Protokoll der Sitzung vom 25.02.2016

Das Dritte, die Attraktivität: Attraktiv ist zunächst einmal für diejenigen, die sich bewerben und den Abschluss an der dualen Hochschule machen, dass sie sich, wie ich bereits ausgeführt habe, mit einem vollwertigen Abschluss am Arbeitsmarkt zeigen können. Aber ich bin auch besonders froh, dass wir in den beiden Städten – Sie wissen, mein Herz schlägt aus biografischen und sonstigen Gründen

ganz besonders für Ostthüringen und für meine Geburtsstadt Gera – jetzt zwei neue Hochschulstandorte haben. Die Trias aus Gera und Eisenach und der Hochschule Schmalkalden, die in dieser Kooperation eng ist, wertet diese drei Standorte, insbesondere Gera und Eisenach, noch einmal auf.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das können diese Städte sehr dringend gebrauchen. Bei all den Änderungen werden wir auf Bewährtes nicht verzichten, meine Damen und Herren. Wir werden auch weiter den engen Praxisbezug der dualen Hochschule gewährleisten. Wir werden – und das ist eine Abweichung von der Regel in den anderen Hochschulen – die Praxispartner auch in den Gremien finden und wir werden beibehalten, dass wir eine ganz besondere Art des Studiums, nämlich diese Dualität aus Theorie und Praxis, auch in der Zukunft haben werden. Ich bin sicher, dass wir als zweites Bundesland in der Bundesrepublik mit dieser Form des Angebots zukunftsweisend sind. Ich wünsche den drei Standorten, insbesondere Gera und Eisenach, dass nach Verabschiedung dieses Gesetzes und einer Phase der Überführung möglichst schnell eine ganz hohe und neue Qualität der Lehre und der Praxis angeboten werden kann. Ich wünsche mir, dass es Nachahmer an anderen Hochschulstandorten gibt, die – auf welcher Art auch immer – in diesen Kooperationsverbund mit eintreten, und ich wünschte mir, dass in der Bundesrepublik insgesamt diese Vorgehensweise Schule macht. Ich schränke allerdings ein: Es ist ein Wettbewerbsvorteil, den Thüringen hat und den wir in der Zukunft ausnutzen werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit. Ich wünschte mir, dass wir heute dieses Gesetz auf den Weg bringen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Dr. Voigt, Fraktion der CDU.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Mario, du findest das gut, oder?)

Das ist ja unstrittig. Ich bin ein großer Fan der dualen Hochschule.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach, es ist ein sehr guter

(Minister Tiefensee)

Tag für Thüringen, dass dieses Gesetz heute hier vorliegt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil die neue duale Hochschule einerseits Beweis dafür ist, dass sich die Berufsakademien seit ihrer Gründung 1998 wirklich exzellent in Thüringen bewährt haben. Aber es ist eben auch Ausweis dafür, dass die Zukunftsfähigkeit einer Hochschule, die sehr eng an der Praxis dran ist, auch mit dem Modell der dualen Hochschule verknüpft ist. Ich kann das ehrlich sagen: Es hat mich sehr gefreut, es war in der letzten Legislatur schon ein harter Kampf, die duale Hochschule in die Hochschulstrategie zu bekommen. Sie steht drin und sie wird jetzt mit einem Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Das stärkt Gera, das stärkt Eisenach, das stärkt Thüringen, aber vor allen Dingen gibt es eine neue Hochschule, eine neue Hochschule ist geboren. Ich glaube, das ist ein guter Weg für die Hochschullandschaft im Freistaat.

