Was Sie gerade dargestellt haben, ist das gesamte Gegenteil von dem, was wir dort im Bildungsausschuss für eine Kultur auflegen, nämlich eine Kultur des Austauschs und eine Kultur des Miteinanders. Sie beziehen sich in Ihrem Antrag – Sie haben es eben noch mal begründet – auf den Brief der Staatssekretärin. Der Brief der Staatssekretärin ist – Sie haben auch darauf hingewiesen – so verfasst, dass man ganz klar weiß, jeder Schulleiter weiß das, es ist eine temporäre Aufgabe bzw. ein temporärer Schritt, der dort gegangen werden muss, wenn wir, wenn die Schulämter es temporär nicht schaffen, dort entsprechende Lehrerwochenstunden zur Verfügung zu stellen – Punkt 1. Punkt 2: Die Schulleitung beantragt – Sie haben gerade dafür geworben, wir mögen doch Vertrauen in die Schulleitung haben –, beim Schulamt und das Schulamt genehmigt temporär, dass dort Lehrerwochenstunden abgezogen werden. Was, bitte schön,
ist daran verfehlt? Ich sehe es nicht. Natürlich gibt es darüber Diskussion. Aber als Erstes muss ja die Unterrichtsabdeckung stehen. Auch wenn eine AG, auch wenn der Chor wichtig ist, als Erstes steht die Unterrichtsabsicherung, und zwar für alle Kinder. Das ist Priorität und genau das beinhaltet der Brief, den ich auch so mittrage.
Sie haben im Titel Ihrer Aktuellen Stunde das Wort „Lehrermangel“. Herr Tischner, wir beide sind noch recht neu hier im Landtag, aber ich kann mich noch ziemlich gut daran erinnern, welche Einstellungszahlen unter CDU-geführten Landesregierungen vorherrschten und wie schwierig es für den damaligen Bildungsminister Matschie in der letzten Doppelhaushaltsrunde war, wo es ein Angebot gab, wenn ich mich recht daran erinnere, 127 Stellen pro Haushaltsjahr einzustellen. Christoph Matschie ist es gelungen, wenigstens 400 rauszuverhandeln. Wir hätten heute 700 Lehrer weniger an den Schulen, wenn das Christoph Matschie damals nicht gelungen wäre. Das ist CDU-Bildungspolitik. Das will ich Ihnen nur mal sagen.
Und wenn man schon bei der Aufklärung ist, dann muss doch mal festgestellt werden, dass diese Koalition Wort hält, dass wir 2015 500 Lehrer eingestellt haben plus 100 Vertretungsreserve und plus 50 DaZ-Kräfte –
das haben wir im Bildungsausschuss besprochen –, dass zusätzlich in 2015, um den Schulen dort auch zu helfen, und – auch mal ein Danke an die Finanzministerin – 22 Stellen aus 2016 vorgezogen worden sind. Das alles lassen Sie hier weg, als hätte es nie stattgefunden. Das alles haben wir schon besprochen. Sie machen viel Dampf, viel Lärm um nichts. Diese Landesregierung kümmert sich intensiv. Wir werden dieses Jahr 500 Lehrer in Vollzeitstellen einstellen plus 200 zusätzlich, plus 50 DaZ-Lehrer, nächstes Jahr noch mal 500 plus 100. Noch nie gab es in Thüringen so viele Neueinstellungen wie unter Rot-Rot-Grün.
Und Sie stellen sich hier allen Ernstes hin und skandalisieren etwas, wo die Schulen alle sagen: Fehlende Lehrer sind nicht unser Thema.
(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Aber es sind auch mehr in Rente gegangen! Man muss auch bei der Wahrheit bleiben!)
Sie sagen, es hängt an Inklusion, das – ich habe es mir mal notiert – „politisch unterstützte, wissenschaftliche Feldexperiment“. Stimmt das jetzt? In welchen schlaflosen Nächten ist Ihnen das gekommen? Das ist eine UN-Konvention.
Also: Inklusion und Flüchtlingskinderbeschulung, nicht „-betreuung“, das ist auch schon ein Fehler bei Ihnen. Ich will Ihnen die Lektüre der „OTZ Jena“ von dieser Woche empfehlen, wo intensiv darüber berichtet wird, wie das Schulen machen und wo Frau Wrede aus der Lobdeburgschule sagt: Ja, wir werden die Stellen nutzen, nicht nur für Sprachförderung, nein, wir gehen mit den Flüchtlingskindern in Kirchen, wir gehen mit ihnen auch in demokratische Institutionen, damit sie uns kennenlernen. Das machen Schulen. Hören Sie auf mit Ihrer Skandalisierung!
Als Letztes möchte ich noch darauf verweisen: Wir brauchen in Thüringen eine Kultur, eine Kultur für Inklusion …
… als letzter Satz – eine Kultur für Inklusion und Flüchtlingskinderbetreuung. Das ist eine Kultur der Vielfalt und nicht eine Kultur der Einfalt, wie sie von der AfD auf Marktplätzen betrieben wird. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel dieser Aktuellen Stunde zerfällt in zwei Teile, deshalb will ich ihn auch differenziert beurteilen. Den ersten Teilsatz dieser Aktuellen Stunde „Thüringer Schulen nicht überfordern“ teilt meine Fraktion vollumfänglich. Darüber lohnt es sich auch, sachlich miteinander zu diskutieren und möglichst gemeinsam zu konstruktiven Lösungsansätzen zu gelangen. Der zweite Anstrich dagegen – das müssen Sie sich jetzt leider anhören – „Lehrermangel versus Inklusion und Flüchtlingskinderbetreuung“ ist blanker Populismus
Ich will Ihnen meine Einschätzung im Detail erläutern. Als Provokation betrachte ich es, dass ausgerechnet Sie, die CDU, einen vermeintlichen Lehrermangel konstatieren, und damit die Partei, die in alleiniger Regierungsverantwortung von 2000 bis 2009 rund 8.900 Lehrerstellen regelrecht weggeholzt hat und zwar ohne jegliche Rücksicht auf langfristige, schulartspezifische, unterrichtsfachbezogene oder regionale Personalbedarfe.
