Uwe Höhn
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich die Ausführungen der Frau Abgeordneten Floßmann von der CDU-Fraktion hier an dieser Stelle so unbeantwortet nicht stehen lassen möchte.
Zum einen hat mich an Ihrem Vortrag hier sehr gestört, dass Sie die von mir sehr verurteilten Vorgänge in Hamburg, die Gewaltexzesse, in einen Topf mit den Protesten gegen das Nazikonzert in Themar geworfen haben.
Das ist ein Vorgang, meine Damen und Herren, der an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist. Und Sie haben an verschiedenen Stellen in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken versucht, den Protest, den Sie auf der einen Seite loben, auf der anderen Seite mit Gewalttätern – und ich sage ganz offen, da mache ich aus meiner Meinung keinen Hehl: der Schwarze Block, das sind für mich Gewalttäter; nur, es gibt ein Problem, Frau Kollegin, die waren gar nicht da in Themar, die waren gar nicht vorhanden –,
also den Protest, ob Antifa oder ganz normale Bürger, die sich dort auf die Straße getraut haben, in einen Topf mit diesen Gewalttätern zu schmeißen.
Das ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten und das haben Ihnen, glaube ich, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in mehrfacher Hinsicht und vielfältiger
Weise schon zu verstehen gegeben. Sie sollten vielleicht doch mal an dieser Stelle in sich gehen und Ihre Einstellung zu dieser Thematik grundsätzlich überprüfen. Wir hatten in Themar kein Problem mit linksextremer Gewalt. Wir hatten ein Problem mit 6.000 Nazis, die „Sieg Heil“-brüllend und „Heil Hitler“-zeigend dort die Gegend verunsichert haben. Das war unser Problem.
Und das sollten wir auch nicht verschweigen und auch nicht durch einen Vergleich relativieren, der nicht an diese Stelle gehört. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den Bericht zum Thüringer Gesetz für kommunale Investitionen zur Förderung der Bildung, Digitalisierung, Kultur, Umwelt sowie der sozialen Infrastruktur hier vorzutragen. Es ist ein Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen und trägt die Drucksachennummer 6/3599.
Durch Beschluss des Landtags in seiner 78. Sitzung am 22. März 2017 wurde der Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss als federführenden Ausschuss sowie den Haushalts- und Finanzausschuss und den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz als mitberatende Ausschüsse überwiesen.
Der federführende Innen- und Kommunalausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 42. Sitzung am 22. März 2017, in seiner 43. Sitzung am 27. April 2017 und in seiner 44. Sitzung am 18. Mai 2017 beraten und ein mündliches Anhörungsverfahren in öffentlicher Sitzung zu dem Gesetzentwurf in seiner 43. Sitzung am 27. April 2017 durchgeführt. Im Rahmen der Anhörung bedankten sich die Vertreter der anzuhörenden Verbände für die Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen und begrüßten diese. Gleichzeitig wurde allerdings sowohl vom Gemeinde- und Städtebund als auch vom Thüringischen Landkreistag die Forderung aufgemacht, zumindest einen Teil der zur Verfügung gestellten zusätzlichen Finanzmittel pauschal an die Thüringer Kommunen auszureichen.
Im Weiteren gingen die Verbände in ihren Stellungnahmen auf Details des Gesetzentwurfs ein. Man
che Förderbereiche wurden kritisch gesehen. So wies der Gemeinde- und Städtebund auf den deutlich höheren Förderbedarf im Bereich der Förderung der Abwasserbehandlung hin. Der Landkreistag monierte beispielsweise die vorgesehene Investitionsförderung im Bereich des kommunalen Klimaschutzes und verwies darauf, dass dies eine Ausfinanzierung des beabsichtigten Thüringer Klimagesetzes nicht ersetzen dürfe. Im Ergebnis der Anhörung gab es durch die Koalitionsfraktionen in einem Änderungsantrag einige zumeist redaktionelle Änderungsvorschläge. Zum Änderungsantrag wurde mit Einverständnis der kommunalen Spitzenverbände unter Anwendung einer verkürzten Anhörungsfrist von zwei Wochen schriftlich angehört. Hierzu gab es seitens der kommunalen Spitzenverbände keine wesentlichen Einlassungen.
Die Oppositionsfraktionen CDU und AfD legten zum Gesetzentwurf keine Änderungsanträge vor. Allerdings wurde in der Sitzung des Innenausschusses am 18. Mai 2017, in der die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs vorgesehen war, von der CDU-Fraktion beantragt, die Landtagsverwaltung mit einer rechtsförmlichen Begutachtung des Gesetzentwurfs und des Änderungsantrags zu beauftragen. Die CDU-Fraktion sah leider erst am Ende der zweieinhalbmonatigen Parlamentsberatungen das sogenannte Einbringungsmonopol der Landesregierung für einen Haushalt bzw. Nachtragshaushalt berührt. Diese Auffassung teilte die Ausschussmehrheit nicht und lehnte den entsprechenden Antrag ab.
Der federführende Innen- und Kommunalausschuss hat empfohlen, wie im Übrigen auch die beiden mitberatenden Ausschüsse, den Gesetzentwurf mit den in der Beschlussempfehlung des Ausschusses aufgeführten Änderungen anzunehmen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben gerade in diesem Plenum ein Novum. Zum ersten Mal, glaube ich, in der Geschichte dieses Hauses versucht eine Oppositionsfraktion über geschäftsordnungsmäßige – ich will bewusst den Begriff „Tricks“ vermeiden –, aber durch geschäftsordnungsmäßiges Vorgehen ein Gesetzeswerk zu verhindern, das den Thüringer Kommunen mehr Investitionen ermöglichen soll.
Ich finde, das Vorgehen gäbe mit Sicherheit genügend Anlass, an dieser Stelle sehr emotional aufzutreten. Sie kennen mich, mir würde das noch nicht einmal sehr schwerfallen. Aber ich behandle Ihr Vorgehen mit der entsprechenden Gelassenheit,
darauf können Sie sich verlassen. Sie haben moniert, das Einbringungsmonopol der Landesregierung in Bezug auf Haushalt bzw. Nachtragshaushalt wäre hier verletzt. Dann frage ich mich allerdings, wie das in den Jahren Ihrer Alleinregierung gewesen ist, als Sie kommunale Hilfspakete reihenweise an Vorabenden Ihrer Parteitage beschlossen
und dann in Gesetzesform in den Landtag eingebracht haben, manchmal noch nicht einmal damit. Und ich erinnere an das Jahr 2013, wo CDU und SPD gemeinsam als damalige Koalition ein sogenanntes kommunales Hilfspaket als Leistungsgesetz aus der Mitte des Hauses auf den Weg gebracht haben, das in seinen Auswirkungen teilweise heute noch wirkt. Ich frage mich, wo an dieser Stelle Ihrer Meinung nach jetzt der große Unterschied zu dem, was die Koalitionsfraktionen hier mit diesem Gesetz einbringen, liegt.
Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt, es handelt sich hier um einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Hauses, der von den regierungstragenden Fraktionen eingebracht worden ist. Dieser Gesetzentwurf regelt Leistungen, und zwar dem Grunde nach, indem die betroffenen Bereiche – die Bereiche wurden hier aufgezählt – in den einzelnen Paragrafen bestimmt sind. Diese Leistung ist also bestimmt und in der absoluten Höhe bzw. in der Gesamthöhe sind die Leistungen ebenfalls bestimmt in den einzelnen Paragrafen. Es lässt sich aus den Regelungen sogar der Empfängerkreis genau bestimmen bzw. er ist bestimmbar. Am Ende ist nur das Wie der Verteilung offen und das wird durch Richtlinien geregelt. Was heißt das? Der Gesetzentwurf ist hinreichend bestimmt und die Empfänger können sogar aufgrund dieses Leistungsgesetzes einen Rechtsanspruch auf diese Mittel geltend machen, meine Damen und Herren, zwar nicht einen Individualanspruch, aber einen Anspruch sozusagen aus der Gesamtheit heraus.
Das Argument der fehlenden Bestimmbarkeit, meine Damen und Herren, das verfängt hier absolut nicht. Im Übrigen kommt es bei der haushaltsverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung auch nicht darauf an, ob es sich um ein Leistungsgesetz handelt. In dieser Hinsicht ist zwischen formellen und materiellen Gesetzen zu unterscheiden. Wie wir alle wissen – ich hoffe jedenfalls, Sie wissen das, verehrte Kolleginnen und Kollegen –, sind Haushaltsgesetz und Haushaltsplan rein formale Gesetze. Sie regeln das Innenverhältnis zwischen den Verfassungsorganen Landtag und Landesregierung in Bezug auf die Ermächtigung zur Ausgabe von finanziellen Mitteln und nur im Bereich dieser formellen Gesetzgebung besteht ausnahmswei
se ein Initiativrecht, ein alleiniges Initiativrecht der Landesregierung. Alle materiellen Gesetze – und dass es sich hier um ein materielles Gesetz handelt, dürfte wohl außerhalb jedes Zweifels stehen – sind Leistungseingriffs- oder sonstige Gesetze mit Wirkung auf Dritte. Da besteht dieser Exklusivanspruch der Regierung eben gerade nicht, meine Damen und Herren.
Es steht also dem Landtag selbstverständlich frei, außer dem Haushaltsgesetz jede Art von Gesetz eigeninitiativ zu beschließen. Genau damit haben wir es mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf zu tun, meine Damen und Herren. Und noch mal auch zu Ihrem Vorgehen: Sie haben ja schon im Ausschuss zumindest versucht, eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob der Ausschuss sich eines Gutachters bemächtigt, um diese aus Ihrer Sicht streitige Frage zu klären. Nun haben Sie das eigenständig gemacht, weil der Ausschuss das mit Mehrheit abgelehnt hat. Mich würde erstens die Quelle des Gutachtens interessieren, die uns nicht vorliegt, und zweitens: Der Gutachter hegt offenkundig Zweifel und, Herr Kollege Kowalleck, diese Zweifel interpretieren Sie gleich um in eine Nichtverfassungskonformität dieses Gesetzes. Zweifel sind kein Urteil, kann ich Ihnen an der Stelle nur sagen.
So viel sollten Sie zumindest auch berücksichtigen. Es ist offenkundig eine Meinung eines Gutachters, aber die würden wir dann gern mal einer genaueren Prüfung unterziehen. So viel dazu, meine Damen und Herren.
Ich muss sagen, dieses Vorgehen lässt erstens tief blicken, und ich muss sagen, ich bin auch einigermaßen erschüttert über dieses Vorgehen, weil ich nämlich wahrgenommen habe – und damit komme ich zum eigentlichen Gesetzentwurf –, dass bei diesem Gesetz, das den Weg für zusätzliche Investitionshilfen für die Thüringer Kommunen mit insgesamt 100 Millionen Euro frei macht, in der vom Ausschuss durchgeführten Anhörung durchweg positive Beurteilungen kommen. Das haben wir nicht so oft. Auch wenn das den Kollegen der AfD vielleicht stört, dass es offenkundig Anzuhörende gibt, die der Regierungskoalition an dieser Stelle durchaus gute Arbeit attestieren – damit müssen Sie ganz einfach leben.
Ich habe im Übrigen aufgrund Ihres Redebeitrags, Herr Kollege Kießling, feststellen dürfen, dass Sie noch nicht mal wirklich wissen, worüber Sie reden. Wenn Sie davon ausgehen, dass für Schulinvestitionen lediglich 8 Millionen Euro zur Verfügung stünden, dann haben Sie offenkundig übersehen, dass für die Übernahme des Eigenanteils
durch das Land Thüringen für seine Kommunen, ein Bundesinvestitionspaket bei den Schulinfrastrukturen zur Verfügung steht. Allein dafür stehen insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist die reale Zahl. Wir helfen den Kommunen und übernehmen ihren Eigenanteil, wie überhaupt dieser Gesetzentwurf genau auf dieses Prinzip abgestellt ist; wir helfen ihnen, wir übernehmen ihren Eigenanteil, sodass dieses Investitionsprogramm summa summarum für die Kommunen zu null ausgeht.
Meine Damen und Herren, zweimal 50 Millionen Euro für die Jahre 2017 und 2018 – ich finde, das kann sich sehen lassen. Damit beteiligt der Freistaat Thüringen – auch das will ich an dieser Stelle noch mal deutlich betonen – die Thüringer Kommunen finanziell am durchaus respektablen – manche sagen „guten“ – Jahresabschluss 2016. Ich weiß, die Frau Finanzministerin ist da in ihrer Bewertung immer etwas vorsichtiger, das muss sie auch sein, aber ich bleibe dennoch bei meiner Einschätzung: Es war ein guter Jahresabschluss 2016, und das nicht etwa, weil wir das müssten als Land oder weil es die finanzielle Gesamtsituation der Thüringer Kommunen erfordern würde, sondern weil es ganz einfach unsere Überzeugung ist, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür ist, um in die Infrastruktur zu investieren, um zusätzliche Wachstumsimpulse zu generieren und um einen durchaus vorhandenen Investitionsstau abzubauen.
Meine Damen und Herren, nach dem 135-Millionen-Programm im Jahr 2015 und dem Aufschlag bei der Finanzausgleichsmasse in den Jahren 2016 und 2017 ist das eben nun ein weiterer Baustein für die Verbesserung der Situation der Kommunen, jedenfalls ist das unsere Bewertung. Im Übrigen, ich weiß nicht, ob es jemandem aufgefallen ist, meine Damen und Herren, ist es relativ ruhig geworden um die finanzielle Situation der Thüringer Kommunen. Ich habe da auch so eine Ahnung, warum das der Fall sein könnte. Vielen Kommunen geht es nämlich finanziell durchaus besser, als uns die Öffentlichkeit und auch die Opposition an der Stelle vormachen will. Es stehen zu Recht die notleidenden Kommunen in der Öffentlichkeit, auch denen widmeten wir uns in den letzten zwei Jahren in besonderer Weise, das dürfte bekannt sein. Das Thüringer Statistische Landesamt hat festgestellt – und ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass diese Zahlen den Realitäten entsprechen; ich erlebe in den letzten Wochen und Monaten öfter, dass Zahlen vom Statistischen Landesamt auch in anderen Sachzusammenhängen in Zweifel gezogen wurden, das will ich an der Stelle deutlich sagen, und ich teile diese Kritik nicht –, dass die Thüringer
Kommunen im Jahr 2015 erstmals seit dem Jahr 2007 wieder einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet haben.
