Protokoll der Sitzung vom 18.05.2016

Vorab möchte ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass ein ganzes Bündel von Richtlinien veröffentlicht worden ist, heute jedoch in der Aktuellen Stunde leider nur diese eine Förderrichtlinie herausgegriffen wurde. Die Wohnungsunternehmen, besonders die Investoren, haben jetzt erst einmal die Möglichkeit, die Programme zu lesen, zu sichten, Überlegungen anzustellen, ob sie die Förderprogramme in Anspruch nehmen oder auch nicht. Allerdings liegen schon die ersten Rückmeldungen vor, und zwar eine gemeinsame Pressemitteilung von Haus & Grund Thüringen, Bund Freier Wohnungsunternehmen, Immobilienverband Deutschland sowie dem Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Ich möchte darauf hinweisen, das ist schon unsere Hauptzielgruppe, von der wir erwarten, hoffen und wünschen, dass sie die Förderprogramme in Anspruch nimmt, investiert und sozialen Wohnungsbau errichtet und bewirtschaftet. Die Diktion und Prononcierung der Pressemitteilung, die durchweg kritisch ist, lässt sich aus deren Enttäuschung ableiten, denn je größer die geweckten Erwartungen sind, desto größer sind dann auch die Enttäuschungen. Mit unserem rot-rot-grünen Koalitionsvertrag haben wir Erwartungen und Hoffnungen geweckt. Auch wenn ich nicht alle Punkte dieser harschen Kritik teile, dürfen wir diese Meinungsäußerung nicht ignorieren. Vielmehr sollte das gemeinsame Gespräch zwischen Interessenvertretern der organisierten Wohnungswirtschaft und dem Thüringer Infrastrukturministerium gesucht werden. Ich denke, nächste Woche bei den Tagen der Thüringer Wohnungswirtschaft in Suhl wäre dies eine gute Gelegenheit, ein guter Auftakt, um wieder in das gemeinsame Gespräch zu kommen.

Auf einen Kritikpunkt möchte ich dann doch näher eingehen. Im Fokus der Kritik stehen Förderbedingungen wie der festgeschriebene Mietpreis bis zu 15 Jahren. In der Pressemitteilung wird unter anderem gerügt, ein Mietpreis über einen solchen Zeitraum führt unweigerlich zu Problemen. Diese Kritik

kann ich durchaus nachvollziehen, da eine einmalige Festlegung eines Mietpreises auf 15 Jahre, der auch noch um 5 Jahre verlängert werden kann, meines Erachtens durchaus realitätsfremd ist. Auch wenn die dieser Festlegung zugrunde liegende Überlegung grundsätzlich richtig ist, die Miete an die jeweiligen örtlichen Kosten der Unterkunft oder Grundsicherung zu binden, so ist grundsätzlich nicht richtig, die Miete auf die Dauer von 15 bzw. 20 Jahre einzufrieren, denn in diesem Zeitraum werden auch die örtlichen KdU-Sätze angepasst. Hier wird dann ein künstliches Miet-Delta aufgebaut, was ich für problematisch halte.

Weiterhin wird von den Verbandsvertretern Folgendes gerügt – ich zitiere aus deren Pressemitteilung: „Nach wie vor bestehen die alten bürokratischen Hürden. Ausufernder Verwaltungsaufwand, Verfahrensdauern bis zu zehn Jahren und Rechtsunsicherheit halten Unternehmen von der Anwendung der Fördermittel ab. Die Immobilienwirtschaft fordert stattdessen eine Bündelung der Prozesse bei der Thüringer Aufbaubank TAB.“ Auch darüber muss gesprochen werden, wie wir es gemeinsam hinbekommen, den bürokratischen Aufwand einzudämmen, das Serviceangebot zu verbessern und den Dienstleistungsgedanken weiter in den Vordergrund zu stellen, als bisher vom alten Bauministerium geschehen. Was wir jetzt brauchen, ist ein sozialer Wohnungsbau, insbesondere in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf, wie beispielsweise in Weimar, Jena und Erfurt – und dies zeitnah. Daher brauchen wir Förderrichtlinien und deren unbürokratische und praktische Umsetzung, die es erlauben, dass wir in der aktuellen Legislaturperiode die Umsetzung des sozialen Wohnungsbaus erleben und bei der Schlüsselübergabe an die neuen Mieter dabei sein können. Denn wir wollen, dass sozialer Wohnungsbau nach Jahren des Stillstands in Thüringen wieder in Gang kommt – und das möglichst bald. Wir machen doch die Richtlinien nicht primär für die Wohnungsunternehmen. Nein, wir machen sie für die Mieter, die jetzt in unsanierten und überteuerten oder in beengten, ungesunden Wohnverhältnissen leben und wirtschaftlich nicht in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Daher appelliere ich abschließend für den schnellen und offenen Dialog mit den Verbandsunternehmen. Wir brauchen sie, um unsere Ziele umzusetzen. Wir dürfen hier nicht scheitern. Danke.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste hat Frau Ministerin Keller das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, für die Gelegenheit, heute hier über „Chancen, Nutzen und Perspektiven für den sozialen Wohnungsbau in Thüringen“ im Landtag sprechen zu können, bedanke ich mich ganz herzlich. Ich denke, man kann auch an den unterschiedlichen Aussagen festmachen, dass der Zeitpunkt doch ein guter ist.

