Protokoll der Sitzung vom 24.08.2016

Auch zu Herrn Hoff noch mal: Wenn alle erforderlichen Unterlagen bis zum Montag nächster Woche da sind, dann erübrigt sich natürlich ein Untersuchungsausschuss. Ich will aber auch noch mal ganz klar sagen: Der Untersuchungsausschuss ist ein Minderheitenrecht in diesem Parlament, das uns Abgeordneten zusteht, das ist durch die Regierung nicht zu bewerten und auch nicht abzustreiten.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Es ist aber auch kein Drohinstrument!)

Wenn wir der Auffassung sind, dass nicht alle erforderlichen Unterlagen da sind, dann werden wir dieses Instrument nutzen. Dann sind uns diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Da kommt dann am Ende auch keiner umhin, wenn es einen Untersuchungsausschuss geben muss. Jetzt noch mal zu der Frage, weil Herr Lauinger Fehler eingesteht und das aber auch damit begründet, dass er Schaden vom Kind fernhalten will. Jetzt sage ich mal, ich bin auch Vater und ich bin aber auch Lehrer.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das merkt man nicht!)

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Na klar! So ist es!)

Ich sage Ihnen, Herr Lauinger: Der Fehler ist ganz am Anfang entstanden. Ich lese Ihnen einfach mal ein Grußwort vor, das die Ministerin zur neuen gymnasialen Oberstufe schreibt. Dort sagt die Ministerin, spricht die Eltern alle an: „Mit dem Eintritt in die gymnasiale Oberstufe beginnt die entscheidende Etappe auf dem Weg zum Abitur. Eine aufregende Zeit liegt vor Ihnen.“ Jetzt will ich nur noch erläutern, was die gymnasiale Oberstufe ist. Die gymnasiale Oberstufe in Thüringen dauert drei Jahre. Die Klasse 10 ist sozusagen die Einführungsphase in diese gymnasiale Oberstufe. Dort beginnt die entscheidende Phase zum Abitur. Dort schicken Sie Ihren Sohn für ein Vierteljahr weg, dass er am Unterricht nicht teilnimmt

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ist das Ihr Ernst, Herr Emde, was Sie hier gerade erzählen?)

und dass er dann an der Prüfung nicht teilnimmt? Dort ist der Fehler zuallererst entstanden. Das will ich zumindest aus pädagogischer Sicht hier auch gesagt haben.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Okay, beruhigen Sie sich.

Jetzt noch mal zu dem, was den Minister Lauinger angeht: Herr Minister, ich unterstelle Ihnen, dass Sie von Beginn an vorsätzlich gegen dieses Recht vorgehen wollten. Denn es ist eindeutig, Sie sind Jurist, Sie können die Schulordnung lesen. Ich sage Ihnen auch: Spätestens, als Sie den Kompromissvorschlag, der Ihnen dann vom Ministerium vorgeschlagen wurde, abgelehnt haben, war die Vorsätzlichkeit deutlich bestätigt.

(Beifall CDU)

Deswegen ist unser Antrag mehr als berechtigt.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Doch, Frau Abgeordnete Marx, SPD-Fraktion. Und, wenn ich das richtig gesehen habe, Herr Höcke und Herr Blechschmidt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe

(Abg. Emde)