Dann kann es doch um die finanzielle Situation, Herr Kollege Kuschel, nicht aller, aber doch sehr vieler Thüringer Kommunen so schlecht nicht bestellt sein. Die Einnahmen der Kommunen lagen nämlich 2015 um 24 Millionen Euro über den Ausgaben. Kollege Kalich hat vorhin Zahlen präsentiert, was die Jahresrechnung 2016 betrifft. Ich bin da ein bisschen vorsichtiger. Die Zahlen, die er genannt hat, liegen uns auch so vor, was die Einnahmen-/ Ausgabenstatistik 2016 betrifft. Man müsste jetzt fairerweise noch die Investitionen abziehen. Ich möchte jetzt bewusst keine Zahl in den Raum setzen, weil die Jahresrechnungsstatistik noch aussteht. Die wird aber zeigen, dass für das Jahr 2016 ein erklecklicher dreistelliger Millionenbetrag am Ende als Überschuss für die Kommunen ausgewiesen werden wird, meine Damen und Herren.
Sie – ich muss das leider an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion direkt richten – verschweigen bei Ihrer Kritik an den Zahlungen des Landes wirklich einen Mechanismus, der seit geraumer Zeit beim Kommunalen Finanzausgleich wirkt und für den Sie zumindest maßgeblich mit verantwortlich sind, denn das Land gleicht über den Kommunalen Finanzausgleich eben nur den Fehlbetrag bei den Kommunen aus, der durch eigene Steuereinnahmen nicht gedeckt werden kann. Wenn die Steuereinnahmen der Thüringer Kommunen so steigen wie in den zurückliegenden zwei Jahren, dann kann es natürlich keine stetig wachsende Finanzausgleichsmasse seitens des Landes geben. Dennoch weisen wir für die letzten beiden Haushaltsjahre eben dieses Wachstum aus, weil wir nämlich diesen Mechanismus an einigen Stellen aufgeweicht und in vielen Fällen bei Investitionsprogrammen Bundesmittel nicht angerechnet haben, die hätten angerechnet werden können. Auch deshalb ist die Finanzausgleichsmasse 2016 gegenüber 2015 letztlich angestiegen, meine Damen und Herren.
Das sind die Realitäten der Zahlen und die sprechen nun mal für sich. Ich sage an dieser Stelle: Wir haben mit diesem Gesetzentwurf eine Grundlage dafür geschaffen, dass sich die Investitionstätigkeit unserer Kommunen deutlich erweitern kann. Ich will nicht verschweigen, dass bei der Anhörung ein Punkt der Kritik dann doch gekommen ist, den ich durchaus nachvollziehen kann, dem aber aufgrund der Besonderheit der Situation nicht entsprochen werden konnte. Die kommunalen Spitzenverbände hätten sich gewünscht, einen deutlich größeren Anteil dieses gesamten Investitionspakets als
Pauschalen auszuweisen. Das war in der Tat eine Forderung und wir haben das auch wirklich intensiv geprüft und haben letztendlich entschieden, die Ausreichung der Mittel doch an bestehende Förderprogramme zu koppeln.
Gut. Das heißt also, das Investitionspaket, das hier vorliegt – ich kann mich da nur noch mal wiederholen –, ermöglicht den Kommunen in Zukunft, ihre Investitionen noch einmal deutlich zu erweitern. Und, meine Damen und Herren von der Opposition, dem sollten Sie nicht im Wege stehen.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Kellner, es ist immer wieder eine Herausforderung, unmittelbar nach Ihnen reden zu dürfen.
Ich könnte jetzt viel dazu sagen, ich versuche aber mal, bei dem ideellen Fahrplan,
den ich mir zu dem Thema selbst gegeben habe, zu bleiben. Ich wollte mit einer Fragestellung beginnen: Ich weiß nicht, ob die Damen und Herren Abgeordneten den Unterschied zwischen Straßenausbaubeiträgen und Darmspiegelungen kennen. Kennt keiner. Die sind ungefähr gleich beliebt. Und dieser Beliebtheitsgrad bei den Straßenausbaubeiträgen dokumentiert sich nun schon in einer langen Zahl von Jahren, in denen es Proteste von Bürgerinnen und Bürgern gegeben hat über – ich sage jetzt bewusst – vermeintliche Ungerechtigkeiten bei dem Thema. Meine Damen und Herren, ich kann leider nicht anders, aber ich will an dieser Stelle der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dieses Thema für die nächsten Monate, vielleicht Jahre das Licht dieses Plenarsaals nicht wieder erblickt.
Ich will noch einen kleinen Exkurs in die Geschichte dieses Themas machen. Diese Ungerechtigkeiten, die ich angesprochen habe, existieren in der Tat. Vielleicht weiß das manch einer nicht mehr, hat es vergessen, bewusst oder auch unbewusst, manch einer kann es vielleicht auch nicht wissen: In den 90er-Jahren gab es eine Praxis staatlichen Handelns, die zu genau jenen Ungerechtigkeiten geführt hat. Diese staatliche Praxis bestand darin, dass man Kommunen durch Rechtsaufsichten gebilligt und durch Ministerien sanktioniert erlaubt hat, Investitionen im Straßenausbau zu tätigen, auch – nicht nur, aber im Wesentlichen – auf kreditfinanzierter Basis ohne die entsprechenden Gesetzlichkeiten, die schon seit dem August 1991 für Thüringen gegolten haben. Da wurde das Kommunale Abgabengesetz mit einer Pflicht zur Erhebung von Beiträgen bei Investitionen in Straßen verabschiedet. Ich lasse jetzt mal die leitungsgebundenen Einrichtungen der Kürze halber weg. Diese Inkonsequenz hat sich im Laufe der Jahre aufgebaut – man könnte auch sagen, aufgeschaukelt. Es gab Kommunen, die teilweise sehr eng beieinander lagen – damals war die Struktur auf der gemeindlichen Ebene noch deutlich kleinteiliger, als sie heute ist, die einen in dem einen Ort, in der einen Gemeinde mussten zahlen und die anderen eben nicht. Und
daraus erwuchs Protest. Da kann man sagen: berechtigterweise Protest. Es gab schon seit Mitte der 2000er-Jahre Versuche – man kann sagen, verschiedener Landesregierungen, verschiedener Couleur und Zusammensetzungen –, diese Ungerechtigkeiten zumindest anzugehen oder vielleicht sogar zu beseitigen. Die Erkenntnis, die wir heute haben, ist: Sie lassen sich leider nicht mehr beseitigen. In der letzten Legislatur, die Kollegen der CDU-Fraktion werden sich sicherlich noch daran erinnern, sind wir das Thema auch angegangen. Einen Schritt habe ich vergessen, der ist ganz wichtig, das ist die Rechtsprechungsrealität, die uns dann ereilt hat. Es gab dann Gerichtsurteile, die haben den winzigen Faden der Hoffnung, der in dem damaligen Gesetz formuliert war, nämlich, die Gemeinden sollen Beiträge erheben, zu einem Ermessen konstruiert, das nach damaliger vermeintlicher Rechtsauffassung auch praktiziert wurde. Die Gerichte haben spätestens mit dem Urteil von 2006 – meine ich, wäre es gewesen –, dem sogenannten Benshäuser Urteil, das „sollen“ in ein „müssen“ verwandelt. So war dieser Ermessensspielraum schlicht und ergreifend nicht mehr vorhanden. Aus dieser Tatsache heraus gab es Bestrebungen und resultierend daraus war natürlich die kommunale Praxis in der Realität, dass jetzt all die Kommunen, die bisher noch keine Beiträge erhoben hatten, aber in ihre Straßen investiert hatten, sozusagen im Nachgang diese Beiträge aus Gründen – das sage ich mit vollem Fug und Recht – der Gerechtigkeit hätten erheben müssen. Da gab es an dieser Stelle noch mehr Proteste. Wir haben uns in der letzten Legislatur in der CDU-SPD-Landesregierung und Koalition wirklich über viele Monate, denke ich, vielleicht sogar mehr als ein Jahr Gedanken gemacht, wie man diesem Problem in irgendeiner Weise beikommen könnte. Auch damals ist schon die Idee der rückwirkenden Beitragsbegrenzung in Form einer Stichtagsregelung geboren worden. Das ist kein neues Kind, was da in dem Gesetzentwurf der jetzigen Koalition vor einigen Monaten aufgeschrieben worden ist. Schon damals waren es nicht zuletzt auch handfeste, man kann sagen relevante juristische Gründe, am Ende sogar verfassungsrechtliche Gründe, die die damalige Koalition davon abgehalten haben, eine solche Regelung ins Kommunalabgabengesetz einzubauen.
Wir haben uns jetzt in dieser Legislatur, weil es auch Verpflichtungen aus einigen Formulierungen des Koalitionsvertrags gibt, des nach wie vor schwelenden Problems anzunehmen und der nach wie vor schwelenden Ungerechtigkeit zu widmen, die darin besteht, dass die einen zahlen sollen, die anderen nicht. Wir haben diesen Versuch gemeinsam mit der Landesregierung gestartet. Ich sage jetzt ganz deutlich und ganz bewusst: Natürlich gab es auch im Vorfeld bei der Entstehung dieses Gesetzentwurfs in der ursprünglichen Fassung Bedenken. Wir haben aber diesen Versuch gewagt. Wir
haben es gewagt. Die Anhörung hat jetzt – das hat Kollege Kellner richtigerweise beschrieben – das Ergebnis gezeitigt, dass es – da muss ich jetzt sagen, aus meiner Sicht, weil ich die Vorgänge von damals noch kenne – nach wie vor die gleichen juristischen und verfassungsrechtlichen Bedenken gibt. Wie damals haben wir in der Koalition gesagt, dass wir diesen Teil des Gesetzentwurfs verwerfen und von einer rückwirkenden Stichtagsregelung absehen. Die zweite Anhörung hat gezeigt, dass sämtliche Anzuhörenden genau diesen Schritt nicht nur begrüßen, einige haben sich sogar gefreut – bis auf die Bürgerinitiative, Kollege Kuschel.
Alle anderen haben sich gefreut, dass wir diesen Schritt nicht gemacht haben. Wir haben aber einen weiteren Schritt getan. Jetzt betreten wir Neuland, meine Damen und Herren. Wir haben uns nicht nur Gedanken gemacht, wie man das Problem in der Vergangenheit lösen kann – es lässt sich juristisch nicht sauber lösen, es würde neue Ungerechtigkeiten erzeugen, das ist auch klar und es war ein Abwägungsprozess, den wir da vorgenommen haben. Jetzt gehen wir den Schritt in die Zukunft und sagen, bis zu dem Zeitraum – jetzt muss ich überlegen, damit ich nichts Falsches sage – 2021 müssten zumindest der Theorie nach alle Kommunen einen Beitrag erhoben haben, jedenfalls die, die in ihre Straßen investiert haben und das sind eigentlich so gut wie alle. Wenn man diesen Schritt annimmt oder zugrunde legt, dann kann man sagen, dann lasst uns eine neue Regelung für die Zukunft ins Auge fassen, die, grob formuliert, so funktioniert, dass wir es den Kommunen in das eigene Ermessen, wenn man so will in das Ermessen der kommunalen Selbstverwaltung stellen, dann Beiträge für Straßeninvestitionen nicht zu erheben, wenn es ihre haushalterische Situation erlaubt. Das kann man als politischen Gedanken aus meiner Sicht legitimerweise tun und ins Auge fassen. Natürlich müssen wir uns auch da ehrlich in die Augen schauen und sagen: Auch das kann dazu führen, dass neue Ungerechtigkeiten möglicherweise auf den Plan kommen. Die Chance aber ist – und das ist der Unterschied zu früheren Regelungen an der Stelle –, dass es wirklich im Ermessen oder in der Entscheidungskraft der jeweiligen Kommune – wenn man so will: der kommunalen Familie – liegt, ob das geschieht.
Die Gefahr – was in der Anhörung von einigen Anzuhörenden aufgeworfen wurde –, dass eine solche Gesetzesänderung, durch die etwas in die Entscheidungshoheit einer Gemeinde gestellt wird, wenn es um Belastungen für Bürger geht, natürlich auch in durchaus populistischer Weise bei kommunalen Wahlkämpfen ins Feld geführt werden kann, die kann man an dieser Stelle, glaube ich, nicht ganz außer Acht lassen. Ich will das auch gar nicht tun, aber es liegt eben an den Bürgerinnen und
Bürgern und an den gewählten Vertretern in den Kommunen selbst, ihre Verantwortung wahrzunehmen, einen solchen Schritt zu gehen, und wenn sie ihn gehen, dann im Einklang mit ihren Bürgerinnen und Bürgern. Das ist die Voraussetzung dafür.
Deswegen, auch wenn ich anfangs – und da mache ich aus meinem Herzen gar keine Mördergrube – mit mäßiger Begeisterung einer solchen Änderung nahegetreten bin, sage ich aus der heutigen Sicht: Ein solcher Schritt ist mutig. Und, meine Damen und Herren von der Opposition, diesen Mut gebührt es eigentlich an der Stelle mal zu unterstützen.
Ich werbe ausdrücklich dafür, diesem Teil des Gesetzes zuzustimmen. Und ich werbe auch dafür, einem zweiten Teil, nämlich dem, was unter TOP 2 a hier subsumiert ist, zuzustimmen – da sind wir beim Thema „Kurbeitrag“ oder „Änderung des § 9 Thüringer Kommunalabgabengesetzes“.
Es war ursprünglich – das müssen wir hier noch mal sagen, Kollege Kellner hat es, glaube ich, vorhin auch berechtigterweise getan – eine Initiative der CDU-Fraktion, dieses Thema aufzunehmen mit einer Änderung des § 9 im Thüringer Kommunalabgabengesetz, um die Möglichkeit zu schaffen, Einnahmen aus Kurbeiträgen für den Öffentlichen Personennahverkehr zu verwenden. Wir haben dieses Anliegen damals nicht deshalb abgelehnt, weil wir den Vorschlag für falsch hielten, sondern weil zunächst ein milderes Mittel als eine Gesetzesänderung zur Anwendung kommen sollte, was uns geboten erschien. Es gab nämlich auch die Rechtsauffassung – die gibt es nach wie vor –, dass die jetzige Gesetzesregelung dies auch schon ermöglicht. Einige Kommunen in Thüringen haben das auch in ihrer kommunalen Praxis gezeigt, dass es möglich ist. Dazu gab es ein klarstellendes Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums, um eben diese Praxis bei allen Kommunen zur Kenntnis zu geben und auch letztendlich durchzusetzen. Das hat aber – das müssen wir uns eingestehen – nicht bei allen so in der Weise gefruchtet. Es gab nach wie vor Fragen und es gab nach wie vor Unsicherheiten bei der Anwendung dieses Paragrafen.
Jetzt spielt in den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ein weiterer Aspekt – und den bitte ich bei der ganzen Debatte nicht außer Acht zu lassen – mit hinein, und zwar die neue Tourismuskonzeption, speziell auch für den Thüringer Wald, die vom Thüringer Wirtschaftsministerium auf den Weg gebracht worden ist. Dort geht es sozusagen um ein ganzheitliches Modell touristischer Vermarktung. Natürlich braucht man, um Tourismus zu vermarkten, auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen. Vor allen Dingen die Kommunen brauchen die
se Ressourcen. Und dem Beispiel anderer Länder folgend eine Tourismusabgabe unter dem bisherigen Begriff, Entschuldigung, wenn ich das so etwas mit einer süffisanten Nebenbemerkung hier aufgreife, Fremdenverkehrsbeitrag – ich weiß, das war die Formulierung auch aus früheren Zeiten, da war es nicht der Tourismus, da war es der Fremdenverkehr – kann man alles Mögliche verstehen.