Wir befinden uns in der Tat an einem Wendepunkt in der Wohnungsbaupolitik, der nicht nur die großen Städte wie Berlin, München, Hamburg oder Frankfurt am Main betreffen wird, sondern eben auch Auswirkungen auf den Freistaat Thüringen haben wird. In Thüringen haben wir seit 25 Jahren einen Mietermarkt, das heißt, das Angebot an Wohnungen und Wohnraum übersteigt die Nachfrage. Das ist in allen ostdeutschen Bundesländern so, mit Ausnahme des in Brandenburg gelegenen Berliner Speckgürtels. Deshalb hat es auch in den vergangenen Jahrzehnten keine besonderen Angebote der Landesregierung und Nachfragen der Wohnungswirtschaft für den sozialen Wohnungsbau – Neubau – gegeben. Im Gegenteil, Bund und Länder haben viel Geld im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost für den Abriss von Wohnraum – Plattenbauten – ausgegeben und wir haben aktuell immer noch Anträge von Städten und Gemeinden dafür vorliegen.

Auch heute noch haben wir in Thüringen einen großen Leerstand, davon war schon die Rede. Etwa 50.000 Wohnungen stehen leer und können nicht vermietet werden. Diesem Leerstand in einigen Teilen des Landes steht aber nun eine neue Entwicklung gegenüber, über die wir uns am Ende natürlich auch freuen. Neben diesen Leerständen in bestimmten Regionen haben wir einen verstärkten Zuzug, insbesondere in die größeren Städte – aber eben auch hier allerdings nicht in alle. Dabei reden wir momentan in Thüringen noch nicht von großen Zahlen. In Erfurt und Jena steigt die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren im Durchschnitt um 1.000 Einwohner jährlich, in Weimar Jahr für Jahr um gut 100. Diese Entwicklung führt natürlich noch nicht zu einer Situation, in der wir von Wohnungsnotstand reden würden. Wenn die Bundesregierung davon ausgeht, dass in den kommenden Jahren ein jährlicher Wohnungsbedarf von circa 350.000 neuen Wohnungen befriedigt werden muss – das ergäbe im Laufe von 12 Jahren einen Fehlbedarf von circa 1 Million Wohnungen in Deutschland –, dann hat dies mit der Thüringer Situation nur wenig zu tun.

Aber es ist doch schön zu sehen, dass der Leerstand nicht mehr 8 oder gar 10 oder 12 Prozent, sondern eben nur noch 6 Prozent in Weimar, 4 Prozent in Erfurt und 2 Prozent in Jena beträgt. Das ist

der Grund, warum ich als Wohnungsbauministerin sage, es wird Zeit, dass wir Sorge dafür tragen, dass auch in Zukunft bezahlbarer Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten in ausreichender Menge vorhanden ist. Wir wollen, dass der Zuzug nach Thüringen anhält und den Städten und Gemeinden dabei hilft, dafür attraktive Wohnungen zu bauen. Da wir wissen, dass Wohnungsbau in Jahren und nicht in Monaten rechnet, sind wir gut beraten, heute damit anzufangen.