Wenn man sich das ansieht, dann sind die Zahlen erdrückend positiv. Die Berufsakademien haben eine enge Bindung an den Freistaat. Ein Großteil derjenigen, die hier studieren – 80 Prozent –, kommen aus Thüringen selbst, der Rest kommt aus dem mitteldeutschen Raum. Das heißt, wir haben auch eine sehr enge regionale Bindung. Ich habe selber auch schon Studenten der BA von Unternehmensseite her betreuen dürfen. Ich kann sagen, dass die Praxisausbildung und die Einbindung der Partner sehr gut funktionieren. Das ist ein wichtiger Beleg dafür, dass Wissenschaft und Wirtschaft sich gut miteinander vernetzen und dafür Sorge tragen, dass junge Menschen hier in der Region bleiben und so qualifiziert werden, dass wir es auch ermöglichen, dass sie neben einer guten Anbindung an ein Unternehmen gleichzeitig aber auch einen wissenschaftlichen Weg aufrechterhalten bekommen, den sie vielleicht auch später noch einmal fortführen können. Das ist eine Form einer modernen Modularisierung, die wir im Freistaat brauchen. Ich glaube, dass die duale Hochschule auch ein Kassenschlager wird und Thüringen über die Grenzen des Freistaats hinaus bekannter machen wird. Denn, wenn man sich die unterschiedlichen Modelle anschaut, die es in Deutschland gibt – sei es in Baden-Württemberg, in Sachsen oder auch in Berlin –, dann hat das Thüringer Model schon eine Eigenart, die es sehr erfolgreich macht, einerseits wegen der engen Vernetzung, andererseits wegen des sehr konzentrierten Studienangebots. Wenn man sich anschaut: Von den Absolventen, die die bisherige Berufsakademie und zukünftige duale Hochschule verlassen, sind 35 Prozent Ingenieurwissenschaftler, 50 Prozent Betriebswirte, 15 Prozent Sozialpädagogen, also auch ein ganz klar abgrenzbares Profil, wo man sagt, wir wollen hier auch für den Praxistest werben. Deswegen wird es von unserer

Fraktion eine Unterstützung für diesen Gesetzentwurf geben. Wir werden auch eine Beschleunigung bei den Anhörungen im parlamentarischen Verfahren mitmachen.

Da beginnt aber der Kritikpunkt, Herr Minister. Sie haben ein halbes Jahr verspielt, diesen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Er war in der Hochschulstrategie 2014 klar beschrieben. Wir hatten eine klare Zielmarke: Zum 01.01.2016 sollte es diese duale Hochschule geben. Wir sind jetzt nach dem 01.01.2016. Das wollen wir im parlamentarischen Prozess gern teilen, da möchten wir auch gern mit an Bord kommen. Aber ich glaube, hier hätten wir schneller sein können.

Ich freue mich, dass wir es im Haushaltsgesetz schon verankert haben, dass die duale Hochschule etatisiert ist. Mit den am Ende knapp 10 Millionen Euro im Jahr 2017 ist es auch eine vernünftige Etatisierung. Jetzt wird es sicher noch ein paar Detailfragen über die Behandlung der Professoren geben. Es wird noch eine Detailfrage mit der FH Schmalkalden über die Bildung von dualen Masterstudiengängen zu klären sein. Alle diese Aspekte halte ich für lösbar. Mir ist daran gelegen, dass wir eines deutlich machen: Dass es Thüringen in dem Wettbewerb der unterschiedlichen Hochschulstandorte im Freistaat gut zu Gesicht steht, mit der dualen Hochschule einen weiteren Baustein in einer differenzierten Hochschullandschaft zu haben, die trotzdem auch in den unterschiedlichen Einrichtungen wettbewerbsfähig ist.

Warum soll die duale Hochschule nicht auch Teile unserer Fachhochschullandschaft dazu bringen, noch einmal selbst darüber nachzudenken, was ihr eigenes Profil ist? Warum soll nicht dadurch in der Fachhochschullandschaft stärker darüber nachgedacht werden, was uns von Universitäten abgrenzt. Das ist etwas, was in dem Hochschuldialog, den Sie anstreben, sicherlich auch eine Rolle spielen wird – die Profilierung und Differenzierung.