Natürlich haben wir das Interesse, dass Fremde, die zu uns kommen, auch Verkehr haben. Wie auch immer, das war damit nicht gemeint. Einen Tourismusbeitrag einzuführen war jedenfalls die erklärte Absicht, um eben auch Investitionen der Kommunen in ihre ganz kleinteilige touristische Infrastruktur – nicht ausschließlich damit, aber immerhin – anzuschieben und zu ermöglichen. Deshalb haben wir diese Idee der Verwendungsbreite des ursprünglichen Kurbeitrags erweitert auf einen allgemeinen Tourismusbeitrag, der wieder im Ermessen der Kommunen liegt. Ob dieser Beitrag von den Gewerbetreibenden in einer Kommune erhoben wird, liegt einzig und allein in der Entscheidungshoheit des jeweiligen Stadtoder Gemeinderats. Wenn er erhoben wird, ist ganz klar vorgegeben, für welche Zwecke er zu verwenden ist, nämlich für die touristische Infrastruktur. Es ist auch ausgeschlossen in unserem Gesetzentwurf, dass diese Einnahmen beispielsweise, wenn die Kommune – ob nun verschuldet oder unverschuldet – in Haushaltsnotlagen oder in die berühmt-berüchtigte Haushaltssicherung hineinrutscht, dass diese Einnahmen sozusagen auf ihre allgemeinen Einnahmen angerechnet werden. Das haben wir also auch ausgeschlossen. Diese Sorge gab es nämlich. Wenn ich mir das Ergebnis der Anhörung noch einmal in Erinnerung rufe – ja, der Gemeinde- und Städtebund war gegen die Einführung. Das kann man nicht anders sagen, aber samt und sonders alle anderen mit dem Tourismus mehr oder weniger befassten Institutionen und Anhörungsvertreter – auch aus anderen Bundesländern – haben die Einführung dieses Beitrags befürwortet, sodass wir uns in unserer Absicht an der Stelle bestärkt sehen. Ich bitte noch mal ganz herzlich in alle Fraktionen hinein, dass Sie dazu bereit sind, diesen für die Weiterentwicklung unseres Tourismus in Thüringen aus unserer Sicht sehr notwendigen Schritt mitzugehen. Deswegen bitte ich auch für diesen Teil des Kommunalabgabengesetzes um Ihre Zustimmung. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst bedaure ich es wirklich sehr, dass der feuerwehrpolitische Sprecher der CDU-Fraktion heute leider nicht anwesend ist. Ich meine das wirklich ernst, das ist jetzt kein Spaß. Der Kollege Fiedler, wir alle kennen sein Engagement, gerade für die Feuerwehren, auch persönlich. An der Stelle will ich etwas tun, was er in seiner Rede am Anfang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch getan hätte. Ich will mich bedanken bei allen ehrenamtlichen Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren, nicht zu vergessen auch die Feuerwehrvereine, für ihren Einsatz – ich bin mal so mutig zu behaupten, das im Namen des gesamten Hauses tun zu können –, die wirklich Tag für Tag dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Sachen Brandschutz wirklich ruhig schlafen können. Ich denke, das können wir auch mal entsprechend akustisch dokumentieren.
Lieber Herr Walk, eine ganz kleine Korrektur: Sie haben vollkommen recht, es ist heute wirklich ein besonderer Tag, es ist ein Zufall, aber es ist ein schöner Zufall, der Tag des Heiligen Sankt Florian wurde vor einigen Jahren genutzt, um den Internationalen Tag der Feuerwehrleute – nicht der Feuerwehren, sondern der Feuerwehrleute – zu begehen. Das hat einen ganz konkreten Hintergrund, es waren australische Feuerwehrleute, die vor einigen
Jahren ums Leben gekommen sind. Nur eine ganz kleine Korrektur, aber ich denke, das sollte sein.
Ich habe mal – und das tue ich wirklich selten oder eigentlich gar nicht – den Antrag der CDU mit nach vorn gebracht. Das hat einen ganz bestimmten Grund. Er gefällt mir nämlich ganz gut, das sage ich ganz offen und ehrlich. Das, was hier aufgelistet ist, sind in der Tat, und da brauchen wir uns nicht gegenseitig mit irgendwelchem Schönreden zu beehren, die Dinge, die die Feuerwehrleute, die Kameradinnen und Kameraden, auch die Kommunen vor Ort beschäftigen – völlig klar –, und deswegen vorab gleich auch von mir die Perspektive, dass wir diesen Antrag im Innenausschuss behandeln sollten und – vielleicht als Anregung von mir – dazu auch den Landesfeuerwehrverband oder auch den einen oder anderen Verantwortlichen aus den Kreisen dazu einzuladen, um wirklich die Problemlagen vor Ort nicht nur zu ergründen, sondern auch Perspektiven zu geben, was wir in den nächsten Jahren zu verbessern haben.
Die Punkte, die Sie hier von a) bis i) aufgelistet haben, sind tatsächlich relevant, ich würde sie sogar noch um zwei Punkte erweitern. Das eine, und das ist ganz wichtig, wir haben das vor Kurzem beim letzten Feuerwehrtag auf der Messe erlebt, vom Landesfeuerwehrverband eingeladen, dort war das Thema der Brandschutzbildung für Kinder und Jugendliche ein ganz vorherrschendes Thema, dazu hatten wir uns auch als Landtag in vergangenen Legislaturperioden schon öfters positioniert und da müssen wir auch endlich, wie man so schön sagt, liefern. Das wäre ein Punkt, den ich gern noch mit aufnehmen würde. Wir haben jetzt eben in den Begründungen der beiden Kollegen für ihre Anträge, aber auch vom Staatssekretär gehört: Natürlich spielt bei der Frage der Nachwuchsgewinnung oder überhaupt generell der personellen Besetzung unserer freiwilligen Feuerwehren und natürlich in der Vorstufe in den Jugendfeuerwehren eine Rolle, dass wir die demografische Entwicklung hier nicht ganz außen vor lassen können. Ich erlebe das auch von anderer Seite, ich bin in einem meiner Ehrenämter auch im Landkreis bei uns für Sportstrukturen mit zuständig. Dort gibt es genau die gleichen Schwierigkeiten beim Übergang vom Kinder- und Jugendalter in das Erwachsenenalter, wenn ich allein im Fußballbereich sehe, was mein persönliches Hobby ist, dass in vielen Vereinen sehr aktive Nachwuchsarbeit geleistet wird und dann am Ende die Männermannschaften dastehen und kaum ihre Wettkampfmannschaften vollbekommen. Ähnlich verhält es sich auch beim Übergang von der Jugendwehr in das kommunale Ehrenamt der Freiwilligen Feuerwehr in den Einsatzgruppen in den Kommunen, in den Ortsteilen. Es gibt verschiedene Varianten, wie man das aktivieren kann oder wie man das Interesse hochhalten kann. Ich will nicht sagen, dass es das allein selig machende Mittel ist,
aber wir aus der Feuerwehr und aus dem Feuerwehrverein, den ich bei uns in der Gemeinde, ich glaube, fast 15 Jahre lang geleitet habe, haben eine Erfahrung gemacht, die ich an dieser Stelle nicht verschweigen will. Wie gesagt, es ist sicher nicht der einzige Punkt, aber für unsere Kinder und Jugendlichen in der Gemeinde Auengrund, vor allen Dingen auch wo ich herkomme, aus Schwarzbach, war es eine Frage der Ehre, in die Feuerwehr zu gehen, weil wir den sogenannten Feuerwehrwettkampfsport sehr hochgehalten haben. Manche sagen, das ist ein Relikt aus DDR-Zeiten, aber das sehe ich deutlich anders. Der Feuerwehrwettkampfsport ist sehr gut geeignet. Womit kann man Kinder und Jugendliche am meisten begeistern? Im gegenseitigen Wettstreit im Sport um den Schnellsten, um den Weitesten, um den Höchsten. Ähnlich ist es auch bei den Feuerwehren und mit diesem Engagement im Feuerwehrwettkampfsport, der zugegebenermaßen für den Verein durchaus eine finanzielle Herausforderung war und immer noch ist. Wenn man es schafft, wie unser kleiner Verein, sich bis auf Bundesebene zu qualifizieren, dann wird es richtig teuer. Da wäre auch eine Unterstützung an dieser Stelle durchaus sinnvoll, das will ich auch nicht verheimlichen. Über den Wettkampfsport kann man zum Beispiel Kinder und Jugendliche für die Feuerwehr begeistern. In vielen Jugendwehren der Landkreise wird jedes Jahr der sogenannte Jugendleistungsmarsch durchgeführt. Wenn ich dort hingehe und wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung die Kinder und Jugendlichen dabei sind, dann muss ich sagen, um den Nachwuchs ist mir noch nicht mal so bange. Gerade im ländlichen Raum, in den Dörfern, sind die Kinder in der Feuerwehr, im Sportverein und machen noch andere Aktivitäten, das ist gar nicht das Problem. Das Problem ist in der Tat, die jungen Leute dann aufgrund studentischer oder beruflicher Entwicklung vor Ort zu halten und für die Feuerwehr zu begeistern. Das ist eine Herausforderung, da spielt die Frage der Qualifikation eine ganz große Rolle. Dem muss man sich widmen. An der Stelle will ich auch sagen: Ja, wir haben ein hohes Niveau in der Feuerwehrausbildung in Thüringen, aber ich kenne die Gegebenheiten in der Feuerwehrschule in Bad Köstritz auch aus eigenem Erleben und auch viele unserer Kameraden haben diese Schule schon absolviert. Ich sage mal ganz vorsichtig: Am technischen Stand und vor allen Dingen am Unterbringungsniveau dieser Schule müssen wir wirklich arbeiten, da gibt es durchaus vieles zu verbessern und das sollten wir als Ziel nicht aus dem Auge verlieren.
Kollege Henke hatte von dieser neuesten Investition gesprochen. Ich denke – ich kenne jetzt nicht die genaue Zahl –, es war nicht billig, diesen Brandschutzübungstunnel dort zu installieren. Angesichts der Tunnelketten verschiedener Verkehrswege ist
es, glaube ich, für Thüringen geradezu sinnvoll, so etwas zu haben. Deswegen will ich das überhaupt nicht kritisieren, im Gegenteil, das ist ausdrücklich zu würdigen.
Wie gesagt, deswegen ganz offen: Über die Punkte, die hier aufgelistet sind, müssen wir uns unterhalten. Ob das ein Programm ist, wie das die CDU in ihren Antrag geschrieben hat, oder ob wir uns wirklich gemeinsam mit dem Landesfeuerwehrverband dazu entschließen, eine regelrechte Kampagne aufzulegen, also nicht nur Werbekampagne, das sei mal dahingestellt, das kann man nennen, wie man will. Ich erkenne das Ziel und das ist in Ordnung und das wird von mir und von uns auch unterstützt.
Noch ein paar Sätze zu dem AfD-Antrag: Es ist tatsächlich so, wie der Staatssekretär gesagt hat, meine Damen und Herren. Herr Kollege Henke, Sie sind selber auch kommunal tätig bzw. verwurzelt. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, ich habe mittlerweile zwei, wenn man es genau nimmt drei Stufen unterschiedlichen kommunalen Zusammenwirkens in meiner Gemeinde nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet. Zwei Einheitsgemeindegründungen und dazwischen hatten wir auch mal eine Verwaltungsgemeinschaft. In all diesen Stufen bis heute – und der letzte Zusammenschluss ist etwas mehr als 20 Jahre her – hat es absolut keinen Abbruch in der Entwicklung der Feuerwehren unserer Gemeinde gegeben. Ich kenne auch die Entwicklung in den Nachbargemeinden, bei uns gibt es ja meistens Einheitsgemeinden. Bei den Verwaltungsgemeinschaften, bei den Mitgliedsgemeinden ist die Lage etwas anders, darum muss sich eine 100oder 120-Seelengemeinde selber kümmern, das ist schon deutlich schwieriger. Aber ich sage Ihnen, die neuen kommunalen Strukturen, die damals entstanden sind – das hat eine Weile gebraucht, das gebe ich zu –, haben dazu beigetragen, dass wir heute noch einsatzfähige Truppen in den Feuerwehren haben. Ich weiß nicht, ob das in den kleinteiligen Strukturen, die wir damals hatten, so ausgesehen hätte.
Aber klar, Frau Floßmann, bitte schön. Da kann ich wenigstens mal trinken.
Ich war ja noch nicht fertig.
Liebe Frau Kollegin Floßmann, bei allem Respekt und in allen Ehren, ich verstehe den politischen Hintergrund Ihrer Frage. Ob man in einem neuen Landkreis nun einen, drei oder fünf oder zehn Jugendleistungsmärsche macht oder das so organisiert, dass die Jugendlichen an einen Ort kommen – also wirklich, das dürfte nun heutzutage kein Problem mehr sein.
Wenn der Leistungsmarsch für Jugendfeuerwehren ein Kriterium für das Ausbleiben einer Kreisgebietsreform sein soll, dann wäre es wirklich schlecht um uns bestellt – das nur nebenbei.
Ich war noch nicht ganz fertig, um auf den Antrag der AfD-Fraktion einzugehen. Ich will Ihnen sagen, dass die Strukturen, die damals entstanden sind, eher dazu beigetragen haben,
die Stabilität der gemeindlichen Strukturen in der Feuerwehr zu festigen. Man kann der Meinung sein, ja, das mag damals so gewesen sein und das wird auch diesmal so sein. Wir haben eine Entwicklung von 20 Jahren. Ich habe das erlebt: Am Anfang gab es einen Ortswehrführer in jedem Ortsteil, der neu dazugekommen ist. Mittlerweile hat sich die Struktur wirklich so entwickelt – und das ganz von allein, ohne dass da irgendeiner gesagt hat, ihr müsst das jetzt machen, weil ihr sonst kein Geld mehr kriegt. Nein, die Bürgermeister, die Gemeinderäte haben die Wehren an der Stelle unterstützt, und sie sind von allein auf Strukturen gekommen, die – und das ist nun mal bei der Feuerwehr so, wo es auch um Befehlsgewalten geht – hierarchisch aufgebaut, aber eben auch effizient sind. Ich kann
da nur Positives berichten. Das wird auch in Zukunft in größeren gemeindlichen Strukturen nicht anders sein, davon bin ich überzeugt.
