Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe die Ehre, im Auftrag des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport über den Antrag der CDU-Fraktion „Gute Bildung braucht starke Schulleiter“ Bericht zu erstatten. Der vorliegende Antrag in der Drucksache 6/508 wurde durch Beschluss des Landtags in seiner 15. Plenarsitzung am 28. Mai 2015 nach einem Sofortbericht der Landesregierung an den Bildungsausschuss zur Beratung überwiesen und dort in vier Sitzungen als Tagesordnungspunkt aufgerufen. In der 18. Sitzung des Bildungsausschusses, am 19. Januar 2016, wurde eine entsprechende Beschlussempfehlung formuliert.
Der Bildungsausschuss befasste sich unter meiner Leitung erstmals in seiner 8. Sitzung am 9. Juni 2015 mit dem Antrag „Gute Bildung braucht starke Schulleiter“. Der Antrag sieht vor, keine Schulleiterstellen länger als drei Monate unbesetzt zu lassen und frei werdende Leitungsstellen frühzeitig bekannt zu machen. Außerdem sollten Schulleiterstellen in Grundschulen durch höhere Leistungszulagen und mehr Entlastungsstunden attraktiver gemacht werden. Weiterhin sollte die Eigenverantwortlichkeit der Schulleiter, zum Beispiel bei Personalfragen, gestärkt werden. Schließlich sollten Schulleitern und künftigen Schulleitern die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen erleichtert wer
den. Mit diesem Bündel an Maßnahmen sollte erreicht werden, die Anzahl der unbesetzten Schulleiterstellen in Thüringen dauerhaft abzusenken und die Stellung des Schulleiters als solche attraktiver zu machen.
Fraktionsübergreifend wurde im Ausschuss anerkannt, dass die Thematik eine große Bedeutung habe, allerdings wurden von Vertretern der Regierungsfraktionen Zweifel an der Umsetzbarkeit der im Antrag formulierten Ideen laut. Es wurde geäußert, dass zum Beispiel einige unbesetzte Schulleiterstellen wegen laufender Klageverfahren, angestrengt von unterlegenen Bewerbern, nicht binnen drei Monaten besetzt werden können.
Es wurde beschlossen, den Antrag nicht abschließend zu beraten, sondern nach Beginn des Schuljahrs 2015/2016 wieder aufzurufen, um etwaige Entwicklungen beobachten zu können. Dies geschah in der 12. Sitzung des Bildungsausschusses am 1. September 2015. In der genannten Sitzung wurden mehrere Bitten an die Ministerin gerichtet, weitere Angaben zur Schulleiterbesetzung vorzulegen. Auch deshalb wurde entschieden, den Antrag zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufzurufen, was in der 17. Sitzung am 8. Dezember 2015 geschah. Da zu diesem Zeitpunkt durch die Ministerin noch nicht alle von den Ausschussmitgliedern gewünschten Angaben vorgelegt werden konnten, wurde eine erneute Vertagung beschlossen. Der Ausschuss verständigte sich darauf, den Antrag abschließend in dessen 18. Sitzung am 19. Januar 2016 zu beraten.
In der 18. Ausschusssitzung gab die Ministerin die aktuellen Zahlen zu unbesetzten Schulleiterstellen bekannt. Die CDU-Fraktion legte mit der Vorlage 6/862 einen geänderten Antrag vor, verbunden mit der Bitte um Berücksichtigung und Zuleitung des Antrags in der Drucksache 6/508 ans Plenum. Ausschussmitglieder der Regierungsfraktionen betonten zwar die Bedeutung des Themas, doch lehnten sie die Unterstützung des Antrags der CDU ab, da die darin gestellten Forderungen nicht zu erfüllen seien. Somit wurde folgende Beschlussempfehlung gefasst:
„Der Bildungsausschuss lehnt den Änderungsantrag der CDU-Fraktion in der Vorlage 6/862 mehrheitlich ab. Der Ausschuss empfiehlt daher mehrheitlich, den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/508 ‚Gute Bildung braucht starke Schulleiter‘ abzulehnen.“
Bevor ich jetzt vielen Dank sage, möchte ich noch kurz meine Meinung sagen. Ich glaube, liebe Abgeordnete, wir sollten wirklich die Chance nutzen, unseren Grundschulen zu helfen. In diesem Sinne möchte ich an Ihr Gewissen appellieren. Jetzt kommt mein „vielen Dank“.
