„Erhalt der BStU-Außenstellen in Erfurt, Gera und Suhl“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik, „Planungssicherheit für Thüringer Krankenhausstandorte gewährleisten“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik, „Konsequenzen für die Thüringer Finanzpolitik“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit der Landespolitik,
„Stärkung der Prävention und Weiterentwicklung des Gesundheitsprozesses in Thüringen“, ein Antrag mit klarem Ziel und der Zuständigkeit – nein, ich antworte nicht.
Nein, es gibt keine Anfrage, Frau Abgeordnete Holzapfel, es gibt die Bemerkung, dass Sie bitte zum Thema reden möchten.
Und nun Ihre Formulierung: „Alt und arm! Ein unabwendbares Schicksal für Thüringen?“. Mit dieser Formulierung suggerieren Sie und wollen dies vermutlich auch, dass Altersarmut ein besonderes Problem in Thüringen ist,
dem die etablierten Parteien in diesem Land nicht gewachsen sind und für das sie keine Lösung parat haben.
Nein, meine Damen und Herren von der AfD, auch mit dem Hinzufügen des Fragezeichens können Sie eine alte Frau nicht hinter die Fichte führen.
Wer mit Fragen bewusst Ängste und Zweifel schürt, wer bewusst auf die Empörung derjenigen setzt, die verunsichert sind und die Zukunftssorgen von Menschen ausnutzt, der ist für mich ein Populist und hat mit der Landespolitik und den Gepflogenheiten in diesem Haus aus meiner Sicht sehr wenig gemeinsam.
Völlig unpopulistisch hätten Sie Ihren Antrag zum Beispiel auch auf die Fortschreibung und Aktualisierung der bestehenden Schriftenreihe zur Entwicklung der Altersarmut in Thüringen, herausgegeben durch das Wirtschaftsministerium, abstellen können. Aber sei es drum.
Meine Damen und Herren, die Altersversorgung ist ein Themenkomplex für die gesamte Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland.
Sie spiegelt zum einen die grundsätzliche Skepsis gegenüber der Sicherung des gesetzlichen Rentenbezugs und der Wirksamkeit der privaten Altersversorgung wider. Zum anderen ist das Thema geprägt durch den demografischen Wandel und die drastische Alterung unserer Gesellschaft. Unbestritten ist die Notwendigkeit einer Anpassung der Renten zwischen den neuen und alten Bundesländern. Die Angleichung der Ostrente auf das Westniveau bis 2020 ist ein erklärtes Ziel der Regierungskoalition in Berlin. In diesem Jahr erwarten 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner eine Rekorderhöhung um 4,25 Prozent in den alten Ländern und 5,95 Prozent in den neuen Ländern. Es ist die größte Erhöhung seit 23 Jahren und wurde heute verabschiedet.
Wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitisch war die Entscheidung über die Einführung eines gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlohns auch als Schutzfunktion, um eine spätere Altersarmut zu verhindern, eine wichtige und richtige Entscheidung.
Führen Sie sich das Frühjahrsgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute, heute veröffentlicht, zu Gemüte. Das ist für Sie eine gute Arbeitsgrundlage. Die Regierungskoalition hat in Berlin einiges
Frau Abgeordnete Holzapfel, Ihre Redezeit ist weit überschritten und ich bitte Sie, Ihre Rede zu beenden.
Werte Frau Abgeordnete, aufgrund meines Respekts vor dem Alter lasse ich mich nicht dazu verleiten, das Mikrofon hier abzudrehen. Als Nächste hat Abgeordnete Lehmann, Fraktion der SPD, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie gestatten mir eine Bemerkung vorab: Es hilft uns sicherlich nicht, wenn wir jede gesellschaftliche Veränderung hier zur Krise erklären. Das trägt nämlich kein Stück dazu bei, Probleme zu lösen, sondern es verschärft Verunsicherung. Die Aufgabe von Politik ist es aber, Lösungen zu präsentieren und zu zeigen, wie wir genau mit diesen Veränderungen umgehen. Wenn wir uns die Situation in der Rente anschauen, dann wird es sicher nicht reichen, Häuser zu bauen und die Steigerung der Geburtenrate zu erreichen. Das löst nämlich das Problem gesellschaftlicher Ungleichverteilung, das wir momentan in Deutschland haben, schlicht und ergreifend nicht.