Die Ressourcen, die wir haben, die müssen wir an dieser Stelle bündeln, gerade bei der Feuerwehr – ob das Technik ist, es kann sich nicht jeder einen Tanklöscher für 300.000 Euro hinstellen. Das, glaube ich, dürfte klar sein an dieser Stelle. Deswegen finde ich Ihr Untergangsszenario, das Sie in dem Antrag mehr oder weniger beschreiben, schon ein bisschen daneben und würde auch dafür plädieren, Ihrem Alternativantrag nicht zuzustimmen. Den Antrag der CDU-Fraktion – wie gesagt, da komme ich auf meine Eingangsbemerkung zurück – würde ich gern im zuständigen Ausschuss zur weiteren Bearbeitung sehen. Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Der Titel dieser Aktuellen Stunde „Chancen der Freiwilligkeit nutzen“ – die gesamte Politik besteht aus einem Abwägen von Chancen und Risiken. Es gab übrigens mal einen großen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, der gesagt hat: Nur wer Risiken eingeht, hat auch Chancen. – So weit will ich an der Stelle gar nicht gehen. Es ist aber auf jeden Fall ein Motto, was an der Stelle auch weiterhilft.
Freiwilligkeitsphase: Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass eine Freiwilligkeitsphase im Zuge einer Gebietsreform auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichts zurückgeht. Das dürfte, glaube ich, bekannt sein. Schon in den 90er-Jahren hat aber das Gericht in einem speziellen Fall allgemeine Grundsätze für das Ablaufen künftiger Gebietsstrukturveränderungen aufgezeigt. Ein ganz wesentliches Element einer solchen Reform – auch das hat das Gericht als Vorgabe ge
macht – nach einer öffentlichen Leitliniendiskussion – auch das haben die Koalition und die Regierung getan – ist: Im Anschluss daran hat sich eine Freiwilligkeitsphase zur Neugliederung anzuschließen. Genau in dieser Phase befinden wir uns jetzt. Wir geben den Kommunen die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vorgaben, die das Vorschaltgesetz macht, freiwillig zu neuen Körperschaften zusammenzufinden. Wenn jetzt politisch Verantwortliche dieses Landes in unserem Freistaat umherfahren und den Bürgermeistern, den Gemeinderäten, den Stadträten erzählen: „Ihr braucht an der Stelle nichts zu tun“ – der Kollege eben hat es treffend ausgedrückt: eine konkrete Aufforderung, wenn man so will, zum gesetzwidrigen Handeln –, dann ist das mit „fahrlässig“ vollkommen unzureichend beschrieben.
Das ist eine Vorgehensweise, meine Damen und Herren, die ist schon bewusst destruktiv angelegt. Ich halte Ihnen vor, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie an dieser Stelle Ihrer landespolitischen Verantwortung und der Verantwortung als Opposition insgesamt in keiner Weise nachkommen.
Darüber sollten Sie wirklich mal ernsthaft nachdenken.
Sie dürfen Ihre Meinung sagen, so oft und so viel Sie wollen, daran wird Sie niemand hindern, Herr Kollege. Das können Sie mir glauben. Aber Sie werden gestatten, dass ich meine Meinung über Ihr Vorgehen an dieser Stelle auch ganz deutlich zum Ausdruck bringe.
Wenn wir dann im Zuge dieses Verfahrens den Kommunen die Möglichkeit geben – das ist zwar nicht das vordergründige Ziel, wie uns immer unterstellt wird –, auch finanzielle Zuwendungen auf diesem Weg mit in Anspruch zu nehmen, und die Kommunen aber aufgefordert werden, genau das nicht zu tun, dann bekommt der Begriff des „destruktiven Verhaltens“ an dieser Stelle noch mal eine ganz neue Dimension.
Sie verhindern oder beabsichtigen zu verhindern, dass wir die Strukturen unseres Freistaats Thürin
gen so neu ordnen, dass am Ende diejenigen einen Mehrwert davon haben, für die diese Reform gedacht und gemacht ist, nämlich für die Bürgerinnen und Bürger, meine Damen und Herren. Das ist der Vorwurf, den ich an dieser Stelle erhebe. Davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werter Herr Kollege Fiedler, Sie haben Ihrer Aktuellen Stunde in der Tat den richtigen Titel verpasst. Was Sie hier vorgetragen haben, es war wirklich nichts als heiße Luft.
Es war wirklich nichts mehr als absolut heiße Luft.
Sie verdrehen die Tatsachen, um Ihren Argumenten damit eine stärkere Überzeugungskraft zu verleihen. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Das wird nicht greifen, das wird nicht gelingen. Was ist denn eigentlich tatsächlich passiert? Im Übrigen, bei Ihrer Vorgehensweise fällt mir ein Beispiel ein, das wir aktuell leider in der internationalen Politik zur Kenntnis nehmen müssen. Ihre Argumentation und Ihre Vorgehensweise bei dem Thema erinnert mich schon an die Schaffung alternativer Fakten in einem uns gut bekannten Land. Ich finde, das haben noch nicht einmal Sie verdient, dass Sie so vorgehen. Was ist tatsächlich passiert, meine Damen und Herren?
Was ist tatsächlich passiert? Welchen Vorgang meinen Sie mit „heißer Luft“ betiteln zu müssen?
Es hat das Angebot des Ministerpräsidenten gegeben – übrigens abgestimmt in der Koalition –, den Initiatoren des Volksbegehrens gegen die Gebietsreform ein Angebot in der Weise zu unterbreiten, dass wir sagen: Wir nehmen wahr, dass die größte
Kritik in Bezug auf die Aufgabe der politischen Selbstständigkeit vor allem von Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften im Land besteht, und wir bieten euch an, darüber zu reden, ob es Sinn macht, ein neues Rechtsinstitut, nämlich die Verbandsgemeinde, einzuführen. Mit diesem Mandat der Koalition hat der Ministerpräsident einen Brief geschrieben an die Initiatoren mit der Bitte, im Gegenzug – und natürlich ist das legitim, auch zu sagen, wir machen euch ein Angebot, aber erstens müsst ihr wollen und zweitens, wie können wir darüber reden, was dieses Volksbegehren insgesamt betrifft? Es gab dieses Angebot der Verbandsgemeinde – inwieweit seid ihr eigentlich legitimiert, über ein solches Modell mit uns zu reden? Da waren Sie es, Herr Kollege Fiedler, der gesagt hat: Die Mädels haben überhaupt nichts zu sagen; die dürfen gar nicht;
die haben kein Mandat, die dürfen nichts sagen. Und Sie hatten auch keins!
Meine Damen und Herren, so wird nämlich ein Schuh daraus. Das Gesprächsangebot des Ministerpräsidenten wurde von den Initiatoren des Volksbegehrens insoweit abgelehnt, dass sie sagen: Wir haben nicht das Mandat, über ein neues Rechtsinstitut zu reden,
unser Ziel ist nach wie vor die Abschaffung des Vorschaltgesetzes. Das ist ihr Ziel und dabei bleiben sie! Das kann aber nicht die Grundlage eines fairen Gesprächsangebots sein. Deshalb sind diese Gespräche gescheitert, und zwar auf Veranlassung der Initiatoren des Volksbegehrens, meine Damen und Herren.
So herum war die Geschichte und nicht anders. Das lässt sich auch schriftlich dokumentieren, wenn Sie darauf Wert legen.
Aber ich glaube, das interessiert Sie letztendlich gar nicht. Sie versuchen, Stimmung zu machen, und Sie versuchen, die Gebietsreform insgesamt madig zu machen.
Wir haben ja vorhin darüber diskutiert, dass Sie nichts auslassen, sogar die Gemeinden dazu ermuntern, sich rechtswidrig zu verhalten. Das, meine
Damen und Herren, wirft ein bezeichnendes Licht auf Sie. Ich muss schon sagen, mit derart primitiven Argumenten hier den Thüringer Landtag zu befassen, das ist schon ein starkes Stück. Das ist wirklich heiße Luft, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt ganz konkret zwei aktuelle Anlässe – wir befinden uns ja immer noch beim Thema „Aktuelle Stunde“ – für dieses Thema „Demografische Entwicklung“, das auf den ersten Blick es möglicherweise an Aktualität etwas mangeln lässt. Aber das ist eben nicht so. Wir haben dieses Thema aus zwei Gründen beantragt: Zum einen hat in der letzten Woche Frau Ministerin Keller den Demografiebericht 2016 vorgelegt und zum anderen haben wir zur Kenntnis genommen, dass der eine oder andere Kommunalpolitiker vor Ort durchaus geneigt ist, diese Ergebnisse des Demografieberichts zu ignorieren, zu negieren und nicht die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Deshalb dieses Thema jetzt an dieser Stelle.
Ich will ganz kurz die wesentlichen Eckdaten dieses Demografieberichts nennen, der sich nicht so weltbewegend von den Zahlen des Jahres 2015 unterscheidet. Es bleibt dabei, die Bevölkerungsentwicklung in den nächsten 20 Jahren für Thüringen ist leider degressiv, und zwar in einem erheblichen Maße, so wie wir uns das möglicherweise vor 20 Jahren nicht haben vorstellen können. Aber das ist genau der Punkt, auf den ich hinweisen möchte. Wer sich heute hinstellt und sagt, dass unsere Kindergärten, unsere Schulen voll sind und wer weiß, wer alles diese Statistik gefälscht hat – das haben wir alles in den letzten Wochen und Monaten zur Kenntnis genommen –, das ist eben der Punkt, den ich mit einem Vorgehen vergleiche, wie es bestimmte Vögel in der Wüste zum Anlass nehmen, wenn Gefahr droht, den Kopf in den Sand zu stecken. So kann man natürlich den Herausforderungen der Zukunft nicht gerecht werden, meine Damen und Herren.
Diese rund 1,9 Millionen Einwohner, die in 20 Jahren hier in Thüringen noch leben werden – und wer das anzweifelt, der schaue sich nur mal die Statistik von 1995 bis 2015 an. Diese Entwicklung war regional natürlich etwas unterschiedlich, aber im Wesentlichen ist das genau so eingetreten. Wenn wir
dann zur Kenntnis nehmen, dass sich von diesen rund 1,9 Millionen Einwohnern knapp die Hälfte im erwerbsfähigen Alter befinden, also genau diejenigen sein werden, die erstens die Kinder kriegen sollen, auf die wir uns alle freuen, und zweitens die Steuern zahlen sollen, von denen wir auch unter anderem öffentliche Verwaltung zahlen sollen, dann kann einem schon in gewisser Weise angst und bange werden. Wer da als verantwortlicher Landespolitiker keine Vorsorge trifft und keine Politik an den Tag legt, die auf eine solche Entwicklung abstellt, der wird seiner Verantwortung nun wirklich nicht gerecht.
Die Koalition von Rot-Rot-Grün macht genau dies eben nicht. Wir werden mit dieser vorhin schon mehrfach diskutierten Funktional-, Verwaltungsund Gebietsreform genau diese Entwicklung aufnehmen. Es ist ja nicht nur die Bevölkerungsentwicklung, die uns Sorgen bereitet. Auch die finanzpolitischen Rahmenbedingungen werden sich nicht zuletzt auch wegen der Bevölkerungsentwicklung – für Kenner der Materie sei an der Stelle angemerkt, es gibt schon einen Zusammenhang zwischen der Einwohnerzahl und den Zuweisungen im Länderfinanzausgleich; ich will das nicht weiter vertiefen, sonst würde die Zeit nicht ausreichen. Wir haben es mit dem Auslaufen einiger Finanzierungsgrundlagen zu tun, Stichwort „Solidarpakt II“, und wir haben eine Degression im erheblichen Maße bei Europäischen-Strukturfonds-Mitteln zu verzeichnen. All das zusammengenommen zeigt uns eine Entwicklung, auf die wir mit der Umgestaltung unserer Strukturen im Land und bei den Kommunen reagieren. Das ist genau der Hintergrund, warum wir dieses Thema heute noch einmal zum Aufruf gebracht haben. Es hilft nichts, sich vor diesen Tatsachen zu verstecken, diese zu negieren.
Das würde uns wirklich zwangsläufig sowohl in ein finanzpolitisches, aber überhaupt in ein landespolitisches Chaos führen, Herr Kollege Mohring. Das ist so, das wissen Sie auch. Sie haben in der Vergangenheit auch das eine oder andere versucht an der Stelle, aber Sie konnten...
Ja, ja, es war nicht alles schlecht – genau, das stimmt.
Meine Damen und Herren, an der Stelle will ich meinen Beitrag beenden.
Ich glaube, es ist für Sie deutlich geworden, worauf es ankommt. Verantwortung wahrnehmen, das ist das, was diese Koalition tut, und daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Abgeordnete, kommen wir zu etwas Erfreulichem: Jetzt gibt es Geld.
Die Koalitionsfraktionen legen einen Gesetzentwurf vor, der hat einen etwas sperrigen Titel, das will ich gern zugeben, aber es sollen sich eben auch in vielen Bereichen diese finanziellen Zuwendungen abbilden, also ein Gesetz für kommunale Investitionen zur Förderung von Bildung, Digitalisierung, Kultur, Umwelt sowie der sozialen Infrastruktur. Man könnte es auch in der Kurzform als kommunales Investitionspaketgesetz bezeichnen. Es verfolgt ein ganz konkretes Ziel, nämlich die finanziellen Spielräume, die sich gottlob – kann man sagen – im Ergebnis des Jahresabschlusses des Landes ergeben haben, in den Jahren 2017 und 2018 für zusätzliche – die Betonung liegt ausdrücklich auf „zusätzliche“ – kommunale Investitionen zu verwenden. Wir sind im Übrigen der Auffassung, dass es der richtige Weg ist, einen Teil der Überschüsse des Landes für eben diese zusätzlichen Investitionen, und zwar ganz konkret bei den Kommunen bzw. für die Kommunen, auszugeben. Das Ganze hat, wenn man so will – wer die öffentlichen Verlautbarungen der letzten Wochen verfolgt hat –, zwei Säulen. Das eine ist unser eben erwähntes 100 Millionen starkes kommunales Investitionspaket und das andere ist ein 275 Millionen schweres Investitionsprogramm für das Land, das sozusagen zusätzlich aufgelegt wird. Entgegen allen Unkenrufen, meine Damen und Herren, wird mit diesen Weichenstellungen eben gerade nicht die Kasse des Freistaats Thüringen geplündert, wie es so einige gern darstellen möchten. Es ist – lassen Sie mich das mit besonderer Betonung hier formulieren – ein finanzpolitischer Dreiklang aus Investitionen in die Zukunft des Landes, finanzpolitischer Vorsorge und einer angemessenen Tilgung von Schulden.
Ich will an dieser Stelle nicht auf die einzelnen Positionen eingehen. Nachher werden wir das in der Aussprache noch etwas detaillierter machen. Ich will an der Stelle nur noch darauf hinweisen, dass dieses Programm, dieses 100-Millionen-Investitionsprogramm für die Kommunen in erster Linie darauf ausgelegt ist, für bereits vorhandene Förderprogramme des Bundes und auch des Landes die kommunalen Eigenanteile darzustellen, nicht nur, aber eben auch und vor allen Dingen auch in einem Bereich, wo der Bund im Moment relativ viel Geld in die Hand nimmt, nämlich bei den Schulinfrastrukturen. Wir haben uns entschlossen, dass ein Teil dieses Pakets für den Eigenanteil der Kommunen genommen werden kann, um diese Schulinfrastrukturinvestitionen, die der Bund zur Verfügung stellt, auch kofinanzieren zu können. Ich glaube, wer daran etwas auszusetzen hat, der sucht nun wirklich das berühmte Haar in der Suppe.
