und Landgemeinden bilden eine starke Struktur, in der alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sachgerecht, bürgernah, rechtssicher und in eigener Verantwortung wahrgenommen werden können. Die Einheitlichkeit der Verantwortung für ein gemeinsames Gebiet sichert die nachhaltige Stärkung der Leistungs- und Verwaltungskraft. Die Landgemeinde verbindet dabei die Vorteile der Einheitsgemeinde mit den weitgehenden Gestaltungsspielräumen ihrer Ortschaften und damit stärken wir auch den ländlichen Raum, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Also ich unterbreche kurz für die intensive Debatte, Herr Abgeordneter Fiedler, die Sie ja gleich vom Pult aus führen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Hauptaugenmerk des Gesetzentwurfs liegt auf der Stärkung der Zentralen Orte, das heißt, der Gemeinden, die Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens für unsere Bürgerinnen und Bürger in Thüringen sind. Ober- und Mittelzentren, die wichtige überörtlich bedeutsame Aufgaben wahrnehmen, sollen durch Eingliederung gestärkt werden. Hierdurch wird dem Bedürfnis dieser Zentren nach ihrer Erweiterung, ihren Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung getragen und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in den Verflechtungsräumen gefördert. Ich will an dieser Stelle nur anmerken, dass insbesondere die Stadt Nordhausen deutlich gesetzliche Verschärfungen dieser Stadt-Umland-Beziehung gefordert hat, also eine deutlichere Pflicht zur Eingemeindung von Nachbarorten. Die Stärken der Leistungskraft der Fläche wird dadurch gewährleistet, dass jede neu gegliederte Gemeinde so strukturiert sein soll, dass sie die Funktion eines Zentralen Orts übernehmen kann.
Dass wir da auf dem richtigen Weg sind, zeigt mir eine Vielzahl der Gespräche meines Hauses mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Bürgermeistern und Unternehmen. Aus meinen vielen persönlichen Gesprächen will ich nur zwei Äußerungen hervorheben. Die eine lautet: Ich fand gut, dass der Minister nicht den Masterplan aus der Tasche holte und uns überstülpen wollte, sondern die Meinung vor Ort einholte – so ein Parteifreund von Ihnen. Eine an
dere lautete: Ich sehe die Region in guten Händen, es wird höchste Zeit, dass mal durchgelüftet wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für Gemeindezusammenschlüsse räumt der Gesetzentwurf eine Freiwilligkeitsphase bis zum 31. Oktober 2017 ein. Damit auch alle Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften diese Zeit nutzen können, soll die im Moment noch erforderliche Mehrheitsentscheidung für die Beantragung einer kommunalen Neugliederung entfallen. Erst nach der Freiwilligkeitsphase wird der Gesetzgeber mit dem Blick auf die Kommunen, die keine Fusionspartner gefunden haben
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, wichtig für uns ist auch, diesen Prozess für unsere Kommunen finanziell zu unterstützen. Für Strukturbegleithilfen sollen insgesamt 55 Millionen Euro bereitstehen, für die Förderung freiwilliger Gemeindeneugliederungen stellen wir mittels dieses Gesetzentwurfs weitere 100 Millionen Euro bereit.
Wichtig ist für uns, im Rahmen der Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform ein hohes Maß an Bürger- und Verbandsbeteiligung zu erreichen und auch zu gewährleisten. So konnten wir während der beiden Kabinettsdurchläufe und der Ressortbeteiligung mit der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände wichtige Ergänzungen im Gesetzentwurf aufnehmen. Zu nennen sind hier zum Beispiel Übergangsregelungen, die zur Verbesserung der Aufwandsentschädigung für Ortsteilund Ortschaftsbürgermeister führen, die bei der Auflösung der Gemeinden aus dem Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters übergeleitet werden.
