Wenn dem so sein sollte, so bitte ich doch darum, endlich eine Politik im Sinne unserer Wähler zu machen. Lippenbekenntnisse bei direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung brauchen wir nicht. Stimmen Sie unserem Gesetz bitte zu. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs haben meine Kollegin Marx und mein Kollege Adams schon sehr ausführlich auch gerade die juristischen Gegenargumente in der Sache, den Gesetzentwurf betreffend, vorgetragen. Ich glaube, auch der Abgeordnete Scherer für die CDU-Fraktion hat auf die fachliche Unzulänglichkeit dieses Gesetzentwurfs hingewiesen. Und ich hatte sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, gemessen an den Kriterien des Verwaltungsverfahrensrechts, der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung, nämlich den Kriterien des Ziels, der Mittel und der Auswirkungen, dass dieser Gesetzentwurf nicht nur handwerklich schlecht ist, sondern im Wesenskern ein politisch motiviertes Instrument ist, um tatsächliche Grundrechte, die in diesem Land gelten, infrage zu stellen.
Denn in Wahrheit, meine Damen und Herren, hält hier die AfD-Fraktion ein Plakat angeblicher Bürgerbeteiligung in die Höhe und meint im Kern aber das Ziel damit verfolgen zu können, den Bau einer Moschee in Erfurt zu verhindern.
Und seit der ersten Lesung ist hier nicht nur passiert, dass sich möglicherweise der eine oder andere Fachpolitiker den Gesetzentwurf noch einmal angeschaut hat, in der Zwischenzeit ist natürlich auch die Diskussion in diesem Land weitergegangen und in der Zwischenzeit hat auch eine Veranstaltung der AfD hier im Thüringer Landtag, nämlich am 14. Juni, stattgefunden und bei diesem Treffen am 14. Juni auf Einladung der AfD-Fraktion wurde noch einmal sehr deutlich, was die AfD-Fraktion eigentlich von Bürgerbeteiligung hält, nämlich nicht sehr viel.
Da will ich aus diesem Treffen noch einige, tatsächlich aus meiner Sicht auch Highlights der motivierten Bürgerbeteiligung vortragen. Der Abgeordnete Möller präsentierte, nicht ohne mit einem gewissen Stolz auf die besondere Expertise der AfD in diesem Zusammenhang hinzuweisen, einen von der AfD fertiggestellten Antrag zur Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen den Moscheebau in Erfurt. Der Antrag war also bereits vorformuliert und der Abgeordnete Möller zeigte der interessierten Teilnehmerschaft der Veranstaltung noch mal, Ziel sei die Verhinderung eines Moscheebaus und dies könne man am besten dadurch erreichen, dass man bei der Bauleitplanung querschießt – so der Abgeordnete Möller. Er führte gleich aus, im Bürgerbegehren muss ja auch nicht „Moschee“ drinstehen, man müsse es nur den Leuten nach außen kommunizieren. Es geht jedoch darum, dass die Moschee verhindert wird.
Genau das übernehmen wir an dieser Stelle: Es steht zwar möglicherweise irgendwo, an irgendeiner Stelle in diesem Gesetzentwurf „Bürgerbeteiligung“, aber was Sie bei dieser parlamentarischen Beratung genau vermeiden, machen Sie in den Versammlungen auf Ihre Einladung hin deutlich: Es geht Ihnen nicht um die Bürgerbeteiligung, sondern es geht Ihnen um die Durchsetzung Ihrer islamophoben Vorurteile, für die Sie versuchen eine Bürgerschaft zu mobilisieren.
