Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sonst wird Thüringen seine Bedeutung verlieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da gilt es, gegen kleine, gegen sehr kurzsichtige Argumentationen anzugehen und das Gemeinwohl im Blick zu behalten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Kollege Höhn ist dankenswerterweise auch noch einmal auf die Abwägung, die wir im Bereich der Verwaltungsgemeinschaften wirklich durchgeführt haben, eingegangen. Ich will deshalb noch einmal ganz schlagartig auf fünf Punkte eingehen. Das ist einmal die Frage der Zeitschiene, die Frage der Bürgerbeteiligung und es ist die Frage des Ehrenamtes, aber auch noch eine Frage, die mir besonders wichtig ist. Wir müssen danach suchen, ob wir nicht möglicherweise mildere Mittel haben als so eine Gebietsreform. Sie wissen, Frau Tasch, dass wir eine lange Debatte darüber geführt haben, gerade wir Grünen haben das auch mit unserer Studie, die wir Ende des Jahres 2012 veröffentlicht haben, angeregt, darüber noch einmal nachzudenken, ob nicht Zusammenarbeit der Schlüssel sein kann.

Das Land Thüringen hat in der letzten Legislatur ein finanziell sehr gut ausgestattetes Programm zur interkommunalen Zusammenarbeit gehabt. Dieses Programm war verwaltungstechnisch – sagen uns die Leute – schwierig aufgestellt.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Schwierig, kann man ändern!)

Aber was die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sagen, die darin mitgearbeitet haben – in wenigen Projekten, es waren am Ende zwei –: Es ist einfach zu kompliziert. Die Abstimmungswege sind zu komplex. Deshalb haben wir gesagt: Okay, diese interkommunale Zusammenarbeit, so vernünftig sich das immer anschaut, ist aber in der Verwaltungspraxis nicht wirklich durchzusetzen, ist nicht wirklich die Alternative, womit wir unsere Kommunen dauerhaft leistungsfähig machen können.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da kann man doch die Verwaltungsvorschriften än- dern!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will ganz kurz auf die Zeitschiene eingehen. Es wird immer wieder gesagt, diese Reform sei im „Schweinsgalopp“ durchgeführt worden oder soll im „Schweinsgalopp“ durchgeführt werden. Ich habe mir einmal angeschaut, wie die letzte Gebietsre

form, wie sie die CDU durchgeführt hat, gelaufen ist. Da gab es im Januar 2013 die Veröffentlichung der Vorschläge der Sachverständigenkommission „Gebietsreform zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte“. Das war der Startschuss für die Gebietsreform bei den Landkreisen. Ziel war dann das Inkrafttreten des Gesetzes zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Gemeinden eineinhalb Jahre später – vom Startschuss bis zum Ende eineinhalb Jahre. Jetzt gehe ich gar nicht weiter auf die Gemeinden ein, da wird es nämlich noch interessanter, und zeige Ihnen einmal auf, von der Situation, dass eine Landesregierung – und zwar die von Ihnen getragene – ein Expertengutachten, das nochmals unterstreicht, wie stark der Handlungsdruck ist, diesem Landtag vorgelegt hat, nämlich im Januar 2013.

Bis zum Abschluss der Reform am 01.01.2019 werden wir sechs Jahre haben, werden wir sechs Jahre in Thüringen darüber diskutiert haben. Sie haben das in eineinhalb Jahren mit den Landkreisen durchgezogen und wir geben sechs Jahre Zeit in einer Debatte. Wenn wir hier etwas mit großer Gewissheit sagen können: „Schweinsgalopp“ ist etwas ganz anderes. „Schweinsgalopp“ ist der Versuch, etwas – was Sie nicht mögen – zu diskreditieren, und es ist ein unfairer Versuch,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wie kom- men Sie auf „nach Jahren“?)