Insoweit ist das von uns bereits am Ende des vergangenen Jahres entwickelte Vier-Säulen-Modell genau das Instrument, das sich dem Ziel einer bedarfsgerechten Wohnraumversorgung verschrieben hat. Wir sind zuversichtlich, dass zumindest ein Großteil der heute schon erkennbaren Probleme hier auch eine Beseitigung erfährt.

Als erste Säule sind dabei unsere neuen Förderprogramme des sozialen Wohnungsbaus zu nennen, die am 10. Mai 2016 in Kraft getreten sind. Wir leisten damit unseren maßgeblichen Anteil, um Investitionen in den sozialen Wohnungsbau wieder interessanter zu machen. Auch wenn angesichts der derzeitig historisch niedrigen Kapitalmarktzinsen die staatlichen Förderprogramme wenig attraktiv sind, haben wir doch mit den neuen Richtlinien gemeinsam mit unserem Wohnungsbauvermögen eine stabile Grundlage in Thüringen, sozialen Wohnungsbau voranzubringen und damit denjenigen, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt nicht hinreichend mit Wohnungen versorgen können, ein Angebot zu unterbreiten. Damit – dies soll nicht unerwähnt bleiben – brauchen wir uns im Ländervergleich mit unserer Wohnraumförderung nicht zu verstecken. Das ganze Gegenteil ist der Fall. Auch wenn das „Innenstadtstabilisierungsprogramm“ und das „Thüringer Modernisierungsprogramm Mietwohnungen“ in wesentlichen Punkten fortgeschrieben wurden, haben die Programme doch auch neue Förderbestandteile in Form von Tilgungs- und Baukostenzuschüssen erhalten – und das auch im engen Dialog mit den Vertretern der Wohnungswirtschaft.

Die wichtigsten Änderungen lauten: Erhöhung der Förderdarlehen auf 80 Prozent der förderfähigen Gesamtkosten; Baudarlehen zinslos bei Neubau – also bei einer Laufzeit von 15 Jahren, bei der Modernisierung in der gesamten Laufzeit; Gewährung eines Baukostenzuschusses von maximal 15 Prozent des Förderdarlehens zur Erreichung der angemessenen Mieten – die natürlich sehr unterschiedlich sind, Frau Liebetrau. Im Durchschnitt war der Bach einen halben Meter tief und trotzdem ist die Kuh ertrunken. Wir wissen natürlich, bei einer Miete von im Durchschnitt 4,90 Euro, dass sie in einigen Bereichen in Thüringen bei 7,90 Euro liegt und in anderen sogar unter 4,00 Euro. Das ist in Thüringen sehr differenziert zu betrachten.

Bei den Tilgungszuschüssen: 15 Prozent für längere Belegungsbindung 20 statt 15 Jahre – ich komme darauf nachher noch einmal zurück –, 10 Prozent für barrierefreie Wohnungen, 10 Prozent für energieeffiziente Wohnungen. Wir haben auch die Baukostenobergrenzen erhöht, nämlich auf 1.600 Euro je Quadratmeter Wohnfläche bei normalen Wohnungen. Bisher waren das 1.400 Euro je Quadratmeter. Wenn Sie es gelesen haben, es gibt Großstädte, in denen bei den Baukosten auch unter 2.000 gerechnet wird. 1.800 Euro je Quadratmeter Wohnfläche barrierefreie Wohnungen. Bisher waren das 1.500 Euro je Quadratmeter und 2.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche für behindertengerechte Wohnungen. Auch hier lag die Baukostengrenze bei 1.600 Euro je Quadratmeter.

Mit dem Thüringer Barrierereduzierungsprogramm wurde ein neues Zuschussprogramm zur Beseitigung von Barrieren in Mietwohnungen aufgelegt, um dem demografischen Wandel in Thüringen Rechnung zu tragen. Wesentliche Eckpunkte dieser Förderung sind: Zum einen natürlich Zuschuss, 50 Prozent der förderfähigen Kosten bis zu einer Maximalhöhe von 10.000 Euro je Wohnung und Maßnahme werden gefördert, was Aufzüge, Badumbau, Absenkung von Schwellen usw. betrifft.

Für das Jahr 2016 stehen insgesamt 60 Millionen Euro für die Wohnungsbauförderung zur Verfügung. Im Folgejahr erhöht sich der Betrag auf insgesamt 65 Millionen Euro.

