Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Schülerinnen und Schüler, worum geht es denn eigentlich bei dem Gesetzentwurf der AfD?
Die AfD will die Nutzung von Schulsporthallen in Fällen wie diesen, die wir im Herbst des letzten Jahres hatten, dass Tausende Menschen, die auf der Flucht waren, dringend ein Dach über dem Kopf brauchten, faktisch verunmöglichen. Wie war denn die Realität? Nur zur Erinnerung für alle, die jetzt hier im Saal sind und die Debatte in der ersten Lesung nicht mitbekommen haben. Genau zehn Schulsporthallen waren es, die vorübergehend in den Kommunen für die Unterbringung von geflüchteten Menschen genutzt wurden. Es sind etwa 1.120 Sportstunden ausgefallen. Das klingt in der Tat erst einmal relativ viel. Allerdings entspricht dies nicht einmal 0,1 Prozent aller Sportstunden insgesamt. Diese Sportstunden sind auch nicht tatsächlich alle ausgefallen, sondern es fanden auch Sportunterrichtsstunden im Freien oder in Ausweichobjekten statt. Das hat auch funktioniert, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich bin dem Kollegen Tischner sehr dankbar, dass er in einer sehr sachlichen Art und Weise dargestellt hat, wie man mit solchen Problemen umgeht. Zum einen thematisiert man das im Ausschuss. Das haben wir mehrfach getan. Man schaut, ob es andere Möglichkeiten gibt, die Betroffenen unterzubringen. Zum anderen wissen aber auch alle, die selbst in kommunaler Verantwortung stehen, wie verantwortungsvoll die Kommunen mit der Flüchtlingsunterbringung umgegangen sind. Unser großer Dank geht deshalb an dieser Stelle noch mal an alle, die in diesem Bereich tätig sind und die dafür gesorgt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass niemand in Thüringen in Zelten oder auf der Straße schlafen musste,
sondern dass alle ein festes Dach über dem Kopf hatten – und sei es übergangsweise in Turnhallen. Übrigens sind auch die Fraktionen der SPD, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen davon überzeugt, dass eine dauerhafte Unterbringung in Turnhallen natürlich weder menschenwürdig ist, noch ist derart sichergestellt, dass Privatsphäre oder Ähnliches gewährleistet sein kann.
Eine solche Unterbringung kann nur eine Übergangslösung sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und wer wie die AfD in unerträglicher, populistischer Art und Weise Schülerinnern und Schüler gegen Geflüchtete ausspielen will, der macht sich schuldig,
so meine ich, weil damit Hetze, weil damit Vorurteile geschürt werden, wie wir sie so ganz bestimmt nicht gebrauchen können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Gerade im Sport zeigt sich nämlich auf wunderbare Art und Weise – und das haben wir ja gerade gestern bei der Aktuellen Stunde „Integration durch Sport“ diskutiert –, wie gut ein Miteinander beispielsweise im Sport zu gelingender Integration beitragen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die AfD will nur eines: Sie will eine große Welle machen. Das tut sie auch mit sehr unredlichen Mitteln, indem sie nämlich Menschen mit Naturkatastrophen vergleicht – mein Kollege Tischner hat es hier schon ausgeführt –. Es strotzt vor Menschenverachtung, was Sie hier vorgetragen haben, Herr Höcke. Gerade Sie als Lehrer sollten sich an dieser Stelle schämen.
Auch die Ministerin hatte schon in der ersten Beratung klargemacht, dass eine Unterbringung von Asylsuchenden in Sporthallen sowieso nur bei absolutem Unterbringungsnotstand stattfindet. Die kurzfristige Nutzung von zehn Schulsporthallen für eine Gesetzesänderung zu missbrauchen, ist populistisch und spielt, wie gesagt, die Interessen von Schulen, von Schülerinnen und von Eltern gegen die Interessen von Geflüchteten aus und das machen wir selbstverständlich nicht mit. Der AfD wäre es wahrscheinlich lieber, wenn die Menschen im Freien campieren und frieren müssen, Hauptsache der Schulsport läuft, wenn ich es mal so ein bisschen zuspitzen darf.
Im Ergebnis bleibt also festzustellen, dass die als Schulträger zuständigen Kommunen auch in schwierigen Situationen im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung sehr verantwortungsvoll mit der Nutzung von Schulsporthallen umgegangen sind und umgehen. Dafür nochmals vielen Dank! Und ein kleiner Hinweis vielleicht aus aktuellem Anlass: Wir haben im Moment 5.000 leere Plätze in der Erstaufnahme, während tagtäglich die Bilder durch das Fernsehen gehen, wie Menschen in Idomeni beispielsweise im Schlamm versinken, kleine Kinder schwer krank sind, Mütter ihre Kinder auf dem Feld gebären müssen. Ich halte das für unerträglich. Wir brauchen eigentlich endlich sichere Fluchtwege, um den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten, die auf der Flucht vor Krieg, vor Hunger, vor Not im Moment in ganz unmenschlichen Situationen leben müssen. Und dass Sie da noch weiter die Hetze mit anschüren von der AfD, ist einfach nur menschenverachtend und traurig. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf jedenfalls ab.
