Protokoll der Sitzung vom 11.08.2016

Diese Fragen müssen Sie sich gefallen lassen. Diese Fragen muss man auch in diesem Haus stellen.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, deswegen müssen wir die Kultusministerin fragen, die Hüterin dessen, was ihr Fachressort bewertet und aufschreibt: Warum kann die Hüterin der Facharbeit in ihrem Haus nach gründlicher Prüfung plötzlich etwas anderes für Recht befinden, als sie vorher selbst gemeint hat? Man muss diese Fragen stellen, weil eine entscheidende Argumentation aus dem Kultusressort seit gestern und heute Morgen aufgekommen ist, nämlich die – dazu hat Ihr Pressesprecher ausgeführt –, dass eine Güterabwägung stattgefunden hat und man deshalb fragen muss: Wieso ist die Güterabwägung vor dem Anruf des Justizministers anders ausgefallen als nach dem Anruf des Justizministers? Wie war die Staatskanzlei in diese Güterabwägung einbezogen? Welches Rechtsgut ist bei der Güterabwägung hinten heruntergerutscht? Ich will mal ganz klar fragen, die entscheidende Frage, die Sie sich stellen lassen müssen, ist die: Ist bei der Güterabwägung die Anwendung des geltenden Rechts in Thüringen hinten runtergefallen und ist das Persönliche in den Vordergrund getreten? Dieser Frage muss nachgegangen und diese Frage muss beantwortet werden.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Natürlich muss man fragen, ob demnächst alle Prüflinge der BLF auf eine Güterabwägung im Ministerium bestehen können. Trifft das künftig auf alle zu oder war es nur die Ausnahme für wenige? Und die entscheidende Frage, die man stellen muss, ist: Gab es nicht auch die Möglichkeit, diese notwendige Prüfung, die zwingend im Gesetz vorgeschrieben ist, zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, bevor die Versetzung in die nächste Klasse erfolgt ist? Deswegen muss man fragen – der „FOCUS“ hat angekündigt, es soll Weiteres geben –, wir fragen den Minister und die Ministerin:

Was kommt da noch auf uns zu? Deswegen will ich für uns als CDU-Fraktion ganz klar sagen: Wir verlangen volle Transparenz und Aufklärung dieses schulpolitischen Vorgangs. Das sind Sie der Öffentlichkeit schuldig.

(Beifall CDU)

Es darf nicht der Eindruck stehen bleiben, dass alle gleich, aber einige gleicher sind und dass für einige maßgeschneiderte Lösungen neben der Rechtslage gebastelt werden. Die Minister tragen Verantwortung für dieses Land. Der Justizminister trägt insbesondere Verantwortung für Gerechtigkeit und Gleichbehandlung in diesem Land. Sie aber von Rot-Rot-Grün definieren offenbar Gleichbehandlung neu, seitdem Sie in diesem Land Verantwortung tragen!

(Beifall CDU)

Vor genau drei Jahren, am 8. August 2013, hat der damalige Parteivorsitzende und jetzige Justizminister an Christine Lieberknecht einen offenen Brief geschrieben, weil er sich um die Integrität ihres damaligen Amts gesorgt hat.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie ihm nie verzie- hen!)

Es ging um bekannte Sachverhalte. Ich will aus dem offenen Brief des Herrn Lauinger vom 8. August 2013 zitieren.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat denn das mit dem Thema zu tun?)

Sie schreiben: „Es sind gleichwohl entscheidende Fragen für die politische Kultur Thüringens und die Integrität Ihres Amtes.“

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abgeordneter Mohring, wir wissen das!)

Und weiter: „Wir fordern Sie daher auf, stehen Sie zu Ihrem Wort, erklären Sie sich und machen Sie die Aktenvermerke öffentlich, die angeblich bislang [nur] […] dem SPIEGEL vorliegen […].“ Und weiter: „Wir hoffen darauf, dass Sie die noch ausstehenden Fragen zeitnah und nachvollziehbar öffentlich erklären. Nur dann kann die Politik verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.“ Ich will sagen: So ist das, messen Sie sich an Ihren eigenen moralisch aufgestellten Maßstäben und halten Sie das ein, was Sie damals eingefordert haben, heute, wo Sie Verantwortung tragen.

(Beifall CDU)

Nur angenommen, das stimmt alles, was man lesen und hören kann, dann muss man fragen: Was tun Sie eigentlich den Schülern und auch dem einen in Rede stehenden Schüler in besonderer Weise an

und vor allen Dingen den Schülern, die alle die BLF schreiben mussten. Ich will darauf hinweisen: Im Jahr 2015 mussten rund 180 Schüler das 10. Schuljahr wiederholen, weil sie die BLF nicht bestanden haben. Was erklären Sie eigentlich diesen Schülern, die die 10. Klasse wiederholen mussten und die Prüfung zwingend machen mussten, weil sie gesetzlich vorgeschrieben ist, dazu, dass Sie sich eine Ausnahme definiert haben? Diese Erklärung sind Sie der Öffentlichkeit schuldig.