hier keinen Zettel mit, das habe ich bewusst nicht, denn hier geht es nicht darum, dass man irgendwelche ziselierten Formulierungen vorher irgendwie auswendig gelernt hat oder sich genau überlegt hat, was sagt man jetzt und was sagt man besser nicht. Aber vorab nur eins: Zum Lachen ist hier, glaube ich, niemandem zumute und am Ende lacht auch gar keiner. Das muss ich hier mal so sagen. Denn was hier passiert ist – es ist nicht zum Lachen –, ist natürlich schon eine Sache, bei der auch Fehler passiert sind, und das hat ja der Minister auch eingeräumt. Sie haben angefangen mit dem ziemlich schwerwiegenden Vorwurf, dass ein Minister, jemand der Justizminister ist und auf die Verfassung, das Recht zu achten hat, schon mal sogar den Ursprungsbescheid hätte infrage stellen müssen. Also so weit kann ich nicht gehen. Wenn Sie als Vater, wenn Sie als Mutter einen Antrag an die Schule stellen und da kommt ein Bescheid zurück, dann können Sie auf die Rechtmäßigkeit vertrauen, es sei denn, es wäre offenkundig Quatsch, was da steht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, das ist es nicht. Also ich sage jetzt mal für mich, wenn ich jetzt so einen Bescheid bekommen hätte, hätte ich auch geglaubt, das ist so in Ordnung. Deswegen gibt es in dem Bestand von eigentlich rechtswidrigen Verwaltungsakten dann die Möglichkeit, dem den sogenannten Vertrauensschutz entgegenzuhalten und dann abzuwägen, ist es jetzt angebracht, wenn die Eltern sehr lange – das war hier so – keine andere Rechtsauskunft bekommen haben, einen solchen Verwaltungsakt zurückzunehmen oder muss man da Vertrauensschutz gewähren? Mit dem Vertrauensschutz – das gestehe ich übrigens der Opposition zu –, wird es dann schon ein bisschen schwieriger, wenn sich sozusagen ein juristisch vorgebildeter Mensch wie Herr Lauinger damit beschäftigt. Da ist in der Tat – und das sage ich hier jetzt auch mal ganz offen, das ist aus meiner Sicht schon eine Achillesferse – dieser Anruf oder dieses Kompromissangebot aus der Fachebene des Bildungsministeriums gewesen, wir könnten es jetzt anders machen, der Junge geht zwar in die 11. Klasse, aber holt die Prüfung nach. Da ist die Frage zu stellen: Darf man da als Minister noch auf dem Vertrauensschutz bestehen? Das ist eine wirklich schwierige Frage, das sage ich jetzt hier auch ganz offen. Die muss man dann persönlich mit sich ausmachen. Natürlich haben wir das Problem – das hat Minister Lauinger mittlerweile zugegeben –, dass hier der Vater mit dem Minister durchgegangen ist. Aber, wie gesagt, es geht hier um einen Schüler. Der Vertrauensschutz richtet sich jetzt nicht nur an den Herrn Lauinger oder an seine Frau, sondern es geht um den Vertrauensschutz des Schülers. Dann, denke ich, muss man noch mal genau fragen: Was ist dann in so einem Moment, soll ich dann nicht auch als Vater mit juris

tischer Bildung auf Vertrauensschutz pochen dürfen, wenn es nicht um mich persönlich geht, sondern um meinen Sohn? Über die Frage kann man vielleicht noch mal ganz sachlich, jeder für sich und auch die Zuschauerinnen und Zuschauer nachdenken.

Herr Minister Lauinger hat gesagt, es sind Fehler gemacht worden, die hat er eingestanden. Sie von der CDU wollen aber dennoch heute durch Ihren Antrag eine endgültige Entscheidung getroffen haben – inzwischen auch die AfD – und fordern bereits hier den Rücktritt bzw. die Abberufung des Ministers. Ob dieser Fall das hergibt, ist meines Erachtens eben nicht so eindeutig, wie Sie das hier darstellen. Klar, es ist immer nicht schön und schwierig, wenn ein Minister in der Öffentlichkeit sagt: Ich habe als Privatperson gehandelt. Das geht uns doch allen so. Wenn Sie als Abgeordneter am Wochenende einkaufen gehen und von Ihren Bürgerinnen und Bürgern zu Hause

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Ich gehe nicht als Abgeordnete im Supermarkt einkau- fen!)

im Supermarkt auf politische Angelegenheiten angesprochen werden, dann sind Sie zwar als Privatmann oder Privatfrau gerade am Gemüsestand, aber Sie werden trotzdem als Politiker betrachtet und angesprochen. Deswegen ist es in der Tat schwierig zu sagen: Ich bin als Minister privat unterwegs.

(Beifall CDU)

Ja, das ist so, ich möchte es auch ganz offen sagen. Man ist natürlich auch als Minister immer noch ein Privatmensch und auch ein Vater oder eine Mutter, aber von außen wird man nie so angesehen. Deswegen sage ich Ihnen: Es ist im Grunde jetzt aus meiner Sicht relativ zweitrangig, ob der Minister Lauinger bei seinem ersten Telefonat das Ministertelefon in der Hand hatte oder sein Handy, weil allein durch die Angabe des Namens Dieter Lauinger – so heißen nicht viele Leute in Thüringen – natürlich beim Empfänger dann klar ist: Das ist nicht irgendeiner, das ist – im Zweifel – der Minister. Deswegen sein Hinweis auch, worüber Sie gelacht haben, aber das, fand ich, hat Herr Lauinger gestern sehr überzeugend erklärt, dass er halbdienstlich anruft, dass er nicht in seiner dienstlichen Rolle anruft,

(Unruhe CDU)

sondern auf der anderen Seite jemand dienstlich spricht. Was man jetzt aus dieser Geschichte, die man wirklich nicht als „Sohnemann-Affäre“ bezeichnen sollte, hier lernen kann, das ist dann tatsächlich, dass wir alle in unserem Alltag – das betrifft auch den einzelnen Abgeordneten in seinem Wahlkreis – es wahrscheinlich nie so richtig schaffen werden, dass wir die Rolle des Ministers oder des

Abgeordneten von der Privatfrau oder dem Privatmann trennen können.