Herr Kollege Grob, als Berichterstatter berichten Sie bitte aus dem Ausschuss und können gern in der Debatte Ihre Empfehlung abgeben.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen und sehr geehrte fraktionslose Kollegen! Die CDU-Fraktion hat im Frühsommer letztes Jahres einen Antrag vorgelegt mit dem Titel „Gute Bildung braucht starke Schulleiter“. Um es vorweg zu sagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, wir haben uns – Kollege Grob hat es eben berichtet – im Ausschuss mehrfach darüber ausgetauscht und ich denke nicht, dass es das letzte Mal sein wird, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen werden, denn wenn man sich die demografische Entwicklung ansieht, dann weiß man auch, dass wie insgesamt in der Lehrerschaft in Thüringen natürlich auch die Schulleiterinnen und Schulleiter in den nächsten Jahren in Größenordnungen in den Ruhestand gehen. Aber ich muss es vorwegnehmen, in Titel und Anspruch sprechen wir eine Sprache. Inhalt und Umsetzungsvorschläge Ihres Antrags sind weitgehend – ich muss es sagen – leider nicht realisierbar. Dieser Antrag bezweckte einen Bericht der Landesregierung, listete gleichzeitig eine Reihe von Vorschlägen auf, mit denen die CDU die Problemlage in diesem Bereich zu bearbeiten vorschlägt. Im Mai wurde der Antrag im Plenum behandelt, von dort an den Ausschuss überwiesen.
Zunächst einmal, meine Damen und Herren von der CDU, haben Sie mit der Frage der Besetzung der Schulleiterstellen an den Thüringer Schulen völlig zu Recht eine Problematik angesprochen, die auch die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker der Koalitionsfraktionen und das Bildungsministerium sehr umtreibt. Wir alle wissen, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter für den ordnungsgemäßen Ablauf, die Gestaltung und die Weiterentwicklung der Thüringer Schulen vor Ort eine wichtige, ja entscheidende Rolle spielen: sowohl für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Eltern an ihrer Schule, für die an ihrer Schule tätigen Pädagoginnen und Pädagogen, für die lokalen Schulträger, für die lokalpolitischen Verantwortungsträger, für die Weiterentwicklung kommunaler Bildungslandschaften, für die Umsetzung unserer und der für den bildungspolitischen Anspruch in demokratischem Konsens gewonnenen Bildungsziele. Sie se
hen, schon diese Auflistung macht deutlich, wie groß die Verantwortung und das Tätigkeitsfeld von Schulleitern ist. Wir haben es hier mit einem zentralen Bereich der Bildung zu tun. Alle Schulleiterinnen und Schulleiter verdienen unseren Dank und unsere politische Unterstützung.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen auch, dass es an den Thüringer Schulen Stellen im Bereich der Schulleitung gibt, die aus unterschiedlichsten Gründen leider immer noch nicht besetzt sind. Wir wissen auch, dass es momentan noch zu viele sind, die leider unbesetzt bleiben. Die Gründe dafür sind vielfältig und durch das Ministerium allein und auch in Zukunft so nicht zu lösen. Sie liegen einerseits in den dienst- und beamtenrechtlichen Vorschriften, andererseits in rechtsstaatlichen Grundsätzen, die zur Sicherung des Rechtsfriedens oftmals einen langen Atem erfordern.
Auch und besonders tarifrechtliche Vorgaben wie die passive Phase der Altersteilzeit sind hier zu beachten. Aber all dies war auch unter einer CDU-geführten Landesregierung nicht anders. Ich will auch einmal darauf verweisen, dass Bildungsministerin Dr. Klaubert bei Übernahme des Amts 2014 mit etwa 90 unbesetzten Schulleiterstellen zu tun hatte.
Andererseits – dies hat die Diskussion zu Ihrem Antrag auch erbracht – hat Frau Ministerin Dr. Klaubert gerade hier einen Schwerpunkt ihrer Arbeit definiert, da sie auch weiß und sich dies in ihrer Amtsführung durch die deutliche Reduzierung der Altfälle manifestiert, wie wichtig Schulleiterinnen und Schulleiter für gelingende Schule, für gute Bildung sind.
Die Schulen und auch die Fraktion der Linken dankt Ihnen, Frau Ministerin, für Ihr Engagement dort ausdrücklich.
