Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will zitieren: „Hochwasserschutz darf kein kurzfristiges Handeln nach Hochwasserkatastrophen sein. Es gilt vielmehr, sich kontinuierlich mit Tatkraft dem Hochwasserrisiko zu stellen und dies zu steuern“. Dieser Satz stammt aus der Regierungserklärung von Frau Ministerpräsidentin Lieberknecht vom 20. Juni 2013 nach dem letzten Jahrhunderthochwasser. Wir erinnern uns, dass es in diesem Jahrhundert schon drei Jahrhunderthochwasser gegeben hat. Das Jahrhunderthochwasser im Jahr 2013 hat in Thüringen Schäden von mehr als 450 Millionen Euro verursacht, übrigens vor allen Dingen auch im Bereich der Wirtschaft – Schäden, die wir bis zum heutigen Tag noch beseitigen. Damals, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren wir uns partei- und übrigens auch fraktionsübergreifend darin einig, dass Thüringen deutlich mehr Geld in den Hochwasserschutz investieren muss. Neben EU- und Bundesmitteln, die nach dem Hochwasser 2013 auch nochmals aufgestockt wurden, das war uns allen bewusst, brauchen wir auch zusätzliche Landesmittel, um etwas im Hochwasserschutz in Thüringen bewegen zu können.
Damit komme ich auch zur zweiten Falschannahme von Ihnen, Herr Voigt. Ja, es ist richtig, dass die EU- und Bundesmittel gestiegen sind. Damit steigt zum einen der Kofinanzierungsanteil des Landes. Aber Sie müssen auch die Frage stellen: Was dürfen wir mit diesen EU- und Bundesmitteln machen? Damit dürfen wir vor allen Dingen neue Hochwasserschutzprojekte bauen, aber die 430 Kilometer Deiche, von denen Sie uns nach 25 Jahren CDU 90 Prozent in einem desolaten Zustand hinterlassen haben, können wir mit diesen EU- und Bundesmitteln nicht sanieren. Deswegen braucht das Land Thüringen mehr Geld aus Landesmitteln für den Hochwasserschutz.
Deswegen stellte sich mir schon in den vergangenen Wochen im Lichte der Diskussion um den Wassercent die Frage, ob man gelegenheitsmäßig immer dann, wenn die Katastrophe eintritt, darüber redet und ob man zwischen den beiden Hochwasserereignissen – ich bin mir sicher, das nächste Hochwasserereignis kommt – vergessen hat, worum es
geht. Die Große Anfrage meiner Fraktion zur Wasser- und Abwasserpolitik in Thüringen ergab, dass die CDU-geführten Landesregierungen der Vorjahre im Schnitt gerade einmal 13 Millionen Euro jährlich in den Hochwasserschutz investiert haben. Vergleiche mit anderen Bundesländern ergaben, dass Thüringen damit bei den Investitionen für Hochwasserschutz mit deutlichem Abstand immer Schlusslicht war.
Spitzenreiter war Bayern mit 120 Millionen Euro. Sachsen-Anhalt und Sachsen, vergleichbar in ihrer Topografie und der Frage, wo wir vorsorgen müssen, haben jährlich 30 bzw. 65 Millionen Euro ausgegeben. Sachsen hat allein im Jahr 2015 150 Millionen Euro dafür ausgegeben. Auch da gab es eine entsprechende Steigerung. Aber wenn sie das einmal auf die Jahre 2013 und 2014 runterrechnen und sehen, dass das Land Thüringen unter Ihrer Verantwortung höchstens ein Drittel dessen investiert hat, was man in Sachsen und Sachsen-Anhalt ausgegeben hat, müssen Sie sich nicht wundern, dass diese Landesregierung – ja – einen riesigen Nachholbedarf beim Thema Hochwasserschutz sieht. Das ist Verantwortung für die Menschen in Thüringen. Der Verantwortung stellen wir uns und da suchen wir auch nach Instrumenten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, schon in der gemeinsamen parlamentarischen Diskussion damals im Juni 2013 hat Herr Mohring – der Fraktionsvorsitzende – zusätzliche Landesmittel in Höhe von 10 Millionen Euro gefordert. Offensichtlich hat man 2013 erkannt, dass man diese Landesmittel zusätzlich dauerhaft braucht.