Auch im Rahmen der sozialen Wohnungsbauförderung wird auf die Schaffung von qualitativem, entsprechendem und modernem Wohnraum geachtet. Dabei wird neben der Festlegung von Mindeststandards gerade das flächen- und kostensparende Bauen gefördert. Auch die Planung von Sozialwohnungen soll sich an den aktuellen Ansprüchen und Bedürfnissen orientieren. Zu beachten sind auch hier die Gegebenheiten des demografischen Wandels – ich will hier nur das Stichwort „barrierefreies und behindertengerechtes Bauen“ nennen sowie das energieeffiziente Sanieren und Bauen, welche in die aktuellen Förderprogramme eingeflossen sind. Um zumindest eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten, sind die Richtlinien nicht nur auf dieses Jahr ausgelegt.

Nicht unerwähnt bleiben soll natürlich der bereits eingeführte Sanierungsbonus, der sich einer großen Nachfrage erfreut, und das Programm zur Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Eigenheimen und eigengenutzten Eigentumswohnungen. Jetzt werden wir sehen, wie die Thüringer Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften, private Vermieter und andere die neuen Förderrichtlinien annehmen und umsetzen. Die ersten Anmeldungen für 2016 zeigen, dass die Förderkonditionen, die in den vergangenen Monaten oft in der Kritik standen, gar nicht so schlecht sein

können, wie sie zum Teil gemacht werden. Für unser Modernisierungsprogramm stehen 2016 16 Millionen Euro als Verpflichtungsrahmen zur Verfügung. Bereits jetzt haben wir mit fünf Vorhaben aus den Städten Erfurt, Heilbad Heiligenstadt, Hildburghausen, Rudolstadt und Zeulenroda-Triebes mit insgesamt 203 Wohneinheiten 14 Millionen Euro davon gebunden. Für das Neubauprogramm „Innenstadtstabilisierungsprogramm“ steht 2016 ein Verpflichtungsrahmen von 26 Millionen Euro zur Verfügung. Von den 22 bereits angemeldeten Vorhaben mit insgesamt 231 Wohnungen wurden zwölf Vorhaben mit 130 Wohneinheiten mit einem Volumen von 8,6 Millionen Euro im Rahmen der ersten Programmaufstellung für 2016 bestätigt. Diese kommen aus Erfurt, Jena, Heiligenstadt, Suhl, Herbsleben, Hildburghausen, Kahla, Pößneck, Weida und Schmölln. Der gute Auftakt für beide Programme lässt hoffen, dass mit der zweiten, gegebenenfalls auch noch der dritten Programmaufstellung für 2016 die verbleibenden Mittel gebunden werden können.

Wir werden die Entwicklung aufmerksam beobachten und sollten sich belastbare Hinweise darauf ergeben, dass die Richtlinien nicht wie erwartet den sozialen Wohnungsbau ankurbeln, werden wir selbstverständlich nachjustieren. Wir werden auch die öffentliche Meinung zu den Richtlinien verfolgen. Wir werden uns aber an der Stelle nicht von der veröffentlichten Meinung treiben lassen, das sage ich hier auch noch einmal ganz klar.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn einerseits sehe ich es als meine Aufgabe an, dafür Sorge zu tragen, dass bezahlbarer Wohnraum für alle in Thüringen vorhanden ist. Andererseits habe ich jedoch auch darauf zu achten, dass die uns zur Verfügung stehenden Steuergelder verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Und ich habe das auch des Öfteren schon einmal gesagt: Mit Steuergeldern, mit öffentlichen Mitteln zu bauen und dann über die Rendite in die privaten Säcke einfließen zu lassen und eben nicht den Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, für die sozialer Wohnungsbau gedacht ist, das ist mit dieser Regierung nicht zu machen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich denke, das ist auch richtig so. Einige der in den letzten Monaten aufgeworfenen Forderungen sind schlichtweg nicht umsetzbar, weil sie eben mit sozialem Wohnungsbau nichts zu tun haben. Ein Wesensmerkmal oder Kriterium für die Zweckbindung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau ist die Belegungsbindung, ein Weiteres, dass bei der Ermittlung der Förderhöhen das jeweilige Objekt und nicht die Rendite des Wohnungsunternehmens im Mittelpunkt steht. Wer behauptet, dass er sich

(Ministerin Keller)

mit sozialem Wohnungsbau verschuldet, der verdreht die Tatsachen. In die Förderhöhen sind sogar 2 Prozent Eigenkapitalverzinsung eingerechnet.

