Protokoll der Sitzung vom 22.04.2016

Der Antrag ist in der Tat überflüssig. Das ist mir ja fast peinlich, dass ich da mit dem Kollegen Herrgott von der CDU übereinstimmen muss. Aber so ist das halt manchmal im Leben, man kann es sich nicht aussuchen, vor allem wenn die Regierungsfraktionen ihre Anträge formulieren. Der Antrag macht überhaupt keinen Sinn. Es macht natürlich einerseits keinen Sinn, Leute in der Erstaufnahmeeinrichtung beraten zu wollen, die da schon gar nicht mehr sind. Aber es macht eben auch keinen Sinn, weil es ein typisches Beispiel linker Steuergeldverschwendung ist, und strenggenommen, sollte dieser Antrag so umgesetzt werden, wäre er wohl ein Fall für den Rechnungshof.

(Beifall AfD)

Mit diesem Antrag leben die Abgeordneten vom Schlage der Kollegin Lehmann ihre linke Weltverbesserungsattitüde auf Kosten des Thüringer Steuerzahlers aus. Typisch Rot-Rot-Grün und oberlehrerhaft wird im Antrag doziert, dass eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik geflüchtete Menschen über das Asylverfahren und die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel zu informieren habe. Allein dieser Satz zeigt, dass Ihnen jeder Bezug zur Realität fehlt.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Was im Rechtsstaat üblich ist!)

Denn erstens, Frau Kollegin Berninger – das wissen Sie natürlich nicht, aber ich sage es Ihnen deswegen mal –, handelt es sich bei Asylbewerbern eben nicht, in der Regel jedenfalls nicht, um geflüchtete Menschen, meine Damen und Herren von den internationalistischen Regierungsfraktionen. In welchem Land, von dem aus man die deutsche Grenze überschreiten kann, werden denn noch Menschen verfolgt? Muss man aus Österreich flüchten? Fehlanzeige. Die Leute flüchten nicht aus Österreich nach Deutschland. Sie flüchten auch nicht von Ungarn. Sie flüchten auch nicht aus Slowenien, auch nicht aus Mazedonien oder Griechenland nach Österreich, ja, streng genommen flüchten sie nicht mal aus der Türkei, denn in all diesen Län

dern droht diesen Menschen eben, zumindest in aller Regel, keine Gefahr für Leib und Leben

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Möller sagt, sie dürfen sich da nicht wegbewegen!)

und sie werden nicht verfolgt. Es sind keine Flüchtlinge. Das ist was anderes als Freizügigkeit, was Sie meinen, Herr Adams.

(Beifall AfD)

Diese Leute sind spätestens, wenn sie die Türkei verlassen und trotzdem weiterziehen, nicht mehr Flüchtlinge. Und da hilft es nichts, wenn Sie etwas anderes mit Ihrem fehlerhaften Wortverständnis von Flüchtlingen behaupten. Diese Menschen wandern stattdessen illegal nach Deutschland weiter, jedenfalls taten sie das, bis ein paar vernünftige Regierungen europäischer Partnerstaaten begannen, ihre Grenzen zu sichern, und die Balkanroute dicht gemacht haben. Während vernünftige Regierungen unserer Partnerstaaten also genau das Richtige taten, hat die von CDU und SPD dominierte Bundesregierung genau das Falsche getan, nämlich Fehlanreize durch hoch attraktive Sozialleistungen für Asylbewerber gesetzt. Und da gab es ja noch die verheerenden Handy-Botschaften von Angela Merkels Willkommensdiktatur. Aber lassen wir den Punkt, das hatten wir heute schon, und der überfordert ja auch mit Ausnahme der AfD sowieso die anderen Fraktionen hier im Haus mit ihrer weit ausgeprägten Lernresistenz.