Kollege Schaft, Kollege Matschie und ich waren am Montag bei einer Veranstaltung zum Thema „Exzellenzinitiative“. Wenn wir uns das anschauen, ist vollkommen klar, dass es uns bewegen wird, wie die duale Hochschule sich in einer Exzellenzinitiative, die erst einmal prioritär an die Universitäten gerichtet ist, trotzdem auch Raum verschaffen kann, um weiter zu wachsen. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die duale Hochschule auch weiter wachsen zu sehen. Deswegen freuen wir uns, diese Debatte dann im Ausschuss zu führen und da auch die nötigen Anhörungen zu machen. Darum müssen wir heute keinen längeren Sermon machen. Ich denke, es ist gut, dass dieses Gesetz da ist. Es hätte früher da sein können. Jetzt ist es da. Lassen Sie uns jetzt in der Sache reden. Schönen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Schaft das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream! Ja, Herr Voigt, das ist ein besonderer Tag, nicht nur, weil wir hier jetzt den Gesetzentwurf zur Dualen Hochschule GeraEisenach auf den Weg bringen, sondern weil ich hier jetzt auch einmal sagen konnte: Das war ein seltener Moment. Ich konnte auch einmal zu Beginn einer hochschulpolitischen Debatte klatschen, die wir hier führen. Sonst treten diese Debatten weniger einmütig – vor allem zwischen uns beiden – hier zutage. Insofern bin ich bei dem ganzen Projekt doch sehr positiv gestimmt, dass wir das gemeinsam auf den Weg bringen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung – Minister Tiefensee hat es schon gesagt – kommen wir der Stärkung der Thüringer Hochschullandschaft ein ganzes Stück näher. Die beiden Standorte der staatlichen Berufsakademien in Gera und Eisenach sollen zur dualen Hochschule aufgewertet und damit auch mit allen Rechten und Pflichten in das Thüringer Hochschulgesetz eingegliedert werden. Auch das hat Herr Minister Tiefensee schon gesagt. Wir haben dann zehn Hochschulen und acht Hochschulstandorte in Thüringen. Mit den 1.200 Studierenden, sowohl in den grundständigen Bachelorstudiengängen als auch in den berufsbegleiteten Masterstudiengängen, die in Kooperation, beispielsweise mit dem Hochschulstandort Schmalkalden, laufen, zeigt sich, dass hier eine grundlegende Strukturentscheidung zugunsten der beiden Einrichtungen und der Berufsakademie in Gänze getroffen wird.

Wir situieren hier nicht wie in anderen Bundesländern, wo das duale Studium an Fachhochschulen implementiert wird, einen künstlichen Bedarf, sondern es gibt bereits seit Jahren eine kontinuierliche Nachfrage in den beiden Regionen in West- und Ostthüringen. Damit muss hier nichts neu geschaffen werden, sondern den integralen Bestandteilen in diesen beiden Regionen soll mit der Umwandlung der dualen Hochschule nun weiter Rechnung getragen werden. Anfang des Monats hatte ich aber auch mit Blick auf die anstehende Gesetzesänderung ein Treffen mit Studierenden der Berufsakademie in Gera, um mir einen Einblick zu verschaffen, was dieser Schritt ganz konkret für sie bedeutet. Zum einen ist positiv hervorzuheben, dass hier auch ein Schritt in der Demokratisierung getan wird, denn die Studierendenvertretung an den beiden Standorten bekommt nun auch die Rechtssi

cherheit durch die Überführung in das Thüringer Hochschulgesetz mit den Regelungsbereichen in §§ 73 bis 75 im Thüringer Hochschulgesetz. Diese Rechtssicherheit war bisher in der Form nicht gegeben. Der zweite wichtige Punkt – auch das hat der Minister Tiefensee schon angesprochen – ist, dass die Studierenden natürlich begrüßen, dass ihre Abschlüsse nun auch mit den Abschlüssen der anderen Hochschulen gleichgestellt werden, und das auch über die Landesgrenzen des Freistaats hinaus. Nicht nur, dass gegenüber den Praxispartnerinnen und Praxispartnern nun auch das wissenschaftliche Niveau der Ausbildung noch einmal stärker fokussiert wird, auch die Wahrnehmung als nicht vollwertige akademische Ausbildung hat mit der Umwandlung der Berufsakademie zur dualen Hochschule nun bald ein Ende. Bisher sahen sich die Studierenden zum Teil auch dem Problem ausgesetzt, dass ihre Ausbildung als Zwischenmodell zwischen der akademischen Bildung und der dualen Berufsausbildung betrachtet wurde und ihnen auch manchmal das wissenschaftliche Niveau abgesprochen wurde. Auch das haben sie mir berichtet. Aber das wird nun auch mit dem Schritt zur Umwandlung in eine duale Hochschule und mit der Gleichwertigkeit der Abschlüsse, die dann daraus resultiert, nun geändert. Wir geben also den Studierenden an den Standorten Rechtssicherheit bei der klaren Verfasstheit ihrer Studierendenschaft und auch Rechtssicherheit bei der Gleichstellung und besseren Anerkennung ihrer Abschlüsse.