Die Aufgabe dieser Landesregierung ist es, nicht nur diese 10 Millionen Euro zu suchen, sondern auch endlich das zu tun, was längst überfällig ist, einen Hochwassermanagementplan auf den Weg zu bringen, der uns absichert. Das haben wir getan, meine sehr geehrten Damen und Herren. Darüber diskutieren wir, über das Thüringer Landesprogramm „Hochwasserschutz“, das Sie hätten erarbeiten müssen, das Sie jahrelang verschlafen haben, das haben wir auf den Weg gebracht bzw. bringen es jetzt auf den Weg.
In Richtung meiner geneigten Koalitionsfraktionen will ich zurechtrücken, wo denn die Erkenntnis gewachsen ist, dass man diese 10 Millionen Euro – gefordert von der CDU – tatsächlich mehr aus Landesmitteln braucht, woher dann am Ende des Tages eigentlich die Idee kam, diese 10 Millionen Euro aus Landesmitteln über den Wassercent einzuwerben. Liebe Frau Becker, es ist mitnichten eine Idee des Umweltministeriums gewesen und das wissen Sie auch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines muss man wissen: Jeder Euro, den Sie nicht in Hochwasserschutz investiert haben, jeder Euro, der am Ende Schäden verursacht, jeder Euro, den Sie zurückgehalten und für andere Dinge, zum Beispiel Wahlkampfgeschenke im Bereich Abwasser, ausgegeben haben, hätte sich am Ende mal sechs oder mal neun ausgezahlt. Es gibt eine Studie der EU, die heißt „Economic and Social Benefits of Environmental Protection [...]“. Darin ist eine KostenNutzen-Analyse aufgemacht worden. Jeder Euro, der in Hochwasserschutz investiert wird, so heißt es darin, spart zwischen 6 und 9 Euro Wiederaufbau. Genau darum geht es, zum einen klug zu investieren und zum anderen damit auch präventiv tätig zu werden mit dem Landesprogramm „Hochwasserschutz“. Nicht nur, dass wir uns der Verantwortung stellen und mehr investieren wollen, nein! Wir wollen nicht einfach mehr investieren und das Weiter-so, was die CDU jahrelang im Hochwasserschutz in Thüringen betrieben hat, fortsetzen. Durch einzelne Maßnahmen, die Sie umgesetzt haben, ist es ja noch schlimmer geworden.
Durch das Einengen von Flüssen – Sie haben knapp 90 Prozent der Flüsse ihres natürlichen Flussbettes in Thüringen enthoben – erhöhen Sie die Fließgeschwindigkeit und schippen im Zweifel Ländern wie Sachsen-Anhalt – also unseren Unterliegern – das Wasser im Hochwasserfalle schön vor die Nase. Das ist genau das, was wir nicht mehr machen wollen, sondern wir wollen ein vernünftiges Austarieren. Wir wollen Flüssen mehr Raum geben. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kostet und es kostet was, weil es uns das auch wert ist.
Zur Finanzierung stehen, um das noch mal deutlich zu machen, aus europäischen Mitteln bis 2020 92 Millionen Euro für Neubauprojekte zur Verfügung. Ich muss das noch mal betonen: 92 Millionen Euro! Warum streiten die sich dann um 10? Weil es Neubauprojekte sind. Zudem nutzen wir Bundesmittel über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, sogenannte GAK-Mittel – die übrigens mein Vorgänger dafür ausdrücklich nicht verwandt hat, auch ein Versäumnis von Ihnen –, für die Finanzierung von Hochwasserschutzmaßnahmen. Das sind jährlich immerhin 3 Millionen Euro.
Das nationale Hochwasserschutzprogramm gibt uns die Möglichkeit, zusätzliche Mittel in Höhe von 24,5 Millionen Euro nördlich von Erfurt akquirieren zu können. Auch diese Mittel stehen für Neubau
projekte zur Verfügung. Mit dem Landeshaushalt 2015 hat die rot-rot-grüne Regierung also schon deutlich draufsatteln können. Wir haben die GAKMittel wieder zur Verfügung gestellt, wir haben den Bedarf deutlich angezeigt.
Recht herzlichen Dank, Frau Ministerin. Trifft es zu, dass das Landesprogramm „Hochwasserschutz“ von Ihrem Vorgänger mit dem damaligen Finanzminister Voß vollumfänglich behandelt und durchfinanziert bis zum Jahr 2022 festgezurrt war? Trifft es zu, dass das momentan nicht der Fall ist?