Am 4. Januar 2016 war an 59 Schulen von insgesamt 811 staatlichen Schulen in Thüringen die Position des Schulleiters unbesetzt. Dies sind 7,2 Prozent aller staatlichen Schulen. An 39 von diesen 59 Schulen arbeitet allerdings ein leitungserfahrener ständiger Vertreter des Schulleiters in der Funktion, solange noch kein neuer Schulleiter rechtswirksam bestellt ist. Nur an 20 von rund 800 Schulen ist derzeit eine kommissarische Regelung unterhalb dieser Schwelle in Kraft.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, im Bildungsausschuss haben wir uns in drei Sitzungen mit den im Antrag aufgeworfenen Fragen in aller Breite beschäftigt. Die Ministerin hat umfassend ausführlich auf alle Fragen geantwortet. Sie hat
breit berichtet und auch durchaus einige Punkte aus Ihrem Antrag aufgegriffen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, so die Anregung, zu besetzende Schulleiterstellen durch eine geeignete Übersicht im Thüringer Schulportal leichter zugänglich zu machen – gute Idee. Ihr Gedanke, den Schulen mehr Mitsprache bei Stellenbesetzungen zu geben und die Entscheidungskompetenz der Schulleiter zu stärken, ist nicht neu und wird schon seit Längerem Schritt für Schritt umgesetzt, aber richtig ist sie deswegen trotzdem und wird auch weiter verfolgt.
Über das bestehende Verfahren der Stellenbesetzung wurde breit informiert und auch darüber, dass die Entscheidung, ob eine Ausschreibung schulscharf erfolgt oder nicht, bereits auf örtlicher Ebene vom zuständigen Schulamt in Abstimmung mit den betreffenden Schulen getroffen wird. Loben kann ich allgemein natürlich auch die Korrektheit des Antrags, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU. Manches, das sage ich Ihnen noch mal, kann aufgegriffen werden. Aber andere Ihrer Vorschläge – und das sind die wichtigeren – sind gut gemeint, aber leider nicht realisierbar. Sie legen eher den Schluss nahe, dass Sie die Ursachen für längere Zeit unbesetzt bleibender Leitungsstellen nicht so im Detail kennen, dass Sie sich im Personal- und Beförderungsrecht eher unsicher fühlen und dass Sie die Dinge zu sehr vom Wunsch als von der Sachkenntnis her angehen wollen.
Was soll vor allem der von Ihnen eingebrachte Vorschlag, ein Schulleiterversprechen mit einer angeblichen Garantie abzugeben, dass keine Schulleiterfunktion länger als drei Monate unbesetzt bleibt? Wünschenswert – natürlich, keine Frage –, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich frage Sie: Wollen Sie damit die Landesregierung auffordern, gegen Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes zu verstoßen? Nichts anderes wäre ein Schulleiterversprechen, welches sich schwungvoll anhört, aber völlig jenseits der Realisierbarkeit ist. Wir haben, lieber Herr Tischner, im Ausschuss darauf hingewiesen. Leider erfolgte in diesem Punkt keine Änderung.
Ich möchte trotzdem noch mal kurz darauf eingehen. Das würde heißen, Bewerberinnen und Bewerber, welche sich bei dem Ergebnis der Entscheidung bezüglich der Besetzung der Position nicht berücksichtigt fühlen, haben natürlich in Deutschland die Möglichkeit, über den Rechtsweg diese Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts prüfen zu lassen. Die sogenannte Konkurrentenklage bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die ein grundgesetzlich verankertes Instrument zur Prüfung einer Nichtberücksichtigung darstellt, würde über Ihr gefordertes Schulleiterversprechen ignoriert oder gar hintergangen. Sie ist aber genau der Grund für eine Vielzahl von Fällen. Wir haben das ja wirklich intensiv erörtert. Im Übrigen – das muss
man auch sagen: Wir wissen, dass wir in den Grundschulen eine andere Problematik haben als in den A 16-Stellen der Gymnasien und berufsbildenden Schulen. Sie ist aber gerade der Grund für eine Vielzahl von Fällen, der auf längere Zeit die Umsetzung von Stellenentscheidungen verzögert. Herr Tischner, ich schätze Sie als engagierten Pädagogen mit einer hohen Kontaktdichte in den Schulen. Hier aber – es tut mir leid, das so sagen zu müssen – verrennen Sie sich in Ihrem Anliegen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wie – so frage ich – soll aus der Arbeit der Schulleiter mit periodischen Beurteilungen ein zwingender Beförderungsanspruch für engagierte Lehrerinnen und Lehrer in der Fläche abgeleitet werden, wie Sie das im Punkt 6 fordern? Beurteilungen, gerade auch anlassbezogene Beurteilungen, gibt es natürlich. Aber sie stehen auch immer unter dem Vorbehalt des Haushaltsrechts, wonach die entsprechenden Beförderungsstellen auch auszubringen sind. Man kann sich natürlich darüber unterhalten, wo wir dort im Thüringer Schuldienst stehen. Das sollten wir hier auch machen. Aber das in solch einen Antrag reinzupacken, halte ich für verfehlt.
