Da will ich eine ganz kleine Replik in Sachen Stilfragen geben: Herr Minister Dr. Poppenhäger war schon hier gewesen und hat Ihre Pappklatsche gezeigt. Ich finde es unverantwortlich und nicht im Stil einer ernst zu nehmenden Fraktion geboten, wenn
Sie ein Zelt aufbauen, durch das jeder, der zu der Veranstaltung gehen will in Gotha, durchgehen muss und jeder sich Ihre Propaganda anhören muss. Das finde ich unwürdig. Ich wollte das nicht, ich hatte keine andere Chance, um da reinzukommen, als durch Ihr Zelt zu gehen. Bitte beachten Sie das! Freie Meinungsäußerung heißt auch, dass man sich nicht in den Eingang stellt, lieber Herr Mohring.
Nun möchte ich ganz kurz noch einmal auf das Argument eingehen, das Herr Mohring gebracht hat: Jetzt ist alles größer geworden. Das ist ein logischer Fehler. Der erste Entwurf des Leitbilds hatte gesagt, wir wollen Landkreise schaffen, die circa 130.000 bis 235.000 Einwohner groß sind. Jetzt ermöglicht das Leitbild, größere Kreise herzustellen, und Sie haben den Mut zu behaupten, dass der Zwang bestehen würde, jetzt einen größeren Kreis zu bilden. Nein, die Möglichkeit ist da. Das ist die Freiheit der Kommunen, sich dazu auch zu entscheiden. Und es ist eben nicht wahr, dass 6.000 Einwohner mehr sind als 8.000. Das war nämlich der Bereich, den wir geöffnet hatten, und jetzt haben wir gesagt, es müssen nur noch 6.000 sein. Und es ist eben nicht wahr, dass ein Kreis 3.000 Quadratkilometer groß sein muss, sondern er kann so groß sein. Und wenn die Menschen das vor Ort wollen, ich frage mich, warum die CDU es Ihnen verbieten will, warum die CDU so unsachgemäß in die freiwilligen Zusammenschüsse eingreifen will. Sie wollen die Menschen begrenzen. Wir geben Möglichkeiten in der Debatte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Notwendigkeit einer solchen Gebietsreform und Funktionalreform ist alles gesagt.
Der verehrte Landtagspräsident in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter war Vorsitzender der Enquetekommission zum demografischen Wandel. Der Ergebnisbericht spricht Bände. Es ist unter der CDU-Führung aber leider niemals zu irgendwelchen Ergebnissen gekommen. Die Regierung Christine Lieberknecht gibt ein Expertengutachten auf den Weg. Sie haben mehr als 23 Monate gebraucht, um das Expertengutachten überhaupt auf den Weg zu bekommen. Dieses Expertengutachten spricht eine klare Sprache: Wir brauchen eine Gebietsreform. Die CDU sagt weiterhin: Wir wollen das nicht. Ziel dieser Gebietsreform sind – und man kann es nicht oft genug sagen, weil Frau Tasch es immer wieder falsch verstehen will – dauerhaft leistungsfähige Strukturen und nicht das Einsparen eines Euros, nicht das Einsparen von ein paar Cent für die Postwertzeichen.
(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Woran ma- chen Sie fest, dass die Verwaltungsgemein- schaften nicht leistungsfähig sind? Auf die Antwort warte ich noch!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage, liebe Frau Tasch, ob Sie mit einer Gruppe von fünf Menschen oder mit einer Gruppe von 15 Menschen eine leistungsfähigere Struktur bilden und Aufgaben für – sagen wir mal – 1.000 oder 3.000 Menschen erfüllen können, kann sich jeder Abiturient selbst ausrechnen.
Sie werden keine Struktur auf dieser Welt finden – nennen wir es mal so: Sie werden keine Universität finden, die sagt, wenn wir jetzt kleiner werden und wenn wir auf keinen Fall wachsen und mehr Studenten haben und wenn wir auf keinen Fall einen weiteren Lehrstuhl bekommen, dann werden wir stark bleiben. Sie werden kein Wirtschaftsunternehmen finden, das sagt, um Gottes Willen, nicht expandieren, nicht größer, nicht leistungsfähiger, nicht spezialisierter werden. Und Sie wollen den Menschen in Thüringen erzählen, dass unsere kommunale Verwaltung etwas vollkommen anderes ist, die nur gut ist, wenn sie klein ist? Frau Tasch, das glaubt Ihnen niemand.