Also ich erinnere mich auch als Mutter an harte Auseinandersetzungen mit meinen beiden wilden Töchtern, wenn ich gesagt habe: Wenn ihr mit anderen, die das gern mal machen, am Rosenmontag in Sondershausen, wo dann Fasching gefeiert wird, glaubt, irgendwelche Flaschen kaputtschmeißen zu müssen, das könnt ihr stecken lassen, das geht nicht, weil Ihr unsere Kinder seid, und weil wir – ich und damals auch mein Mann als stellvertretender Bürgermeister – bekannt sind, habt ihr so was zu unterlassen. Darauf haben die Kinder gesagt: Wieso denn, das ist doch ungerecht, was können wir denn dafür, was ihr für einen Job habt?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Darauf habe ich gesagt: Da habt ihr vollkommen recht, aber es ist trotzdem so. Das ist eben das Schwierige. In dem Verhalten, was Sie jetzt von Herrn Lauinger eingefordert haben, dass er sofort hätte sagen müssen: Okay, Mist, das war rechtswidrig, alles zurück auf Anfang, natürlich muss er jetzt sofort die BLF machen – da ist dann dieser Punkt immer wieder drin: Nicht Eltern haften für ihre Kinder, sondern Kinder haften für ihre Eltern. Das ist eine schwierige Abwägung, weil es hier eben nicht um die Rechte von Herrn Lauinger als Vater geht, sondern auch um die Rechte von seinem Sohn. Von daher kann ich menschlich nachvollziehen, was hier passiert ist. Aber es ist als Minister oder als Berufspolitiker sehr schwer, in so einem Fall keine Fehler zu machen. Herr Lauinger hat Fehler gemacht, das hat er eingestanden und er hat hier um Entschuldigung gebeten. Das ist dann doch ein Unterschied in der Kultur.

Wir haben hier in einem anderen Zusammenhang auch über Fehler vergangener Minister geredet und ich habe hier eine Entschuldigung für eine im Parlament erteilte falsche Auskunft erbeten. Die habe ich nicht bekommen, nur mal so am Rande. Also vielleicht ist doch nicht alles so gleich, wie Sie denken. Und wenn Sie sich mit in den Kakao hauen, ist es auch nicht so prickelnd. Also wir haben alle hier jeden Anlass zur Demut und zum ruhigen und nachdenklichen Umgang mit solchen sensiblen Fragen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Abgeordneter Höcke, AfDFraktion, das Wort.

Sehr verehrte Kollegin Rothe-Beinlich, Sie haben – das zeigt mir jedenfalls Ihre Attacke, die Sie gerade auf mich geritten haben – nicht verstanden

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Attacke?)

lassen Sie mich doch mal ausreden! –, Sie haben nicht verstanden, warum ich die Leiterinnen von Kindertagesstätten hier erwähnt habe. Dass Sie es nicht verstanden haben, das wundert mich nicht. Deswegen werde ich es noch mal ganz kurz ausführen. Ich habe die Frau Bildungsministerin Dr. Klaubert als warme und großherzige Frau beschrieben. Das ist sie in meinen Augen tatsächlich ohne Zweifel, aber ich habe auch deutlich gemacht, dass sie in meinen Augen nicht die Eignung hat, Bildungsministerin unseres Landes Thüringen zu sein. Ich habe mich redlich bemüht, eine berufliche Alternative für sie aufzuzeigen und habe den ehrlichen und angesehenen Beruf der Leiterin einer Kindertagesstätte für sie in meinen Gedanken auserkoren. Daran ist nichts Verwerfliches und daran ist nichts Abwertendes, das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen.