Es trifft leider nicht zu, dass das Landesprogramm vollumfänglich bis 2021 ausfinanziert ist, so lange gilt es nämlich. Das hat auch mein Vorgänger nicht anberaumt, weil sie da nämlich die entsprechenden Etatpositionen mit entsprechenden Ausweisungen im Haushalt bereits hätten vormarkieren müssen. Das heißt: Nein, es ist durch die Vorgängerregierung nicht ausfinanziert worden. 3.200 Maßnahmen bis 2021, da kommt auch eine stattliche Summe zusammen, das kann ich Ihnen versichern.
Mein Herz, meine sehr geehrten Damen und Herren, hängt nicht am Wassercent, mein Herz hängt an der Frage, dass wir stabilen standardisierten Hochwasserschutz in Thüringen haben, weil das unsere Verantwortung ist.
Und ja, der kann nicht nach Kassenlage passieren, und deswegen werden wir jetzt mit einem Hochwasserschutzfinanzierungsgesetz das Ganze auch dahin gießen, wohin es gehört, nämlich in feste gesetzliche Säulen. Zwei Dinge will ich noch mal sagen, um die geradezurücken, die nicht funktionieren: Das eine – und wir haben das in den letzten Tagen und Wochen mehrfach diskutiert – ist es, einen Wassercent oder eine quantitative Abgabe – die es im Übrigen in 13 Bundesländern gibt und wo mir kein Wirtschaftsunternehmen bekannt ist, was danach pleitegegangen ist oder das Land verlassen hat – mit einer qualitativen Idee, nämlich einem sogenannten Verursacherprinzip, zu koppeln. Das
funktioniert nicht. Selbst in der LAWA, der Landesarbeitsgemeinschaft für die Wasserfachleute, haben wir das diskutiert und auch umfänglich mit anderen Juristen und rechtlichem Sachverstand. Dies ist derzeit nicht möglich. Das Zweite, was ich noch mal geraderücken möchte und was hier vorhin im Raum stand, ist, dass wir uns sicher sein können, dass unser Grundwasserkörper dauerhaft in der Qualität, wie wir ihn heute haben, auch tatsächlich in zehn oder 20 Jahren vorzufinden ist. Das ist falsch, diese Annahme ist falsch. Der Vorsitzende des Thüringer Klimarats, Prof. Totsche, hat sich erst jetzt an die Landesregierung mit einem Memorandum gewandt, wo er deutlich macht – ich zitiere –: „Das Memorandum durchzieht die Sorge um die nachhaltige Sicherung des Grundwasservorkommens in Thüringen und deren vielfältige Bedrohungen, neben dem Boden die am stärksten bedrohte Georessource insbesondere infolge des Klimawandels.“ Wir werden noch genug Diskussionen hier zu führen haben über die Qualität unseres Grundwasserkörpers und was das eigentlich heißt, übrigens auch für die Landwirtschaft in Thüringen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Um das Ganze abzurunden: Wir werden Ihnen in den kommenden Wochen einen Vorschlag machen, wie wir das Ganze auf stabile Füße stellen können. Politik ist dann entscheidungsstark, wenn sie Blockaden löst. Ich bin mir sicher, dass uns das gelingt und hoffe, dass wir mit dem Umsetzen des Thüringer Landesprogramms „Hochwasserschutz“ all jene längst überfälligen Maßnahmen in Angriff nehmen können, die die CDU in den letzten 25 Jahren mindestens halbherzig angegangen hat, man könnte auch sagen, größtenteils verschlafen hat. Herzlichen Dank.
Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist auch keine Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen stimmen wir über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/1641 ab. Wer für den Antrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei den Jastimmen der CDU-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten und den Gegenstimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Stimmenthaltungen
Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der AfD. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der anderen Fraktionen und Abgeordneten des Hauses. Damit ist der Alternativantrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/1685 abgelehnt.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 7 aufrufe, möchte ich Ihnen bekannt geben, dass wir danach den Tagesordnungspunkt 23 aufrufen und danach in die Fragestunde überleiten. Das zum Ablauf.
Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1744 ERSTE BERATUNG
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr verehrte Bürgerinnen und Bürger! Meine Damen und Herren, Ihnen liegt der Gesetzentwurf zur Einrichtung der Dualen Hochschule Gera-Eisenach auf dem Tisch. Ich bedanke mich im Vorfeld sehr für eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen Gremien, damit dieser Gesetzentwurf, dessen Zielrichtung bereits im Koalitionsvertrag verankert ist, jetzt auf den Weg gebracht werden kann. Ich bitte Sie um Zustimmung, und wenn Sie die Zustimmung geben, dann wird die Familie der Thüringer Hochschulen größer. Aus neun Universitäten und Hochschulen werden zehn.