Wer mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern spricht – und das habe ich in den letzten Wochen und Monaten wirklich gemacht –, lernt zwei Dinge: Es gibt erst einmal zwei große Gruppen, das sind einmal Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in sehr kleinen Ortschaften und Gemeinden und die etwas größeren. Wenn man mit den kleinen – und von denen reden Sie ja – spricht, dann sagen die, wir wollen unsere Selbständigkeit behalten. Wenn man fragt: Was ist denn eure Selbstständigkeit? Dann sagen die: Na eigentlich sind wir in der VG, die machen das alles für uns oder sie lassen sich erfüllen, dann machen die das auch, die wesentlichen Aufgaben. Es sind ganz unterschiedliche Punkte. Ich habe eine ganz wunderbare Sache erlebt – hoffentlich ist das in Ordnung, ich habe es noch gar nicht nachgeguckt: Die haben eine kommunale Kneipe, das ist ihr Dorfgemeinschaftshaus. Da sagen die: Das wollen wir weiter haben, wir wollen nicht, dass man uns das wegnimmt. Ich finde, da haben die recht. Aber dieses Argument, dass man sagt, wir in unserem Ort, wir finden diese Besonderheit richtig und gut und die wollen wir auch gern behalten, aber in Wirklichkeit lassen wir alle wesentlichen kommunalen Aufgaben natürlich durch jemand anderes erfüllen oder haben uns in einer Verwaltungsgemeinschaft zusammengetan:
Diesen Weg kann man doch für Thüringen als Leitbild nehmen. Deshalb finde ich es richtig, dass der Innenminister angekündigt hat, dass es, wenn wir die Kommunen zu größeren Gemeinden zusammenschließen, natürlich eine Stärkung des Ortsteilrechts geben muss. Dann sollen sich auch die Leute vor Ort wesentliche Aufgaben auf ihren Tisch holen können, sollen ihre Bürgerinnen und Bürger mit einbinden.
Ich erzähle Ihnen noch ein anderes Beispiel, was mir Leute erzählt haben. Der eine Bürgermeister hat gesagt: Ich habe Angst, wenn die Gemeindearbeiter als Kollektiv oder als Kolonne für einen viel größeren Bereich unterwegs sind. Unseren Gemeindearbeiter in unserem kleinen Ort, nennen wir ihn mal Fritz, den kennen alle. Der kann sich nirgendwo hinstellen, der muss im Ort unterwegs sein. Alle Leute sehen das. Wenn der nicht unterwegs ist, dann gibt es Ärger. Ich sage: Warum soll der Gemeindearbeiter nicht in Zukunft in diesem Ort unterwegs sein, nur weil es am Ende an einer anderen Stelle einen Bürgermeister gibt?
Darum, liebe Frau Tasch, geht es uns in der Reform: wesentliche Verwaltungsaufgaben in den Gemeinden zu zentralisieren mit der Möglichkeit, Spezialisierung herzustellen und damit eine dauerhaft leistungsfähige Struktur zu bilden.
2019 werden wir die Gemeinderäte und Kreistage wieder wählen, wenn Sie dann einen entsprechenden Wahlaufruf machen, möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich bedanken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenminister hat es schon dargestellt und es ist wichtig, das noch einmal zu wiederholen: Wir haben keinen – Frau Tasch hatte ein etwas grobes Wort dafür gesagt – schnellen Lauf, sondern wir haben eine lange Ankündigung, dass es eine Gebietsreform geben wird. Lassen Sie mich das kurz noch einmal einschieben. Alle Wählerinnen und Wähler der SPD wussten immer, dass diese Partei eine Gebietsreform will. Alle Wählerinnen und Wähler der Linken wussten immer, dass diese Partei eine Gebietsreform will. Alle Wählerinnen und Wähler von Bündnis 90/Die Grünen haben uns gesagt: Macht diese Gebietsreform, wir brauchen die dringend.
Alle, natürlich! Ich habe mit denen auch gesprochen und unser Programm ist an der Stelle klar. Unser Programm ist an der Stelle klar und die Bür
gerinnen und Bürger, die Bündnis 90/Die Grünen wählen, wissen, was sie wählen und sie bekommen, was sie gewählt haben.
Liebe Kollegen, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe. Entschuldigung, Herr Adams, Sie haben das Wort.