der sachlich nicht zu begründen ist,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

unfair und nicht sachlich ist. Ich will auch noch eines dazu sagen: Wenn die CDU mit ihrem heute ersten Tagesordnungspunkt darauf abstellt, dass sie die Bürgerbeteiligungspartei nun sei – ich freue mich, ich unterstreiche das noch mal, dass Sie auf diesem Weg jetzt mit uns gemeinsam gehen –, aber eines werden Sie nicht wegdiskutieren können: Wir werden ein Bürgergutachten, von dem Sie nichts hören wollen – ich sage auch gleich, warum –, auf den Weg bringen, in dem Bürger und Verwaltung zusammenarbeiten, konstruktiv an einem Tisch sitzen und zusammen sagen: Was ist in unserer Region das Beste? Das ist für uns der konstruktivste Ansatz von Bürgerbeteiligung. Dass die anderen Phasen des Abstimmens darüber, wie soll unsere Gemeinde sich zusammentun, dass wir die noch mal stark machen, steht auf einem ganz anderen Papier. Aber das macht diese Koalition, wir beteiligen Bürgerinnen und Bürger, nicht nur ja oder nein, nicht nur ein Kreuz, nicht nur an einem Tag innerhalb von 10 Minuten, sondern wir wollen Bürgerinnen und Bürger mitnehmen auf dieser Reform. Deshalb diskutieren wir draußen so viel. Deshalb wird es ein Bürgergutachten geben. Und wenn ich das hier allerdings auch in aller Deutlichkeit sagen kann und darf, sehr geehrter Herr Innenminister,

dieses Bürgergutachten muss jetzt auch kommen und wir dürfen an dieser Stelle nicht weiter zuwarten. Wir brauchen dringend dieses Bürgergutachten, wir brauchen dringend die dadurch initiierten Debatten, die wir durch unseren Entschließungsantrag einfordern wollen.

Ich will abschließend noch auf einen Punkt eingehen, der immer wieder behauptet wird und der mich sehr besorgt gemacht hat. Es wird immer wieder gesagt: Wenn wir die Gebietsreform durchführen, dann wird das zulasten des Ehrenamts gehen. Ich habe mit meinem Team wirklich außerordentlich intensiv und ganz tiefgehend danach gesucht: Wo gibt es Belege für diese These? Wir haben keine gefunden. Und ich bin mir wirklich nicht zu blöd, das auch einzugestehen. Ich habe das nicht gefunden und deshalb habe ich in der Anhörung so ziemlich alle Anzuhörenden gefragt, die diese These vorgetragen haben: Wo haben Sie einen wissenschaftlichen Beleg, eine Untersuchung dazu? Kollege Fiedler hat eine Stellungnahme hochgehalten und gesagt: Hier steht es doch. Wir haben dann noch mal nachgesucht und haben gefunden, dass er hier eine Stellungnahme eines sehr verdienten Verwaltungs- und Landesbeamten hat, der zitiert hat, der auch Dozent an der Fachhochschule war. Der hat aber auch nur die These aufgestellt in einer der Stellungnahmen. Umso mehr war ich froh darüber, dass Frau Möbius von der AG Selbstverwaltung tatsächlich eine Studie, eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, und zwar die von Claus Michelsen und Martin T. W. Rosenfeld, unter dem Titel „Gemeindegröße, Verwaltungsstruktur und Wahlbeteiligung: Auswirkungen der Kommunalreform auf die Legitimation politischer Entscheidungsprozesse“ uns vorgelegt hat. Und sie haben das als Beleg genommen und haben gesagt: Hier drin wird wissenschaftlich bewiesen, wissenschaftlich hergeleitet, dass es zu einem Absinken der Wahlbeteiligung kommt – sage ich jetzt mal, sie hat gesagt „Ehrenamt“, aber ich sage mal, es geht um Wahlbeteiligung, es geht nicht um Ehrenamt. Ich habe mir diese Studie, weil mich das interessiert hat, sehr genau angeschaut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wissenschaftler haben diese Formel aufgestellt. Mit dieser Formel, sagen die Wissenschaftler, können sie berechnen, wie sich Wahlbeteiligung in Thüringen unter unterschiedlichen Gemeindekonstellationen entwickeln wird. Ich glaube, ohne dass ich das diskreditieren will, dass die Wirklichkeit des thüringischen reichhaltigen Lebens selbst in eine so komplexe Formel nicht hineingepresst werden kann und der Beleg damit fehlt. Der Beleg fehlt im Übrigen auch, darauf will ich mich aber nicht einlassen, das ist ein wissenschaftlicher Disput, da ich lesen konnte, dass die zum Erstellen der Formel und zur Erstellung der einzelnen Indikatoren angewandten Verfahren höchst umstritten sind. Da will ich mich

aber in dem wissenschaftlichen Diskurs gar nicht einmischen.

