Hierzu sei kurz erklärt, dass die Junge Union davon ausgeht, dass wir heute nur das Wahlalter für Kommunalwahlen senken. Bei einer Änderung des Wahlalters auf Landesebene bräuchten wir nämlich eine Zweidrittelmehrheit, also auch die Stimmen der CDU,
da wir dazu die Verfassung ändern müssten. Bei diesem Argument verstehe ich aber zwei Dinge nicht. Erstens: Warum wird eine Wahl minderwertiger, an welcher mehr Leute beteiligt sind?
Ist es dann nicht so, dass die andere Wahl, welche von vornherein Menschen ausschließt, die minderwertigere Wahl ist, da diese viel undemokratischer ist? Und zweitens: Wenn Sie, liebe CDU, ein Problem damit haben, dass durch verschiedene Mindestwahlalter auf Landes- und Kommunalebene verschiedene Wertigkeiten der Wahlen bestehen, dann stimmen Sie doch einfach der Absenkung des Wahlalters auf Landesebene zu. Dann haben Sie gar kein Problem mehr.
Alles in allem ist die Stellungnahme der Jungen Union Thüringen sowieso ein bisschen seltsam. Denn 2010 gab es schon mal eine öffentliche Anhörung zur Absenkung des Wahlalters. Die Grünen brachten einen Gesetzentwurf ein, um das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre zu senken. Damals stand die Junge Union noch – ich zitiere – etwaigen Änderungen wie der Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen offen gegenüber, denn damals vertrat die Junge Union die Auffassung – ich zitiere wieder –, dass auch 16-Jährige durchaus die politische Reife besitzen, verantwortungsvoll mit ihrem Stimmrecht umzugehen.
Das Interesse an Politik und demokratischen Prozessen eines 16-jährigen JU-Mitglieds unterscheidet sich mitunter kaum von dem eines 18-jährigen Mitglieds.
Nachzulesen in einer Stellungnahme der Jungen Union Thüringen, welche am 7. Juni 2010 in den Thüringer Landtag einging. Sie werden es kaum glauben, wer genau in dieser Zeit eine führende Position in der Jungen Union Thüringen innehatte.
Der jetzige Abgeordnete Dr. Mario Voigt als damaliger Landesvorsitzender und der heutige Abgeordnete Stefan Gruhner als sein erster Stellvertreter.
Da frage ich mich, wie man innerhalb von nur fünf Jahren vergessen kann, wofür man eingestanden ist.
Übrigens: Die damalige Stellungnahme der Linksjugend [´solid] Thüringen wurde unterzeichnet von einer Kati Grund.
Wir werden diese Legislatur nutzen, um das Mitspracherecht von Kindern und Jugendlichen auch neben den Wahlen auszubauen,
denn auch Kinder und Jugendliche müssen wir mit ihren Problemen, Meinungen und Ansichten ernst nehmen.
Sie, liebe Abgeordnete, haben jetzt die Wahl. Sie können durch Ihre Zustimmung zu diesen Gesetzentwürfen signalisieren, dass Sie bereit sind, junge Menschen ebenfalls ernst zu nehmen oder durch ihre Ablehnung weiterhin Politik über deren Köpfe zu machen. Schlussendlich geht es hier nämlich darum, dass eine Minderheit im Land ein Gesetz verhindert, welches Thüringen demokratischer machen würde, denn eine Absenkung des Wahlalters ermöglicht mehr Menschen die Teilhabe an der politischen Willensbildung und ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit in Thüringen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir behandeln hier heute aus technischen Gründen eine Frage in zwei Gesetzen, nämlich die Frage, ob wir so viel Vertrauen in junge Menschen haben, dass wir das Wahlalter auf 16 Jahre absenken können. Wir als Fraktion sagen eindeutig Ja. Wir sagen schon seit Langem, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Thema ist und das Wahlalter mit 16 ist hier nur ein kleiner Ausschnitt von dem, was wir da machen wollen.
Die Gesetzentwürfe, die hier vorliegen, sind in den vergangenen Wochen und Monaten im Plenum und in den Ausschüssen sehr intensiv beraten worden. Nicht zuletzt hat uns die Anhörung mehr als bestätigt, denn die Meinung der Organisationen, die mit und für junge Menschen arbeiten, ist eindeutig. Die
sagen alle, man sollte das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre senken. 13 Organisationen haben sich eindeutig dafür ausgesprochen, unter anderem – ich möchte es nur noch einmal sagen, weil es offensichtlich nicht allen Abgeordneten hier im Haus klar ist – das Deutsche Kinder- und Jugendhilfswerk, der Landesjugendring Thüringen, der Bundesjugendring, die DGB-Jugend Thüringen, die Naturfreundejugend Thüringen, das Jugendforum Thüringen, der Stadtjugendring, die Jusos Thüringen, die Linksjugend [´solid], SJD – Die Falken, die Grüne Jugend Thüringen, die Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz und darüber hinaus auch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport sowie Mehr Demokratie e. V.
