Protokoll der Sitzung vom 24.02.2016

die Zeitschiene zu überdenken. Sie kann so nicht funktionieren.

(Unruhe CDU)

Ich will Sie auch warnen und an die verfassungsrechtlichen Maßstäbe erinnern. Ein Blick in die Urteile der Landesverfassungsgerichte der betroffenen neuen Länder, die hier bereits tätig waren, mit dem Schwerpunkt auf die kommunale Selbstverwaltung kann Ihnen dabei helfen. Ohne eine Beteiligung der Bürger in diesem Land, ohne eine Beteiligung der kommunalen Familie werden Sie fatal scheitern.

(Beifall CDU, AfD)

Statt Ihrer per Dekret am Grünen Tisch aus durchgesetzten Gebietsreform sollten Sie lieber zu den in der letzten Legislaturperiode so erfolgreich durchgeführten freiwilligen Novellierungen und Neugliederungen zurückkommen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Er- folgreich abschaffen!)

Auch die Abschaffung der Verwaltungsgemeinschaften ist eine Farce.

(Unruhe CDU)

Diese haben sich bewährt. Sie arbeiten gut und ich weiß nicht, wie diese Regierung zu der Einschätzung kommt, dass VGs nicht effektiv und leistungsfähig arbeiten. Aus meiner langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung kann ich dies nicht bestätigen. Überhaupt ist bislang kein fundierter Nachweis erbracht worden, dass die angestrebten neuen Strukturen wirtschaftlicher arbeiten und damit tatsächlich nennenswerte Einsparungen erzielen können. Wo sind denn hier die Zahlen?

(Beifall CDU)

Von den immensen Kosten der Umsetzung und Realisierung will ich gar nicht sprechen, aber ein Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt, dass wohl ein hoher mehrstelliger Betrag dafür einzurechnen ist. Und gestern ist ja verkündet worden, dass 155 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Aber ich denke, mit dieser Summe sind wir hier gravierend unterfinanziert. Schauen Sie sich vielleicht auch noch einmal die durchgeführte Gebietsreform Mecklenburg-Vorpommern an.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Schwarzer Innenminister!)

Gucken Sie in die Zahlen des Statistischen Landesamts Mecklenburg-Vorpommern. Die Verwaltungskosten werden Ihnen zeigen, dass sie seither gestiegen sind. Und egal, welches Jahr, egal, welcher Kreis – nach der Gebietsreform wird es teurer, die Kreisumlagen steigen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sach- sen ist schwarz regiert!)

Thüringen kann sich keine strukturpolitische Fehlentscheidung leisten. Wir, die CDU-Fraktion, stehen für überschaubare Strukturen.

(Beifall CDU)

Damit stärken wir die Demokratie, die Bürgernähe, das Ehrenamt für eine gute Zukunft unserer Kommunen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Bravo! Sehr gut!)

Vielen Dank, Frau Holbe. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion Die Linke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer tatsächlich Bürgerbeteiligung will, so wie es die CDU hier in dem Antrag formuliert, muss dafür Sorge tragen, dass die Gemeinden leistungsfähig sind, sodass tatsächlich sowohl die gemeindlichen Organe als auch die Bürgerinnen und Bürger etwas zu entscheiden haben.

(Unruhe CDU)

Die Situation jetzt ist eine ganz andere. Und trotz Hilfsprogrammen in den Jahren 2013, 2014 und 2015, trotz zweistelliger Millionenbeträge bei Bedarfszuweisungen ist es nicht gelungen, die kommunale Ebene insgesamt leistungsfähig aufzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbst der CDU dürfte nicht entgangen sein, dass landauf und landab über die jetzt eingeleitete Reform diskutiert wird. Wenn das stimmen würde, was Sie hier behaupten, da müsste Schweigen im Wald sein. Wenn also niemand beteiligt wird, würde niemand diskutieren – aber es diskutieren alle. Überall wird diskutiert.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Aber ihr nehmt das doch nicht an!)

Überall wird diskutiert und insofern geht Ihr Vorwurf ins Leere und ist eine Phantomdiskussion.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen in Thüringen haben sich gerade zur Diskussion eingeladen gefühlt.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Sie haben ja keine eingeladen!)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU)

Liebe Frau Kollegin Tasch, der Abgeordnete Kuschel hat nun das Wort.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da kann ich mich nur aufregen!)

Ich bin erfreut, dass ich Sie so errege.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kuschel, jetzt haben Sie etwas anderes verstanden als gesagt wurde. Es wäre schön, wenn Sie jetzt zum Thema zurückkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, also die Debatten laufen. Im Übrigen würde die Debatte noch an Dynamik gewinnen, wenn die CDU jetzt mal sagen würde, worin sie die Alternativen sieht.

