Protokoll der Sitzung vom 22.04.2016

Bringen Sie einen ordentlichen Antrag! Bringen Sie eine fundierte Begründung mit Zahlen, mit Fakten und nicht mit Hörensagen! Dann können wir uns gern über verschiedene Dinge unterhalten und können auch trefflich darüber streiten und im Ausschuss diskutieren. Mit so etwas wird es leider nichts. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete Muhsal.

Ich muss sagen, es ist ein Trauerspiel. Es ist schon seit Monaten ein Trauerspiel, vor allem wenn du, Christian Herrgott, hier ans Mikrofon trittst; man fragt sich jedes Mal, was mit der CDU eigentlich los ist. Es wird ein wichtiges Thema angeschnitten und von euch kommt nichts.

(Beifall AfD)

Diese Unterstellungen, es wäre ein Hörensagen: Wenn man unseren Antrag richtig liest, steht dort: „Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag Bericht zu erstatten“. Ich habe hier keinen Bericht gehört von der Landesregierung. Die Landesregierung hätte dazu beitragen können, festzustellen, wie groß Probleme in den Erstaufnahmestellen sind.

(Beifall AfD)

Frau Rothe-Beinlich, ich muss mich schon sehr wundern. Sie haben am Anfang sinngemäß gesagt, Sie würden unseren Antrag nicht unterstützen, weil es nur um Christen ginge und alle Opfer irgendwie ihre Berechtigung erfahren müssen. Grundsätzlich stimme ich Ihnen da durchaus zu. Aber im Umkehrschluss, wenn man dann sagt, im Spezifischen kümmern wir uns nicht, wie Sie das getan haben, dann würden Sie quasi sagen, wenn es beispielsweise um Vergewaltigungsopfer geht, wir kümmern uns nicht um Vergewaltigungsopfer, denn es muss ja um alle gehen. Das ist kompletter Unsinn.

(Beifall AfD)

(Abg. Brandner)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete König das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nur eines: Da sich die AfD hier vorn hinstellt und so tut, als ob sie an einem aufgeklärten Islam interessiert wäre, dazu auch sich nicht zu schade ist, Ahmad Mansour zu zitieren, der sich übrigens klar gegen die AfD positioniert, wenigstens eines: Es gibt ja den Bundesparteitag der AfD. Das eine ist das Grundsatzprogramm, das vorliegt, das andere sind entsprechende Alternativanträge. Da gibt es den Alternativantrag aus Niederbayern für ein komplett neues Grundsatzprogramm und da heißt es unter 4.2: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland. [...] Er ist nach seinen selbsterklärten Inhalten und Zielen [...] verfassungsfeindlich und wäre als politische Partei gem. Art. 21 (2) GG zu verbieten.“ Was Sie darüber hinaus in diesem Antrag auch fordern, zu verbieten, ist den Bau und den Betrieb von Moscheen, Sie fordern das Verbot von Minaretten und Muezzin-Rufen, das Verbot der Beschneidung – das betrifft dann im Übrigen auch die Menschen, die hier in Deutschland unter uns leben, die der jüdischen Religion angehören – und genauso das Verbot der Schächtung, das betrifft im Übrigen auch genauso Menschen jüdischen Glaubens. Das heißt, das, was die AfD hier im Sinne des Schutzes von Christen darstellt, ist letztendlich nichts anderes als ein purer Missbrauch dessen, was stattfindet, und ist nichts anderes als ein Versuch, den Islam als grundsätzlich falsch zu kritisieren. Das, was Sie zu Ihrem Bundesparteitag unter anderem fordern, ist – da kann ich meiner Kollegin Astrid Rothe-Beinlich nur zustimmen – nichts anderes als purer Rassismus, als pure Hetze gegen Menschen anderen Glaubens hier in Deutschland.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sie hetzen hier!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung, Frau Abgeordnete Marx, Fraktion der SPD.