Ich will mich an dieser Stelle bei unseren Koalitionspartnern, der Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, ausdrücklich bedanken, dass wir uns in einem sehr, sehr konstruktiven Prozess auf dieses Paket haben verständigen können. In diesem Sinne freue ich mich auf die nun folgende Aussprache. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Herr Abgeordneter Kießling von der AfD-Fraktion, dass Sie uns jetzt für dieses Kommunalinvestitionspaket
loben, das haben wir nun weiß Gott nicht gewollt. Das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen.
Und Ihre finanzpolitischen bzw. kommunalfinanzpolitischen Kenntnisse haben Sie ja „eindrucksvoll unter Beweis gestellt“. Da schweigt ja nun wirklich des Sängers Höflichkeit, da näher darauf einzugehen. Ich will das Augenmerk, meine Damen und Herren, auf etwas anderes lenken, und zwar, da mag einer sagen, jetzt schon wieder die Statistik, aber die Statistik ist nun mal auch eine wichtige Grundlage für politisches Handeln, meine Damen und Herren. Die Statistik hat uns im Februar 2017 die Auswertung der kommunalen Haushalte des Jahres 2015 beschert. Und siehe da, was ist das Ergebnis? Die Einnahmen lagen um exakt oder ziemlich genau 24 Millionen Euro höher als die Ausgaben. Das nennt man, rein mathematisch gesehen, einen Überschuss. Also die Kommunen haben für das Jahr 2015 einen Einnahmenüberschuss erwirtschaftet. An der Stelle lohnt es sich wirklich noch mal zurückzublicken, mal einen Moment innezuhalten und sich zu erinnern: Als wir, als diese Koalition damals gestartet ist im Herbst 2014, im Spätherbst, haben wir im Frühjahr 2015 ein erstes – zugegeben durchaus schnelles – kommunales Hilfspaket auf den Weg gebracht. Wenn ich mich richtig erinnere, was uns da die Opposition und auch der eine oder andere Vertreter der Spitzenverbände alles an Argumenten entgegengehalten hat – da wurde von altem Geld geredet, worauf noch Ansprüche bestehen, es wurde neues, frisches Geld propagiert. Daran können wir uns alle noch gut erinnern. Es wurde da ein Popanz aufgebaut, da wurde gestritten, alles in einen Topf geworfen und kräftig umgerührt.
Mit zwei Jahren Abstand, mit durchaus sachlicher und nüchterner Betrachtung und unter Zugrundelegung der Analyse des Landesamts für Statistik können wir sagen – so frei sind wir dann eben auch in der Beurteilung –, dass dieses damalige kommunale Hilfspaket seine Wirkung durchaus erreicht hat. Der Überschuss, von dem ich eben geredet habe, ist dafür natürlich ein ganz beredtes Zeugnis. Ich bin mir sicher, dass sich diese Entwicklung auch in den Endabrechnungen des Folgejahres, speziell 2016, belegen lassen wird. Nun ist es ja so, meine Damen und Herren, wenn trotz dieses erwirtschafteten Überschusses bei der kommunalen Familie bei vielen Städten und Gemeinden das Geld trotzdem nicht reicht, drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass es da noch etwas anderes geben muss, was nicht stimmt. Da sind wir wieder bei den strukturellen Problemen, die wir vor allem in der kommunalen Familie haben. Der Kommunale Finanzausgleich kann die bestehenden Unterschiede in der Steuerkraft – die haben natürlich auch etwas mit Strukturen zu tun – nicht wirklich ausgleichen. Wenn man es genau betrachtet, würde ich aus mei
ner Sicht sagen, es ist eigentlich beides der Fall. Mit den Finanzausgleichsänderungen für die Jahre 2016 und 2017 haben wir versucht, dieses Ausgleichssystem weiter auszutarieren und noch ein Stück gerechter zu machen. Die absolute Gerechtigkeit gibt es an dieser Stelle sicher nicht. Die Tatsache, dass die Anzahl der Gemeinden ohne genehmigten Haushalt im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr von 78 auf 63 gesunken ist – immer noch zu viel, gar keine Frage –, könnte zumindest ein Indiz dafür sein, dass diese Änderungen wirklich gegriffen haben.
Meine Damen und Herren, ich habe diesen kleinen Abstecher in den Kommunalen Finanzausgleich ganz bewusst an den Anfang meiner Ausführungen gelegt, um zu verdeutlichen, dass zwischen dem kommunalen Hilfspaket von 2015 und dem, was wir jetzt als Gesetzentwurf hier dem Thüringer Landtag auf den Tisch legen, doch ein ganz gravierender Unterschied besteht. 2015 mussten wir helfen, die Kommunen insgesamt zu stabilisieren, und 2017 wollen wir helfen, mit Investitionen zusätzliche Wachstumsimpulse zu schaffen und den durchaus vorhandenen Investitionsstau zu verringern. Das ist das Ziel dieses Gesetzes, das wir von heute an hier auf den Weg bringen.
Wodurch wird das möglich? Es wird möglich durch im Moment durchaus gut sprudelnde Steuerquellen – die Steuereinnahmen des Landes haben sich erhöht –, aber durchaus auch – das sage ich mit Blick auf die Finanzministerin – durch das kluge und sparsame Wirtschaften dieser Landesregierung. Der positive Jahresabschluss 2016 – wer sich übrigens näher damit befasst: es ist wohl der beste Jahresabschluss, den Thüringen jemals in seiner jungen Geschichte erwirtschaftet hat –
in Höhe von 23,6 Millionen – ich habe es erwähnt, knapp 24 Millionen Euro – ist auf die höheren Einnahmen zurückzuführen. Es hat aber auch – und das ist eben auch Ausdruck des Sparwillens – Minderausgaben in Höhe von fast 560 Millionen gegeben und davon allein rund 73 Millionen bei den Personalausgaben. Angesichts dieses Jahresergebnisses, meine Damen und Herren, sind Gedankenspiele oder Überlegungen, was man mit dem Geld nun sinnvollerweise anfängt, durchaus nachvollziehbar, ich würde sagen, sie sind sogar selbstverständlich.
Die vorgesehenen Investitionen – ich habe es vorhin in meiner Einbringung kurz erwähnt – gliedern sich in zwei Pakete: Das erste Paket, das jetzt in Rede stehende kommunale Investitionspaket im Gesamtumfang von 100 Millionen Euro, bringen wir
jetzt auf den Weg. Dazu kommt ein Investitionspaket des Landes, das für den Doppelhaushalt 18/19 zusätzlich zum eigentlichen Haushaltsbudget noch einmal 275 Millionen Euro für Investitionen in Hochschulen, in Schulen, in den Breitbandausbau, in den Klimaschutz, in Landesimmobilien und viele weitere Bereiche bereitstellen soll.
Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle durchaus auch erwähnen – ich will auch kein Geheimnis darum machen –: Bei der Ausgestaltung dieses Pakets hätte ich mir persönlich und hätten sich meine Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion gewünscht, dass wir stärker oder eigentlich mehr Pauschalen, Investitionspauschalen ausgereicht hätten. Warum hatten wir diese Idee oder hatten wir diesen Vorschlag? Weil natürlich gerade für das Jahr 2017 mit Blick auf die Ausreichung über Investitionspauschalen eine schnellere und deutlich höhere Wirksamkeit nach unserer Auffassung für das Ausgeben auch dieses Geldes hätte vereinbart werden können. Wir haben uns aber dazu entschlossen, in diesem Programm, das jetzt vorliegt, insgesamt bestehende Förderprogramme aufzustocken, aber vor allem – und das hatte ich am Anfang auch erwähnt – eben dafür zu sorgen, dass diese Investitionen durch die Kommunen überhaupt erst abgerufen werden können, indem wir nämlich die kommunalen Eigenanteile nahezu vollständig, nicht in allen Bereichen, aber nahezu vollständig übernehmen.
Und zu den Förderbereichen, in die diese zusätzlichen Mittel fließen sollen, gehört der Breitbandausbau. Da ist es ja so – nur mal um ein Beispiel zu nehmen –, da liegt jetzt für dieses und nächstes Jahr allein in dem Bereich der Eigenanteil für die Kommunen bei rund 30 Millionen Euro, der aufgebracht werden muss. Insgesamt liegen die Investitionssummen bei etwas mehr als 80 Millionen Euro. Wir schlagen vor, innerhalb dieses Pakets mehr als die Hälfte, nämlich 16 Millionen Euro, zur Verfügung zu stellen, damit die Kommunen ihren Eigenanteil für den Breitbandausbau deutlich aufstocken können. Es gehört daneben dazu: Investitionen in den Brandschutz. Was meinen wir da? Natürlich wissen wir, dass das eine oder andere Feuerwehrgerätehaus sanierungsbedürftig ist, aber das vordergründige Ziel dieser Mittel, die wir jetzt zur Verfügung stellen, ist: Es soll den Kommunen ermöglichen, vor allem auch in die persönliche Schutzausrüstung unserer Feuerwehrkameradinnen und -kameraden zu investieren.
Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt und da haben wir durchaus unterschiedliche Qualität; ich will da niemandem zu nahe treten, aber der Investitionsbedarf hier ist ganz offenkundig.
Der Kulturbau sei an dieser Stelle erwähnt und die Denkmalpflege, vor allen Dingen auch der Bereich der Kindertagesstätten. Hier geht es uns nicht um die Investition in die Baulichkeiten, sondern eben darum, die Qualität der Kinderbetreuung zu verbessern, die Ausrüstung, die Gerätschaften, von mir aus auch die Spielsachen etc., die Spielplätze. Das ist das, was wir im Bereich Kindertagesstätten im Auge haben.
Ein ganz wichtiger Punkt ist die Frage von Sportstätten und Schwimmbädern, auch das war uns in der SPD-Fraktion sehr wichtig, weil wir nämlich sehen, dass wir auf der einen Seite durchaus respektable Investitionen in die eine oder andere Sportstätte in unserer schönen Landeshauptstadt haben. Das will ich an der Stelle gar nicht kritisieren. Kollege Warnecke, da brauchst du nicht zu schauen; ich will das gar nicht kritisieren. Aber ich will sagen, dass der Investitionsbedarf im schon oft erwähnten ländlichen Raum bei Sportplätzen – die eine oder andere Kleinstadt soll auch ein Stadion haben, soll es auch geben – auch vorhanden ist, dass dort also ein erheblicher Sanierungsbedarf besteht.
Die Schwimmbäder, die noch in kommunaler Hand sind, will ich an dieser Stelle nicht vergessen. Es geht um Radwege, es geht um den Ausbau von Barrierefreiheit; und das mögen kleine Positionen sein, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass beispielsweise bei den Tierheimen ein enormer Bedarf besteht.
In der Regel ist das dem Engagement von Vereinen, von Tierschutzvereinen, von Menschen, die sich diesem Thema in ihrer Freizeit widmen, fast allein anheimgestellt, sich dort zu kümmern. Diese Investition in Tierheime ist uns an der Stelle auch wichtig und – das wurde von meinen Vorrednern schon erwähnt – die Frage von Gewässerunterhaltung und Abwasserbehandlung. Ein Punkt sei von mir last, but not least als nun wirklich geborener Rennsteiger noch erwähnt. Wir haben alle in den letzten Wochen gerade die Diskussion um die Fortführung des sogenannten RennsteigShuttles erlebt. Dass da Strukturen geschaffen werden müssen, um die Betreibung in Zukunft sicherzustellen, das ist das eine. Aber die Bahn muss auch fahren und dafür braucht es auch einen ordentlichen und entsprechend ausgebauten Gleiskörper. Das heißt, wir stellen hier noch mal 1 Million Euro zur Verfügung, damit die Grundlage – wenn man so will, im wahrsten Sinne des Wortes die Grundlage – für das RennsteigShuttle geschaffen wird, und ich hoffe sehr, dass alle anderen kommunalpolitischen Entscheidungen, um dieses Projekt zu erhalten und weiter voranzubringen, auch auf einem guten Wege sind. Jedenfalls habe ich das den letzten Presse
meldungen so entnommen und ich bin da guter Hoffnung.
Ein ganz wichtiger Punkt sei am Ende noch erwähnt – ich hatte den in meiner Einbringung schon angerissen –, das ist die komplette Übernahme des Eigenanteils der Investitionen in die Schulinfrastruktur, die vom Bund bereitgestellt werden sollen. Das sind allein 8 Millionen Euro, die für diese Position vorgesehen sind. Das hilft sowohl den Landkreisen und den kreisfreien Städten, aber auch den Städten, die Schulträger sind. Die brauchen dafür keine eigenen Kofinanzierungsmittel aufzubringen. Es bleibt am Ende die Hoffnung, dass der Bund dieses Gesetzgebungsverfahren zu diesen Finanzhilfen für die Schulinfrastruktur nun schnell voranbringt und möglichst – das sage ich mal ganz bescheiden – vor der Sommerpause verabschiedet, das wäre jedenfalls unser aller Wunsch.
Meine Damen und Herren, ich denke, ich habe das Vorhaben, das die Koalition mit diesem Gesetzentwurf bewegt, ausreichend beleuchtet. Wir haben die einzelnen Positionen erörtert. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, beantrage – ich habe nicht genau mitbekommen, was jetzt alles schon beantragt wurde – vorsorglich noch mal die Überweisung an den Innenausschuss federführend und an den Haushalts- und Finanzausschuss und, weil es ein Entwurf aus den Reihen der Fraktionen ist, auch an den Justizausschuss. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, soeben wurden Sie Zeuge von Maiks Märchenstunde.
Ich finde es schon erstaunlich, lieber Kollege Kowalleck, in welch kurzer Zeit die CDU-Fraktion auf dem Weg von Regierungsverantwortung hin zu den Oppositionsbänken ihre finanzpolitische und ihre kommunalfinanzpolitische Kompetenz irgendwo im Nirwana hat liegen lassen. Es ist schon frappierend, was Sie da für eine Entwicklung vollzogen haben. Das muss ich Ihnen an dieser Stelle mal sagen.
Ihre Rede eben war ein Ausdruck von wirklich finanzpolitischer Naivität, wie ich sie selten in diesem Haus erlebt habe. Aber wir kommen noch dazu.
Ich werde Ihnen an Ihrem eigenen Antrag vorführen, welche Auswirkungen das für die kommunale Familie hätte, würden wir ihn eins zu eins umsetzen. Ich bin ja zum einen schon mal dankbar – klar, das ist alles gut gemeint, was Sie mit Ihrem Antrag vorhaben, aber es gibt eben immer noch einen signifikanten Unterschied zwischen „gut gemeint“ und „gut gemacht“. Dazu kommen wir noch im Laufe dieser Debatte. Im Übrigen muss ich feststellen, Sie sind ein bisschen spät dran mit Ihrem kommunalen Geschenkepaket kurz vor Weihnachten. Üblicherweise machen Sie das ja immer am Vorabend Ihres Landesparteitags, der war vor drei Wochen.