Wir können diesen Gesetzentwurf mit drei Stichworten überschreiben. Es geht um Aufwertung, um Aufwuchs und um Attraktivität. Wir wollen den Standort der bisherigen Studienakademie Thüringen mit ihren zwei Standorten Berufsakademie Gera, Berufsakademie Eisenach aufwerten. Wir werden über einen Aufwuchs an finanziellen Mitteln sprechen und wir reden über die Erhöhung der Attraktivität sowohl für die Bewerber und Absolventen als auch für die beiden Städte.
Wie ist die derzeitige Situation? Die Studienakademie mit ihren zwei Standorten bietet einen dualen Bachelorstudiengang an, der sich aller höchster Beliebtheit erfreut. Die Praxispartner entsenden Studierende an die Studienakademie, die sehr eng verzahnt mit ihrem entsendenden Betrieb sind, eine Ausbildung erfahren, die sehr stark an der Praxis
orientiert ist, mit einem Wechsel zwischen Lehre und den Lehrstunden vor Ort, die zu einem Bachelor führt, der einem Hochschulabschluss gleichwertig ist.
Wir erfreuen uns nicht nur einer hohen Nachfrage, sondern wir sehen auch, dass dieser Studiengang eins zu eins Früchte trägt in der täglichen Arbeit. Diejenigen, die in die Studienakademie kommen, sind gestandene Männer und Frauen mit Berufserfahrung und sie gehen gestärkt wieder in den Beruf zurück. In der Regel sind sie noch stärker an Thüringen gebunden. Sie bleiben hier und tragen zur Wertschöpfung bei. Das muss nicht nur einen Wirtschaftsminister, sondern auch einen Wissenschaftsminister interessieren.
Warum, so könnte man fragen, brauchen wir jetzt dieses Gesetz? Stichwort „Aufwertung“: Es gibt ein paar Nachteile, die wir zur Kenntnis nehmen und die begründen sich darin, dass die Abschlüsse zwar gleichwertig sind, aber doch immer die Frage im Raum steht, sind sie auch vollwertig. Wieso habt ihr einen Abschluss einer Studienakademie und nicht den einer Hochschule? Kann ich mich wirklich darauf verlassen, dass es ein vollwertiger Abschluss ist? Und da interessiert dann am Ende wenig die Diskussion darüber, ja, es ist ein gleichwertiger, sondern es geht nicht zuletzt auch darum, dass man einen eindeutigen Beweis in Form eines Abschlusses bietet.
Wir wollen, indem wir jetzt die duale Hochschule einrichten und damit die Studienakademie in den Geltungsbereich des Hochschulgesetzes überführen, das ganz klare Signal geben, das ist ein vollwertiger, nicht nur ein gleichwertiger, sondern ein vollwertiger Abschluss.
Was hat das mit dem Aufwuchs zu tun? Ein zweiter wesentlicher Vorteil ist, dass Sie bereits im Haushaltgesetz für die Jahre 2016/2017 und später in der in der Rahmenvereinbarung niedergelegten Phase bis 2019 dieser Hochschule gewährt haben, dass sie im vollen Sinne in die Gemeinschaft der Hochschulen aufgenommen wird. Das bedeutet nämlich, dass sie nicht nur ihr Budget im Rahmen des Hochschultitels zugewiesen bekommt, sondern dass sie auch an der jährlichen Steigerung um jeweils 4 Prozent partizipiert. Das bedeutet in Absolutzahlen, dass aus einem Haushaltvolumen von 7,9 Millionen Euro derzeit ein Aufwuchs von 1,5 Millionen Euro in der Phase der Zeitspanne bis 2019 entsteht.
Das Dritte, die Attraktivität: Attraktiv ist zunächst einmal für diejenigen, die sich bewerben und den Abschluss an der dualen Hochschule machen, dass sie sich, wie ich bereits ausgeführt habe, mit einem vollwertigen Abschluss am Arbeitsmarkt zeigen können. Aber ich bin auch besonders froh, dass wir in den beiden Städten – Sie wissen, mein Herz schlägt aus biografischen und sonstigen Gründen