Was wir allerdings gefunden haben, ist – und den kann man jetzt mögen oder nicht – eine Studie von Herrn Prof. Dr. Joachim Hesse, der das tatsächlich auch untersucht hat und zu dem Ergebnis kommt: Ja, es gibt Bewegungen in der Frage der Bereitschaft, in kommunale Mandate zu gehen, aber es ist insgesamt statistisch eine hohe Kontinuität zu sehen. Weiterhin haben wir gefunden – auch kürzlich veröffentlicht in einer Thüringer Zeitung, in einer wichtigen Thüringer Zeitung – eine Masterarbeit der Universität Potsdam, die auch zu dem Ergebnis kommt: Ja, durch eine Gebietsreform kommt etwas in Gang, es gibt auch viel Unmut unter kommunalen Abgeordneten, aber es führt nicht dazu, dass weniger Leute zur Wahl gehen. Es führt nicht dazu, dass das kommunale Wahlamt nicht mehr ausgeführt werden kann. Es gibt eine große Kontinuität. Ich behaupte nicht, dass beides Letztgesagtes der Beweis dafür ist, dass es keine Effekte gibt. Ich sage nur, dass es für die Behauptung, dass es erwiesen sei, dass durch eine Gebietsreform und größere Strukturen kommunales Engagement zurückgeht – wobei wir noch gar nicht über das Ehrenamt in Kirchenvereinen, im Gesangsverein, in der Feuerwehr gesprochen haben –, keine stichhaltigen oder unbestrittenen Belege gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich habe versucht, in aller Kürze das Pro und Kontra hier noch mal zu bewerten. Es wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, höchst strittig bleiben, ob diese Reform nun richtig durchgeführt wird. Aber was ich im Land, in den vielen Gesprächen, die ich führe, erfahren habe und immer wieder gehört habe: Die Menschen draußen im Land diskutieren wirklich nicht mehr über die Frage des Ob, sondern sie wollen wissen, wie.

(Beifall DIE LINKE)

Der heutige Tag ist der Startpunkt für das Wie. Wir werden mit dem heutigen Tag ein Gesetz beschließen und dieses Gesetz wird am 01.07. in Kraft treten. Mit diesem Gesetz werden wir einen intensiven Dialog führen, so wie wir ihn bisher geführt haben und so wie wir ihn auch in Zukunft führen werden, unterstützt durch ein Bürgergutachten in den Regionen. Wir sind – damit will ich den Rahmen schließen – bereit, das haben wir auch bei dem CDU-Änderungsantrag gezeigt, auf jede konstruktive Kritik einzugehen und wirklich noch mal und immer wieder zu überprüfen, ob der Weg, den wir gehen, richtig ist und wir die richtigen Instrumente eingesetzt haben. Aber wozu wir nicht bereit sind, ist ein „Weiter so!“ für Thüringen festzuschreiben, keine Entwicklung zu ermöglichen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Schade, dass es keinen Grünen-Bürgermeister gibt, sonst würden Sie sich besser auskennen.)

Wir sind die Koalition der Bewegung. Wir sind die Koalition der Reform. Wir sind die Koalition, die unsere Thüringer Kommunen stark und dauerhaft leistungsfähig macht. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Daran glau- be ich nicht!)

Danke schön, Herr Adams. Als Nächster hat Herr Abgeordneter Gentele das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Besucher auf der Tribüne und am Bildschirm! Heute sage ich Ihnen, wie ich die Pläne zur Gebietsreform sehe. Viele Menschen in unserem Land sehen es ähnlich oder genauso. Zur Gebietsreform, die Sie durch das Vorschaltgesetz auf den Weg bringen wollen und durch Ihre Mehrheit hier im Parlament auch durchdrücken werden: Sagen Sie den Menschen in den Dörfern und den Städten vorher, was die Vorteile, wenn es denn welche gibt, und die Nachteile dieser Reform sind!

(Beifall CDU)

Ich frage Sie: Bekommen Gemeinden und Kommunen mehr Geld, um Straßen, Schulen, Gehwege oder Kindergärten zu finanzieren, wenn sich Landkreise und Gemeinden zusammenschließen oder zwangsverheiratet werden?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja!)