In der Zwischenzeit war auch der von der SPD, da haben Sie was gehört von 100 Millionen Euro: Aha, da müssen wir jetzt einen Antrag schreiben. Das Ergebnis haben wir jetzt hier auf der Tagesordnung. Okay, das kann man so machen, aber schauen wir uns doch mal die Fakten an. Im Übrigen zeigt sich in den letzten anderthalb Jahren immer wieder, dass Ihr finanzpolitisches Versagen bei der Haushaltsdebatte 2016/2017 mit nichts zu kompensieren ist, und da helfen auch solche Anträge nicht. Das aber vorab geschickt.
Meine Damen und Herren, Sie schlagen in Ihrem Antrag – und da nehme ich ihn wörtlich – „eine allgemeine, nicht zweckgebundene Landeszuweisung in Höhe von je 50 Millionen Euro zur Stärkung der […] Finanz- und Investitionskraft“ vor. Mit dieser Formulierung ist zunächst erst mal eines klar: Den
Großteil der von Ihnen angedachten Summe kann man für Investitionen nehmen, aber er wird höchstwahrscheinlich irgendwo in den Verwaltungshaushalten der Kommunen versickern. Damit wird auf jeden Fall erst einmal keine Investitionskraft gestärkt. Das muss man dann schon etwas schärfer formulieren, meine Damen und Herren. Zudem wollen Sie auch noch die Schlüsselzuweisungen nach Gemeindeaufgaben und Landkreisaufgaben aufteilen. Im Übrigen ist das eine fundamentale Abkehr der von Ihrem ehemaligen Finanzminister Wolfgang Voß ins Leben gerufenen Neuordnung des Finanzausgleichs, wonach es seitdem eben aufgabenbezogene Finanzzuweisungen gibt und genau diese Unterscheidung nach territorialer Kategorie abgeschafft worden ist. Und die wollen Sie hier durch die Hintertür wieder einführen – aber das nur nebenbei. Danach würde die Gemeindeebene – wir haben das wirklich mal durchgerechnet, was Sie hier vorgelegt haben – etwa knapp über 20 Millionen Euro von den 50 Millionen Euro pro Jahr bekommen und entsprechend knapp 30 Millionen Euro die Landkreise und kreisfreien Städte.
Aber jetzt haben Sie das noch einmal mit einem Fachbegriff untersetzt und wahrscheinlich selbst nicht so richtig gewusst, was Sie da reinschreiben. Sie schreiben in Ihrem Antrag: eine Verteilung an Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Steuerkraftmesszahl bzw. an Landkreise und kreisfreie Städte mit unterdurchschnittlicher Umlagekraftmesszahl. Was passiert denn, wenn man das so macht? Zunächst einmal: Wenn man das so formuliert, dann muss man schon darauf achten, dass das auch korrekt ist. Nimmt man das wörtlich, dann wäre die Einwohnerbezogenheit weg, dann würden die großen Kommunen im Land überhaupt nichts davon haben. Ich gehe mal wohlwollend zu Ihren Gunsten davon aus, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie die Verteilung mit unterdurchschnittlicher Umlagekraft- und Steuerkraftmesszahl je Einwohner gemeint haben können. Dann wird möglicherweise noch halbwegs ein Schuh daraus, aber das steht explizit nicht hier.
Dann sollten Sie auch noch einmal klarstellen, ob die im Jahr 2016 oder 2017 ermittelte Steuerkraftmesszahl bzw. die Umlagekraftmesszahl der Berechnung zugrunde zu legen ist. Was Sie hier reingeschrieben haben, lässt alle möglichen Interpretationen zu. Und es hat eine Wirkung, meine Damen und Herren, das ist unser größter Kritikpunkt: Was Sie hier vorlegen, ist das Prinzip „Gießkanne“ – und das kann und soll nicht der Verteilungsmaßstab für die Kommunalfinanzen sein.
Meine Damen und Herren, man muss wirklich einmal versuchen, das auch rechnerisch nachzuvollziehen. Das Abenteuerlichste an diesem vorge
schlagenen Verteilungsschlüssel ist: Wenn man davon ausgeht, dass die kreisfreien Städte und auch das Gros der Mittelzentren, eigentlich fast alle Mittelzentren in der Steuerkraftmesszahl, meist leicht oder manche sogar deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen, dann bedeutet das, meine Damen und Herren – Herr Kowalleck, hören Sie genau zu –: Nicht ein einziges Mittelzentrum, die Oberzentren schon gar nicht, in ganz Thüringen würde von Ihrem Vorschlag auch nur mit einem einzigen Cent profitieren – nicht mit einem einzigen.
Das habe ich nicht erfunden, das ist Ihr vorgeschlagener Verteilungsschlüssel. Alle Mittelzentren Thüringens sind von Ihrem Vorschlag sozusagen nicht betroffen, das sollten Sie sich einmal zu Gemüte führen. Wahrscheinlich haben Sie sich das an dieser Stelle gar nicht ausgerechnet, das soll ja vorkommen, aber dann müssen Sie sich über die Qualität Ihres Antrags selber im Klaren werden. Bei den kreisfreien Städten ist es ohnehin so, dass sie bei der Umlagekraft über dem Landesdurchschnitt liegen und von diesem Verteilungsmaßstab rein überhaupt gar nichts hätten.
Es kann ja sein, dass das politisch gewollt ist. Wenn man sich einmal anschaut, dass beim Gros der kreisfreien Städte und auch der Mittelzentren durchaus die Rathäuser unter sozialdemokratischer Führung liegen, dann kann man vielleicht ein bisschen politisches Kalkül unterstellen. Aber so weit will ich an dieser Stelle gar nicht gehen. Allein die rechnerische Nachvollziehbarkeit Ihres Vorschlags ist hier an dieser Stelle überhaupt nicht gegeben.
Wenn ich mir dann die Begründung anschaue, womit Sie das gegenfinanzieren wollen – Sie wissen selbst genau, Sie haben es jahrzehntelang, kann man sagen, selbst vollzogen: Die Seriosität von Finanzausgabevorschlägen ist in entscheidendem Maße abhängig von den sogenannten Deckungsvorschlägen, also woraus man das alles finanzieren will. Sie suggerieren in Ihrem Antrag, Thüringen schwimme im Geld. Das muss ich ganz klar sagen. Auf der anderen Seite halten Sie dieser Koalition vor, wir würden nicht genug sparen, obwohl wir die Nettoneuverschuldung nach wie vor konstant bei null halten, wir sogar in die Schuldentilgung gegangen sind. Aber das reicht Ihnen alles nicht aus. Das kritisieren Sie. Sie kritisieren aber auf der anderen Seite, dass wir nicht genug Geld ausgeben. Finanzpolitische Seriosität, meine Damen und Herren, sieht wirklich anders aus.
Deswegen, meine Damen und Herren, kann ich in der Gesamtschau Ihres Antrags nur zu dem Ergebnis kommen, dass man einen solchen handwerklich schlechten, unseriösen Antrag einfach nur ablehnen kann.
Nun bin ich ja hoch erfreut, meine Damen und Herren, dass die Kollegen der CDU ganz offenkundig sehr, sehr aufmerksam die Geschehnisse und die Beschlussfassungen auf dem SPD-Landesparteitag verfolgen. Das ehrt uns an dieser Stelle, muss man da sagen. Vor allen Dingen ist das für mich ein Zeichen: Vielleicht nehmen Sie uns doch ein bisschen ernst an der Stelle.
In der Tat, das will ja auch gar niemand bestreiten – und schon gar nicht ich –, dass der Parteitag einen solchen Beschluss gefasst hat. Aber dann schauen Sie sich mal ganz genau an, was wir da gefordert haben. Wir wollen nämlich ausdrücklich die Investitionskraft der Kommunen stärken. Wie macht man das seriöserweise? Man macht das für 2017 seriöserweise in einem laufenden Haushalt, den wir ja zurzeit haben, auf gesetzgeberischem Wege. Das haben wir ja gemeinsam als Koalition in der letzten Legislatur auch mehrfach praktiziert, dass wir kommunale Hilfspakete in Gesetzesform gegossen haben. Das macht man seriöserweise für das Jahr 2017 so. Da sind wir – das hängen wir aber nicht an die große Glocke – mit der Finanzministerin, mit dem Innenminister, mit der gesamten Landesregierung und mit unseren Koalitionspartnern in Gesprächen, um das dann finanziell auch seriös zu untersetzen. Und für 2018, wo ein neuer Haushalt ansteht, macht man das sinnvollerweise auch im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs. So wird ein Schuh draus. Und das ist finanzpolitische Seriosität, meine Damen und Herren. Sie brauchen keine Sorge haben, dieser Beschluss, den die SPD gefasst hat, wird umgesetzt werden, aber nicht auf solche windige Art und Weise, wie Sie das hier vorschlagen. Deshalb sage ich: Dieser Antrag ist abzulehnen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Abgeordnete, zunächst lassen Sie mich ein paar Bemerkungen verlieren zu einem Thema, was heute am Anfang der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt eine Rolle gespielt hat, nämlich die Abläufe während der Anhörung am 3. November. Ich spreche da durchaus auch als Mitglied des Landtagsvorstands, weil hier eine Entwicklung offenbar wird, die mir schon seit längerer Zeit gewisse Sorge bereitet. Es ist am 3. November nicht das erste Mal gewesen, das gab es auch bei
früheren Anhörungen, die eigentlich den Zweck haben, Anzuhörenden, Experten, Betroffenen die Gelegenheit zu geben, sich zu äußern, woraus dann sowohl Regierung als auch Parlament ihre Schlüsse und ihre Handlungsoptionen ziehen. Es ist nicht das erste Mal, dass diese Anhörungen seitens der CDU-Fraktion zu einem Tribunal gegen die Regierung umfunktioniert werden sollen und das auch noch am Anfang einer solchen Anhörung. Das ist aus meiner Sicht zumindest eine sehr gewagte Auslegung der Regularien des Thüringer Landtags.
Insofern kann ich die Emotionen des Ausschussvorsitzenden Dittes schon nachvollziehen. Wobei ich sagen muss, dass seine Bewertung hier an dieser Stelle als Berichterstatter auch nicht den Regularien des Landtags entspricht. Aber ich kann seine Emotionen nachvollziehen und verstehen und will ihm – auch wenn ich persönlich selber nicht zu dieser Anhörung anwesend sein konnte, aber es gibt Protokolle und es war ein sehr ausführliches Protokoll, das ich mir zu Gemüte geführt habe – ausdrücklich danken, dass diese Anhörung letztendlich dann noch in geordneten Bahnen hat stattfinden können. So viel vorab, meine Damen und Herren.
Nun zu den Inhalten: Dieses Gesetz zur Funktionalund Verwaltungsreform setzt – das kann man unschwer erkennen, wenn man gewillt und in der Lage ist, sich damit ausführlich zu befassen – vier Schwerpunkte, meine Damen und Herren. Der erste Schwerpunkt ist die Frage des Kommunalisierungsgebots und die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips. Was heißt das? Für die Damen und Herren auf den Zuschauertribünen: Das ist die staatliche Aufgabenerfüllung auf der unterst möglichen Ebene. Das ist sozusagen die Umschreibung für das Subsidiaritätsprinzip. Das durchzusetzen und dieses viel stärker zum Tragen kommen zu lassen, ist ein Schwerpunkt, ein Ziel dieses Gesetzes. Ein zweiter Punkt ist die Minimierung des Verwaltungsaufwands. Das wollen wir alle. Das machen wir nicht zuletzt auch aus den hier schon viel diskutierten Kostengründen. Ein ganz wichtiger Punkt ist die Einräumigkeit der Verwaltung und letztendlich – auch das wurde hier schon erörtert –, was dann die Strukturen der Aufgabenerfüllung betrifft, hat sich das Gesetz noch mal ganz explizit auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu den Bürgerservicebüros in der Fläche bekannt, um nicht den viel beklagten Rückzug des Staats aus der Fläche hier zum Tragen kommen zu lassen.
Nun konnte ich dem Protokoll der Anhörung entnehmen, dass es durchaus Kritik an diesem Gesetzentwurf gegeben hat. Das ist auch völlig legi
tim. Aber aus meiner Sicht hat sich diese Kritik durchaus differenzierter dargestellt, als von manchem hier von diesem Rednerpult aus suggeriert worden ist. Die Stellungnahmen des Gemeindeund Städtebunds und des Landkreistags, also der kommunalen Spitzenverbände, sehe ich durchaus differenziert, Herr Kollege Fiedler. Ja, sie lehnen dieses Gesetz ab, weil sie insgesamt die Notwendigkeit – genau wie Sie, wie Ihre Fraktion, Ihre Partei – dieser Reform in Zweifel stellen. Aber im Verlauf der Debatte und im Detail hat sich das Bild doch etwas differenzierter dargestellt. Sie haben dann einige Argumente aufgegriffen, gerade auf die Frage der Bürgerservicebüros explizit abgestellt. Insofern, meine Damen und Herren, wenn man gewillt ist, die Sache einigermaßen neutral zu betrachten, dann stellt sich das Bild durchaus differenziert dar.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, zur von einigen Anzuhörenden beklagten fehlenden Bindungswirkung dieses Gesetzes muss ich Ihnen ganz deutlich sagen, das kann man auch der Begründung der Landesregierung sehr deutlich entnehmen und diesen Anspruch hat dieses Gesetz an dieser Stelle noch nicht einmal erhoben. Es ist und es bleibt dabei, genau deswegen ist dies auch vom Zeitpunkt her jetzt richtig: Dieses Gesetz hat Rahmencharakter. Es hat Leitbildcharakter und führt im Grunde genau das fort, was der Thüringer Landtag mit seiner Mehrheit mit dem Leitbild, das die Regierung vorgelegt hat, dann auch beschlossen hat. Die erste Umsetzungsstufe war das Vorschaltgesetz. Jetzt sind wir in der zweiten Umsetzungsstufe. Die dritte Umsetzungsstufe sind die jeweiligen Neugliederungsgesetze respektive dann auch ein ganz explizites Funktional- und Verwaltungsreformgesetz, wo dann sehr wohl ganz konkrete Auslegungen oder Regelungen für die Ausgestaltung dieser Reform getroffen werden.
Nun möchte ich, meine Damen und Herren, noch auf einen Punkt eingehen, den ich hier in der Debatte und auch in der Anhörung und auch in vielen öffentlichen Veranstaltungen, die ich in den letzten Wochen und Monaten persönlich begleiten durfte, teilweise auch selbst gestaltet habe, immer wieder gehört habe und zur Kenntnis nehmen musste, nämlich die Frage einer vermeintlich falschen Reihenfolge dieser Reformen, was interessanterweise ja auch impliziert, dass man die Notwendigkeit der Reform zumindest ansatzweise akzeptiert hat, wenn man die Reformschritte von ihrer Abfolge her kritisiert.