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Doch, Herr Abgeordneter Höcke, Sie haben noch mal das Wort.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schon klar, und der Strom kommt aus der Steckdose!)
Ja, Frau Rothe-Beinlich, also Ihre gespielte Empörung hier vorn, das ist in meinen Augen einfach nur unerträglich.
Vielleicht hätten Sie besser Pfarrerin werden sollen, aber wahrscheinlich wären Sie auch am Theologiestudium gescheitert.
Zu Ihnen, Herr Kollege Tischner: Das war zwar nicht ganz so schlimm wie das, was Frau RotheBeinlich hier vorgetragen hat, aber ich möchte Sie auch mal darauf hinweisen, dass der Katastrophenfall, den Sie hier ausgerufen haben in Bezug auf meine Person, eher auf Ihre rhetorischen Fähigkeiten hin ausgerufen werden müsste. Das war unter aller Kanone, Herr Kollege. Aber das ist gar nicht
das Zentrale, sondern Ihr Kollege, CDU-Kollege, Landrat im Main-Taunus-Kreis, den ich vorhin schon angesprochen habe, Michael Cyriax, das war derjenige, ein CDU-Mann, der im Main-TaunusKreis den Katastrophenfall ausgerufen hat, um Turnhallen mit Flüchtlingen belegen zu können. Lesen Sie es doch mal nach, Herr Kollege. Lesen bildet!
Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, in Berlin sind mittlerweile 62 von 1.050 Sporthallen mit Einwanderungswilligen belegt. Mehrere 10.000 Sportler sind von Einquartierungen betroffen. Das ist keine abstrakte Größe, das ist Realität. Und am 28. Februar meldete der „Berliner Tagesspiegel“ erstmals, dass es ein groß angelegtes Volksbegehren gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in den Turnhallen Berlins gäbe. Auf der Internetseite dieses Volksbegehrens präsentieren sich die Initiatoren. Und darunter befinden sich – hören Sie gut zu! – der Berliner Turn- und Freizeitsport-Bund, der Berliner Leichtathletik-Verband, der Berliner Ringer-Verband,
Und Ziel der Initiative ist – hören Sie bitte gut zu! – eine Gesetzesänderung, mit der sichergestellt werden soll, dass Turnhallen eben nur noch im Katastrophenfall beschlagnahmt und belegt werden können. Oha!
Übrigens ist das Volksbegehren allein deshalb noch nicht gestartet worden, weil laut der Aussagen der Initiatoren selbiges bewusst durch die offiziellen Stellen verzögert wird. Nachtigall, ick hör dir trapsen, sage ich da mal.
Sportvereine leisten – und das müsste sogar Konsens in allen Fraktionen sein, nicht nur in den deutschen demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses – nicht nur einen unverzichtbaren Beitrag bei der körperlichen Entwicklung von jungen Menschen, sondern auch einen unverzichtbaren Beitrag zur Eingliederung von Zuwanderern, zumindest dann, wenn man sie lässt, unsere Sportvereine, und das würden wir gern auch so weiter forcieren. Deswegen haben wir in den entsprechenden Haus
haltsberatungen auch einschlägige Anträge eingebracht, die die Sportvereine bei dieser Integrationsaufgabe entsprechend unterstützen und fördern sollen, im Gegenteil und Gegenzug hat die CDU in diesem Kontext genau null Haushaltsanträge eingebracht.
Im „SPIEGEL“ konnte man zu dem Sachverhalt des versuchten Volksbegehrens in Berlin Folgendes lesen. Ich zitiere aus dem „SPIEGEL“: „Wenn es in Deutschland ein funktionierendes Netz ehrenamtlich getragener Gemeinschaften gibt,
die jeden Tag ganz konkret sozialen Frieden stiften, indem sie ohne Rücksicht auf Herkunft, Geschlecht oder Stand zentrale bürgerliche Tugenden wie Fairness, Gegenseitigkeit, Regelakzeptanz und Frustrationsabbau einüben, dann sind das die Sportvereine.“ Und: „Anstatt die Sportstätten zu beschlagnahmen, sollte man mit den Vereinen ein umfangreiches und finanziell gut ausgestattetes“ – das wollen wir als AfD-Fraktion – „Sportprogramm ‚Willkommenssport‘ starten, dass die Flüchtlinge mehrmals in der Woche einlädt.“
Und sogar die leider – oder weniger leider – vom Aussterben bedrohten Berliner Piraten unterstützten die Initiative in ihrem Berliner Reservoir. Sie schreiben, ich zitiere die Berliner Piraten: „Die Berliner Sportvereine und ihre Mitglieder leisten seit Jahrzehnten mit ihren zahlreichen Aktivitäten einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt.