Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Richterwahlausschuss, wir haben es gerade noch einmal vernommen, ist eines der wichtigen Gremien in der Rechtsordnung im Allgemeinen, aber im Freistaat auch im Besonderen. Der Ausdruck liegt darin, dass jede Fraktion das Vertretungsrecht in diesem Richterwahlausschuss hat, und gleichzeitig wird dieser Ausdruck auch noch durch das Wahlverfahren deutlich. Abgeordnete, Fraktionen als Ganzes haben die Verantwortung, diese Wahl zu
ermöglichen. Dies heißt dann, entsprechende Wahlvorschläge zu machen und auch die Stimmen der eigenen Fraktion zur Wahl zu bringen. Beide Fakten wurden durch die AfD in den zurückliegenden Wochen bewusst nicht erfüllt. Aktuelles Beispiel, ich brauche bloß in die Reihen der AfD zu gucken und wir haben es heute morgen gehört, der Fraktionsvorsitzende und die zu wählende Stellvertreterin sind nicht anwesend. Auch habe ich in den zurückliegenden Wochen aus allen anderen Fraktionen zur Kenntnis genommen, dass durch die Auftritte besonders des Fraktionsvorsitzenden und des Kollegen Brandner die Wahl dieser Personen zunehmend schwerer fällt und ihnen die Fähigkeit, in diesem Ausschuss zu arbeiten, nicht zugeordnet wird.
Nicht nur ein Verdacht legt nahe, die AfD benutzt den Richterwahlausschuss zu ihrem politischen Klamauk.
Meine Damen und Herren der AfD, dies wird Ihnen nicht gelingen. Die Demokraten in diesem Haus werden Ihr Ansinnen durchkreuzen. Danke.
Herr Kollege Blechschmidt, wenn Sie das sagen, dann sage ich das auch. Wir haben inzwischen die halbe Fraktion hier zur Wahl aufgestellt. Keiner wurde bisher gewählt. Wir haben Persönlichkeiten aufgestellt mit einem Herrn Brandner, der zwei juristische Staatsexamen hat. Wir haben Herrn Höcke aufgestellt, der zwei Staatsexamen hat. Wir haben Frau Muhsal aufgestellt, die ein juristisches Staatsexamen hat. Wir haben als Kompromissvorschlag Herrn Kießling aufgestellt – vielleicht sagen Ihnen ja die juristischen Staatsexamen so nicht zu, weil sich dann Ihre Mitglieder des Richterwahlausschusses nicht ganz ebenbürtig fühlen. Dann haben wir als Kompromiss Herrn Kießling angeboten, ohne juristisches Staatsexamen – auch nicht gewählt. Wir hatten sogar in der Anfangsphase in der ersten Plenarsitzung, als darüber abgestimmt wurde, den Kollegen Helmerich, ebenfalls mit zwei juristischen Staatsexamen gesegnet, angeboten, also einen Kollegen, den Sie inzwischen hier teilweise stehend beklatschen, wenn er vorn am Rednerpult steht. Also was sollen wir denn noch machen, als
die gesamte Fraktion durchzudeklinieren? Sie lehnen einfach mit Ihrer ideologischen Brille schnurstraks alles ab. Was sollen wir tun?
Eine Frechheit, Herr Blechschmidt, ist übrigens, dass Sie jetzt hier darauf hinweisen, Herr Höcke und Frau Muhsal wären nicht da. Die sind beide sehr schwer erkrankt. Wir hacken auch nicht auf Ihren Leuten herum, wenn die nicht da sind, wenn sie erkrankt sind. Also ein bisschen Etikette sollte schon sein. Jetzt verlange ich von Ihnen, Herr Blechschmidt, der letzte Satz: Sagen Sie, wählen Sie uns oder wählen Sie nicht? Wenn Sie jetzt nichts sagen oder wenn Sie sagen, Sie wählen uns nicht, dann ziehen wir den Wahlantrag nämlich zurück. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wissen, wir brauchen einen funktionierenden Wahlausschuss. Und für vier der hier vertretenen Fraktionen, die auch schon länger im Thüringer Landtag vertreten sind, kann ich sagen, dass diese auch beim letzten Mal schon Ihrem Wahlvorschlag gefolgt sind, wenngleich mit großen Bauchschmerzen, weil es uns wichtig war, diesen Ausschuss einzusetzen. Sie von der AfD haben das ad absurdum geführt. Weil Sie die Frage gestellt haben: Ja, wir werden heute dafür sorgen, dass der Richterwahlausschuss endlich zum Arbeiten kommt, egal, wer da benannt wurde, und egal, wer wofür welchen Abschluss mitbringt.
Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Es gibt Widerspruch. Damit findet eine geheime Wahl statt. Dazu wird wie folgt verfahren – ich erläutere den Stimmzettel: Für die Wahl erhält jede und jeder Abgeordnete einen Stimmzettel. Es kann entweder Ja, Nein oder Enthaltung angekreuzt werden. Als Wahlhelfer berufe ich den Abgeordneten Gruhner,
Adams, Dirk; Becker, Dagmar; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Brandner, Stephan; Bühl, Andreas; Carius, Christian; Dittes, Steffen; Emde, Volker; Engel, Kati; Fiedler, Wolfgang; Floßmann, Kristin; Geibert, Jörg; Gentele, Siegfried; Grob, Manfred; Gruhner, Stefan; Hande, Ronald; Harzer, Steffen; Hausold, Dieter; Helmerich, Oskar; Henfling, Madeleine; Henke, Jörg; Hennig-Wellsow, Susanne; Herold, Corinna; Herrgott, Christian; Hey, Matthias; Heym, Michael; Höcke, Björn; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Holzapfel, Elke; Huster, Mike; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Kellner, Jörg; Kießling, Olaf; Kobelt, Roberto; König, Katharina; Korschewsky, Knut; Kowalleck, Maik; Kräuter, Rainer; Krumpe, Jens; Kubitzki, Jörg; Kummer, Tilo; Kuschel, Frank;
Lehmann, Annette; Lehmann, Diana; Leukefeld, Ina; Lieberknecht, Christine; Liebetrau, Christina; Lukasch, Ute; Dr. Lukin, Gudrun; Malsch, Marcus; Dr. Martin-Gehl, Iris; Marx, Dorothea; Matschie, Christoph; Meißner, Beate; Mitteldorf, Katja; Mohring, Mike; Möller, Stefan; Mühlbauer, Eleonore; Muhsal, Wiebke; Müller, Anja; Müller, Olaf; Pelke, Birgit; Pfefferlein, Babett; Dr. Pidde, Werner; Primas, Egon; Reinholz, Jürgen; Rosin, Marion; Rothe-Beinlich, Astrid; Rudy, Thomas; Scherer, Manfred; Schaft, Christian; Scheringer-Wright, Johanna; Schulze, Simone; Skibbe, Diana; Stange, Karola; Tasch, Christina; Taubert, Heike; Thamm, Jörg; Tischner, Christian; Dr. Voigt, Mario; Walk, Raymond; Walsmann, Marion; Warnecke, Frank; Wirkner, Herbert; Wolf, Torsten; Worm, Henry; Wucherpfennig, Gerold; Zippel, Christoph.
Hatten alle die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte um Auszählung der Stimmen.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Wahlergebnis bekannt geben: abgegebene Stimmen 49, ungültige Stimmen 1, gültige Stimmzettel 48, anwesende Abgeordnete 86. Mit Ja stimmten 37, mit Nein 11. Damit ist die Zweidrittelmehrheit erreicht. Ich darf Ihnen gratulieren und gehe davon aus, dass der Abgeordnete Brandner und die Abgeordnete Muhsal die Wahl annehmen.
Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz über die Trennung von Amt und Man- dat) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/1100 ZWEITE und DRITTE BERATUNG
Der Landtag war bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, dieses Gesetz, wenn keine Ausschussüberweisung beschossen wird, heute abschließend zu beraten. Wir beginnen mit der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs.
Meine Damen und Herren, um gleich zu Beginn den Vorwurf zu entkräften, was wir hier wollten, sei verfassungswidrig, möchte ich Ihren Blick auf die Verfassung anderer Bundesländer lenken. So ist es in Hamburg den Mitgliedern des Senats untersagt, ein Bürgerschaftsmandat auszuüben. In Bremen ist es ähnlich, dort regelt Artikel 108 der Verfassung die Unvereinbarkeit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft in Senat und Bürgerschaft.
