Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mit der vorliegenden Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt hat der Freistaat Thüringen 2011 neue Wege aufgezeigt, um dem Schwund von Arten und Lebensräumen entgegenzuwirken. Der Handlungsrahmen schließt neben bewährten Instrumenten des Naturschutzes auch die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt zum Beispiel in der Land- und Forstwirtschaft mit ein. Der Wald ist aber immer ein guter Lehrmeister, wenn es gilt, Ökologie und Ökonomie miteinander zu verbinden.

(Ministerpräsident Ramelow)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Geht es nach der Strategie, so wird – ich zitiere – im Jahr 2020 „die Mehrzahl der Wälder in Thüringen naturnah bewirtschaftet. Im Zuge des Waldumbaus hat die Arten- und Strukturvielfalt der Wälder zugenommen. [...] Elemente natürlicher Alterungsund Absterbeprozesse, d.h. Alt- und Totholz, weisen einen verbesserten Vernetzungsgrad auf. Großräumige, unzerschnittene Waldgebiete sind erhalten geblieben.“ Das aus der Nationalen Biodiversitätsstrategie des Bundes abgeleitete Ziel der Nutzungsaufgabe auf 5 Prozent der Waldfläche entspricht auf Thüringen bezogen 25.000 Hektar. Im Koalitionsvertrag haben wir diese Aussagen der Biodiversitätsstrategie aufgegriffen und wollen am Ziel, 25.000 Hektar dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen, festhalten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Umsetzung werden wir aber neue Akzente setzen. So sollen die zukünftigen nutzungsfreien Gebiete großflächig sein. Einzelbäume oder weit zerstreute Kleinflächen sollen dagegen nicht länger auf dieses Ziel angerechnet werden. Naturschutzund Forstverwaltung werden diese Bereiche einvernehmlich herausarbeiten, und dies unter Beteiligung aller wichtigen Akteure. Zudem wird in dieser Legislaturperiode die Landesregierung ein umfassendes Konzept erstellen, wie Lebensräume und Populationen von Tieren und Pflanzen in Thüringen durch ein landesweites Biotopverbundsystem vernetzt werden können.

Wir gestalten die Bewirtschaftung des Waldes in einem ausgewogenen Verhältnis der Nutz-, Schutzund Erholungsfunktionen und sichern die hieraus bereits entstandenen Arbeitsplätze insbesondere in strukturschwachen ländlichen Räumen sowie die Versorgung der heimischen Industrie mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz ab.

Zur Umsetzung unserer Vorstellungen werden wir die Naturschutzverwaltung deutlich stärken, die Nationalen Naturlandschaften weiter fördern und ausbauen sowie die Stiftung Naturschutz strukturell so stellen, dass sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Wir werden in dieser Legislaturperiode mindestens zehn biologische Stationen errichten, um den Naturschutz in der Fläche – insbesondere in den Natura-2000-Gebieten – zu verbessern. Die Zusammenarbeit mit den Umwelt- und Naturschutzverbänden werden wir auf ein neues Niveau stellen.

Die Entwicklung unserer ländlichen Räume und Dörfer ist für den Freistaat Thüringen zukunftsprägend. Wir wollen die Dorfkerne stärken und die Dorfinnenentwicklung gezielt fördern. Über das LEADER-Programm wollen wir die Bürgerinnen und Bürger intensiv in die Entwicklungsvorhaben einbe

ziehen und das Potenzial der Menschen vor Ort für kreative und innovative Lösungen viel stärker als bisher nutzen.

Klimaschutz, Hochwasservorsorge, eine neue Energiepolitik, Flächensparen und ein ökologischer Waldumbau finden in der Fläche statt. Der Konsens mit Eigentümern und Flächennutzern erfordert eine begleitete Diskussion.

Dorfentwicklung, LEADER und Bodenordnung sind deshalb zentrale Elemente einer integrierten ländlichen Entwicklung. Mit den Landkommunen wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, damit sie diese Förderprogramme für ihre Entwicklung besser in Anspruch nehmen können und es eben nicht – wie vielfach in der Vergangenheit geschehen – an den notwendigen Eigenmitteln schon scheitert.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Regierungsbildung in Thüringen fällt zeitlich mit dem Beginn einer neuen Legislatur in Brüssel zusammen. Seitens der Juncker-Kommission sind zahlreiche neue Initiativen zur Vertiefung der Wirtschaftsund Währungsunion zu erwarten. Auch die Landesregierung wird sich in den kommenden Wochen und Monaten damit auseinandersetzen und die europäischen Ziele für Thüringen neu definieren.