Wenn wir uns die Vermögensverteilung in Deutschland anschauen, dann sehen wir, dass es eine Schieflage gibt. Es gibt eine ungleiche Verteilung von Vermögen und Einkommen in Deutschland. Es gibt eine ganze Reihe von Studien, die uns das zeigen. Zuletzt titelte die „Süddeutsche Zeitung“ Ende März „Der Unterschied zwischen Arm und Reich wächst“ und beruft sich auf einen Bericht der Bundesbank, demzufolge die reichsten zehn Privathaushalte 60 Prozent des Nettovermögens besäßen, die ärmsten 50 lediglich 2,5 Prozent.
Einkommensungleichheit im Alter ist auch hier kein ganz neues Thema. Die Situation im Bereich der Altersarmut war vor einigen Jahren schon weit positiver; da ging Armut im Alter eher zurück. Das hat sich inzwischen wieder geändert; Altersarmut nimmt zu. Das ist auch bedeutend, wenn wir uns ansehen, wie sich die Zahl der Rentnerinnen und Rentner in den nächsten Jahren in Thüringen entwickeln wird. Momentan sind ungefähr 520.000 Menschen in Thüringen älter als 65 Jahre. Im Jahr 2035, also in nur knapp 20 Jahren, wird jeder dritte Thüringer über 65 sein. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen im gleichen Zeitraum um 11 Prozent auf knapp 50 Prozent. Das macht deutlich, welche Bedeutung das Thema Demografie hat, welche Herausforderungen es hat, wenn wir über Versorgung vor allem im ländlichen Raum sprechen. Aber es hat natürlich auch Auswirkungen auf die Rente.
Wenn wir einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands glauben, wird sich die Altersarmut vom Jahr 2011, da lag sie bei ungefähr 3,3 Prozent, im Jahr 2021 auf 8 Prozent erhöhen, das heißt, jeder zwölfte Rentner wird dann von Altersarmut betroffen sein. Es gibt jetzt zwei Ebenen, auf denen man ansetzen kann. Die erste Ebene, das haben wir auch heute schon gehört, ist eine Reform des Rentensystems. Ich glaube, es herrscht in diesem Haus eine relative Einigkeit, dass wir 25 Jahre nach der Wende ein einheitliches Rentensystem zwischen Ost und West brauchen. Da reicht es aber nicht, wenn die CDU im Bund ankündigt, dass man das zum Thema für den nächsten Bundestagswahlkampf machen möchte, zumal das Thema auch jetzt im Koalitionsvertrag schon geregelt ist und man auch jetzt schon weiß, wie die Lösung aussehen könnte. Was fehlt, ist die Umsetzung. Wir dürfen die Menschen, die in diesem Land leben, auch nicht länger hinhalten.
Die andere Ebene ist: Rentenpolitik ist immer auch Lohnpolitik. Vereinfacht kann man sagen: Wer als Beschäftigter während seiner Arbeitszeit wenig verdient, bekommt im Alter auch wenig Rente. Jetzt ist die Lohnsituation in Thüringen sowieso schlechter als in vielen anderen deutschen Bundesländern. Sie ist auch deutlich schlechter als im Bund. Thüringerinnen und Thüringer verdienen ungefähr 500 Euro weniger als die Kolleginnen und Kollegen
in Westdeutschland, nämlich knapp 2.000 Euro gegenüber den Kollegen im Westen mit 2.500 Euro. Das hat eine ganze Reihe von Gründen. Das hat auch mit den Arbeitsmarktreformen – das muss man auch selbstkritisch als Sozialdemokratin sagen – Anfang der 2000er-Jahre zu tun, mit einem Anstieg prekärer Beschäftigung, mit mehr Druck in der Grundsicherung – auch das hat zu einer Verschlechterung in der Lohnsituation beigetragen. Das hat aber auch mit sinkender Tarifbindung zu tun, mit weniger Flächen- und Haustarifverträgen. Wenn heute nur noch jeder dritte Betrieb im Westen und jeder zwanzigste Betrieb im Osten tarifgebunden ist, dann lässt das auch darauf blicken, wie sich die Lohnsituation hier im Osten entwickeln wird. Das hat zum Dritten auch damit zu tun, dass die Landesregierung hier in Thüringen über 20 Jahre auf eine Niedriglohnstrategie gesetzt hat und die Zeche zahlt jetzt nicht nur der Steuerzahler, der Zuschüsse in die Sozialkassen zahlt, sondern die zahlen auch die Menschen, die viele Jahre lang für niedrige Löhne gearbeitet haben und jetzt ganz niedrige Renten bekommen.