Wenden wir uns der Frage zu, warum Ihr Antrag Steuergeldverschwendung ist. Der springende Punkt ist – auch das hat Herr Herrgott schon erwähnt –, dass es die von Ihnen angemahnte Beratung über das Asylverfahren, über Verfahrensabläufe und über die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel längst gibt. Statt so einen peinlichen Antrag hinzuschludern, hätten Sie mal Ihre Wissensdefizite beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beheben können. Das hätte Ihnen nämlich erläutert, dass das Bundesamt Asylbewerber über das Asylverfahren, insbesondere über deren Rechte sowie zur Verfügung stehende Rechtsmittel mündlich und schriftlich belehrt und entsprechende Verfahrenshinweise gibt. Entsprechende Formulare werden in vielen Sprachen vorgehalten. Zudem werden vom Bundesamt Sprachmittler geladen, sodass also auch Sprachbarrieren einer Aufnahme der Hinweise nicht im Weg stehen.

(Beifall AfD)

Wir haben uns diese Belehrungen, soweit sie schriftlich vorliegen, mal angeschaut. Die sind geradezu absurd umfassend. Ich kenne jedenfalls keine innerdeutschen Sachverhalte, in denen Antragsteller von der Behörde derart umfassend über ihre Rechte belehrt werden und auf Möglichkeiten hin

gewiesen werden, wie sie die Entscheidung derselben Behörde angreifen können.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen Sie mir bitte nachher nicht mit dem Argument, dass die deutsche Bevölkerung sich mit Rechtsmitteln besser auskennen könnte als etwa Ausländer. Das ist nämlich nicht der Fall. Abgesehen davon werden selbst die Rechtsbehelfsbelehrungen zu den Bescheiden des Bundesamts, die für sich genommen noch mal auf die Fristen und Details zu Rechtsmitteln hinweisen, bei Bedarf in andere Sprachen übersetzt. Im Übrigen haben Asylbewerber Anspruch auf Prozesskostenhilfe, ihnen stehen also auf Kosten unseres Sozialstaats fachkundige anwaltliche Beratung und Betreuung zur Verfügung. Von dieser Möglichkeit machen Asylbewerber auch regen Gebrauch. 47 Prozent aller Prozesskostenhilfefälle in verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Thüringen betreffen nämlich Asylverfahren.

Vor dem Hintergrund dieser umfangreichen, tatsächlich schon erfolgenden Belehrungen über Verfahrensabläufe und Rechtsmittel stellen sich somit mehrere Fragen. Die erste lautet, welchen Zweck neben all den Belehrungen und Informationen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den durch die Prozesskostenhilfe abgesicherten Zugang zu Anwälten eine weitere rot-rot-grüne Asylverfahrensberatung haben soll, zumal bereits die vorhandene Beratungsintensität international ohne Vergleich ist. Das macht keinen Sinn.

Die zweite Frage lautet, wer diese Asylverfahrensberatung eigentlich durchführen soll. Zugang zu Anwälten und erfahrenen Verwaltungsfachleuten, also Menschen, die sich mit dem Asylrecht auskennen, bietet ja bereits das Verfahren an sich bzw. die Prozesskostenhilfe. Es steht den antragstellenden linken Regierungsfraktionen daher auf der Stirn geschrieben, dass sie mit dieser Maßnahme wieder mal ihnen politisch nahestehende Vereine aus dem Bereich der gut von der Asylkrise lebenden Sozialwirtschaft finanzieren möchten. Sie überschreiben das ja üblicherweise – so glaube ich – mit dem Begriff der freien Träger.

(Beifall AfD)

Das sind die Truppenteile, die bei jeder politischen Kampagne gegen Gegner der rot-rot-grünen Koalition mitmachen und dafür natürlich auch irgendwie entlohnt werden müssen. Das ist ja völlig klar. Ob bei diesen politischen Streitgenossen dann aber die Fachkompetenz für so eine primär rechtliche Asylverfahrensberatung überhaupt vorhanden ist, das spielt natürlich vor diesem Hintergrund eine untergeordnete Rolle, denn ein echter Mehrwert ist ja sowieso von Vornherein durch diesen Antrag nicht zu erwarten.

Damit kommen wir zur dritten Frage, nämlich, wie viel Steuergeld Sie für diesen Unsinn eigentlich verschleudern wollen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Der Steuerzahler bezahlt doch auch die AfD- Fraktion hier im Haus! Ist das nun auch Un- sinn?)