Da nutze ich kurz die Gelegenheit. Wir haben mit unseren Wählerinnen und Wählern diskutiert. Natürlich, Sie sagen immer, das seien so wenig. Da schaffe ich doch wohl mit denen zu reden, Frau Tasch, wirklich.
Wir haben mit ihnen geredet und sie wissen, dass wir diese Gebietsreform machen. Und wenn Sie jetzt zusammenzählen, wer in Thüringen die Mehrheit bei der Landtagswahl bekommen hat, dann ist es die Mehrheit in diesem Landtag und damit ist auch klar, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Mehrheit überhaupt nicht das Problem, das Sie hier an den Horizont malen wollen, damit haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb ist es richtig.
Das war die erste Hürde, die wir nehmen mussten. Drei Parteien, die bereit sind, die Gebietsreform durchzuführen, müssen auch in diesem Landtag die Mehrheit bilden können. Das haben wir getan. Wir haben im letzten Jahr mit einem Landtagsbeschluss den Innenminister, die Landesregierung gebeten, uns ein Leitbild zu erstellen. Das ist erarbeitet worden. Dieses Leitbild ist hier im Landtag vorgestellt und diskutiert worden. Jetzt sind wir in der Phase des Vorschaltgesetzes. Dieses Gesetz wird Klarheit darüber geben, wohin die Reise geht und wie der Weg zu beschreiten ist. Dann wird es eine Freiwilligkeitsphase geben, in der die Menschen vor Ort ins Gespräch kommen können.
Wissen Sie, Frau Tasch, die reden doch jetzt schon. Sie waren doch mit dabei. Herr Brychcy ist doch kein Niemand. Der hat doch schon gesagt: Ich bin natürlich in der Diskussion mit Tabarz. Ich weiß doch, dass ich denen helfen muss. Ich weiß doch, dass unsere Region um Waltershausen nur überlebt, wenn wir Tabarz unter die Arme greifen. Die Leute in der Region sind doch viel weiter, als Sie
Deshalb reden die, spätestens, seitdem das Leitbild da ist – das ist jetzt bald schon ein halbes Jahr –, und sie werden über das Vorschaltgesetz und die Freiwilligkeitsphase hinreichend Zeit haben. In dieser Freiwilligkeitsphase werden wir die Bürgerbeteiligung starkmachen. Wir Grüne sind davon überzeugt, dass die Bürgergutachten das beste Instrument dazu sind, weil es nämlich ein Zusammenbinden von Verwaltungswissen und Bürgerwissen, Erleben und Anforderung der Bürger ist; was will ich eigentlich von der Gemeinde? Da, finde ich, dürften Sie sich auch noch einmal kurz reflektieren. Die CDU argumentiert uns gegenüber immer: Sie wissen nicht, was die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wollen. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie wissen nicht, was die Leute wollen. Ich habe manchmal den Eindruck, Sie wissen nicht, was die Leute in Thüringen wollen und reden ganz von dieser hauptamtlichen Wahlbeamtenebene mit uns. Wir wollen beides zusammenbringen, wollen Bürger damit qualifizieren und der Verwaltung sagen, wie es am besten gehen kann. Das wollen wir zusammenbinden in dem Bürgergutachten. Da sind Sie herzlich mit eingeladen, auch mit aufzurufen, mit dabei zu sein, konstruktiv und nicht destruktiv, nicht Malefiz in der Barrikade zu spielen, sondern konstruktiv Thüringen nach vorn zu bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bündnis 90/Die Grünen – ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich das sagen kann. Ich glaube, ich kann das sagen. Wir freuen uns auf die Debatte. Wir freuen uns auf die Auseinandersetzung. Wir wissen, dass es nicht einfach wird. Wir wissen, dass wir Probleme lösen werden und wir wissen auch, dass uns nicht alles gelingen wird. Aber wenn wir weiter warten, so wie Sie es gemacht haben in den letzten 23 Jahren, kann Thüringen nicht weiter gestaltet werden. Wir wollen Thüringen gestalten. R2G gestaltet Thüringen.
Vielen Dank, Herr Adams. Das Wort hat nun der Abgeordnete – Frau Tasch, das Wort hat nun der Abgeordnete Höhn für die SPD-Fraktion. Ja, bitte.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, so ist das mit einem Tagesordnungspunkt, der die Überschrift trägt: „Neue Strukturen für Thüringen“. Da versucht man im Vorfeld für seinen Redebeitrag so eine gewisse Struktur hineinzubringen. Dann hält der größte Oppositionsführer aller Zeiten eine Rede,