungswache in Großbreitenbach stationiert. Hilfsfristen für den Brandschutz und die allgemeine Hilfe sind in der Thüringer Feuerwehr-Organisationsverordnung festgelegt. Aufgabenträger für den Rettungsdienst sowie den Brandschutz und die allgemeine Hilfe sind die Landkreise bzw. Gemeinden. Diese sind gehalten, die Straßen, die sich in ihrer Baulast befinden, in einem Zustand zu erhalten, der es ermöglicht, die genannten Hilfsfristen einzuhalten. Dazu zählt ausdrücklich auch der Winterdienst. Dies gilt für neue Straßen, egal, ob neu gebaute oder auch durch Baulastträgerwechsel übernommene, genauso, wie für das bereits vorhandene kommunale Straßennetz. Diese grundsätzliche Aufgabe liegt nicht in der Zuständigkeit des Freistaats Thüringen, sondern bei den kommunalen Aufgabenträgern.
Zu Frage 3: Erstens wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Ergänzend kann ich darauf hinweisen, dass es im Rahmen des Brand- und Katas
trophenschutzes keine über das allgemeine Maß hinausreichende Forderungen an das Straßennetz gibt, etwa im Hinblick auf den Betriebs- und Winterdienst. Durch die beabsichtigte Umstufung mit deren regelmäßig einhergehenden Pflichtenfolgen sind die bezogenen Gemeinden auch mit Blick auf den Erschließungscharakter des entsprechenden Straßenabschnitts hinsichtlich der Erreichbarkeit von bestimmten Tunnelportalen, Notausgängen und Rettungsplätzen der ICE-Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt sowie des Umspannwerks nicht intensiver betroffen als ohnehin.
Herr Bühl, eine Nachfrage? Nein, das ist nicht der Fall. Dann hat sich Frau Mühlbauer für eine Nachfrage gemeldet.