Sie dürfen Entscheidungen darüber treffen, welchen Beruf sie wählen, sie dürfen ab 14 Jahren schon sagen, zu welcher Religion sie gehören, sie dürfen selbst mit 16 entscheiden, ob sie zur Bundeswehr gehen. Es ist sogar möglich – mit Erlaubnis der Eltern, das muss man sagen –, ein Unternehmen zu gründen und zu führen und in dieser Funktion uneingeschränkt geschäftsfähig zu sein. Wenn wir ehrlich sind, dann ist es nicht problematisch, dass junge Menschen mehr Rechte bekommen, sondern es ist problematisch, dass sie keinen Einfluss auf die politischen Rahmenbedingungen haben, in denen sie leben. Ganz nebenbei liegt das reale Wahlalter in Thüringen übrigens auch jetzt nicht bei 18 Jahren, sondern aufgrund der fünfjährigen Legislaturperiode liegt das durchschnittliche Alter von Erstwählerinnen und Erstwählern bei 20,5 Jahren, also es ist auch jetzt schon deutlich höher.
Es ist sicherlich richtig – wir haben heute noch nicht darüber gesprochen, allerdings in der vergangenen Sitzung –, dass es flankierende Maßnahmen braucht, dass wir Bildung brauchen und Schule, dass wir die Arbeit von Jugendverbänden und Jugendarbeit brauchen. Wir können da sicherlich auch noch von anderen Ländern lernen. In BadenWürttemberg zum Beispiel sind parallel Juniorwahlen eingeführt worden, das heißt, dass in der Schule in Vorbereitung auf die Wahlen noch mal intensiv das Thema „Wahlen und Demokratie“ beraten wurde. Etwas Ähnliches machen wir in Thüringen in Teilen auch mit den U18-Wahlen. Das sind Beispiele, wie man junge Menschen an das Thema heranführen kann. Man kann über Kampagnen reden, die über dieses neue Wahlrecht ausführen, die Informationen auch über die Medien verbreiten, die für junge Menschen relevant sind. Wir sind uns sicher, dass die Absenkung des Wahlalters ein richtiger Schritt ist. Wir wollen das im Land und in der Kommune. Daher noch mal mein Appell an die CDU, dieser Änderung des Gesetzes zuzustimmen. Machen Sie damit den Weg frei für Mitbestimmung und mehr Demokratie. Haben Sie Vertrauen in die 25.000 16- und 17-jährigen Menschen in Thüringen. Stimmen Sie diesen beiden Gesetzentwürfen zu, die jungen Menschen werden es Ihnen danken. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Frau Engel, Frau Lehmann, das war richtig schön, Ihnen heute zuzuhören. Beim letzten Mal war ich so ein bisschen ent
setzt, als ich nach Ihnen reden musste, aber heute, also wie oft Sie „Junge Union“ erwähnt haben, das „Volk“ erwähnt haben und die „Rechte“ erwähnt haben, und alles positiv besetzt, da muss ich sagen, Respekt, bei Ihnen scheint noch nicht Hopfen und Malz verloren. Nur den Papst haben Sie nicht zitiert, aber das haben andere aus Ihrer Fraktion heute schon getan. Wenn Sie sich, Frau Engel, darüber mokieren, wie schnell die Junge Union innerhalb von fünf Jahren ihre Prinzipien über Bord geworfen hat, darf ich daran erinnern, dass Sie dafür nur Minuten brauchten, als es um die Frage ging, die automatische Diätenerhöhung abzuschaffen oder Amt- und Mandat zu trennen. Da haben Sie nicht Jahre dafür gebraucht, um sich um 180 Grad zu drehen, das haben Sie innerhalb von Minuten geschafft.
(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das hat er immer noch nicht begriffen und wiederholt es immer wieder!)