Ich will eigentlich nur einen Satz sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen und verehrte Frau Präsidentin. Wer sich gegen Übergriffe auf christliche Asylbewerber wehren will, der müsste sich zuerst mal auch vor Asylbewerber stellen. Das tut die AfD nun gerade nicht. Da sitzt er nun wieder, der größte Fraktionsvorsitzende aller Zeiten, der hier in Erfurt am Anger gesagt hat: „Erfurt soll schön deutsch

bleiben.“ Wie schützen Sie bitte mit dieser Aussage christliche Asylbewerber? Sie sind wirklich ziemlich verlogen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Möller. Dann haben Sie das Wort. 2 Minuten haben Sie noch.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Die können so lang sein!)

Nur ganz kurz. Frau Marx, man kann das eine tun, das andere muss man nicht lassen.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir haben uns durchaus auch für Asylbewerber eingesetzt und haben uns schützend vor diese gestellt. Wir haben zum Beispiel in einem unserer Anträge gefordert, dass man gewalttätige Asylbewerber gesondert unterbringt. Auch unser heutiger Antrag zielt auf den Schutz von Asylbewerbern ab. Ich verstehe überhaupt nicht, auf was Ihre Kritik abzielt.

(Beifall AfD)

Das ist wieder mal so ein typischer Marx‘scher Einwand – ein richtiger substanzieller Einwand ist nicht da, also erfindet man irgendetwas.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Ver- drängen!)

Ich denke, eine ordentliche parlamentarische Debatte, die sollte anders aussehen.

(Beifall AfD)

Ich kann jetzt keine – Herr Abgeordneter Brandner.

Das nennt man, glaube ich, auch Marx’sche Dialektik, die sich hier vorn am Rednerpult abspielt. Frau Marx – Sie erinnern sich vielleicht, dass ich unmittelbar, nachdem ich zum Vorsitzenden des Ausschusses gewählt worden bin, angeregt hatte, dass sich der gesamte Ausschuss einmal kundig macht und in eine Erstaufnahmeeinrichtung fährt, um sich die Sache vor Ort anzuschauen. Das wurde einstimmig abgelehnt – also gegen meine Stimme. Mehr konnte ich als Ausschussvorsitzender nicht tun, Sie wollten das nicht, dass wir uns das vor Ort anschauen. Damit müssen Sie jetzt auch leben, dass wir das nicht gemacht haben. Und wenn sich die Biene Maja der Antifa, also Frau König, hier

vorn hinstellt und über unsere Programmentwürfe faselt – Frau König, schauen Sie sich einmal die Programmentwürfe und Anträge an, die es zu Landes- und Bundesparteitagen der Linken gab. Da kriegen auch Sie graue Haare, da können Sie färben, wie Sie wollen.

(Beifall AfD)

Was da in Deutschland momentan, was die AfD angeht, diskutiert wird, kann diskutiert werden – aber es gibt einen Programmentwurf, es gibt 1.600 Seiten Antragsheft, worüber diskutiert wird. Was am Ende dann herauskommt, werden wir sehen. Ich bin sicher, da kommt etwas ganz Vernünftiges heraus.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Höcke, Sie haben noch 10 Sekunden.

Frau Kollegin König, Sie haben gesagt, die AfD halte den Islam für falsch. Das ist falsch. Wir haben nämlich keinen Wahrheitsanspruch Religionen gegenüber und das möchte ich hier noch einmal in aller Deutlichkeit betonen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Frau Staatssekretärin Albin hat das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist nicht die Frage nach den Fakten, sondern die Konnotation, die beim Antrag der AfD mitschwingt, die ihn aus Sicht aller anderen Parteien so unmöglich macht. Daher werde ich mich jetzt ganz nüchtern auf die Fakten beschränken und die Maßnahmen der Landesregierung darstellen.

Religiös motivierte Straftaten in den Flüchtlingsunterkünften sind in Thüringen nur sehr vereinzelt festzustellen. So liegen der Thüringer Landesregierung für die Jahre 2011 bis 2014 keine Erkenntnisse zu entsprechenden Delikten vor. Im Jahre 2015 wurden insgesamt fünf Straftaten bekannt, bei denen der Verdacht bestand, dass sie sich gegen Personen aufgrund Ihrer Religion richteten. In drei dieser Fälle waren die Geschädigten nach eigenen Angaben Christen.