Es ist ja auch nicht so, dass die AfD sich hier nur als Stichwortgeber für die Bürger usw. generiert und sagt, nun wollen wir doch mal schauen, die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land aufgreifen und diese bei der Durchsetzung ih
rer Ziele möglicherweise unterstützen. Nein, der Abgeordnete Möller formulierte am 14. Juni bei der Diskussion mit Bürgerinnen und Bürgern auch noch ein Ultimatum an die Bürgerinnen und Bürger, er sagte nämlich: Wenn sich die Bürgerinitiative nicht bis zum 1. Juli dafür entscheidet, ein Bürgerbegehren einzuleiten, dann wird es die AfD-Fraktion tun.
bei der AfD-Fraktion, die nun glaubt, mit dem Thema „Bürgerbeteiligung“ anderen in diesem Haus etwas vormachen zu können. So ist es dann auch in der Tat gekommen, die AfD hat Anfang Juli das Bürgerbegehren beantragt. Es wurde dann abgelehnt, weil – und das betrifft auch den Kern und das Motiv dieses Gesetzentwurfs – der Antrag, der von der AfD-Fraktion gestellt worden ist, gesetzwidrige Ziele verfolgt. Anstatt in eine neue Diskussion mit Bürgerinnen und Bürgern zu gehen, weil man doch Bürgerbeteiligung ernst nimmt, stellten einfach die Abgeordneten Möller und Herold und – hören Sie gut zu! – eine Anzahl anonymer Antragsteller – ist mir neu, dass es so was im Verwaltungsrecht oder Verfahrensrecht überhaupt gibt – im August einen neuen Antrag. Ich glaube, allein diese Begleitmusik zu dem Gesetzentwurf, der uns heute in zweiter Beratung vorliegt, macht deutlich, was die AfD unter Bürgerbeteiligung tatsächlich versteht: Sie versteht darunter, dass man die Instrumente möglicher Beteiligung im Prinzip instrumentell nutzt, um die eigenen antimuslimischen, islamophoben Einstellungen öffentlich zu transportieren. Dann sage ich Ihnen ehrlich: Wir werden die Instrumentalisierung der Bürgerbeteiligung von derartig ideologischen und insbesondere durch uns abzulehnenden Motiven nicht mitmachen und dem eine klare Absage erteilen.
Meine Damen und Herren, ich will das im Einzelnen nicht ausführen, aber im Kern geht es bei der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung um die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Verfahren, die noch gar nicht begonnen haben. Das ist ein sehr komplexes, juristisch schwer zu fassendes Thema und es gibt sehr viele Ideen, wie man das tatsächlich verbessern kann. Hierher gehört aber eben auch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Beteiligten. Man kann nicht einseitig die Verwaltung, die über das Verfahren, über den Antrag noch gar nicht informiert ist, in die Zwangspflicht bringen, ein Verfahren durchzuführen im Vorgriff auf etwas, was sie möglicherweise noch gar nicht vorliegen oder zur
Kenntnis hat. Wir haben sehr ausführlich gesagt, dass der Gesetzentwurf genau auf dieser Logik aufbauend handwerklich und rechtssystematisch eine Katastrophe ist. Aber, meine Damen und Herren, das kommt eben raus, wenn nicht Juristen die Feder führen, aber möglicherweise Rechtspopulisten das eigentliche Motiv des Antrags diktieren, dann wird nämlich der juristische Sachverstand, wenn beides zusammenfällt, tatsächlich auch verdrängt.
Meine Damen und Herren, ich will abschließend auch noch einmal deutlich machen: Mit dem Ansinnen der AfD-Fraktion in dem vorliegenden Gesetzentwurf – wir werden an anderer Stelle im Rahmen dieses Plenums auf ähnliche Instrumente noch einmal zurückkommen – soll und wird Gesellschaft in diesem Land gespalten. Ich glaube, das tut einer freien und tatsächlich demokratischen Gesellschaft nicht gut, auch nur den Ansatz zu ermöglichen, dass sich eine solche Tendenz verfestigt. Denn Wesensmerkmal gerade von Freiheit und Demokratie ist, dass alle Menschen tatsächlich partizipieren und ihre Meinung einbringen können, und nicht der Zustand, dass eine Partei ihre ideologischen Ziele dahin gehend verfolgt, sie als Meinung, als vorgeblich vorherrschende Volksmeinung durchzusetzen und einem anderen aufzudrücken, und gleichzeitig damit versucht, eine Vielzahl von Mitmenschen in diesem Land zu diskreditieren und zu diskriminieren. Vielen Dank!