Sie, Herr Scherer, und der Verfassungsexperte Blechschmidt, der vielleicht in einer seiner nächsten Reden uns hier mal sagt, wo er seine Verfassungsexpertenreputation her hat – ich kenne ihn nur, ich habe mal gegoogelt, als Experten für Kirchenfragen und als Experten für Marxismus/Leninismus –, Sie beide lehnten in der letzten Sitzung unseren Gesetzentwurf mit Interpretationsversuchen des Grundgesetzes ab. Gewichtige andere Gesetzgeber, Herr Scherer und Herr Blechschmidt, wie zum Beispiel Hamburg und Bremen, haben das anders gesehen, nämlich so wie wir, mit anderen Worten: richtig.
In der letzten Plenarsitzung wurde die Gewaltenverschränkung öfter mal erwähnt. Dabei ist allerdings von Ihnen, von den – ich darf sagen – Altparteien, einiges durcheinandergeworfen worden. Es wurde behauptet, dass sich in modernen Gesellschaften nicht mehr das Volk und der Fürst gegenüber stünden, was so wohl unbestritten richtig sein dürfte, auch wenn ich das von hier sage und wenn ich mir Herrn Ramelow angucke. Doch ist es kein Argument gegen die Trennung von Amt und Mandat, denn aus moderner Demokratie und Gesellschaftsordnung eine zwingende Gewaltenverschränkung
herleiten zu wollen, ist schlicht falsch. Richtig ist, dass die Volksherrschaft im parlamentarischen System in der Verantwortung der Regierung gegenüber dem Parlament ihren Ausdruck findet. Sie, auch Sie, Herr Blechschmidt, finden dieses Prinzip in der Thüringer Landesverfassung in Artikel 70, der die Wahl der Regierungsspitze, also des Ministerpräsidenten, durch das Parlament vorsieht. Und in Artikel 73 unserer Verfassung, der das Misstrauensvotum und die Neuwahl des Ministerpräsidenten durch das Parlament regelt, für diese beiden Verfassungsprinzipien ist eine Identität von Abgeordneten und Regierung nicht nur nicht notwendig, sondern sehr schädlich. Der der Regierung und dem Parlament angehörende Minister entscheidet in geheimer Abstimmung über seinen Chef. Nicht einmal aus linkesten Gewerkschaftskreisen und -seiten, nicht einmal zu Herrn Ramelows Gewerkschaftsfunktionärszeiten ist mir so etwas aus der Wirtschaft zu Ohren gekommen, dass in geheimer Abstimmung die Arbeitnehmer über ihren Chef entscheiden. Genau das soll hier so sein. Gleichzeitig entscheidet der der Regierung und dem Parlament angehörende Minister über seinen eigenen Job in eigener Sache, denn den wäre er ohne den Ministerpräsidenten los.
Das alles, meine Damen und Herren, spricht doch wohl ganz klar für unseren Antrag. Auch muss man zwischen funktionaler und personeller Gewaltenverschränkung differenzieren. Nun mag es sein, dass die funktionale Gewaltenverschränkung öfter mal mit einer personellen einhergeht. Das aber ist kein Verfassungsprinzip. Und dass die Parlamentsminderheit, wie es hier bei der letzten Lesung dargestellt wurde, die Regierung zu kontrollieren hat, ist nichts anderes als der Ausdruck, ich sage das mal in deutlichen Worten: der Unterjochung der Verfassungsorgane und -prinzipien unter Ihre Parteienherrschaft.
Oder sehen Sie von den Altparteien Ihre Aufgabe als Abgeordnete des Thüringer Volkes nur dann als gegeben an, wenn Sie in der Opposition sind? Faktisch findet die Kontrolle freilich nicht statt, weil die Mehrheitsfraktionen mit der Regierung gemeinsame Sache machen, weil Sie niemals an der Regierung öffentlich Kritik äußern, um Ihre Pfründe zu sichern. Da kennen sich insbesondere die Grünen, fleißig im Katrin-Göring-Eckardt-Sumpf strampelnd, sehr gut aus. Aber vielleicht, meine Damen und Herren – ich mache mir da Hoffnung –, sehen die Grünen unseren Gesetzentwurf jetzt etwas entspannter, nachdem auch Frau Siegesmund ihren Rentenanspruch hier abgesessen und ihr Mandat zurückgegeben hat.