Unsere zweite Säule, sehr geehrte Damen und Herren, das Wohngeld, soll denjenigen, die eine angemessene Wohnung nicht finanzieren können, einen entsprechenden Zuschuss gewähren. Ja, das war in der Vergangenheit etwas weniger. Aber, wie Sie wissen, sind auch hier die entsprechenden Einkommensgrenzen angepasst worden. Mit der zum 1. Januar 2016 erfolgten Wohngeldnovelle wurde die letztmals vor sieben Jahren erhöhte Leistung an die Kostenentwicklung angepasst. Deshalb haben wir künftig in Thüringen auch mehr Wohngeldberechtigungen, als das bisher der Fall war. Nach den Berechnungen des Bundes bedeutet dies also beispielsweise für einen wohngeldbeziehenden ZweiPersonen-Haushalt eine Erhöhung von bisher 112 Euro auf 186 Euro im Monat.

Auf diese Weise werden die Anspruchsberechtigten nicht von der allgemeinen Kostenentwicklung abgekoppelt, sondern genau das wird in den Fokus genommen. Aufgrund des Widerstands der Bundesregierung konnte allerdings die verschiedentlich gewünschte dynamische Anpassung des Wohngelds noch nicht erreicht werden, denn da gehört die Dynamik hin. Daher bedarf es nun wieder rechtzeitig der notwendigen Maßnahmen, um in angemessener Zeit eine weitere Wohngelderhöhung voranzutreiben.

Die dritte Säule ist die im April 2016 eingeführte Mietpreisbremse. Sie sorgt dafür, dass beim Neubezug einer Wohnung in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Mieten nur noch begrenzt angehoben werden dürfen. Erste Ergebnisse ihrer Wirkung sollen in der zweiten Jahreshälfte 2016 vorliegen. Wir werden uns das ganz genau ansehen und werden prüfen, ob neben den bisherigen Städten Erfurt und Jena, für die eine Mietpreisbremse gilt, auch weitere Kommunen eine Mietpreisbremse erhalten sollen und können. Wir werden natürlich hier auch die bundesweite Reaktion auf das Instrument aufmerksam beobachten.

Ergänzend zur Mietpreisbremse prüfen wir derzeit, ob auch die Einführung einer Kappungsgrenze sinnvoll ist. Anders als bei der Mietpreisbremse, die eine ordnungspolitische Maßnahme für Neuvermietungen im Blick hat, ist es Ziel einer Kappungsgrenze, die Mieterhöhungen in Bestandswohnungen zu reduzieren.

Last, but not least ist als vierte Säule der Kontakt mit den Kommunen auch im Zusammenhang mit dem „Bündnis für gutes Wohnen in Thüringen“ zu nennen. Auch wenn man auf den ersten Blick meinen könnte, diese Kommunikation sei zwar nötig, stelle aber kein wesentliches Kriterium dar, die Wohnraumversorgung sicherzustellen, so ist dies ein Trugschluss. Denn der Stellenwert dieser Kom

munikation darf nicht unterschätzt werden. Auch wenn die Aufgabe der Wohnraumversorgung als Daseinsvorsorge den Kommunen obliegt, möchten wir sie so weit wie möglich begleiten und unseren Beitrag leisten, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnung nach ihren individuellen Vorstellungen nutzen können.

In der Vergangenheit wurde die angemessene soziale Wohnraumbeschaffung in verschiedenen Städten eher zurückhaltend eingeschätzt. Ich glaube, wir haben nun einen Punkt erreicht, wo allen klar ist, dass das Thema „Wohnung“ auch mit Blick auf die Zuwanderung ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger eine neue, zumindest aber eine wiederbelebte Dimension erreicht hat.

Um den Kontakt mit den Kommunen in angemessener Weise zu pflegen, werden wir auch das in der letzten Legislaturperiode ins Leben gerufene „Bündnis für gutes Wohnen in Thüringen“ weiter aktivieren. Wir werden das Bündnis sowohl bezüglich der Teilnehmerzahl als auch bezüglich der Thematik erweitern, auch die Wohnungswirtschaftler sind dabei und wir haben hier mehrere Beratungen durchgeführt. Seit dem Frühjahr des Jahres 2015 soll es zudem eine Plattform sein, um der Wohnraumversorgung in Thüringen in unser aller Interesse den ihr gebührenden Stand zu geben. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der Überschreitung der Redezeit der Landesregierung stehen jetzt allen Fraktionen noch 2 Minuten Redezeit zur Verfügung. Wünscht noch jemand das Wort? Das kann ich nicht erkennen.