Diese Zahlen beziehen sich auf alle Landeserstaufnahmeeinrichtungen und alle kommunalen Flücht

lingsunterkünfte in Thüringen. Allein schon diese Zahlen zeigen, dass der Antrag der Fraktion der AfD schlicht von falschen Annahmen ausgeht. Gleiches gilt auch für die im Antrag behauptete Ausbreitung salafistischer Propaganda in Thüringen. Nach der eindeutigen Mitteilung des Landesverwaltungsamts ist weder in den Landeserstaufnahmestellen noch in den kommunalen Gemeinschaftsunterkünften ein vermehrtes Auftreten derartiger Propaganda festzustellen. Soweit Einzelfälle auftreten, werden selbstverständlich die zuständigen Behörden informiert und die notwendigen Schritte eingeleitet.

Sehr geehrte Damen und Herren, in Flüchtlingsunterkünften, wo Menschen auf engem Raum zusammenleben, bleiben Konflikte leider nicht aus. In den Einrichtungen treffen Menschen verschiedenster Kulturkreise aufeinander. Sie sind gezwungen, auf die gewohnte Privatsphäre zu verzichten, oft über einen langen Zeitraum. Um Konflikten vorzubeugen, die sich aus dieser Situation ergeben können, hat die Landesregierung in vielfacher Weise Vorsorge getroffen.

Bereits in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes, also dort, wo die Menschen in Thüringen als Erstes unterkommen, wird auf eine qualifizierte Betreuung und Beratung Wert gelegt. So gibt es dort unter anderem zahlreiche Angebote für sportliche Betätigung sowie die Möglichkeit, an Erstorientierungskursen teilzunehmen. Auch die Errichtung eines Runden Tischs, wie er etwa in Suhl seit Langem praktiziert wird, trägt dazu bei, Probleme und Konflikte im Vorfeld zu erkennen und zu vermeiden. An den Sitzungen des Runden Tischs nehmen Vertreter der Stadtverwaltung, der örtlichen Polizei, der Kirche, karitativer Verbände sowie des Landesverwaltungsamts und Flüchtlinge regelmäßig teil.

Des Weiteren wird in allen Einrichtungen des Landes angestrebt, getrennte Unterbringungsmöglichkeiten für besonders Schutzbedürftige zu schaffen. Vor allem spezielle Frauen- und Familienbereiche konnten bereits realisiert werden. Ebenso wird in den kommunalen Unterkünften eine qualifizierte soziale Betreuung und Beratung gewährleistet. Um diese Maßnahmen auch finanziell abzusichern, hat die Landesregierung zu Jahresbeginn die Sozialbetreuungspauschale erneut auf jetzt 46 Euro angehoben.

Mit diesen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung die Kommunen dabei, geflüchtete Menschen nicht nur unterzubringen, sondern diese auch adäquat zu betreuen und zu beraten. Des Weiteren stellt die Landesregierung sicher, dass in den Flüchtlingsunterkünften ausreichend Wachpersonal eingesetzt wird. Dies gilt sowohl für die Einrichtungen des Landes, als auch die der Kommunen. Das Land erstattet den Kommunen die Kosten, die für die Bewachung von Gemeinschaftsun

(Abg. Brandner)

terkünften anfallen. Auch hier hat die Landesregierung für eine spürbare Verbesserung gesorgt, indem sie die Standards der Bewachung zum 1. Januar dieses Jahres angehoben hat.

Zudem stehen die Leiter der Erstaufnahmeeinrichtungen im engen Kontakt zu den örtlichen Polizeidienststellen. Gerade auch durch die gute Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei konnten in der letzten Zeit Konflikte schnell gelöst und eine Eskalation verhindert werden. Hierfür möchte ich an dieser Stelle der Thüringer Polizei für ihre Leistung und ihren Einsatz noch einmal ganz ausdrücklich den Dank und die Anerkennung der Landesregierung aussprechen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend bleibt festzustellen, dass sich die von der Landesregierung verfolgte Strategie der Prävention und der Deeskalation in der Praxis bewährt hat. Die Landesregierung wird weiter an ihrem Ziel festhalten, die zu uns Geflüchteten menschenwürdig unterzubringen und zu betreuen, um sie schließlich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.