In allen Politikfeldern wird Europa immer wichtiger. Dem gegenüber steht ein leider nicht zu vernachlässigendes Desinteresse bei vielen Menschen, was sich auch bei der letzten Europawahl in der niedrigen Wahlbeteiligung zeigte. Dem will diese Regierung mit mehr Informationen und Bildungsangeboten aktiv entgegenwirken. Zu den politischen Gremien der EU müssen intensivere Kontakte aufgebaut werden, um frühzeitig auch im Rechtsetzungsprozess Thüringer Interessen einzubringen. Von zentraler Bedeutung ist für uns die Frage, wie Thüringen seine Attraktivität als lebenswertes, weltoffenes Land und als Wirtschaftsstandort in der Mitte Europas weiter erhöhen kann.

Europa ist ein Gewinn – nicht nur, aber auch wegen der Fachkräfte, die wir brauchen, und für die heimische Wirtschaft als Binnenmarkt. Europa ist ein Gewinn an Vielfalt, an Lebendigkeit. Zur europäischen Zukunft Thüringens gehört auch ein klares Bekenntnis zu den in der EU-Grundrechtecharta niedergelegten gemeinsamen europäischen Werten. Auf diesem Grundverständnis wird die europapolitische Strategie der Landesregierung aufbauen. Wir sagen Ja zu Europa.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich betone ganz klar: Wir brauchen keine Alternative gegen Europa. Allen antieuropäischen Kräften

(Ministerpräsident Ramelow)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wird sich diese Regierung entschieden entgegenstellen. Das Schüren von Ängsten wird nicht zugelassen. Es hilft den Menschen hier im Freistaat nicht und führt in jeder Hinsicht, gesellschaftlich und wirtschaftlich, zum Rückschritt.

Ich wiederhole meine Worte vom Anfang: Wir wollen ein Thüringen, das weltoffen und attraktiv für alle Menschen ist. Wir wollen Thüringen, das Land in der Mitte Deutschlands und in der Mitte Europas, als ein offenes Land. Es ist bereits das grüne Herz und es soll das bunte Herz Deutschlands werden. Das möchte ich, das möchte diese Regierung weiter leben und entwickeln, hin zu einem wirklich weltoffenen Freistaat Thüringen in der Mitte Europas. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Ich frage: Wer wünscht Aussprache zur Regierungserklärung? Die CDU-Fraktion. Vielen Dank. Dann beginnen wir mit der Aussprache. Ich rufe auf den Abgeordneten Mohring.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind mitten in der Adventszeit, eine stille Zeit, besinnliche Zeit.

(Beifall SPD)

Alle sind in freudiger Erwartung auf das zweite Kommen des Heilands.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Nicht alle!)

Was passiert mitten in dieser Adventszeit? Wer kommt plötzlich herein? Sie!

(Heiterkeit im Hause)

Rot-Rot-Grün in Thüringen als der zweite Sündenfall in der Politik.

(Heiterkeit im Hause)

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Das stimmt ja nicht, Herr Mohring!)

Ich will ganz klar sagen: Wenn ich der Regierungserklärung zugehört habe und zur Quintessenz komme, muss ich feststellen: Ich hoffe, dass der Zeitraum vom zweiten Sündenfall bis zur Erlösung nicht wie beim ersten 4.000 Jahre, sondern maximal fünf Jahre dauert. Das hoffe ich für dieses Land.

(Beifall CDU, AfD)

Mit Rot-Rot-Grün hat sich eine Koalition der Verlierer zusammengefunden.

(Beifall CDU, AfD)

Der erste Ministerpräsident in diesem Freistaat Thüringen, der keinen Wahlkreis gewonnen hat, weil Marion Walsmann ihn in seinem Wahlkreis besiegt hat.

(Unruhe SPD)

(Beifall CDU, AfD)

Die erste Landesregierung, in der kein Minister sitzt, der zu Hause direkt von seinen Bürgern im Wahlkreis gewählt wurde.

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

(Beifall CDU, AfD)

Bodo Ramelow hat kandidiert im Wahlkreis und verloren. Frau Klaubert hat kandidiert im Wahlkreis und verloren. Frau Taubert hat kandidiert im Wahlkreis und verloren. Herr Poppenhäger hat kandidiert im Wahlkreis und verloren. Frau Siegesmund hat kandidiert im Wahlkreis und verloren. Herr Lauinger hat kandidiert und verloren. Frau Werner hat in Sachsen kandidiert und verloren. Herr Tiefensee hat 2013 zur Bundestagswahl kandidiert und verloren und Frau Keller und Herr Hoff sind gar nicht erst angetreten. Eine Koalition der Verlierer

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Direkt ge- wählte Landrätin zählt nicht?)

und eine Koalition, die sich selbst überhöht.