Aber ich wäre nicht ich, wenn ich jetzt bei dem gesamten Prozess, der jetzt ansteht, trotz all der positiven Entwicklung, nicht auch noch einmal einen kritischen Blick darauf wagen würde und vielleicht auch noch ein paar Herausforderungen ansprechen würde. Die Studierenden erhoffen sich nämlich noch mehr. Die Qualität der Praxispläne in dem praxisintegrierenden Ausbildungsbestandteil und die Zeiten seien in einigen Fällen derzeit problematisch, nicht in der Fläche, aber in Einzelfällen. Die Frage nach der Qualitätssicherung im Praxisbetrieb und die bessere Verzahnung von Theorie und Praxis im dualen Studium sind dabei zwei wesentliche Herausforderungen, die wir alleine mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht lösen können. Aber darum geht es hier auch nicht, denn zunächst müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Governance- und Gremienstrukturen an das Thüringer Hochschulgesetz anzupassen. In einem zweiten Schritt müssen wir dann intensiver über diese Punkte sprechen, wie wir eben auch die Studien- und Ausbildungsbedingungen an der dualen Hochschule genauso wie an den anderen Hochschulstandorten in Zukunft verbessern. Denn es geht mit dieser Novellierung auch um die Akademisierung des dualen Studiums. Da muss ich ganz kurz Herrn Prof. Dr. Utecht, Leiter der aktuellen Berufsakademie und dann Übergangspräsident der Hochschule nach dem Gesetzentwurf, den ich für

sein Engagement sehr schätze, in einem Punkt widersprechen, den er am 22. April letzten Jahres in einem Gespräch mit dem MDR angedeutet hat. Er meinte damals, dass mit der Umwandlung der Berufsakademie keine Akademisierung einhergehe. Doch genau das sollte eigentlich das Ziel sein, denn ja, die duale Hochschule wird eine Hochschule eigener Art, aber sie wird eine vollwertige akademische Einrichtung im Sinne des Thüringer Hochschulgesetzes und hat damit auch alle Rechte und Pflichten. Darüber hinaus bekommt sie noch eine weitere Aufgabe, nämlich die der kooperativen Forschung im anwendungsbezogenen Bereich, der hier nicht hinten runterfallen sollte.

Darüber hinaus geht mit der Gesetzesnovelle auch die Umwandlung der Personalkategorien einher; Herr Voigt hat das gerade schon gesagt. Die derzeit fest angestellten Dozentinnen und Dozenten werden in ein Beamtenverhältnis als Professorinnen und Professoren in Stufe W2 überführt. Die finanzielle Grundlage dafür ist mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 zu Teilen schon gelegt worden. Der Gesetzentwurf wird damit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats Rechnung tragen, aber – das wird in der Erläuterung im Gesetzentwurf ganz selbstkritisch dargelegt – nur am unteren Rande des Vertretbaren, da der Anteil der Lehrbeauftragten bei 60 Prozent bleiben wird. Auch hier müssen wir die nächsten Jahre sehen, wie wir das Stück für Stück angleichen, um auch hier den akademischen Anspruch der dualen Hochschule weiter zu stärken und auch die Qualität der dualen Hochschule weiter voranzutreiben.

Mit Blick auf die Etablierung demokratischer Entscheidungsstrukturen und die Garantie der Freiheit von Forschung und Lehre zeigt der Gesetzentwurf aus unserer Sicht auch noch an der einen oder anderen Stelle Nachbesserungsbedarf. Wenn ich mir die Beteiligung der Studierenden in den Hochschulgremien, beispielsweise in der Studienkommission, hinsichtlich der paritätischen Besetzung anschaue, aber auch bei der paritätischen Verteilung zwischen den Praxispartnerinnen und Praxispartnern und den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern, sollten wir hier, denke ich, in der Ausschussberatung, aber dann auch mit den relevanten Akteuren, die dann auch hier angehört werden, noch einmal über den einen oder anderen Punkt diskutieren.