Das CDU-geführte Kultusministerium besaß in diesen Jahren nicht einmal ein Personalentwicklungskonzept, um mit Blick auf die Unterrichtsabdeckung und die sich daraus ergebenden Lehrerbedarfe vorausschauend steuern zu können. Hier wurde jahrelang völlig unprofessionell vor sich hin gewurschtelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenso gab es in Ihrer Verantwortung nahezu keine Neueinstellungen von Lehrern in den Thüringer Schuldienst. Diese rigide Sparpolitik im Bildungsbereich hatte zur Folge, dass jetzt in Thüringer Lehrerzimmern ganze Generationen von Lehrern fehlen. Am Ergebnis dieser eklatanten Fehlentscheidungen, an der Überalterung der Lehrerschaft, den daraus zwangsläufig resultierenden hohen Krankenständen und immensen Schwierigkeiten bei der Unterrichtsabdeckung knabbern wir bis heute. Anders als die CDU lassen wir die Dinge nicht einfach treiben, sondern bemühen uns, die von der Union produzierten Missstände so rasch wie möglich zu beheben. Die rot-rot-grüne Koalition setzt daher den von der SPD in der letzten Legislaturperiode eingeschlagenen Kurs fort und ermöglicht einen breiten Einstellungskorridor für Nachwuchspädagogen.
Wir bauen die von Christoph Matschie initiierte Vertretungsreserve weiter auf, wir decken die flüchtlingsbedingt entstandenen zusätzlichen DaZ-Bedarfe und wir stellen mit dem Doppelhaushalt 2016/ 2017 bis zu 300 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung,
um den Unterricht für alle Kinder in Thüringen trotz steigender Schülerzahlen bestmöglich abzudecken. Im Personalbereich tun wir somit das, was wir zurzeit können.
die CDU – die bei der Personalsteuerung in Regierungsverantwortung völlig versagt und die Personalentwicklung überhaupt nicht auf dem Plan gehabt hat – und wirft uns jetzt Lehrermangel vor. Das ist schon ein starkes Stück, dass muss ich Ihnen sagen! Das lassen wir uns als SPD – in der Verantwortung in der letzten Legislatur für das Bildungsressort – hier nicht bieten von Ihnen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit nicht genug! Die CDU übt sich außerdem im blanken Populismus, denn sie spielt im Titel der Aktuellen Stunde mit der schulischen Inklusion und der Flüchtlingskinderbetreuung zwei Notwendigkeiten gegeneinander aus, denen wir uns als Land zu stellen haben und stellen müssen. Wir haben uns dafür entschieden, Erwägungen auch immer, seien sie opportun, zu diskutieren; dem können wir uns nicht entziehen, denn die UN-Behindertenrechtskonvention gilt auch für unser Bundesland. Wir haben sie einzuhalten und umzusetzen. Der Landtag hat sich dazu bekannt und dafür ausgesprochen, in Thüringen schrittweise ein inklusives Bildungswesen zu realisieren. Die SPD steht natürlich nach wie vor zu diesem Landtagsbeschluss. Und die CDU? Ich bin auf Ihre Antwort gespannt.
Ebenso gilt in Thüringen die Schulpflicht für alle Kinder. Wir haben das als Land zu gewährleisten und dies auch umzusetzen. Daran wird die Regierungskoalition auch nicht rütteln.
Welchen Kurs verfolgt aber die CDU, wenn Sie die schulische Betreuung von Flüchtlingskindern verbal in einen Gegensatz zur schulischen Inklusion stellt? Diese Frage stellt sich unweigerlich bei diesem Thema der Aktuellen Stunde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD ist gern bereit, sachlich darüber zu diskutieren, welche Herausforderungen die Thüringer Schulen derzeit zu bewältigen haben, und wir werden natürlich versuchen, unsere Schulen vor den Überforderungen zu schützen. Das ist unsere Aufgabe, der stellen wir uns. Aber worauf wir uns nicht einlassen, ist Ihr Populismus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, das Thema dieser Aktuellen Stunde, wie Angela Merkel und Bodo Ramelow durch Asylkrise und ideologische Projekte Thüringer Schulen, Schüler und Lehrer überfordern, ist in der Tat ein aktuelles Thema. Und wie immer, wenn die Thüringer CDU-Fraktion über Asyl redet, fragt man sich: Warum macht nicht endlich irgendjemand da mal seine Hausaufgaben?
Ja, die Thüringer Schulen werden überfordert, und wer diese Überforderung nicht will, der muss aufhören, Asylbewerber durch Fehlanreize in unser Land zu locken. Die Hausaufgabe für die CDU-Fraktion ist: Sendet eine klare Botschaft nach Berlin! Wir als CDU-Fraktion machen dieses Asyl-Chaos nicht mehr mit, weil es unserem Land schadet!