Meine Damen und Herren, so kommt es, dass die eigentlich freien Abgeordneten aus dem RamelowLager sich selber zu bloßen Claqueuren der Ramelow-Regierung degradiert haben und alles abnicken, was die Regierung macht und vorhat. Meistens sind die CDU-Abgeordneten, die ja auch während der Regierungszeit der CDU nichts anderes taten, als zu nicken und zu klatschen, in ganz großer Koalition dabei, vor allem dann, wenn hier vernünftige Politik gemacht wird. Wir werden das gleich wieder hören und am Ergebnis sehen.
Herr Mohring ist nicht da, Herr Voigt leider auch nicht. Klar ist etwas Show dabei, wenn zum Beispiel die Herren Mohring oder Voigt ein paar Sprüche gegen den Ramelow-Block zum Besten geben, aber ernst gemeint ist das nie. Man kennt sich, man duzt sich, man tut sich nicht weh, man tut es nur für die Medien und die Wähler draußen – klassische Showeffekte, Schaufensterreden und Spiegelfechterei. Dass Sie von dunkelrot bis schwarz – Ihre Reaktionen zeigen mir das – das nicht mehr erkennen und diesen desolaten Zustand des Parlamentarismus als Normalität darstellen, zeigt, wie Ihr Denken in Ihrer – ich muss es leider sagen, auch wenn wir gerade ein harmonisches Wahlergebnis hatten – machtversessenen Parteienherrschaft dabei nicht im Ideal der Gewaltenteilung verankert ist. Das finden wir von der AfD sehr, sehr schade.
Unser Gesetzentwurf hingegen räumt genau das beiseite, was die parlamentarische Demokratie wegen Ihnen von den Altparteien lähmt. Unser Gesetz machte es möglich, dass sich Regierung und Parlament als Verfassungsorgane gegenüberstehen und unterschiedlich agieren. Klassische Gewaltenteilung im besten Sinne also. Verhindert wird, dass die gleichen Personen zwischen Regierungs- und Abgeordnetenbank hin- und herspringen. Wie Sie da Kontrolle gewährleisten wollen, ist mir rätselhaft.
Noch einmal zum Verfassungsexperten Blechschmidt: Sie sagten, Herr Blechschmidt, in der letzten Sitzung – wenn ich das richtig in Erinnerung habe und ich glaube, Sie meinten das auch noch ernst –, die Kontrolle der Regierung sei auch dann gewährleistet, wenn Parlamentsmitglieder in der Regierung sitzen. Ich hoffe, ich habe Sie da richtig verstanden. Das ist genauso, als wenn Sie auf die Frage mit Ja antworten, ob es richtig ist, den ertappten Temposünder im Polizeiwagen auf den Beifahrersitz zu setzen. Da würden Sie auch sagen: Nein, das geht so nicht, meine Damen und Herren, das muss anders laufen. Überlegen Sie sich mal Ihre Argumentation!
Warum sprechen Sie eigentlich überhaupt gegen unseren Antrag? Ich hatte das beim letzten Mal schon erwähnt. Das, was Sie hier fordern, ist seit
Jahren Beschlusslage in Ihrer eigenen Partei. Sie und auch von der SPD – Ist noch jemand da von der SPD? Ja, zwei. – und den Grünen sprechen hier nicht nur gegen Ihre eigene Beschlusslage, sondern auch gegen das eigene Handeln in den letzten Jahren und das versteht da draußen an den Bildschirmen und von den Zuhörern niemand. Genauso wenig übrigens wie die Menschen verstehen, dass die Linke immer schon gegen die Indexierung, diese automatische Diätenerhöhung, war und jetzt, da sie an der Macht sind, plötzlich dagegen sind. Ich kann nur sagen: Nehmen Sie einfach mal Ihre ideologische Brille ab und Sie sehen alles wird klarer und deutlicher.