Meine Damen und Herren, Herr Blechschmidt, zu Ihnen komme ich gleich auch noch, hören Sie genau zu. Mit dem Gesetzentwurf soll, das wurde schon erwähnt, das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 Jahre herabgesetzt werden. Das bedarf einer Verfassungsänderung mit einer Zweidrittelmehrheit. Das hat auch seinen guten Sinn, denn das Wahlrecht ist ein politisches Recht, ein Recht, in dem es um Elementares in unserer Demokratie geht. Deshalb stehen die Grundsätze des Wahlrechts und Festlegungen des aktiven und passiven Wahlrechts unter dem besonderen Schutz besonderer Mehrheitsverhältnisse. Für Änderungen gilt daher die Zweidrittelmehrheit. Das gewährleistet, dass das wichtige Wahlrecht nicht zum Spielball knapper Mehrheiten wird. Dahinter steckt auch die Überlegung, dass eine Änderung des Landtagswahlrechts einer besonders guten Begründung bedarf. Daran mangelt es vorliegend deutlich. Das haben unsere bisherigen Debatten hier im Landtag ebenso gezeigt, wie die Anhörung, die dazu veranstaltet wurde. Eine Anhörung im Übrigen, an der interessanterweise kein einziger direkt Betroffener der Wählergruppe teilnahm. Allein das verdeutlicht aus unserer Sicht schon, dass es Ihnen von der bunten Landesregierung nur um Schaufensterpolitik geht. Wo gibt es das sonst, dass ein Gesetz ohne die Anhörung der Adressaten oder der Betroffenen gemacht wird? Nirgends.
Wenn Sie aus der Ramelow-Ecke die aber schon nicht anhören, für die ein Gesetz gemacht wird, wie ernst nehmen Sie diese Gruppe dann überhaupt? Tatsächlich ist die bisherige Koppelung des Wahl
rechts an die Volljährigkeit gut begründet, während eine Absenkung des Wahlalters unter die Volljährigkeit immer etwas Willkürliches hat. Von einer volljährigen Person, die für ihr eigenes Leben die volle Verantwortung trägt, können wir erwarten, dass sie auch in öffentlichen Belangen verantwortlich entscheidet. Wenn die Befürworter einer Wahlalterabsenkung demgegenüber ins Spiel bringen, dass auch 16-Jährige verantwortlich entscheiden könnten, dann frage ich mich, warum man dann nicht konsequent ist und auch das Alter für das passive Wahlrecht absenken will. Denn das wollen Sie gerade nicht. Das zeigt uns: Sie von der bunten Seite trauen den Jungen dann doch nicht so ganz über den Weg.
Oder Sie gehen davon aus, dass die eben nicht voll zurechnungsfähig im politischen Sinne sind, sonst würden Sie das so umsetzen. Sie meinen es eben nicht ernst. Was Sie hier machen, ist blanker Linksund Buntpopulismus, um nach außen hin demokratisch zu wirken, nach innen hin sind Sie ganz anders. Das Ganze kommt durchaus widersprüchlich daher. Wenn 16-Jährige so verantwortlich entscheiden können, so wie Sie behaupten, dann kann wohl auch nichts gegen einen 16-jährigen Landtagsabgeordneten eingewandt werden. Konsequenterweise müssten Sie, wie ich schon erwähnte, den 16Jährigen das passive Wahlrecht einräumen. Dass Sie aber genau das gerade nicht machen, bestätigt den Unsinn Ihres Gesetzes. Oder Sie haben einen anderen Anknüpfungstatbestand und sagen, Sie haben Angst vor weiterer Konkurrenz bei der Vergabe von lukrativen Parlamentsmandaten. Da scheint bei Ihnen das Motto ein Rolle zu spielen, Stimmvieh ja, aber nur, wenn es uns nichts kostet.