Sie reden davon, dass der demografische Wandel, die weniger zu erwartenden Mittel des Bundes, der Soli, diese Reform erfordert, damit Thüringen in den nächsten 20 Jahren gut aufgestellt ist. Dem widerspreche ich. Der Solidaritätsbeitrag wird nicht abgeschafft, nur sein Name wird sich ändern und seine Mittelverteilung, denn auf die Milliarden können der Bund und die Länder nicht mehr verzichten. Sie sollten sich lieber Gedanken machen, wie man den demografischen Wandel aufhalten und umkehren kann. Verändern Sie die momentane familienunfreundliche Familienpolitik in unserem Freistaat und Deutschland! Setzen Sie sich für mehr Familienfreundlichkeit im Bundesrat ein! Nehmen Sie sich ein Beispiel an der kleinen Familien-Partei! Das Land konnte mit dem vorläufigen Abschlussbericht für das Jahr 2015 circa 469 Millionen Euro Rücklagen bilden. Geben Sie davon die gekürzten Gelder aus dem KFA an die Kommunen zurück! Später dazu mehr.

Ich sehe es kommen, wenn die Gebietsreform umgesetzt wird, dass den Kommunen mehr Aufgaben übertragen werden, weil sie dann ja größer sind

(Abg. Adams)

und finanziell weiter belastet werden. Kein Bundesland, das eine Gebietsreform durchgeführt hat, belegt, dass es Gelder einsparen konnte. Nein, es wurden mehr Gelder ausgegeben, die im Vorfeld vermutet und einberechnet wurden. Eines steht fest: Die von Ihnen genannten Kosten für die Reform werden am Ende um ein Vielfaches ansteigen. Wer muss es am Ende bezahlen? Der Steuerzahler.

Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Landkreise haben kein Finanzproblem, sondern ein Aufgabenproblem. Die Übertragung immer weiterer Aufgaben seitens des Bundes und des Landes, ohne diese ausreichend finanziell zu gestalten, führt zu diesen Problemen. Wenn diese Ausgaben für Sozialleistungen, zum Beispiel Hartz IV oder Kindergärten, nicht wären, könnten Kommunen in Größenordnungen investieren, dann zum Beispiel in Straßen oder Kita-Plätze. Eine Gebietsreform in der Form ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt der falsche Schritt. Das Land sollte anfangen, seinen eigenen Laden – die Landesverwaltung – in den Griff zu bekommen, bevor funktionierende Strukturen verfassungswidrig aufgelöst werden. In Sachen Effizienz kann sich die Landesverwaltung eine Scheibe von den Kommunen abschneiden. Aber hier versuchen die Regierungsparteien, dem Bürger ein X für ein U vorzumachen. Im Übrigen lassen auch die Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung arg zu wünschen übrig.

Bevor ich Strukturen verändern will, muss ich folgende Arbeitsweise beachten: Zunächst Aufgaben betrachten, dann eine detaillierte Fallzahlenanalyse erstellen, daraus ergeben sich Stellenbedarfe. Darauf aufbauend muss die Rechtsgrundlage punktuell verändert werden und erst danach sind Strukturen an der Reihe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da die Personaldecke der Verwaltung im Land über die Jahre unter das erforderliche Minimum geführt wurde, sind Einsparungen quantitativer Natur nicht zu erwarten. Wenn man 1994 und heute vergleicht, sind das im Übrigen Äpfel und Birnen. Die Beispiele in Sachsen-Anhalt und Sachsen zeigen den deutlichen Kostenanstieg. Wie gesagt, ein Mitarbeiter, der in seiner Tätigkeit für 100.000 oder für 300.000 Einwohner zuständig ist, erfährt im mittleren Management eine deutlichere Aufwertung im Bereich der Beurteilung des Maßes an Verantwortung, was ein bis zwei Besoldungsgruppen ausmachen kann. Der einfache Sachbearbeiter bleibt sicher unverändert. Hier wird man keine Einsparung erzielen können. Ein einfaches Beispiel: Wenn die Landkreise A, B und C jeweils 1.000 Bauanträge per anno haben und die quantitative Bemessung dafür beispielsweise je zwei Mitarbeiter vorsieht, liegt bei einer Zusammenlegung die Anzahl der Mitarbeiter bei 6 und nicht bei 2 oder 4, da sich der

quantitative Fakt dann mit 3.000 und nicht mit 1.000 bemisst.