(Beifall CDU)

Was tun Sie eigentlich der Schule und dem Schulamt an, wenn Sie darauf beharren, was Sie als Ihr eigenes persönliches Recht ansehen? Sie scheren sich nicht um die gegenteilige Auffassung der Fachleute. Sie vereiteln die Möglichkeit, einen Fehler im Einklang mit Recht und Gesetz zu korrigieren. Ganz entscheidend: Was tun Sie eigentlich Ihrem Amt an?

Ich habe das zu Beginn gesagt. Wir haben Verständnis für den Vater. Aber er ist eben auch Minister und er ist sogar Justizminister. Wir erwarten von einem Justizminister, dass er zuallererst das Recht dieses Landes wie seinen Augapfel hütet. Aber stattdessen, um eines kleinen Vorteils willen, führt er sich auf wie ein Winkeladvokat. Wir wollen aber keinen Winkeladvokaten als Justizminister, sondern einen, der sich für das Recht in diesem Land ohne Ansehung der Person und ohne Auslegung einsetzt.

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, wir wollen das alles nicht abschließend glauben. Deswegen sind wir bereit, das gesetzte Fragezeichen hinter den veröffentlichten Meldungen auch mitzusetzen. Aber wir verlangen volle Transparenz. Abgesehen davon, dass der inzwischen in Stellungnahmen aus der Landesregierung bestätigte Teil des Vorgangs schon abenteuerlich genug ist, stellt sich auch die Frage, welche Ressourcen aus dem Haus, personeller und sachlicher Art, der zuständige Minister für die Klärung seiner privaten Angelegenheit genutzt hat. Wenn es keine volle Transparenz gibt, weil Sie bei der Aufklärung der Fragen nicht mithelfen werden, dann will ich ankündigen, werden wir die parlamentarischen Instrumente, die uns als Opposition zur Verfügung stehen, vollständig ausschöpfen.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das wollt ihr doch gar nicht!)

Wenn sich feststellen lassen sollte, dass das alles stimmt, dann bleibt Ihnen eigentlich nur noch eine Möglichkeit: Schützen Sie Ihr Amt, indem Sie es abgeben.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das war doch der ganze Sinn deiner Rede!)

Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordneten Wolf, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Eberl von der Evangelischen Schulstiftung, es freut mich, dass auch die freien Schulen bei diesem Thema vertreten sind. Kollege Liebermann vom Beamtenbund, Sie sind auch noch nicht begrüßt worden.

(Unruhe CDU)

Es freut mich ganz besonders, dass Vertreterinnen und Vertreter des Hauptpersonalrats, insbesondere die Vorsitzende, Frau Bärbel Brockmann – Sie werden sie gar nicht kennen, seien Sie doch mal ruhig! –, bei dieser wichtigen Debatte, die wir heute aber nicht zum ersten Mal führen, hier ist.

Ich will auf meinen Vorredner, Herrn Abgeordneten Mohring, eingehen und fragen. Es war zu erwarten, Sie reden nicht zum Thema, schon gleich gar nicht zu Ihrem Antrag.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was mich aber dann doch verwundert hat: Ist es nicht so, Herr Mohring, dass auch ein Vater – wie Sie gesagt haben –, der Schulze oder Meier oder zufälligerweise Lauinger heißt, dass dieser Vater nicht auch die Möglichkeit haben muss, einen Rechtsakt, einen Verwaltungsakt, vom Schulamt für das eigene Kind ausgesprochen, in Frage zu stellen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da rufen die alle in der Staatskanzlei an!)

der einen Tag vor Antritt einer Fahrt für einen Auslandsaufenthalt im Rahmen der Beschulung wieder aufgehoben werden soll? Ist es denn nicht …

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Das arme Kind!)

Ja, das arme Kind, das hier an die Öffentlichkeit gezogen wird, das sehe ich so wie Sie.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ihr solltet euch was schämen!)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bitte doch, die Aufgeregtheit wieder etwas einzudämmen

(Abg. Mohring)

und dem Redner die volle Aufmerksamkeit zu widmen.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ist es denn nicht völlig normal, dass sich Eltern dann sorgen und sich fragen, was sollen wir denn da machen, und dass sie ihre Möglichkeiten nutzen und auch im Ministerium nachfragen?

(Unruhe CDU)

Ich halte das für einen ganz normalen Vorgang, der tagtäglich zu Dutzenden im Ministerium und in den Schulämtern stattfindet. Ich weiß überhaupt nicht, worin jetzt hier die Aufregung bestehen soll.

(Unruhe CDU)