Ja, Frau Tasch, das hat damit zu tun, dass es auch Bundes- und Europafördermittel gibt, die dadurch nicht mehr abgerufen werden können.
Diese Mittel, die dann verloren gehen, summieren sich bis 2021 auf immerhin 100 Millionen Euro. Das sind 100 Millionen Euro fehlende Sicherheit der Menschen, 100 Millionen Euro fehlender Umweltschutz, 100 Millionen Euro aber auch fehlender Schutz der Landwirtschaft und 100 Millionen Euro fehlende Vorsorge für den Mittelstand. Das wäre aus unserer Sicht verantwortungslos. Wir stehen für eine nachhaltige Politik und wir sagen als Grüne auch ganz klar: Diese 10 Millionen Euro pro Jahr werden und müssen kommen. Da stehen wir in der Verantwortung für einen verantwortungsvollen Hochwasserschutz. Nur so können wir das Gesamtprojekt bis 2021 auch vollständig umsetzen.
Wir sind hier als Koalition auf einem guten Weg. Wir werden uns dazu verständigen, diese finanziellen Mittel bereitzustellen. Da bin ich mir ganz sicher. Daher brauchen wir Ihren Antrag nicht und müssen diesen ablehnen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, seit Wochen diskutieren wir über den grünen Wassercent. Aber der grüne Wassercent ist ja nur ein Beleg für eine Debatte, die wir in vielen Feldern führen: Gebietsreform, Filtererlass, Erhöhung der Grunderwerbsteuer, Brenntageverbot und jetzt der Wassercent. All das ist ein Generalangriff auf Eigentümer, all das ist ein Generalangriff auf
Werte Frau Ministerin Siegesmund, ich nehme Ihnen aufrichtig und ehrlich ab, dass Sie an einer Verbesserung des Hochwasserschutzes in Thüringen interessiert sind. Das habe ich selber erlebt, sie ist auch im Land unterwegs und begutachtet das. Das ist nicht zu kritisieren, das finde ich wichtig und ist auch richtig, dass eine Ministerin sich das anschaut.
Kollegin Becker hat zu Recht gesagt, dass es fraglich ist, ob man das inhaltliche Thema „Hochwasserschutz“ damit verknüpfen kann, einen Wassercent zur Finanzierung heranzuziehen. Das ist Ihr eigener Koalitionspartner, Herr Adams, und da kann ich nur sagen: Diese Bemerkung, Frau Becker, ist richtig. Es ist unseriös, das eine mit dem anderen zu verbinden, weil ich glaube, Hochwasserschutz ist richtig.
Wenn ich mir das anschaue – der Wassercent ist ja gestern jetzt zurückgezogen worden –, konnten die Argumente ja offensichtlich auch nicht in der Koalition die Partner überzeugen. Da ist schon ordentlich Schiffbruch erlitten worden. Werte Frau Ministerin, ich kann nur sagen, in der Debatte um den Wassercent haben Ihre Koalitionspartner Sie ganz schön nass gemacht. Und das ist natürlich etwas, wo ich glaube, dass wir in der Sachfrage auch noch mal hinschauen müssen.
Ja, Herr Kobelt, bleiben Sie doch mal ruhig, Sie haben doch gerade geredet, es ist alles in Ordnung. Ich habe notiert, dass Sie heute vollkommen in Schwarz gekleidet sind. Mir scheint das entweder damit zu tun zu haben, dass gestern der Wassercent nicht gekommen ist und zurückgezogen wurde, oder es ist eine Ansage an die heutige Debatte.
Und wenn ich mir anschaue, wie der Haushalt – auf den haben Sie ja Bezug genommen – Ihrer Ministerin aussieht, dann kann ich nur sagen: Es ist schon eine Frage von haushalterischer Seriosität, wenn man eine Einnahme in einer Höhe von 12 Millionen Euro budgetiert, die über den Wassercent kommen soll, die mal mir nichts, dir nichts fast 10 Prozent des eigenen Haushaltstitels ausmacht. Das finde ich jetzt, offen gestanden, finanzpolitisch unseriös und das hätten Sie hier auch mal sagen können, Herr Kobelt.
Und ich will das vielleicht nur noch mal dazu sagen: Es ist ja auch eine Frage von Durchsetzungsfähigkeit. Sie haben den Haushalt um 1 Milliarde Euro erhöht und jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen: Ja, wir haben die 10 Millionen oder 12 Millionen Euro für den Hochwasserschutz nicht gehabt.