Die Landesregierung will für die Gebietsreform 155 Millionen Euro bereitstellen, allerdings nur für die Teilentschuldung besonders hoch verschuldeter Gemeinden und als Hochzeitsprämie für freiwillige Fusionen. Nur wenn Geld übrig bleibt, soll an den Ausgleich von besonderen Belastungen gedacht werden. Auch hier besteht Handlungsbedarf. Das Land Brandenburg plante bei seiner Gebietsreform eine Anschubfinanzierung von 400 Millionen Euro und das Land Sachsen 550 Millionen Euro. Wir brauchen diese Gebietsreform in dieser Form nicht. Eine Umfrage von Infratest, die am 19. Juni veröffentlicht wurde, sagte klar aus: 56 Prozent der Befragten lehnen die Gebietsreform ab. Nur 26 Prozent sind für diese Reform und 17 Prozent war es egal.

Ich warne eindringlich, wenn Sie diese Reform beschließen und uns allen aufs Auge drücken, dann machen Sie dadurch die rechtspopulistischen Parteien wie die AfD noch stärker. Aktuell hätte RotRot-Grün keine Mehrheit mehr. Nur 43 Prozent der Befragten sind für das jetzige Regierungsbündnis von Rot-Rot-Grün. Bringen Sie den Bürger nicht unnötig gegen sich auf. Nehmen Sie die Bürger mit. Eine solche Reform ist nicht wirklich populär.

Natürlich hat auch die Vorgängerregierung Fehler gemacht – leider auch gravierende. Aber sie ist eine in den Kommunen zutiefst verankerte Kraft, die mit den Menschen verändern möchte und nicht über deren Köpfe hinweg.

(Beifall CDU)

Wer jedoch meint, er müsse der AfD vertrauen, der wird beizeiten merken, dass es keine Alternative ist, sondern eine bunte Truppe, deren Äußerungen von Hass geprägt sind und die keine Lösungen, sondern lediglich Populismus anbietet und ein zutiefst gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Hört, hört! Genau wie dein Verhältnis!)

Bitte hören Sie auf die Spitzenverbände von der kommunalen Familie und auf die Bürger, zeigen Sie Größe und Vernunft, hören Sie auf mit dieser unnötigen Gebietsreform, stellen Sie sich den vielen anderen Problemen im Land. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Herr Gentele, vielen Dank. Als Nächster hat Herr Abgeordneter Kellner für die CDU-Fraktion das Wort.

(Abg. Gentele)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will jetzt nur drei Sätze zum AfD-Änderungsgesetz zur Thüringer Kommunalordnung verlieren, was im letzten Plenum schon diskutiert wurde und recht umfangreich von meiner Seite auch betrachtet wurde. Ich habe eigentlich gedacht, nach der letzten Debatte im Plenum zu diesen Änderungen der Thüringer Kommunalordnung mit dem Untertitel „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungsgemeinschaften“ hätte die AfD vielleicht umgedacht und hätte den Gesetzentwurf zurückgezogen. Leider haben Sie das nicht gemacht. Wir haben es heute auf der Tagesordnung. Ich will nur drei Anmerkungen machen. An dem Gesetz hat sich ja nichts geändert, aber vom langen Liegen ist es nicht besser geworden.

An der Stelle nur eins: Den Namen, den Sie daruntergesetzt haben, „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungsgemeinschaften“, wird dem allen nicht gerecht. Ganz im Gegenteil, Sie schwächen die Verwaltungsgemeinschaften. Das, was Sie hier aufgeführt haben mit übertragenen Aufgaben von den Gemeinden auf die VG, wird bereits in vielen Verwaltungsgemeinschaften gemacht. Deswegen ist das völlig überflüssig. Womit Sie noch eines draufsetzen, ist, die Mitgliedsgemeinden bekommen 33.280 Euro, wenn sie Aufgaben abgeben. Wenn sie Aufgaben abgibt, kriegt das die Gemeinde, die entlastet wird, und Sie belasten die Verwaltungsgemeinschaft durch die Umlage. Weil sie mehr Aufgaben haben wird, steigt die Umlage logischerweise. Der Denkansatz ist vielleicht gut gemeint und gut gedacht, aber schlecht gemacht.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Es ist ein An- satz!)