Das Thema ist der Landesregierung aber nicht neu. Das haben wir auch im Seniorenbericht, den die Landesregierung 2014 veröffentlicht hat, schon zum Thema gemacht. Auch darin steht, dass man Altersarmut in den kommenden Jahren stärker in den Blick nehmen muss. Da haben wir auf Landesebene nicht so viele Möglichkeiten, weil viele Sachen im Bund geregelt sind. Wir brauchen eine Steigerung der Tarifbindung. Dafür brauchen wir starke Gewerkschaften. Wir brauchen gut organisierte Belegschaften. Ich kann nur an jeden Beschäftigten appellieren, sich für eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft zu entscheiden und auch aktiv Einfluss auf die eigenen Arbeitsbedingungen zu nehmen.
Es gibt allerdings einige Sachen, die man im Land regeln kann. Das haben wir zum Beispiel über die Förderpolitik gemacht, über einige Richtlinien, in denen wir explizit eine Vergütung in Höhe der Entgeltgruppe 9 des öffentlichen Dienstes vorgeschrieben haben. Das haben wir angefangen bei der Schulsozialarbeit. Wir haben das auch bei der Aktivierungsrichtlinie gemacht, bei der Armutspräventionsrichtlinie und bei der Integrationsrichtlinie. Das ist ein wichtiger Schritt, an dem müssen wir ansetzen. Hier müssen wir ausbauen und darüber hinaus natürlich auch insgesamt wieder mehr in den Sozialbereich investieren. Auch deswegen ist die Forderung, die die SPD im Bund aufgemacht hat, für einen neuen Solidarpakt wichtig, weil wir mehr Investitionen im Sozial-, im Bildungs-, im Arbeitsmarktbereich brauchen. Wir setzen uns deswegen als Fraktion dafür ein, hier im Land, aber auch im Bund. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Sehr geehrte Frau Holzapfel, ich sehe das genauso wie Sie: Die Aktuelle Stunde der AfD ist nichts weiter als Populismus und Angstmacherei. Ja, es gibt derzeit eine Debatte um die Rente in Deutschland. Es gibt eine Debatte um die staatliche und um die private Rente, damit eine Mindestsicherung an Lebensstandard gewährleistet ist, dass Menschen eben nicht in Armut abrutschen bzw. auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Die aktuellen Zahlen legen auch einen Handlungsbedarf nahe. Laut einer dpa-Meldung ist die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei geminderter Erwerbsfähigkeit gestiegen. Circa 1 Million Menschen in Deutschland bezogen Ende vergangenen Jahres diese Form der Sozialhilfe – so viele wie seit der Einführung 2003 nicht mehr.
Wir Grüne werben schon seit Langem auf Bundesebene für dieses Modell der Mindestrente. Unsere Koalitionspartner arbeiten, ob in der Regierung oder in der Opposition, auch an der Lösung der Probleme. Was Sie als AfD tun, ist aber nur Ängste schüren – Ängste vor Statusverlust, Ängste vor Armut im Alter. Sie bieten keine Lösungen an.
Die Lösung aus unserer Sicht liegt zum einen auf der Einkommenseite. Da ist die Einführung des Mindestlohns ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen. Dieser müsste jedoch noch höher liegen. Zum Zweiten liegt eine Lösung in der Verbesserung bzw. Nachsteuerung bei den betrieblichen und privaten Renten.
Und als Drittes liegt aus grüner Sicht die Lösung bei einer Garantierente, die in irgendeiner Form jeder und jedem ermöglicht werden sollte. Sie soll sicherstellen, dass auch Geringverdienende, Erwerbstätige in Teilzeit oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien im Alter nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Darauf müssen sich Bürgerinnen und Bürger verlassen können. Wir brauchen eine Rentenversicherung, die verlässlich ist und vor Armut schützt. Wir benötigen flexiblere Übergangsmöglichkeiten in den Ruhestand und mehr Schutz der Menschen, die nicht bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können. Wir setzen uns dafür ein, dass alle maßgeblichen Größen zur Entstehung und Berechnung der Rente kurzfristig vereinheitlicht werden. Das heißt, dass es keine Unterschiede mehr bei Ost- und Westrenten geben darf.
Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, die die Erwerbsarbeit von Frauen begünstigen und zur partnerschaftlichen Aufteilung der Sorge und Erwerbsarbeit anregen. Herzlichen Dank.