Es gab 13 positive Rückmeldungen, ablehnende Positionierungen gab es nur drei. Ich möchte noch auf einige Rückmeldungen eingehen, die wir in der Anhörung bekommen haben. Zum Beispiel sagt das Deutsche Kinderhilfswerk, dass Kinderrechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention verankert sind, sehr wichtig sind, und es beschreibt in diesem Zusammenhang, dass bei der Ausgestaltung des Wahlrechts dafür Sorge getragen werden muss, dass die Rechte von Kindern bestmöglich verwirklicht werden. Durch eine Absenkung des Wahlalters sollte das möglich sein.
Der Verein Mehr Demokratie e. V. verweist darauf, dass Kinder und Jugendliche in den kommenden Jahren einen immer kleineren Anteil in unserer Gesellschaft einnehmen, dass der Anteil der bis 20Jährigen in den nächsten Jahren noch mehr absinkt. Wenn wir deren Stimme mehr Gewicht geben wollen, dann können wir das nur machen, indem wir das Wahlalter senken. Das ist dann auch eine Frage der Generationengerechtigkeit, die ansonsten in der CDU-Fraktion immer einen besonderen Stellenwert hat.
Der Bundesjugendring verweist darauf, dass junge Menschen nicht nur als Erwachsene die Konsequenzen von Entscheidungen tragen, an denen sie heute nicht beteiligt werden. Auch an vielen Entscheidungen, die junge Menschen betreffen, werden sie überhaupt nicht beteiligt, die können sie nicht beeinflussen. Wenn wir aber wollen, dass junge Menschen sich einbringen können, dann geht das nur darüber, dass wir das Wahlalter absenken.
Die Naturfreundejugend führt aus, dass junge Menschen dann für Politik begeistert werden können, wenn man sie frühestmöglich an demokratischen Prozessen beteiligt. Sie beschreibt auch, welche Rolle Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit genau an diesem Prozess spielen. Jugendverbände werden dort auch als Orte von Demokratie be
Wer nach den Ergebnissen dieser Anhörung immer noch der Meinung ist, dass das Ergebnis nicht eindeutig ist, der kann dann wahrscheinlich weder lesen noch zählen. Dass sich junge Menschen für Politik interessieren, das zeigen uns übrigens nicht nur die Verbände, die wir dort angehört haben, das zeigt auch die Shell Jugendstudie. Auch die sagt, dass die Zahl der jungen Menschen, die sich für Politik interessieren, in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen ist. Heute sagen das wieder 46 Prozent, das waren 2002 schon deutlich weniger. Die Shell Jugendstudie spricht hier von einer Trendwende. Auch das sind Werte, die dürfen wir nicht ignorieren. Zum Beispiel auch die Frage, dass 83 Prozent der befragten jungen Menschen in der Shell Jugendstudie sagen, dass junge Menschen in der Politik mehr zu sagen haben dürften.
Auch das ist eine Aussage, die wir nicht ignorieren dürfen. Viele dieser jungen Menschen engagieren sich persönlich. 34 Prozent setzen sich für andere ein, 56 Prozent sagen, sie haben sich schon einoder mehrmals an politischer Aktivität beteiligt. All das spricht dafür, dass man das Wahlalter auf 16 absenken sollte. Aber nicht nur das, es ist nämlich grundsätzlich nicht entscheidend, ob die Ausweitung des Wahlalters zu einer steigenden Wahlbeteiligung führt, sondern es geht um die Frage, ob wir die Möglichkeit schaffen wollen, junge Menschen mehr zu beteiligen.
Die Erfahrungen, die wir aus anderen Ländern haben, lassen uns durchaus optimistisch sein. Wenn wir uns zum Beispiel die Ergebnisse der Wahlbeteiligung in den 14 größten Städten Baden-Württembergs anschauen, dann zeigt das, dass die Wahlbeteiligung der 16- bis 17-Jährigen dort die höchste der Erstwählerinnen und Erstwähler war. Viel wichtiger als Ausgangspunkt für diese Entscheidung ist die Frage: Gibt es denn plausible Gründe, das Wahlrecht vorzuenthalten? Das ist unserer Meinung nach nicht der Fall, ganz im Gegenteil, es gibt eine ganze Reihe von Rechten und Pflichten, die wir jungen Menschen ansonsten auch ermöglichen oder zumuten. Das ist zum Beispiel die Mitarbeit in Parteien. Auch die ist deutlich früher möglich, auch hier werden wichtige politische Entscheidungen getroffen, werden Wahlprogramme geschrieben, die Grundlage sind für Koalitionsverträge und für das, was hier an Regierungshandeln passiert. Warum sollten junge Menschen dann nicht auch bei Wahlen entscheiden dürfen, welche Partei sie wählen, wenn sie deren Programme mit schreiben dürfen?