Dann seien Sie doch konsequent. Auch die üblichen anderen Argumente, mit denen eine Herabsetzung des Wahlalters gerechtfertigt wird, überzeugen nicht. Bereits im Juni, Sie werden sich alle erinnern, hatte ich darauf hingewiesen, dass die dem Entwurf vorangestellte Begründung, man wolle mit der Herabsetzung des Wahlalters stetig abnehmender Wahlbeteiligung entgegensteuern, keinerlei Substanz besitzt. Was dann sogar Herr Adams von den Grünen in der Presse auch so einräumte. Es gibt nämlich keinen Hinweis darauf, dass die Wahlbeteiligung der 16- und 17-Jährigen höher sein könnte, als die der 18- bis 21-Jährigen, die sogar regelmäßig deutlich unter dem Durchschnitt der
Wahlbeteiligung liegt, also senkt man im Ergebnis mit der Herabsetzung des Wahlalters auch die Wahlbeteiligung. Was soll das denn dann, meine Damen und Herren?
Dann gibt es noch den wolkigen Hinweis darauf, dass sich die, ich zitiere, Lebenswirklichkeit der Jugendlichen heute geändert habe – ui. Das ist zuzugeben, denn die Wirklichkeit ändert sich ständig, außer für Sie von der Ramelow-Einheitsfraktion. Sie laufen nach wie vor Ihren kindlich-naiven Traumvorstellungen hinterher und haben von Lebenswirklichkeit noch nichts gehört. Aber das werde ich an anderer Stelle noch mal vertiefen. Nun folgt aus der Änderung der Lebenswirklichkeit, meine Damen und Herren, normativ gar nichts, und zwar deshalb nicht, weil aus Fakten niemals irgendwelche Normen folgen. Das lernt man im ersten Semester Rechtsphilosophie. Herr Blechschmidt, im ersten Semester ML wird das nicht anders gewesen sein. Und diesen logischen Zusammenhang, den ich hier deutlich gemacht habe, können Sie von links auch nicht durch sozialistische Dialektik oder Rhetorik aushebeln, das ist ein Grundsatz, an dem es nichts zu deuteln gibt.
Im Übrigen gilt: Wie auch immer sich die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen gewandelt haben mag, Umfragen unter den jungen Menschen zeigen regelmäßig, dass sie selbst die Absenkung des Wahlalters gar nicht wollen und eher skeptisch sind. Dies steht nicht etwa im Widerspruch dazu, dass sich politisch interessierte Jugendliche gleichwohl engagieren und sogar in Jugendverbänden wie zum Beispiel in der Jungen Union und Parteien aktiv werden. Es gibt aber auch da leider missratene und bemitleidenswerte Fehlentwicklungen, besonders bei Ihren linksbunten Antifantentruppen. Da gilt Krawall machen, kaputt machen, mitmarschieren, mitbrüllen, mitschlägern, dafür Staatsknete kassieren.
Das ist bekanntlich genau das Motto der KatharinaKönig-Groupies und der Henfling-Jünger, die durch die Straßen ziehen, meine Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang kam mir in der letzten Sitzung der Gedanke, das Wahlalter heraufzusetzen. Aber es erschien mir hier von diesem Pulte aus nicht sonderlich mehrheitsfähig. Die nicht Missratenen – also Frau Henfling, ich meine damit jetzt nicht Ihre Jünger, ich meine die anderen – wachsen in die politische Auseinandersetzung hinein und werden auf die spätere Teilnahme an Wahlen vorbereitet.
Meine Damen und Herren, wenn Sie mir aufmerksam gefolgt sind, werden Sie gemerkt haben: Es gibt keinen einzigen Grund, die bewährte Koppelung des Wahlrechts an die Volljährigkeit zu ändern. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Ramelow‘schen Pläne als konfuse Symbolpolitik. Da macht die AfD nicht mit. Deshalb lehnen wir wie auch die insoweit vernünftig handelnde CDU – ich glaube, wir kommen heute oder morgen noch zu einem Thema, bei dem das weniger vernünftig ist, was Sie machen – die Verfassungsänderung und die Änderung des Landeswahlgesetzes ab. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Gäste, sehr verehrte Damen und Herren hier im Thüringer Landtag, wenn man die Redebeiträge von der AfD und von Herrn Kellner jetzt nebeneinanderlegt, dann muss man feststellen, dass es hier Parallelen gab. Ich möchte gern auf zwei, drei Sachen eingehen, denn wenn die unwidersprochen im Raum stehen bleiben, dient das sicherlich nicht der Sache. Es ist natürlich nun relativ erwartbar, dass die AfD genauso wie die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung der rot-rot-grünen Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen empfehlen, doch bitte keine weitreichenden Entscheidungen zu treffen. Das ist so erwartbar wie auch abzulehnen und das ist auch so flach und klein wie abzulehnen.