Ich sage das auch mal ganz zugespitzt: Mal ganz ehrlich, die wesentlichen Verschlechterungen im Besoldungsgesetz, die heutzutage auch noch wirksam sind, wurden unter CDU-Finanzministern allein realisiert. Sie meinen, wir haben da Schuld? Wir haben heute die Verantwortung und werden diese – und jetzt schaue ich auch mal in Richtung von Finanzministerin Taubert – auch wahrnehmen und die Thüringer Lehrer, Schulleiter, Seminar- und Fachleiter wieder an den bundesdeutschen Schnitt heranführen, um konkurrenzfähig zu sein, um gute Lehrer in Thüringen zu halten oder an Thüringen zu binden. Unter anderem in der sich in der notwendigen Höhe befindlichen Bezüge der Schulleiterinnen und Schulleiter aber auch im Elementarbereich sowie an kleinen Schulen sehen wir sehr kritisch, wie der Abstand der Fachleiter ohne eigenes Amt – in Thüringen eine CDU-Errungenschaft – wieder da ist. Das wird uns in den nächsten Jahren noch schwer zu schaffen machen, wenn es um die Gewinnung von Fachlehrern geht. Wir haben zum Teil die Entwicklung heute schon bei der Besetzung von Stellen.
Das Problem ist erkannt und für 2017 hat die Ministerin eigene Schritte zur Verringerung dieser besoldungsrechtlichen Ungerechtigkeiten angekündigt. Verhandlungen mit dem TFM sind sicherlich nicht immer einfach und können im Sinne der Lehrer, Schulleiter und Fachleiter durch Sie hier auch mit unterstützt werden. Eine echte Lehrerentgeltordnung wäre ein starkes Signal, auch um die Tarifund Besoldungslücke ab 2017 für die Thüringer Lehrerinnen und Lehrer zu schließen. Ich verweise darauf, rund um uns herum wird verbeamtet. Sachsen, als Bundesland, welches nicht verbeamtet, hat
Außerdem werden weitere Möglichkeiten, die Übernahme von Funktionsstellen gerade in den Grundschulen attraktiver zu machen, im Ministerium weiterhin geprüft. Es gibt die feste Zusage, gemeinsam mit dem Landtag am Thema – wie man so schön sagt – dranzubleiben. Hier ist es natürlich auch ein berechtigtes Anliegen zu fragen, ob die ausgereichten Stunden in der Schulpauschale für die Schulleitung tatsächlich ausreichen. An vielen kleinen Schulen müssen die Schulleiter mit in den Unterricht und können ihre schwere Aufgabe, ihre große Aufgabe oftmals nur in der Freizeit erledigen. Viele Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nah am Burn-out oder sind schon mittendrin. Das geht natürlich nicht.
Anschließend möchte ich noch einmal betonen, dass es uns ein wichtiges Anliegen ist, bestehende und sich abzeichnende Vakanzen von Schulleiterstellen und die Thüringer Schulen für die bevorstehenden Generationenwechsel unter den Schulleitern gut zu begleiten. Aber, meine Damen und Herren, ob uns das gefällt oder nicht, der Anspruch, die Vakanzzeiten von Schulleiterpositionen deutlich zu verkürzen, ist und bleibt ein Langzeitprojekt, eine Daueraufgabe.
Es ist vollkommen richtig, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, dass wir hier im Thüringer Landtag die Thematik erörtern und gemeinsam weiter nach Wegen suchen. Aber da auch Ihre Wege, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, zumindest wie in diesem Antrag vorgetragen, ungeeignet sind, um die Problematik, wie von Ihnen gefordert, tatsächlich zu lösen – stattdessen hantieren Sie hier mit einer rechtlich schwierigen und unrealisierbaren Idee als große Symbolpolitik –, lehnen wir den Antrag ab.
Das Ministerium und der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport haben sich geeinigt, zu einem späteren Zeitpunkt, wenn es uns der Arbeitsstand erlaubt, erneut zum Thema zu diskutieren. Auch hierfür noch mal meinen Dank an Frau Ministerin Dr. Klaubert. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Besucher auf der Tribüne! „Gute Bildung braucht starke Schulleiter“, so formuliert die CDU-Fraktion den Antragstitel und
ich kann sagen: Ja, diesem Titel kann ich aus vollem Herzen zustimmen. Ich denke, dass alle Fraktionen in diesem Hohen Haus ein Interesse daran haben, dass alle frei werdenden Schulleiterstellen schnellstmöglich besetzt werden, dass Schulleiter vor der Amtsübernahme umfangreich und qualitativ hochwertig fortgebildet werden und Schulleiter auch entsprechend über Durchgriffsrechte an ihren Schulen verfügen, um Schule gestalten zu können.