Die Grundsätze wie Vereinbarkeit von Studium und Familie, die Möglichkeit zur Überschreitung der Regelstudienzeit aufgrund der Flexibilisierung und die des Teilzeitstudiums müssen auch in dem bereits existierenden und dann weiter bestehenden dual studierbaren Angeboten besser berücksichtigt und auch ermöglicht werden, wenn wir an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach genauso wie an den anderen Hochschulen unseren Beitrag dazu leisten wollen, dass Studium und Familie vereinbar sind, aber auch beispielsweise Studierende mit Behinde

rung und/oder chronischer Krankheit gleichermaßen die Möglichkeit haben, ein Studium an der dualen Hochschule aufzunehmen. Um den Studierenden die finanzielle Absicherung in diesem Studienund Ausbildungsverhältnis zu gewährleisten, dürfen wir auch eines nicht aus dem Auge verlieren: Im aktuellen Thüringer Berufsakademiegesetz wird ganz konkret in § 1 die Mindestausbildungsvergütung geregelt. Das soll jetzt zwar mit dem aktuellen Gesetzentwurf über eine Satzung geregelt werden, die dann letztendlich auch der Genehmigung des Ministeriums bedarf, ich finde aber, wir sollten das Wort „Mindestausbildungsvergütung“ nicht gänzlich aus dem Gesetz streichen, um hier die duale Hochschule nicht unattraktiver gegenüber dem aktuellen Gesetz zu machen und den Studierenden auch eine finanzielle Sicherheit zu gewährleisten.

All das sind Punkte, die wir gern intensiv und konstruktiv im Ausschuss und auch bei der Anhörung mit den relevanten Hochschulakteuren diskutieren können. Herr Voigt, noch ganz kurz eine Ergänzung: Ich denke, wir werden auch da der dualen Hochschule gemeinsam entgegenkommen können, wenn wir beispielsweise die Übergangsfristen noch einmal angucken. Ja, es gab eine zeitliche Verzögerung im Kabinett, aber ich denke, wenn wir die Übergangsfristen so anpassen, dass alle Hochschulgremien die Möglichkeit haben, in dem Jahr auch die Anstrengungen und Aufgaben bewältigen zu können, dann sind wir hier ein gutes Stück weitergekommen. Daher bitte ich auch hier um die Zustimmung zur Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion der SPD hat sich die Abgeordnete Mühlbauer zu Wort gemeldet.

Guten Tag, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren im Publikum und am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen, heute ist ein guter Tag. Ich begrüße natürlich auch das Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach, freue mich auf die Diskussionen in der Anhörung. Gut Ding will Weile haben – an Sie, Herr Kollege Voigt. Ich denke, wir wissen alle, dass wir hier für eine gute Sache stehen und diese dann auch schnellstmöglich in die Wege leiten sollten.

Lassen Sie mich ein paar Dinge aus der allgemeinen Sicht beitragen. Deutschlandweit wurden duale Studienangebote in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Die meisten Studiengänge gibt es in den Bereichen Ingenieurwesen – 39 Prozent –,

(Abg. Schaft)

Wirtschaftswissenschaften, gefolgt von der Informatik und dem Sozialwesen. Im Zeitraum 2009 bis 2014 hat sich die Anzahl der dualen Studiengänge von 712 auf 1.500 verdoppelt. Thüringen hält davon derzeit nur einen kleinen Anteil von 47 Studiengängen, das ist der Stand von 2014.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir die duale Hochschulausbildung in Thüringen ausbauen und verbessern. Was erwartet die Wirtschaft von den Bachelorstudiengängen? Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat in einer Studie im Jahr 2014 insgesamt 2.003 Unternehmen zu ihren Anforderungen und Erwartungen an Bachelor- und Masterabsolventen befragt. Die Erwartungen der Unternehmen an Bachelorstudiengänge bewegen sich auf einem sehr hohen Niveau. Von Absolventen erwarten die befragten Unternehmen überwiegend Kompetenz, die sich vorwiegend erst durch die Verbindung des im Studium erworbenen Wissens mit der beruflichen Wirklichkeit entwickelt. So sind soziale Kompetenz, Teamfähigkeit, Einsatzbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit einige Schlagworte, die von den Unternehmen gefragt werden. Bei der persönlichen Kompetenz dominiert die Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten mit 86 Prozent. Von der inhaltlichen Ausgestaltung erwarten die Unternehmen von den Bachelorstudiengängen einen starken Praxisbezug, an dem es nach Einschätzung der befragten Unternehmen im normalen Bachelorstudiengang Defizite gibt und dies vor allem in den technischen Bereichen. Angesichts dieser Ergebnisse wundert es nicht, dass die Nachfrage der Unternehmen nach den dualen Studienangeboten, die akademische Ausbildung und Praxis kombinieren, ansteigt.