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Will die CDU jetzt die Aussetzung beantragen? Sie sind acht Wochen zu spät!)
Das ist doch bitte schön nicht ernst zu nehmen. – Ja, Herr Adams, Sie können doch gern noch mal reden. – Ich kann nur sagen, dass an der Debatte um den Wassercent eines deutlich wird, nämlich dass Sie als Koalition, gerade wenn es um die Frage von Bürger- und Wirtschaftsfeindlichkeit geht, wenn es um die Frage der Gängelung der Landwirtschaft geht, wenn es um die Frage der Mehrbelastung für Bürger und Unternehmen geht, wenn es um die Frage von Zuverlässigkeit geht, einfach zeigen, dass Sie es nicht können, weil Sie offensichtlich immer als erste Konsequenz den Leuten in die Tasche greifen wollen. Das ist aus Sicht der CDUFraktion der falsche Weg.
Es ist auch eine Frage von Seriosität, dass man vorher ankündigt, was man tut. Ich habe mir Ihren Koalitionsvertrag noch mal genau angeschaut und da ist von einer zusätzlichen Abgabe – nennt man sie jetzt Wasser- oder Abwassercent – nirgendwo die Rede. Trotzdem finden diese Mehrbelastungen statt. Das ist auch eine Frage von verantwortlicher Politik, dass sich Menschen auch darauf verlassen können, dass das, was drei Partner miteinander verabredet haben, am Ende gilt. Aber es kann nicht sein, dass eine Ministerin zur Finanzierung von Spezialprojekten, die sie sich selbst ausgeguckt hat, weil sie sich vielleicht in den Haushaltsverhandlungen nicht durchsetzen konnte, dann noch ein zusätzliches Leistungsgesetz auf den Weg bringt, um den Leuten nachträglich in die Tasche zu greifen. Das ist der falsche Weg und das müssen Sie auch anerkennen. Offensichtlich konnten Sie damit auch nicht in der Koalition punkten.
Ich will das vielleicht noch mal aus der Sichtweise der Wirtschaft im Freistaat diskutieren, weil das natürlich auch eine Mehrbelastung für die wirtschaftlichen Vertreter und eine Mehrbelastung für die Landwirtschaft bedeutet, und das in einer Zeit, in der wir ohnehin ein schwaches Wirtschaftswachstum in Thüringen haben. Wir hatten im letzten Jahr das drittschlechteste Wirtschaftswachstum in ganz Deutschland. Das zeigt offensichtlich, dass hier im Freistaat einiges in der Wirtschaftspolitik auch vor den Baum läuft. Die Argumente für den Wassercent liegen auf der Hand: Wir haben die höchsten Wasserpreise in Deutschland. Es hat keine ökologische Lenkungswirkung.
Wenn wir uns das alles anschauen, dann ist eines festzuhalten: Es ist auch für die Wirtschaft schädlich, was Sie dort planen. Ich kann nur hoffen, dass Sie auch bei den nächsten Planungen eines weiteren Gesetzes darauf achten, dass diejenigen, die diesen Staat tragen – nämlich die Bürger und die Wirtschaft –, nicht über Gebühr zusätzlich belastet werden.
Wenn Sie sich anschauen, die Einnahmen für den Hochwasserschutz sind im Freistaat da. Wir haben einen Hochwasserschutz, wofür der Bund und die Europäische Union umfassend Mittel zur Verfügung stellen; Frau Becker hat das in ihrer Rede auch bemerkt. Die Argumentation – ich will es nur noch mal sagen – ist natürlich schon auch scheinheilig. Sie haben einen Haushalt um rund 1 Milliarde Euro gesteigert, Sie finden dort Millionen für Elektromobilität, Sie finden dort Geld für Extravaganzen wie einen staatlich geförderten Demonstrationstourismus
und Sie haben neue Stellen und Stabsstellen geschaffen. Aber Sie haben nicht das Geld, um Hochwasserschutz zu betreiben! Das ist doch, offen gestanden, eine Scheinheiligkeit in der Debatte und das müssen Sie doch auch selbst anerkennen.