Dann schließe ich den dritten Teil und rufe den vierten Teil der Aktuellen Stunde auf

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Positionierung Thüringens zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2163

Ich eröffne die Aussprache und erteile Abgeordneten Gruhner, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute zur Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes eine Aktuelle Stunde beantragt, weil wir vor wenigen Tagen eine Ministerpräsiden

(Ministerin Keller)

tenkonferenz dazu hatten und sich Ende Mai eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz mit dieser Frage beschäftigen wird und weil sich angesichts einiger Äußerungen der Umweltministerin und auch des Ministerpräsidenten ein Eindruck immer mehr erhärtet: Diese Landesregierung vertritt nicht die Interessen der Thüringer Bürger, sondern sie vertritt die Interessen der Ökostromlobby.

(Beifall CDU, AfD)

Diese Landesregierung organisiert keinen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie, sondern sie spielt Klimaschutz und Verbraucherinteressen gegeneinander aus. Und diese Landesregierung hat offensichtlich die Frage der Strompreisentwicklung völlig aus dem Blick verloren.

(Beifall AfD)

Offensichtlich ist es in Ordnung, wenn sich nur der grüne Porschefahrer die Energiewende leisten kann. Diese Vorwürfe erheben nicht nur wir, sondern – wenn Sie heute ins „Freie Wort“ schauen, sagt auch die IHK Südthüringen, dass sie mit der Positionierung der Landesregierung überhaupt nichts anfangen kann, weil eben auch für die Wirtschaft die Frage der Strompreisentwicklung absolut wichtig ist. Deswegen hagelt es auch von dieser Seite berechtigte Kritik. Dann ist es auch so, dass in dieser Landesregierung die Meinungen gelegentlich etwas auseinandergehen. Auf der einen Seite sagt der Ministerpräsident, schon der Geist des Gesetzes sei falsch, und auf der anderen Seite sagt der Wirtschaftsminister zum EEG, dass die Richtung stimmt. Zwischen „der Geist des Gesetzes ist falsch“ und „die Richtung stimmt“ passt viel Luft. Ich weiß nicht, ob die Umweltministerin sie füllt, denn auch da hören wir hauptsächlich Ökofundamentalismus, aber nicht tatsächlich Interessen, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Thüringen entgegenkommen. Deswegen sagen wir als Union auch ganz klar: Wir wollen eine Energiewende, die ökologische Nachhaltigkeit und ökonomische Vernunft miteinander verbindet und nicht gegeneinander ausspielt. Deswegen haben wir eben die Entlastung von Bürgern und Wirtschaft genauso im Blick wie die Erreichung unserer Klimaziele.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Fällt Ihnen eigentlich auf, dass Sie bis jetzt nur Phrasen gedroschen haben?)

Ich will es noch mal sagen, vier Punkte, die uns bei der EEG-Reform besonders wichtig sind. Wir sagen: Ja, es stimmt, es macht Sinn, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien deckeln und dass wir eben nicht grenzenlos Zubau zulassen, sondern dass wir die gesteckten Ausbaukorridore tatsächlich auch einhalten. Auch das haben wir schon vielfach hier diskutiert. Denn wenn wir das nicht tun, dann geraten die Kosten aus dem Blick.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Des- wegen wird es nicht wahrer! Es bleibt falsch und wird falsch!)

Dann haben wir im Bereich der EEG-Umlage immer weitere Anstiege zu verzeichnen. Deswegen ist es richtig, dass der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auch klar sagt, der Ausbau der EE muss an dieser Stelle gedeckelt werden. Im Übrigen, die grüne Umweltministerin setzt immer noch einen drauf, indem sie sogenannte Sonderboni, so könnte man das bezeichnen, für windschwache Standorte vorschlägt. Auch das würde dazu führen, dass wir weitere Milliarden-Kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten. Deswegen gilt auch an dieser Stelle, dass Sie die Verbraucherinteressen nicht im Blick haben.