Die Frage klärt der Antrag in seiner vorgelegten Neufassung nicht, aber wir hatten Ihrem ersten Antrag entnehmen können, dass Sie an den Haushaltstitel „Unterkunft und Betreuung von ausländischen Flüchtlingen in Einrichtungen des Landes“ gedacht haben, und der hat sich im letzten Jahr unter Rot-Rot-Grün erstaunlich entwickelt. Er leidet sozusagen unter finanzpolitischer Adipositas.

(Beifall AfD)

Der ist von 7,6 Millionen Euro im Haushalt 2015 auf 47,5 Millionen Euro für 2016 und weitere 68,5 Millionen Euro für 2017 angewachsen. Kein Wunder – möchte man sagen, denn wer den dem linksradikalen Milieu politisch nahestehenden Vereinen Steuergelder zuschanzen möchte, indem er offenkundig sinnlose Beratungsleistungen ins Leben ruft, die längst schon an anderer Stelle fachkundig erledigt werden, dem ist das Interesse des Steuerzahlers an einem effizienten Umgang mit seinem Geld völlig egal.

(Beifall AfD)

Dafür muss dann eben der Thüringer Durchschnittsverdiener und die Alleinerziehende mit Kind blechen.

Meine Damen und Herren, es ist ein Skandal, wie Sie die Interessen Ihrer Wähler verraten, die noch vor zwei Jahren auf Ihr Gespür für soziale Gerechtigkeit gesetzt haben, Sie deswegen gewählt haben und nun auf diese Weise betrogen werden.

(Beifall AfD)

Aber machen Sie sich keine Sorgen, wir werden die Wähler schon aufklären, warum Sie kein Geld für kostenfreie oder wenigstens kostengünstigere Kindergartenplätze haben. Den Fehler, Linke, SPD oder Grüne zu wählen, weil man damit soziale Politik verbindet, den muss und wird in Thüringen hoffentlich niemand zweimal machen müssen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Der war gut!)

Was alternativ Sinn gemacht hätte, das hat Kollege Herrgott ganz richtig der AfD hinterher erzählt. Wir haben es nämlich als Erste gesagt, schon in zwei Haushaltsplänen haben wir uns mit dem Vorschlag eingebracht, doch endlich mal die Verwaltungsgerichtsbarkeit personell aufzustocken. Insofern freut es mich, dass Herr Herrgott auch von uns lernt.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: AfD wirkt wieder!)

Genau: AfD wirkt.

(Beifall AfD)

Den vorliegenden Antrag lehnen wir aus naheliegenden Gründen – die habe ich ja eben erwähnt – ab. Wir werden auch keiner Ausschussüberweisung zustimmen. Sollte es tatsächlich zu dieser Steuergeldverschwendung kommen, dann lesen wir darüber demnächst hoffentlich im Rechnungshofbericht. Danke schön.

(Beifall AfD)

Als Nächste spricht zu uns Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat und nicht in einem rechten Staat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Rechtsstaat arbeitet auch mit rechtsstaatlichen Mitteln.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Was für Wort- spielchen!)

Zu rechtsstaatlichen Mitteln gehören auch Beratungsangebote. Beratungen im Übrigen unterscheiden sich elementar von Belehrungen. Ich weiß nicht, ob Sie diesen Unterschied noch nicht verstanden haben, aber Ihnen von der AfD geht es hier ohnehin nur darum, Ihre Polemik und Ihre menschenverachtende Ideologie zum Besten zu geben. Der Rest interessiert Sie ja überhaupt nicht.

(Unruhe AfD)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wenn es ein Linksstaat wäre, wie die AfD be- hauptet, würden Sie als AfD nicht da sitzen!)

Wer die Caritas oder die Diakonie, die seit vielen Jahren eine ausgesprochen fachlich fundierte Asylverfahrensberatung anbieten, als „linksradikales Milieu“ beschimpft, hat offenkundig nicht verstanden, wie unser Gesellschaftssystem funktioniert und dass wir auf Subsidiarität setzen, und das ganz bewusst, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Abg. Möller)