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Ja, wer ist denn in der Regierung?)

Die Alternative bei der CDU – das haben wir bei der Haushaltsdebatte und überall gesehen – heißt entweder „Schweigen im Wald“ oder „Wir lassen alles so, wie es ist“. Das kann natürlich nicht die Alternative sein. Das nehmen Ihnen auch die Leute nicht mehr ab. Deswegen debattiert man auch nicht über Sie, sondern ausschließlich über uns. Ihre Alternative – ich habe mal so ein Flugblatt heute auf Ihrer Internetseite gesehen – ist die „kommunale Gemeinschaftsarbeit“. Sie sagen: Kommunale Gemeinschaftsarbeit könnte die Lösung für die gemeindliche Ebene darstellen. Sie haben dafür selbst ein Fördermittelprogramm gemacht 2013/14, 1 Million Euro zur Verfügung gestellt. Sie haben einen Ex-Bürgermeister als Projektleiter eingesetzt, der zu den Gemeinden und zu den Landkreisen hingegangen ist und gesagt hat: Nehmt mir bitte das Geld ab und macht Projekte der kommunalen Gemeinschaftsarbeit. Das Ergebnis waren zwei Projekte, 80.000 Euro sind abgeflossen. Da hat sich die Finanzministerin gefreut oder damals Finanzminister, weil das Geld wieder zurückgeflossen ist. Aber offenbar ist Ihre Alternative, nämlich kommunale Gemeinschaftsarbeit, nicht geeignet und wird von der kommunalen Ebene nicht angenommen. Also befördern Sie die Debatte durch entsprechende Alternativvorschläge und da werden Sie feststellen, die Menschen sind durchaus bereit, über derartige Alternativen zu reden. Solange die aber nicht da sind, ist es etwas schwierig.

(Abg. Holbe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesamtprozess beinhaltet eine Vielzahl von Beteiligungsmöglichkeiten.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja? Welche denn?)

Der Innenminister hat gestern den ersten Kabinettsdurchlauf realisiert, jetzt gibt es eine Anhörung im Rahmen der Landesregierung, es wird im parlamentarischen Verfahren eine Anhörung geben.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Und dann macht ihr, was ihr wollt!)

Und für alle Gemeindeneugliederungsmaßnahmen, das wissen Sie, ist im Gesetzgebungsverfahren eine Auslegung vorgelegt, sechs Wochen muss der Gesetzentwurf ausgelegt werden. Dort können Anregungen, Hinweise vorgebracht werden, die sind dann im Innenausschuss abzuwägen. Also Ihre Befürchtungen, dass nicht ausreichend Beteiligungsmöglichkeiten bestehen, gehen ins Leere. Die Leute nutzen sie auch. Es gibt jetzt sogar eine Initiative für ein Volksbegehren. Ich freue mich darauf, denn das kann spannend werden. Insbesondere warte ich auf den Gesetzentwurf, der zum Gegenstand des Volksbegehrens gemacht werden soll.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Den soll- ten Sie machen!)

Denn ein Volksbegehren zu dem Inhalt „Wir lassen alles so, wie es ist“ ist unzulässig. Die Initiatoren müssen schon einen Vorschlag machen, wie sie denn was geändert haben wollen. Darauf bin ich mal gespannt, denn Sie als größte Opposition, meine Damen und Herren von der CDU, können das ja nicht leisten. Hier wurde gesagt „Verwaltungsgemeinschaften haben sich bewährt.“ Ich darf, Herr Präsident, zitieren – oh, Frau Präsidentin, es hat jetzt gewechselt – aus der „Ostthüringer Zeitung“ vom 14.10.2014. Dort hat die damalige Ministerpräsidentin Lieberknecht formuliert: VGs sind Auslaufmodelle und eine CDU-geführte Landesregierung wird in den ersten 100 Tagen ein Gesetz zur Abschaffung der Verwaltungsgemeinschaften vorlegen.

(Unruhe CDU)

Der politische Irrtum ist mir persönlich ja nicht fremd. Aber da müssen Sie jetzt mal sagen, warum Ihre Vorzeigepolitikerin die Verwaltungsgemeinschaften vor zwei Jahren abschaffen wollte und jetzt auf einmal wollen Sie alles so lassen, wie es ist. Haben Sie neue Erkenntnisse oder liegt es jetzt nur daran, weil Sie Opposition sind? Also ganz so ist es nicht.

Herr Abgeordneter Kuschel.