Ich will es mir an der Stelle mal erlauben, aus dem Protokoll den schon mehrfach zitierten Prof. Hesse, der ja auch als Gutachter für die Landesregierung tätig gewesen ist, zu zitieren, um noch mal ganz deutlich zu sagen, was eigentlich bei dieser Anhö
rung wirklich Sache war. Er hat ausgeführt – ich zitiere –: „Die von der Landesregierung geplanten Reformschritte seien plausibel, was in der Diskussion Berücksichtigung finden möge. Die in Rede stehenden Aufgabenbereiche würden sich rapide bewegen, woraus sich Argumente ableiten ließen, die geplanten Reformschritte gleichförmig zu betreiben, sodass man gerade nicht zwingend erst von einer Aufgabendiskussion ausgehen müsse“ – hört, hört! – „und erst im Anschluss im funktionalen Rahmen eine Zuordnung im Kompetenzbereich schaffen und sodann nach den Konsequenzen für die Territorialstruktur fragen dürfe. Der dem Dreischritt“, so Herr Professor weiter, „zugrunde liegende Ansatz sei ein Gedanke der Wissenschaft und ein Systematisierungsversuch, der in der Praxis einer Überprüfung unterzogen werden müsse.“
Meine Damen und Herren, so viel zum Zitat, jetzt gehen wir mal in die Praxis. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Was spricht gegen die Praxis, zunächst die Gebietsstrukturen so festzulegen und ihre Leistungskraft zu ergründen und ihnen dann die entsprechenden Aufgaben zuzuordnen? Umgekehrt wissen wir heute nämlich nicht, gerade in Bezug auf die Gemeindeebene, welche Gemeindegrößen sich im Zuge der Freiwilligkeit letztendlich auf dieser Ebene bilden werden. Wir haben die unterste Grenze mit 6.000 Einwohnern demografiefest festgelegt. Mittlerweile sind viele auf dem Weg und es deutet sich an, dass deutlich größere Strukturen entstehen werden. Das können die einen bedauern, die anderen sehen es positiv. Ich persönlich sehe das positiv. Das heißt aber auch, wenn wir das Subsidiaritätsprinzip umsetzen wollen, dass dann die Gemeindeebene, wenn sie denn stärker aufgestellt ist, ganz andere Aufgaben in der Lage ist zu erfüllen, als sie das bisher gekonnt hat. Insofern ist die gewählte Reihenfolge zumindest nachvollziehbar, dass man sagt, wir verzahnen diese Reformschritte. Ich habe noch keinen ernst zu nehmenden Experten gehört, der diese Verzahnung irgendwo in Zweifel gezogen hätte.
Sie ist auch deshalb notwendig, und das sage ich mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, weil sie genau wissen, warum wir als Freistaat Thüringen in diese Zeitnot gekommen sind. Ich sage es immer wieder auch von diesem Pult aus: Der 1. Januar 2020 kommt so gewiss wie das Amen in der Kirche. Und warum ist dieses Datum wichtig? Weil sich in diesem Jahr die Finanzierungsrahmenbedingungen für unseren Freistaat deutlich – um nicht zu sagen, drastisch – ändern werden. Und auch das wissen Sie. Sie haben in den letzten Jahren und auch in der letzten Legislatur auf der Bremse gestanden, was diese Reform betrifft, und jetzt wundern Sie sich, dass die neue Koalition das in so logisch nachvollziehbaren Re
formschritten umsetzt. Möglicherweise ist da ein gewisser Neid dabei, ich weiß es nicht,
aber an der Stelle will ich gerade an Ihrem eigenen Handeln noch einmal deutlich machen, dass Ihr Handeln nicht nachvollziehbar ist.
Dann habe ich mir mal die Mühe gemacht, ein paar Reformen der letzten – nehmen wir mal nur die letzten zehn oder 15 – Jahre zu betrachten, die in Deutschland vollzogen worden sind – die sind ja vornehmlich im Osten Deutschlands vollzogen worden –, was Gebietsreformen betrifft. Die habe ich mir mal angeschaut, explizit nach diesem Muster, ob ich dieses Muster erkennen kann: erst Aufgabenkritik, dann Funktionalreform und dann Gebietsstrukturen. Also ich kann jetzt nur persönlich reden und ich bin sicher kein Wissenschaftler, aber ich habe festgestellt, kein einziges Bundesland, das seit 2000 eine Reform durchgeführt hat, hat die Reformschritte in dieser Reihenfolge gemacht. Im Gegenteil, aus Praxisgründen hat man es mindestens miteinander verzahnt. Man hat – das ist das andere Extrem, was ich nicht empfehlen würde – in Sachsen gänzlich auf eine Funktionalreform verzichtet. Insofern zeigt der Praxistest, meine Damen und Herren, oder – wenn man so will, um einen neudeutschen Begriff zu benutzen – der Faktencheck, dass Ihre Kritik an der Stelle deutlich ins Leere geht. Deswegen sage ich, meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist eine Grundlage für alles Weitere in Bezug auf die Aufgabenneuverteilung innerhalb der staatlichen Verwaltung Thüringens und deshalb ist es notwendig und deshalb empfehle ich allen, diesem Gesetz die Zustimmung zu geben. Herzlichen Dank.
Es wäre aus meiner Sicht hilfreich, wenn wir zu Drucksache 6/2990 zu den Überweisungen die Federführung feststellen.
Okay, danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja schade, dass der selbsternannte größte Oppositionsführer aller Zeiten jetzt leider nicht im Plenarsaal ist. Ich hätte ihm das gern persönlich gesagt. Aber mein Eindruck zu dieser Erwiderung auf die Regierungserklärung des Innenministers zum Thema „Kreisgebietsreform“ ist: Es war ein schönes Warmlaufen für den in der nächsten Woche stattfindenden Parteitag der CDU.
Dafür war die Rede ganz gut geeignet, die Parteiseele der CDU zu streicheln und die eigentlichen Probleme des Landes dabei hintanzustellen. Das ist im Übrigen genau die Politik, die bei dem Thema der Gebietsstrukturen in Thüringen in den letzten Jahren, man kann sagen Jahrzehnten, seitens der CDU verfolgt worden ist. Und dass wir heute vor dieser Problematik stehen, mit dieser Wucht und auch mit dieser durchaus nicht in Abrede gestellten Geschwindigkeit vorgehen müssen, hat damit zu tun, dass dieses Problem in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden ist. Daran ändern die hier vielfach beschworenen freiwilligen Gemeindestrukturveränderungen, die wir speziell in der letzten Legislatur auf den Weg gebracht haben, auch nichts.
Wir waren dabei als SPD nicht ganz unbeteiligt. Das habe ich schon oft von diesem Pult aus gesagt, und ich sage das gern auch noch einmal, dass ich auch bereit bin, Asche auf das eigene Haupt zu streuen, weil nicht immer ausschließlich nach den Prinzipien der Freiwilligkeit gehandelt wurde. Keine anderen Kriterien haben gegolten, sondern nur das Prinzip der Freiwilligkeit hat eben heute Strukturen hervorgebracht – vor allem auf der gemeindlichen Ebene –, die uns genau diese Probleme, die wir jetzt haben, verursachen, dass es eben keinen Ausgleich mehr zwischen schwächeren Strukturen im ländlichen Bereich und den Städten gibt. Genau diese Politik hat dazu geführt, und das müssen wir jetzt wirklich mit Vehemenz in Angriff nehmen.
Dazu ist der Vorschlag, und da komme ich auf das eigentliche Thema des heutigen Vormittags zu sprechen. Wenn ich mich recht erinnere, steht in unserer Tagesordnung unter Tagesordnungspunkt 1 „Regierungserklärung des Innenministers zur Kreisgebietsreform“. Gestatten Sie, meine Damen und Herren, dass ich darauf wieder zurückkomme und das auf das eigentliche Thema wieder bringe.
Der Vorschlag zur Neustrukturierung der Landkreise, der vor einigen Wochen – oder so ziemlich genau vor einem Monat – durch den Innenminister vorgelegt worden ist, folgt nach meiner Auffassung
ganz klaren Prinzipien, und zwar den Prinzipien, die wir als Landtag mit Mehrheit hier vor einigen Wochen, vor einigen Monaten beschlossen haben, nämlich mit dem Vorschaltgesetz. Deswegen kann ich nur sagen: Ja, dieser Vorschlag mag in einigen Regionen nicht unbedingt auf positiven Widerhall stoßen. Das verwundert nicht, das ist deutschlandweit ein völlig normaler Vorgang, dass es, wenn Landkreise in ihrer Struktur verändert werden – man kann auch sagen: infrage gestellt werden –, bei den Beteiligten wenig Gegenliebe gibt. Aber nichtsdestotrotz hat die Landesebene, hat eine verantwortungsvolle Landespolitik die Aufgabe, genau diese Verantwortung wahrzunehmen. Und diese Verantwortung nehmen wir wahr.
Wie gesagt, es ist nach ganz klaren Kriterien strukturiert. Ein Kriterium – dann schaut man bitte ins Vorschaltgesetz hinein – ist: keine Zerschneidungen von Landkreisen. Natürlich sind Ausnahmen möglich, aber das Grundprinzip ist erst mal im Gesetz formuliert. Und genau danach richtet sich dieser Vorschlag. Er versucht auch – es gelingt nicht an allen Stellen, das hat aber ganz einfach auch strukturelle Ursachen in der Vergangenheit –, stärkere jetzige Landkreise mit vermeintlich schwächeren so zu vereinigen, dass dort insgesamt eine bessere Entwicklung der gesamten Regionen vonstatten gehen kann. Natürlich, wenn wir in den nördlichen Teil unseres Freistaats schauen: Die Landkreise dort, mit Verlaub, wenn wir uns die Strukturdaten wirklich mal genau anschauen, sie ähneln sich. Sie ähneln sich aber auf einem relativ niedrigen Niveau und deshalb ist es ganz schwierig, dort einen Partner zu finden, der sozusagen das Niveau heben könnte. Also muss man diese Strukturen so zueinander bringen und auch so gezielt – und auch das hat der Innenminister in seiner Pressekonferenz damals deutlich gemacht –, dass man dann auch nicht mit der Gießkanne, aber nach ganz klar strukturell vorgegebenen Prinzipien diese neuen Strukturen dann auch speziellen Hilfen unterzieht. Das ist im Falle für Nordthüringen aus meiner Sicht durchaus angezeigt. Es entstehen andernorts durchaus Gebilde, die sich von ihrer Leistungsfähigkeit, von ihrer Leistungskraft nicht verstecken brauchen. Wenn ich da an die Mitte unseres Freistaats denke mit dem angedachten Zusammenschluss zwischen dem jetzigen Landkreis Gotha und dem Ilm-Kreis, das wird wirklich von der Wirtschaftskraft, von der Steuerkraft der Kommunen, die letztendlich den Landkreis finanzieren müssen, ein Gebilde, bei dem wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach wenig Sorgen machen müssen, genauso wenig, wie bei dem viel kritisierten und mittlerweile viel gescholtenen Vorschlag, was den Süden unseres Freistaats betrifft. Diese vier Körperschaften, die jetzt zum Zusammenschluss vorgeschlagen sind, haben, wenn man wirklich versucht, intensiv und vor allen Dingen halbwegs werturteilsfrei an die Sache heranzugehen, sehr viele
Ähnlichkeiten. Die Wirtschaftsstruktur dieser Region ist in allen vier Körperschaften ausnehmend gut. Das ist die Region mit der höchsten Industriedichte, also Arbeitsplätze pro 1.000 Einwohner in ganz Deutschland. Deswegen macht es schon mal Sinn, allein aufgrund der Wirtschaftsstruktur diesen Zusammenschluss vorzunehmen.
Der zweite Punkt, das ist die touristische Struktur. Das bietet sich ja geradezu an. Aber was haben wir denn in den letzten Jahren erlebt, trotz Regionalverbund Thüringer Wald, den ich da gar nicht in Abrede stellen will und dessen Arbeit ich durchaus zu würdigen weiß? Aber wir haben im Bereich Tourismus bei der Vermarktung beispielsweise unseres geliebten Thüringer Waldes nach wie vor einen solchen Wust an Aktivitäten, die kaum miteinander koordiniert sind. Ich nenne an dieser Stelle gern immer wieder das Beispiel mit der Denkweise: bis zum Schatten oder bis zur Grenze des Schattens des eigenen Kirchturms, was den Tourismus betrifft. Die Region bzw. dieser Landkreis hat die Chance, zum ersten Mal gemeinsam neben dem jetzt von der Landesregierung durch das Wirtschaftsministerium vorgestellten Tourismuskonzept Thüringer Wald – das muss man zusammen sehen, das muss man zusammen denken – auch eine gemeinsame Vermarktungsstrategie auf den Weg zu bringen, um auf dem touristischen Sektor deutlich Fortschritte zu machen.
Denn schauen Sie sich die Zahlen an: Seit mittlerweile drei Jahren hintereinander gibt es deutliche Übernachtungszahleneinbrüche im Bereich des Thüringer Waldes und das hat seine Ursachen nicht zuletzt auch in unseren Strukturen.
Der dritte Punkt, was den Süden betrifft: Auch die durchaus vorhandene landsmannschaftliche Zusammengehörigkeit – ich will das nicht unbedingt an allererste Stelle stellen, aber es gehört eben auch dazu gesagt – spielt da eine ganz große Rolle und ich kann mir für diese Region vorstellen, dass sie ein ganz starker Teil unseres Freistaats in der Zukunft sein wird.
Schauen wir in den östlichen Teil unseres Freistaats. Der vorgeschlagene Zusammenschluss des Altenburger Landes mit dem Landkreis Greiz und
der Stadt Gera macht auch aus strukturpolitischer Hinsicht sehr viel Sinn, meine Damen und Herren. Und warum auch das Thema „Kreisfreiheit“, und da kann man auch die Überleitung zu Weimar gleich nahtlos anschließen, warum das Ganze Sinn
macht, hat der Kollege Kuschel hier an dieser Stelle meiner Ansicht nach schon anschaulich dargelegt. Ich will es aber gerne noch einmal wiederholen. Ich will es vielleicht ein bisschen anders formulieren. Kreisfreiheit wird, so nehme ich das zurzeit wahr, als ein Symbol verstanden, als eine Besonderheit der jeweiligen Städte. Natürlich kann man Besonderheiten unserer Städte durchaus herleiten. Da hat Gera seine Besonderheiten, Weimar erst recht – das will gar keiner in Abrede stellen, völlig klar. Aber ich sage es ganz deutlich: Kreisfreiheit muss man sich auch leisten können.