Was sieht die Wirtschaft für Vorteile der dualen Studiengänge? Im Hinblick auf das duale Studium identifiziert die Studie ein bereits hohes Engagement der Unternehmen und einen steigenden Bedarf an dualen Studienangeboten. Der Anteil derjenigen Betriebe, die Dualstudierende in einem Bachelorstudium beschäftigten, liegt laut Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags aktuell bei 35 Prozent. 47 Prozent der Betriebe planen dies übrigens für die Zukunft. Das ist, denke ich mal, wichtig und wesentlich. Nicht besonders groß ist übrigens der Anteil der Kooperationsbetriebe für duale Bachelorstudiengänge im Banken- und Versicherungsbereich sowie im produzierenden Gewerbe. Unterdurchschnittlich aktiv sind Vertreter des Handels, des Tourismus, des Gaststättengewerbes und der Dienstleistungen. Auch wenn die meisten Kooperationsbetriebe Großbetriebe sind, identifiziert die Studie einen Trend, laut dem sich insbesondere kleinere Betriebe künftig stark in dualen Bachelorstudiengängen engagieren wollen. 22 Prozent der Betriebe planen, duale Bachelorstudenten einzustellen.

Weniger ausgeprägt ist die Häufigkeit dualer Masterstudiengänge. Der Anteil der Unternehmen, die duale Masterstudiengänge beschäftigen, betrug laut dieser Umfrage 14 Prozent. Aber dort ist der Trend steigend, er steigt an auf 22 Prozent der befragten Unternehmen, die dieses planen. Aus diesem Grund sind wir mit diesem Angebot genau richtig aufgestellt. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch mal herzlich bei Prof. Dr. Utecht bedanken, der mir mitgeteilt hat, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits 96 Ausbildungsverträge abgeschlossen sind und er erwartet, dass bis zum kommenden Oktober 500 Studienanfänger auf dieses Angebot zurückgreifen wollen. Er führt – und ich kann ihn da nur bestätigen – diese hohe Dynamik auf die Umwandlung der Berufsakademie in die duale Hochschule zurück. Aus diesem Grunde – ich denke mal, das ist auch hier Konsens – sind wir auf dem richtigen Weg, das Angebot zwischen Praxis und Akademisierung der Berufe hier anzubieten. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss, bitte um Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft und bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktionslos)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordneter Brandner das Wort.

Meine Damen und Herren, liebe Jugend auf der Tribüne! Liebe Frau Mühlbauer, vielen Dank für Ihren erfrischenden Vortrag. Der hat uns wirklich von den Sitzen gehoben, muss ich sagen.

(Beifall AfD)

Frau Mühlbauer, wie ist eigentlich das Gefühl, wenn Sie hier vorn stehen und sehen, dass 50 Prozent Ihrer Fraktion am Rednerpult stehen? Das muss doch auch deprimierend sein, oder? Und warum haben Sie nicht Herrn Matschie als Experten aus Ihrer Fraktion für Bildung und Schulen hier reden lassen. All das sind Fragen, die wir vielleicht im Nachgang dann klären können.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Fragen über Fragen!)

Zum Gesetz: Die Landesregierung hätte dieses Gesetz, wenn sie richtige Prioritäten gesetzt hätte, bereits fertig haben können, Herr Tiefensee. Im letzten Jahr hätten wir es beschließen können, aber Sie haben lieber Ihre Kraft für Schaufensterreden und abstrakte Ideologieprojekte aufgewendet und die eine oder andere Frist verpennt. Wir hatten das vorhin schon beim Nachbarrechtsgesetz. Mehrfach mussten im Dezember Gesetze entfristet werden. Gott sei Dank und nur mehr oder weniger zufällig