Es macht es auch nicht besser, Herr Kellner, dass Sie hier vom Rednerpult des Thüringer Landtags immer wieder mit einer von der CDU selbst durchgeführten, natürlich komplett interessengeleiteten Befragung unter Jugendlichen argumentieren. Das wissen wir doch alle. Ihre Zahlen, die Sie daraus zitieren, sind deshalb keine Argumente, sondern ein willfähriges Werkzeug.
Dann gibt es noch eine Erstaunlichkeit, die bei AfD und CDU gleichermaßen, meine ich, zu einer Schwierigkeit führt, wenn man es denn zu Ende denkt. Sie argumentieren, dass wir hier, so, wie Sie tun, erstmalig das aktive und das passive Wahlrecht auseinandergehen lassen. Argumentieren Sie denn jetzt tatsächlich dafür, dass Menschen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr die Landrätin oder den Landrat wählen dürfen? Das
wäre die Logik dessen, was Sie hier sagen. Oder ist es denn tatsächlich Absicht der CDU, zu fordern, dass alle Abgeordneten des Thüringer Landtags, die das 40. Lebensjahr noch nicht erfüllt haben, zukünftig die Ministerpräsidentin nicht mehr wählen dürfen, denn das ist ja auch eine Altersbegrenzung. Wir haben ein Wahlrecht, das aktives und passives Wahlrecht kennt, und zwar aus gutem, vernünftigem Grund, und das wird mit dieser Entscheidung überhaupt nicht angegriffen.
Nur haben Sie das Problem, dass Sie den Menschen nicht erklären können, warum Sie mit Schaum vor dem Mund gegen eine Wahlrechtsreform agieren, und das auch noch mit Argumenten, die dem eben nicht wirklich dienen, die Weisung oder der kluge Satz von Bernhard Vogel, glaube ich, mit „und bedenke das Ende“ endet.
Und es ist noch eine zweite Sache. Sie argumentieren immer, weil Jugendliche sich nicht hundertprozentig – also die 16- bis 18-Jährigen – in den Ländern, wo das schon möglich ist, an der Wahl beteiligen, also es keine hundertprozentige Wahlbeteiligung gibt, müssten diese nicht das Wahlrecht haben.
Wohin kommen wir denn, wenn wir das Wahlrecht an eine hundertprozentige oder mindestens 60-prozentige Wahlbeteiligung der jeweiligen Alterskohorte knüpfen? Dann dürften nach statistischen Erhebungen mal die 50-Jährigen nicht wählen, mal die 60-Jährigen nicht und mal die 20-Jährigen nicht. Was für ein himmelschreiender Unfug!
Herr Brandner, es tut mir in der Seele weh, dass ich auf Sie eingehen muss, aber es ist beleidigend. Es ist wirklich beleidigend, wenn man versucht, hier mit Argumenten auf das, was Sie erzählen, wenigstens zu antworten, und dann so unqualifiziertes Zeug dazwischengerufen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen mit diesem Gesetz mehr Demokratie wagen, denn mit der Demokratie ist es wie mit dem Fisch im Fluss: Nur wenn er lebendig ist, kann er auch vorwärtskommen.
Wir wollen eine lebendige Demokratie, deshalb müssen wir, lieber Kollege Mohring, jeden Tag die Demokratie erkämpfen, jeden Tag die Demokratie weiterentwickeln und jeden Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, Demokratie gestalten. Wenn wir das nicht tun würden, wenn wir dem Beispiel der CDU folgen würden, sehr geehrter Herr Mohring, dann würde es heute immer noch kein Frauenwahlrecht geben.