(Beifall AfD)

Wenn ich bei Frau Dr. Klaubert beispielsweise handwerkliche Fähigkeiten erkennen könnte, dann hätte ich ihr auch beispielsweise die Ausübung des Schreinerberufs oder eines anderen handwerklichen Berufs empfohlen, das ist nichts Ehrenrühriges. Jeder, der weiß, wie eng mein Kontakt zur Handwerkerschaft in meinem Wahlkreis ist, der kann das auch richtig einordnen. Herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Als Nächster hat Herr Abgeordneter Blechschmidt, Fraktion Die Linke, um das Wort gebeten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, über der Debatte dieses Sonderplenums schweben nach meiner Auffassung zwei Begriffe. Da ist eindeutig die politische Kampagne der CDU, das ist erst mal nichts Verwerfliches, die da lautet: Aufklärung – und jetzt haben wir noch ein neues Wort gehört: absolute Aufklärung. Und die Frage des Amtsmissbrauchs des Justizministers Lauinger. Was die Frage der Aufklärung anbetrifft, werden die, die schon länger hier im Haus als Parlamentarier, gegebenenfalls auch als Mitarbeiter in der Verwaltung tätig sind, mal im Gedächtnis grasen können, wo, so wie es gestern hier stattgefunden hat, es ähnliche Aufklärung seitens der Landesregierung zu Vorgängen, die die Landesregierung gegebenenfalls verursacht hat, gegeben hat. Ich kann mich an

(Abg. Marx)

keine erinnern, die fünf Stunden gedauert hat, die mit der Umfänglichkeit und der Intensität geführt worden ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Demzufolge unterstellt natürlich der Begriff „absolute Aufklärung wollen wir jetzt, wir wollen jetzt alle Unterlagen sehen“ etwas. Das suggeriert doch nur eins, dass das, was gestern abgelaufen, dass das, was bisher gesagt worden ist, dass das, was gegebenenfalls auch in der Entschuldigung vom Minister Lauinger liegt, alles gar nicht wahr ist, sondern dass es da noch etwas gibt. Da gibt es noch eine Akte, da gibt es noch einen Vorgang, da gibt es noch ein Telefonat. Nun kann man – und da knüpfe ich an die Worte von gestern Abend an, die ich am Ende der gemeinsamen Ausschussberatung gesagt habe: Natürlich werden in diesem Prozess auch nach Lesen der entsprechenden Unterlagen, die seitens der Landesregierung zur Verfügung gestellt worden sind, noch die einen oder anderen Fragen auftauchen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber jetzt schon zu suggerieren, das, was abläuft, ist nicht wahr, sondern wir haben eine andere Wahrheit, ist natürlich genau das, was die politische Kampagne trägt und die entsprechende Zielsetzung hat. Die haben wir ja heute auch auf dem Tisch. Auch in einigen Aussagen wird deutlich, warum die Zielrichtung die ist. Keiner hat gestern in der öffentlichen Sitzung gesagt, dass die Schule, die EdithStein-Schule, alleinig verantwortlich für diesen Vorgang ist, sondern es wurde gesagt, dass dort ein Ausgangspunkt der entsprechenden weiteren Vorgehensweise der Verwaltung, aber auch des Vaters Lauinger liegt.

Jetzt gestatten Sie mir bitte, mich doch in spezieller Weise mal so ein wenig der Blickrichtung – und ich erlaube es mir jetzt von dieser Bühne aus – des Schülers Niklas zuzuwenden. Also Niklas, ein Schüler, möchte in Absprache, davon gehe ich aus, mit seinen Eltern circa drei Monate Auslandserfahrung, Sprachtraining im Fach Englisch in Neuseeland im Rahmen des erprobten Schüleraustauschprogramms durchführen. Er besucht dort in den drei Monaten eine seinem hiesigen Gymnasium entsprechende Schule. Dafür braucht er eine Freistellung vom Unterricht an der Thüringer Schule, die er besucht. Er geht zurzeit in die 10. Klasse. In dem Schuljahr muss er eine Prüfung – Besondere Leistungsfeststellung – ablegen. Dies hängt auch mit der Versetzung in die 11. Klasse zusammen. Deshalb muss auch geklärt werden, wie sich der Auslandsaufenthalt gegebenenfalls auf seine weitere Schulbiografie auswirkt. Seine Eltern, so habe ich es zumindest gestern verstanden, wenden sich zur Klärung dieser Fragen – ich sage auch, wie jedes andere Elternpaar es auch tun würde – an die Schule. Nach mehreren Gesprächen, mündlichen und schriftlichen Anträgen sowie einer Entschei