Wenn man sich hier die Frage stellt, was die Abgabe für den Wirtschaftsstandort bedeutet hätte, dann ist eines klar: Sie bedeutet Wettbewerbsnachteile zu unseren Nachbarstaaten Hessen und Bayern, aber sie bedeutet vor allen Dingen auch einen unmittelbaren Eingriff in die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie hier vor Ort. Ich habe mir die Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammern angesehen, die schreiben dann, in der chemischen Industrie würden durch den Wassercent Belastungen von jährlich bis zu 100.000 Euro pro Unternehmen entstehen. Dann heißt es in einer weiteren Stellungnahme, Unternehmen aus dem Bereich der Zellstoff- und Papierherstellung müssten sogar mit
zusätzlichen Kosten von jährlich etwa 400.000 Euro rechnen. Selbst der Kollege Hey hat schnell bemerkt, dass mit dem Wassercent viele kleine Thüringer Brauereien vor dem Aus stehen würden. Egal wie man sich dem Thema nähert, Hauptsache man kommt zu der Konsequenz, dass es ein unmittelbarer Eingriff in die Wirtschaftsfähigkeit unserer Unternehmen hier im Freistaat ist. Die IHK hat das Ganze als „schallende Ohrfeige“ bezeichnet.
All das sind Punkte, bei denen eindeutig klar ist: Der Wassercent ist der falsche Weg. Genau aus dem Grund haben wir den Antrag als CDU-Fraktion gestellt. Offensichtlich hat unsere Initiative auch dazu beigetragen, dass der Denkprozess bei den Koalitionspartnern vorangekommen ist und der Wassercent jetzt einkassiert worden ist.
Ich kann nur eines sagen, liebe SPD-Fraktion: Ihr Nein zum Wassercent können Sie jetzt daran prüfen, dass Sie bei dem CDU-Antrag mit Ja stimmen, weil das natürlich auch ein Beleg dafür ist, dass wir ein für alle Mal klarmachen: Wir wollen keinen nachträglichen Griff in die Tasche der Bürger und Unternehmen. Ich glaube, damit ist diese Debatte, liebe Frau Becker, auch heute genau richtig und hätte nicht zurückgezogen werden müssen, weil sie auch eines deutlich zeigt: Sie zeigt, dass es in der Sachpolitik falsch ist, was Sie tun, aber es zeigt auch, dass es im Vorgehen falsch ist, was Sie tun, weil Sie nicht mit den Leuten, die betroffen sind, darüber reden. Das ist der große Fehler Ihrer Politik. Schönen Dank.
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Frau Ministerin Siegesmund, Sie haben für die Landesregierung das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, zur besten Primetime, die der Thüringer Landtag zu bieten hat – kurz vor der Mittagszeit – beschäftigen wir uns mit dem schönen Thema „panta rhei“ und der Übersetzung dessen. Eine Möglichkeit, wie Heraklit es übersetzt hat: Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht. Beim Ziel sind wir sehr beieinander.
Herr Voigt, bei der Frage, wie haushaltspolitische Seriosität geht, trennen uns nämlich die Wege. Wenn Sie Ihre Kritik zur Diskussion um den Dop
pelhaushalt 2016/2017 hätten verpacken können, wäre das ein echter Mehrwert für das Land gewesen. Die CDU hätte gezeigt, dass sie ihre haushaltspolitische Kompetenz nicht völlig an den Nagel gehängt hat. Warum gibt es eigentlich auch bei diesem Thema keinen Änderungsantrag von Ihnen? Sie müssen mir irgendwann einmal erklären, ob Sie jetzt weiter dabei bleiben wollen, Fundamentalopposition zu machen oder ob Sie irgendwann auch wieder konstruktiv an der Seite in diesem Parlament sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will zitieren: „Hochwasserschutz darf kein kurzfristiges Handeln nach Hochwasserkatastrophen sein. Es gilt vielmehr, sich kontinuierlich mit Tatkraft dem Hochwasserrisiko zu stellen und dies zu steuern“. Dieser Satz stammt aus der Regierungserklärung von Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht vom 20. Juni 2013 nach dem letzten Jahrhunderthochwasser. Wir erinnern uns, dass es in diesem Jahrhundert schon drei Jahrhunderthochwasser gegeben hat. Das Jahrhunderthochwasser im Jahr 2013 hat in Thüringen Schäden von mehr als 450 Millionen Euro verursacht, übrigens vor allen Dingen auch im Bereich der Wirtschaft – Schäden, die wir bis zum heutigen Tag noch beseitigen. Damals, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren wir uns partei- und übrigens auch fraktionsübergreifend darin einig, dass Thüringen deutlich mehr Geld in den Hochwasserschutz investieren muss. Neben EU- und Bundesmitteln, die nach dem Hochwasser 2013 auch nochmals aufgestockt wurden, das war uns allen bewusst, brauchen wir auch zusätzliche Landesmittel, um etwas im Hochwasserschutz in Thüringen bewegen zu können.