Wenn Bodo Ramelow am Tag der Vereidigung ins Amt in die Kameras spricht und sagt, mit seiner Wahl als Ministerpräsident sei das Ende der DDR besiegelt, dann will ich ganz deutlich sagen: Eine größere Missachtung vor den freiheitsliebenden und demokratieliebenden Menschen, die im Herbst 89 auf die Straße gegangen sind und eine ganze Diktatur beseitigt haben und damit das Ende der DDR besiegelt haben – das ist eine Verhöhnung dieser Menschen, die auf die Straße gegangen sind.
Die DDR, das Ende von dieser Republik wurde besiegelt im Herbst 89 und nicht durch Ihre Wahl als Ministerpräsident.
in Erfurt war. Der hat wortwörtlich gesagt: „Wer hätte gedacht, dass wir hier nach 25 Jahren wieder stehen können.“ Und was meint er mit dem „wir“? Er meint natürlich mit dem „wir“ als der letzte und erste SED- und Linke- und PDS-Vorsitzende, er meint natürlich diese alte Partei, die aus dem Staatsapparat getrieben wurde im Herbst 89. Und wenn er sagt: „Wer hätte gedacht, dass wir hier nach 25 Jahren wieder stehen...“, meint er genau das, die Rückkehr derer, die im Herbst 89 aus den Ämtern verjagt wurden.
Deshalb sind Tausende vor diesem Landtag mehrmals auf die Straßen gegangen, weil sie nicht wollten, dass die Schikanierer von gestern morgen wieder Verantwortung in diesem Land übernehmen.
Wissen Sie, ich war im Neuen Forum und habe selbst Montagsdemos organisiert. Mir muss keiner was sagen, „wo wart ihr?“.
Euch auch nicht bei Bündnis 90/Die Grünen, euch muss auch keiner was sagen, das ist vollkommen richtig. Aber auch in unseren Reihen gibt es viele, die im Herbst 89 dabei waren, und ich zähle mich ausdrücklich dazu.
Aber eins will ich Ihnen von Bündnis 90/Die Grünen gerne zurufen: Einer unserer Sprüche auf den Transparenten im Herbst 89 war folgender: „Stasi in die Produktion“. Und niemand wollte vor 25 Jahren jemals rufen: Stasi in die Koalition. Genau das wollten die friedliebenden Bürger des Herbstes 89 nicht.
Sie müssen sich selbst rechtfertigen – das müssen wir nicht tun –, dass Ihre Regierungskoalition mit einer Stimme Mehrheit auch von denen getragen wird, die noch im Herbst 89 Menschen ausspioniert und Menschen geschädigt haben.
Und wenn sich diese Regierung auf diese Stimmen konzentrieren und verlassen muss, dann ist es mit der Aufarbeitung in den Reihen der Linksfraktion noch nicht sehr weit vorangekommen.
Ich will ausdrücklich sagen, die Entschuldigung von Bodo Ramelow letzte Woche in seiner ersten Erklärung vor dem Landtag nehmen wir mit Respekt zur Kenntnis, weil sie ein erstes Zeichen ist. Aber es bleibt dabei, den Worten müssen Taten folgen. Daran werden wir Sie ausdrücklich messen und daran werden Sie auch die SED-Opfer messen müssen.
Ich will Ihnen ausdrücklich sagen, Ihr Koalitionspapier bleibt hinter diesen Ankündigungen weit zurück. Es ist Ihr Verdienst von Bündnis 90/Die Grünen, dass es überhaupt am Beginn der Koalitionsgespräche dazu auch eine Debatte gegeben hat, aber die Relativierungsversuche von Gregor Gysi bis hin auch zu Bodo Ramelow im Vorfeld der Debatte, die sprechen Ihre besondere Sprache. Denn auf eines haben Sie nicht geachtet und deswegen ist Ihre Präambel im Koalitionsvertrag auch dünn und das Papier eigentlich nicht wert – Sie haben auf eines nicht geachtet: Sie haben nicht eingefordert von der Linkspartei, dass sie sich selbst bekennt zu ihrer Verantwortung im SED-Unrechtsstaat, dass sie ihrer Verantwortung nachkommt zum Mauerbau, ihrer Verantwortung nachkommt zu Mauertoten, ihrer Verantwortung nachkommt zu Unfreiheit, ihrer Verantwortung nachkommt zu Zwangsaussiedlung und Zwangsadoption. Das Unrecht, das gewesen ist durch diesen SED-Unrechtsstaat und durch das Schild und Schwert der SED, die Staatssicherheit,
diese Verantwortung haben Sie nicht eingefordert, und weil Sie diese Verantwortung nicht eingefordert haben, steht Ihre Unrechtsstaatserklärung auf tönernen Füßen und Sie müssen mehr beweisen als das, was Sie in der Präambel eingefordert haben.
Meine Damen und Herren, wir sagen Ihnen ausdrücklich zu, dass wir als die größte Oppositionsfraktion in diesem Landtag fair, konstruktiv, aber hart im Wort uns mit Ihnen auseinandersetzen wollen.
Und deshalb ist es wichtig, dass wir uns am Beginn dieser Wahlperiode einig sind, und wir beide haben das auch am Beginn der Wahlperiode erklärt, dass über allem ein demokratischer Grundkonsens stehen muss, nämlich der, dass Gewalt und Angst keine Mittel der Politik sind.
Keine Mittel der Politik sind auch Sachbeschädigungen an Abgeordnetenbüros, keine Mittel von Politik sind Morddrohungen,
Wir haben das Recht zur Teilnahme an Politik und wir müssen gemeinsam darauf achten, dass die Würde unserer Arbeit auch beachtet bleibt und dass wir fair miteinander umgehen, hart in der Sache, hart im Wort, hier im Parlament und vor dem Parlament, aber ohne Gewalt und ohne Sachbeschädigung, sondern in friedlichem Miteinander, so wie es sich für eine ordentliche, friedliebende und freiheitliche und demokratische Gesellschaft gehört. Das sichern wir Ihnen zu. Das müssen wir alle, die wir hier in diesem Haus versammelt sind, auch gemeinsam Tag für Tag in dieser Wahlperiode und darüber hinaus einfordern.
Meine Damen und Herren, Herr Ramelow hat zu Beginn seiner Rede gesagt: Wir werden Gutes fortsetzen, aber wir sind auch überzeugt, dass ein einfaches „Weiter so!“ uns nicht weiterhilft. – Jetzt haben wir dieser Regierungserklärung gelauscht und haben gehört vom Prüfen, vom Entwickeln, vom Aufrechterhalten, vom Ausbauen, vom Bestanderhalten, alles bleibt, wie es ist, jeder bekommt auskömmlich Geld. Wenn das nicht ein „Weiter so!“ ist, dann weiß ich auch nicht wirklich weiter. Ihre Regierungserklärung ist Copy-and-paste.
Ihre Regierungserklärung ist: Kopieren und Einfügen. Sie bauen auf dem auf, was in früheren Regierungserklärungen schon stand, kopiert aus Politik und Bilanz der bisherigen Regierung.
Das ist gut für Thüringen, aber mit der angekündigten großen Aufbruchgetösemanie hat diese Regierungserklärung bei Weitem nichts zu tun.
Und ich kann auch verstehen, warum unterm Strich unter dieser Regierungserklärung nur ein „Weiter so!“ steht:
Weil die Arbeit der letzten Regierung von SPD und CDU unter Führung von Christine Lieberknecht sich wahrlich sehen lassen kann. Die Arbeit der letzten fünf Jahre war eine hervorragende Bilanz. Thüringen ist gut vorangekommen und Thüringen steht