Die Landesregierung unterstützt ehrenamtliches Engagement ausdrücklich und schafft damit neue Perspektiven für die Bürgermeister, die bei den bevorstehenden Wahlen gewählt werden. In die Thüringer Kommunalordnung werden Regelungen zur Bildung eines Übergangsgemeinderats bei Gemeindezusammenschlüssen aufgenommen. Ergänzend wurde die Möglichkeit geschaffen, den Gemeinderat für eine Übergangszeit zu vergrößern. Weiter
enthält der Gesetzentwurf nunmehr auch Regelungen zur Beteiligung der Ortschaften und Ortschaftsräte bei der Haushaltsaufstellung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 22 Jahre nach der Kreisreform von 1994, die damals der CDU-Ministerpräsident Dr. Vogel beherzt und mutig umgesetzt hat – Attribute, die ich der heutigen Opposition nicht unbedingt zugestehen mag –,
Ich lege den Gesetzentwurf nunmehr in Ihre Hände, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten. Sie haben als Gesetzgeber das letzte Wort. Ich bitte Sie, unseren Freistaat in einem entscheidenden Schritt auf den Weg zu einer umfassenden Gebietsreform und damit in eine gute Zukunft für unsere Gemeinden und Landkreise voranzubringen. Thüringen braucht diese Reform.
Da hilft es auch nicht weiter, gestern die Ergebnisse einer Umfrage zu präsentieren, die Sie bei Ihrem ehemaligen Staatssekretär der Althaus-Zeit in Auftrag gegeben haben, der, glaube ich, mittlerweile die CDU verlassen hat. Ich zitiere hier eher Willy Brandt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Thüringen auch im Jahre 2035 ein starkes Gemeinwesen sein kann! Lassen Sie uns Thüringen zukunftsfest machen! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Kein Wort, warum VGs abgeschafft werden! Das hat er gar nicht angesprochen! Eine Ungeheuerlich- keit!)
Danke schön, Herr Minister Dr. Poppenhäger. Damit eröffne ich die Aussprache. Als Nächster hat Abgeordneter Mohring für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden heute, glaube ich, über eines der wichtigsten Gesetze, das am Anfang eines Prozesses zur Umgestaltung dieses Landes steht.
Deswegen hat der Innenminister auch selbst das Wort ergriffen. Und dennoch, sehr verehrter Herr Innenminister, glaube ich, hätten Sie die Gelegenheit vor diesem Hohen Haus, vor der Öffentlichkeit des Hauses nutzen können, um als Innenminister dieses Landes zu den Ereignissen, die gestern Abend in Jena stattgefunden haben, ein Wort zu verlieren.
Das hätte sich angesichts der gewalttätigen Auseinandersetzungen gehört, wenn der Innenminister hier im Haus kurz Stellung genommen hätte. Genauso, glaube ich, hätte es sich gehört, wenn der Innenminister in dem Jahr einer großen Kommunalwahl, die am 5. Juni dieses Jahres stattfindet und bei der sich weit über 550 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister neu zur Wahl stellen, vielleicht viele ihren Dienst fortsetzen, den sie schon zwei Jahrzehnte in diesem Land machen, wahrscheinlich sogar nicht mal wissen, wie lange ihre Amtszeit geht – zwei Jahre, drei Jahre, sechs Jahre – und die sich trotzdem in den Dienst werfen für ihre Gemeinden, wenn der Innenminister dieses Landes zunächst diesen Bürgermeistern einfach erst mal gedankt hätte für ihren Dienst und auch für Ihr Engagement, dass sie wieder antreten. Das hätte sich gehört.
Und unabhängig davon, sehr verehrter Herr Innenminister, setzt sich das fort, was ich zur Leitbilddebatte gesagt habe. Natürlich ist das alles Zufall, natürlich hat alles seine Berechtigung, aber Venedig, Rom, Moskau – es fällt auf: Immer dann, wenn Sie im Kabinett oder im Parlament zur Gebietsreform reden, ist einer nicht da, nämlich Ihr Ministerpräsident.
Ich sage ja: Natürlich mag das alles Zufall sein und natürlich hat alles seine Berechtigung. Ich wiederhole den Satz, damit dann hinterher nicht verquere Debatten geführt werden. Aber es bestätigt mich in einer Theorie, die ich schon zur Leitbilddebatte gesagt habe. Es fällt auf, warum der eine nichts sagt in dieser Frage, warum der eine durchs Land rennt und vieles verspricht, was nicht in Ihrem Gesetz steht.
Am Ende wird er Sie vorführen vor der versammelten Mannschaft in diesem Land. Das wird passieren. Das müssen Sie selbst mit sich ausmachen. Ich würde sagen, am Ende der Debatte – wenn die Wahlperiode zu Ende ist – werden wir bei der Gebietsreform feststellen: Holger allein zu Haus! Ich glaube, das wird passieren.