Und wenn ich mir die Haushaltsdaten der Städte, die das betrifft, anschaue, ich will auch die jetzige noch kreisfreie Stadt Suhl an dieser Stelle nicht vergessen,
Kreisfreiheit muss man sich leisten können. Und als kreisfreie Stadt einen Haushalt vorzulegen, der das Prädikat „ausgeglichen“ trägt, aber gleichzeitig eine Bedarfszuweisung in Höhe von 17 Millionen Euro in sich aufweist, das ist schon eine ziemlich mutige Angelegenheit, meine Damen und Herren, und zeigt eigentlich, welche strukturellen Probleme unsere kreisfreien Städte in der Größenordnung, wie wir sie haben, eben aufzuzeichnen haben. Eine Stadt mit 37.000 Einwohnern, wie die Stadt Suhl, die eigene Kreisaufgaben in nicht unbeträchtlicher Höhe zu lösen hat bei gleichzeitig durchaus schwieriger Sozialstruktur, die dazu führt, dass es eben erhöhte Aufwendungen im Vergleich zum darum liegenden ländlichen Raum gibt – das in den Vordergrund zu stellen, dass das nun das Nonplusultra wäre, die Kreisfreiheit, da muss ich mal ganz deutlich sagen: Eine Stadt, die in Zukunft das Label oder Prädikat oder den Titel „Große kreisangehörige Stadt“ hat, die hat schon Vorteile gegenüber einer kreisfreien Stadt. Sie hat nämlich Vorteile finanzieller Art, weil sie auch – wenn man sich die Struktur unserer Hauptansatzstaffel im Kommunalen Finanzausgleich anschaut – durchaus davon profitieren kann. Im Übrigen, von dem Titel „Kreisstadt“ hat sich bisher noch keine Stadt irgendetwas leisten können. Auch das will ich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen.
Und ich halte den vorgeschlagenen Zuschnitt im Bereich Weimar, Weimarer Land, Saalfeld-Rudolstadt, nicht zu vergessen auch der Vorschlag mit dem Saale-Holzland-Kreis und dem Saale-OrlaKreis, auch entsprechend der regionalen Gegebenheiten für angemessen. Schauen wir uns den Bereich entlang der A9 an mit dem Saale-Orla-Kreis und dem Saale-Holzland-Kreis. Dort gibt es, wenn
man sich mal die landesplanerischen Strukturdaten etwas genauer anschaut, nicht wirklich ein eigentliches Zentrum. Die jetzigen Kreisstädte als Mittelzentrum oder als Mittelzentren und die Stadt Pößneck dazu als Mittelzentren, die ähneln sich alle in ihren Daten. Also macht es durchaus Sinn, dort jedenfalls nicht eine Stadt mit einem solchen Gewicht, nicht nur einwohnermäßig, wie die Stadt Weimar das sein würde, nicht zu integrieren, sondern – und da kann ich die Entscheidungen nachvollziehen –, dass man sagt: Ja, die durchaus in Weimar vorhandene kulturelle Bedeutung spielt auch eine Rolle in dem Vorschlag mit dem Städtedreieck Rudolstadt, Saalfeld, Bad Blankenburg. Auch dort gibt es diese gewisse kulturelle Affinität und von daher macht aus meiner Sicht dieser Zusammenschluss durchaus Sinn, und die Strukturdaten geben das nämlich auch so her, so wie wir das im Vorschaltgesetz formuliert haben.
Meine Damen und Herren, insgesamt kann ich sagen, dass dieser Vorschlag – und wir haben auch zur Kenntnis genommen, dass diesem Vorschlag des Innenministers ein durchaus respektabler Abwägungsvorgang und Entscheidungsvorgang vorausgegangen ist –, dass dieser Vorschlag schon sehr durchdacht ist. Natürlich, wenn im Raum steht, ob es Alternativen dazu gibt – Alternativen gibt es immer. Ich bin kein Freund von der sogenannten Alternativlosigkeit. Dafür stehen andere Politikerinnen hauptsächlich an dieser Stelle. Das will ich gar nicht wiederholen.
Aber die Vorschläge oder die Strukturen, die man möglicherweise im Hinterkopf hat, die müssen natürlich auch so gestaltet sein, dass sie den Vorschlag, den es jetzt gibt, verbessern. Ob man diesem Kriterium gerecht werden kann, da warte ich auf die Diskussion, so wie sie jetzt auch angedacht wird. Es wird ein umfangreiches Anhörungsverfahren sowohl auf der Regierungsseite, aber noch viel mehr auch auf der Seite des Parlaments stattfinden. Wir nehmen uns viel Zeit für diese Reform, für dieses Neugliederungsgesetz der Landkreise. Ich sage es ganz deutlich, auch wenn der Innenminister in seiner Regierungserklärung das Datum des Inkrafttretens durchaus offengelassen hat: Ich kann mir schon vorstellen, dass wir diese Reform zum 1. Januar 2018 in Kraft setzen werden. Jedenfalls sollte das unsere parlamentarische Anstrengung sein.
Meine Damen und Herren, abschließend ermuntere ich alle, auch die Kritiker, vor allem die Kritiker, bei diesem Thema ihrer Verantwortung für den Freistaat, die so gern immer betont wird, auch wirklich gerecht zu werden, sich konstruktiv an der Debatte zu beteiligen.
Das würde ich mir jedenfalls wünschen und ich wünsche mir auch, dass der Ton und der Stil der Debatte, gerade was dieses sensible Thema betrifft, sich durchaus etwas anders gestalten, als ich das in den letzten vier Wochen zur Kenntnis nehmen musste. Nicht alles, was da so mancher Verantwortungsträger sowohl auf der Gemeinde- als auch auf der Landkreisebene von sich gegeben hat, trägt dazu bei, Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern für diese Reform zu wecken. Das muss meiner Ansicht nach nicht sein. Wir stehen vor riesengroßem Veränderungsdruck, vor riesengroßen Herausforderungen. An dieser Stelle will ich noch mal sagen – ich habe es wirklich schon oft getan, ich tue es gern auch noch mal, weil immer wieder versucht wird, vor allen Dingen von der Opposition, das hier in den Hintergrund zu rücken –: Der 1. Januar 2020, der kommt so gewiss wie das Amen in der Kirche. Warum ist dieses Datum so wichtig, meine Damen und Herren? Warum ist das so entscheidend? Weil sich ab diesem Zeitpunkt für den Freistaat Thüringen die Finanzierungsrahmenbedingungen nicht nur deutlich, wahrscheinlich sogar dramatisch verändern werden. Wenn wir auf diese Gegebenheiten nicht jetzt schon versuchen mit unseren Strukturen für die Zukunft Einfluss zu nehmen – natürlich wissen wir, dass das nicht von heute auf morgen alles funktioniert –, dann nehmen wir keine ausreichende Verantwortung für dieses Land wahr. Da habe ich noch gar nicht – der Innenminister hat das ausführlich getan – auch von den demografischen Rahmenbedingungen geredet. Da muss man den Horizont etwas weiterführen. Da richtet sich unser Blick auf den Zeitraum der nächsten 20 Jahre. Aber wenn wir heute schon wissen, dass wir in den nächsten 20 Jahren fast 300.000 Thüringerinnen und Thüringer weniger sind als jetzt und jetzt schon im Vergleich zu vor 20 Jahren fast 400.000 weniger sind, wer will denn dann unsere Verwaltungsstruktur auf dem Niveau belassen, wie wir sie jetzt haben?! Das wäre, meine Damen und Herren, wirklich verantwortungslos.
Diesen Anspruch hat die Koalition nicht. Wir stellen uns dieser Aufgabe und in diesem Sinne wünsche ich mir für die Zukunft eine konstruktive Debatte. Herzlichen Dank!
Am Ende der Rede, okay.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Thü
ringerinnen und Thüringer! Es ist jetzt genau 9.34 Uhr mitteleuropäischer Zeit hier im Thüringer Landtag und,
meine Damen und Herren, Sie erleben am heutigen Tag einen wahrhaft historischen Augenblick in der Geschichte des Thüringer Parlaments mit.
Zum ersten Mal, meine Damen und Herren, in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet ein Landesparlament ein eigenes Gesetz zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene.
Das ist eine Leistung, die den einbringenden Fraktionen der Linken, SPD und Bündnis 90/Die Grünen nicht hoch genug angerechnet werden kann. Die positiven Wirkungen für die Zukunft werden noch deutlich zutage treten, meine Damen und Herren.
Zum ersten Mal geben wir den Bürgerinnen und Bürgern einen deutlich erweiterten Instrumentenkasten für die politische Mitwirkung auf ihrer ureigensten Ebene ihres persönlichen Lebensumfelds an die Hand. Sie haben die Möglichkeit, viel stärker, als das jemals der Fall gewesen ist, an der Gestaltung ihres direkten Umfelds mitzuwirken. Darauf dürfen wir zu Recht stolz sein, meine Damen und Herren.
Den Kritikern hier im Hause, aber auch im Lande sei an dieser Stelle Folgendes gesagt: Wir haben uns bei der Diskussion und bei der bevorstehenden Verabschiedung dieses Gesetzes so manche Regelungen wirklich nicht leicht gemacht. Wir haben alle Argumente abgewogen, sogar über einen längeren Zeitraum, als wir uns das selbst vorgestellt und von uns erwartet haben. Wir haben wirklich jedes Argument abgewogen und jede Einlassung herumgedreht und von allen Seiten beleuchtet.
Wir sind schließlich jetzt an einem Punkt, an dem wir unseren Bürgerinnen und Bürgern ein Gesetz mit einer Tragweite vorlegen, vor allem im Lichte der durchaus anspruchsvollen Entscheidungen bei der Umstrukturierung der kommunalen Ebene in den nächsten Monaten und Jahren. Das wird sich noch als ein absolutes Positivum erweisen. Dessen
sind wir uns sicher und dessen bin ich mir auch sicher, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ja, liebe Frau Tasch, das werden wir sehen! Sie werden es erleben, wenn die Bürgerinnen und Bürger gelernt haben, mit diesem Gesetz, mit diesen erweiterten Möglichkeiten umzugehen. Ich sage Ihnen voraus: Egal, wer nach 2019 oder nach 2024 die politischen Fäden in diesem Freistaat in der Hand hat, niemand wird auch nur im Ansatz auf die Idee kommen, diese erweiterten Möglichkeiten für unsere Bürgerinnen und Bürger auch nur ein Jota zurückzudrehen. Niemand wird auf diese Idee kommen.
Ja, es gab kontroverse Diskussionen zu einzelnen Punkten.
Ich habe wahrgenommen und auch heute Morgen auf der Fahrt zur Landtagssitzung ist mir wieder aufgefallen, dass in der medialen Berichterstattung einzelne Punkte herausgegriffen werden, die mehr oder weniger einen negativen Aspekt erzeugen wollen im Hinblick auf dieses Gesetz. Ich will deshalb hier ganz deutlich die aus meiner, aus unserer Sicht positiven Punkte ansprechen. Da spreche ich auch aus kommunaler Erfahrung, ganz persönlich sowohl als Bürgermeister als auch als Gemeinderat und als Kreisrat. Wie oft, meine Damen und Herren – ich spreche diejenigen an, die heute noch in den Gemeinderäten sitzen –, waren Sie in einer Situation, wo Sie Entscheidungen haben treffen müssen, wo Sie sich gewünscht hätten, jetzt bräuchten wir ein echtes Instrument, um unsere Bürgerinnen und Bürger bei dieser Frage vor einer Entscheidung mit einzubeziehen? Wie oft sind die Gemeinderäte an diesem Punkt angelangt, wenn sie sich fragen: Sind wir hier auf der richtigen Spur?
Machen wir das richtig? Ist das wirklich im Interesse aller, die wir hier zu vertreten haben? Deshalb, meine Damen und Herren, halte ich das Ratsreferendum, das hier mit diesem Gesetz eingeführt wird, für einen ganz entscheidenden Fortschritt bei der kommunalen Demokratie hier in Thüringen.
Das ist ein ganz entscheidendes Instrument. Bürgerbegehren sind ja in der Regel ein Ausdruck dessen, dass man mit der Arbeit des Rates und des Bürgermeisters nicht ganz so zufrieden ist und den Gemeinderat zu einer bestimmten Positionierung
bewegen möchte. Das ist ja der Kern, der Sinn eines Bürgerbegehrens. Wenn ein Begehren auf den Weg gebracht ist, kann der Gemeinderat den Bürgerinnen und Bürgern einen Alternativvorschlag zur Abstimmung dazulegen. Ich bin davon überzeugt: Auch das ist ein Instrument, das zu mehr Demokratie auf kommunaler Ebene beitragen wird.
Liebe Frau Holbe, ich weiß, Sie sind auf kommunaler Ebene auch sehr engagiert als Bürgermeisterin. Davor kann man nur den Hut ziehen und Respekt zollen wie überhaupt allen, die auf kommunaler Ebene Verantwortung tragen. Das ist gar nicht die Frage. Aber die vermeintliche Abwahl durch die Bürgerinnen und Bürger, die im Übrigen so in dem Gesetz gar nicht drinsteht – das will ich gleich noch mal erläutern –, als einen regelrechten Popanz aufzubauen, weshalb hier der sprichwörtliche Untergang des Abendlands beschworen wird, das kann ich nicht nachvollziehen, meine Damen und Herren.
Ich sage es von dieser Stelle aus zum wiederholten Mal: Die Abwahl von Bürgermeistern durch die Bürgerinnen und Bürger war und ist Bestandteil der jetzigen Thüringer Kommunalordnung. Daran ändert dieses Gesetz nicht einen einzigen Satz.
Es gilt sehr wohl das Prinzip: direkt gewählt, direkt abgewählt. Worum geht es in unserem Gesetz? Es geht um die Initiative zu einer Abwahl. Die ist bislang ausschließlich dem Rat vorbehalten. Ich habe es an dieser Stelle schon gesagt und ich sage es gern noch einmal: Es erschließt sich in keiner Weise und es gehört zu den demokratischen Grundprinzipien und hat geradezu eine demokratische Logik in sich, dass diese Initiative zur Abwahl auch über ein Bürgerbegehren von den Bürgerinnen und Bürgern direkt ausgehen soll. Den Abwahlvorgang an sich berührt das nicht, er bleibt nach wie vor den Bürgern direkt vorbehalten. Daran ändert dieses Gesetz nichts. Deshalb geht dieser Vorwurf ins Leere.
Ich will gern an dieser Stelle eingestehen, dass ich diese Kritik in den letzten Wochen, die aus der Anhörung erwachsen ist, die aber auch von einigen kommunalpolitischen Vertretern an mich, an uns herangetragen worden ist, sehr ernst genommen habe. Wir haben das in der Tat in der Koalition noch einmal – das war einer dieser Punkte, die wir wirklich von allen Seiten beleuchtet haben – sehr genau unter die Lupe genommen. Wir haben uns dazu entschlossen, dieses Initiativrecht der Bürgerinnen und Bürger nicht aus dem Gesetz zu entfernen, sondern dem Rat der Professoren in der An