Auch nach den umfassenden Beratungen im Ausschuss sind allerdings die Probleme, die uns seit Jahren, wenn nicht sogar seit Jahrzehnten bekannt sind, nicht vom Tisch. Der CDU, die diesen Antrag eingebracht hat – daran sei noch mal erinnert –, ist es in 25 Jahren Regierungszeit nicht gelungen, das sogenannte Schulleiterproblem zu lösen. Nach einem Jahr in der Opposition stellen Sie, liebe CDU, Forderungen nach der transparenten Übersicht der frei werdenden Leitungsstellen, höheren Leistungszulagen und qualitativ hochwertigen Qualifizierungsmöglichkeiten. Das ist eben ein typischer Oppositionsantrag. Aber Sie wissen selbst, dass einige Forderungen, wie das Versprechen, dass keine Schule länger als drei Monate ohne einen Schulleiter auskommen muss, einfach unrealistisch sind, denn da gibt es das große Problem – Kollege Wolf hat das richtigerweise angesprochen – der Konkurrentenklagen, die innerhalb eines gewissen Zeitraums – also dieser drei Monate – einfach nicht abgeschlossen werden können. Deswegen gehen Ihre Forderungen im Bereich der Drei-Monats-Frist für die Besetzung von Schulleitern an dieser Stelle völlig ins Leere.
Sie fordern mehr Zeit und mehr Geld, Sie fordern Dinge, die unmöglich sind – wie gerade gesehen –, und Sie fordern Dinge, die es bereits gibt. Sehr verehrte Fraktion der CDU, man sieht, Sie sind in der Opposition angekommen.
Werfen wir einen Blick auf die aktuelle Situation. Im Jahr 2016 waren insgesamt 59 Schulleiterstellen in Thüringen nicht besetzt, davon 25 Schulleiterstellen an Grundschulen, fünf an Regelschulen und sechs an Gymnasien. Das entspricht jeweils einem Anteil von 2,5 bis 7 Prozent. Für jede einzelne Schule bedeutet die Vakanz in der Leitung eine besondere Herausforderung. Das wissen wir alle. Aber viel dramatischer ist noch, wenn in 14 von 41 berufsbildenden Schulen – also in jeder dritten – der Posten des Schulleiters nicht besetzt ist. Hier brauchen wir ganz offensichtlich dringend eine Lösung. Deswegen appelliere ich auch an Sie, Frau Dr. Klaubert. Hier ist wirklich Handlungsbedarf angezeigt. Hier müssen Sie schnell und bitte auch unbürokratisch reagieren.
Die kritische Lage, in der wir uns befinden, war seit Jahren vorauszusehen. 11.000 von 17.000 Lehrern an den Thüringer Schulen sind heute älter als
50 Jahre. Das ist eine gewaltige Pensionswelle, die sich hier aufbaut und die uns in den nächsten Jahren noch sehr beschäftigen wird. Einfach zu warten, bis die Stellen nicht mehr besetzt werden können, ist tatsächlich unverantwortlich. Um die Situation abzumildern, müssen Lehrer aus dem Kollegium bestimmt werden, die dann vorübergehend die Aufgabe des Schulleiters übernehmen. Sie müssen diese Aufgabe zusätzlich übernehmen und trotzdem noch weiterhin Unterricht halten. Aber die Leitung einer Schule, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete – und es gibt ja auch Lehrer hier im Hohen Haus –, kann man grundsätzlich eben nicht einfach so nebenbei machen. Heute bedeutet dieser Beruf – Schulleiter ist tatsächlich ein eigenständiges Berufsbild und hat sich in den letzten Jahren auch zu einem eigenständigen Berufsbild entwickelt – mehr denn je eine vielfältige Aufgabe. Ein Schulleiter ist heute Personalleiter, er ist Qualitätsmanager, Moderator, Finanzbuchhalter, Datenerfasser, Bürokraft in einem und nebenbei – und nicht nur in den kleinen Systemen, sehr verehrter Herr Wolf – unterrichtet dieser Schulleiter überall in allen Schulen dieses Landes weiterhin als Lehrer.