Werte Frau Präsidentin, werte Landtagskolleginnen und -kollegen, Herr Rudy hat noch einmal inhaltlich den Gesetzentwurf in Drucksache 6/2139 analog der ersten Beratung, die wir bereits am 11. Mai 2016 hatten, vorgetragen. Wir haben damals keine Ausschussüberweisung vorgenommen und zwischenzeitlich sind keine weiteren Anträge, Überarbeitungen, Änderungsvorschläge zu dieser Drucksache erfolgt, sodass sich der Stand der Dinge seit dem letzten Plenum im Mai nicht verändert hat. Demnach steht nach Ansicht der AfD die zwingende Beteiligung der Öffentlichkeit bei öffentlichen Planungsvorhaben, deren Umfang nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf Anwohner und weitere Bürger der Kommune haben, in ihrem Fokus. Ich hatte das damals auch schon ausgeführt, Herr Rudy, wir haben mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes eine Grundlage in § 25 Abs. 3, der
genau dieses besagt, dass eine frühe öffentliche Beteiligung erfolgen soll, und wenn das nicht möglich ist, in jedem Fall diese Öffentlichkeit beteiligt werden soll. Es steht auch bereits „vor Antragstellung“ drin. Hier hatte die Kollegin Marx letztens sehr ausführlich ausgeführt, wie schwierig das mitunter sein kann, wenn noch nicht einmal konkret klar ist, was, wann, wo, wie geplant ist, da schon ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen, was es im Grunde genommen nicht gibt. Man kann das natürlich machen bei Vorhaben von hoher Brisanz, dass, wenn der Gemeinde das zu Ohren gekommen ist, der Antragsteller entsprechend auch darauf hinwirkt, hier gemeinsam die Öffentlichkeit zu solchen Vorhaben zu informieren. Aber in der Regel ist das nicht der Fall. Wir haben von dieser Bundesregelung in dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes die gleiche Regelung übernommen, also eins zu eins, sodass auch hier unserer Meinung nach keine Änderung in der Landesgesetzgebung notwendig ist.
Sie wissen, es ist hier als Sollvorschrift formuliert und „soll“ ist immer, so wurde es mir gesagt, das kleine Muss. Also es muss umgesetzt werden. Meine Fraktion lehnt Ihren Änderungsvorschlag klar und deutlich ab. Wir wollen diese Einheitlichkeit zwischen Bund und Ländern an dieser Stelle auch nicht untergraben, sondern es hat sich über Jahre bewährt, sodass wir Ihren Antrag hier ablehnen. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dittes, dass man Instrumente der Bürgerbeteiligung nutzt, um politische Ziele zu erreichen, ich glaube, das ist Sinn und Zweck der Sache von Bürgerbeteiligung,
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für die Bürgerbeteiligung, nicht Instrumentalisierung für politische Zwecke!)
das ist überhaupt Sinn und Zweck der Sache der Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung oder auch an Verfahrensakten. Insofern frage ich mich, wo da eigentlich das Problem liegt oder wo Sie das Problem sehen.
Wahrscheinlich ist es das Problem, dass nicht die Eliten entscheiden, sondern entsprechende Entscheidungsvorlagen aus dem Volk heraus gebracht werden. Aber wenn das so ist, Herr Adams, ist das halt Ihr Verständnis.
Entschuldigung, Herr Abgeordneter Möller. Ich bitte wirklich – Abgeordneter Möller hat jetzt das Wort – um Ruhe in diesem Haus.
Danke schön. Der Gesetzentwurf ist allgemein gefasst. Das ist übrigens bei Gesetzentwürfen so üblich. Der ist nicht auf ein bestimmtes Moscheebauvorhaben oder irgendwelche andere Sachen zugeschnitten, sondern er ist auf eine Vielzahl von Bauvorhaben anwendbar, zum Beispiel auch auf energiewirtschaftliche Bauvorhaben wie Windkraftanlagen. Auch da erschließt sich eigentlich sofort der Wert einer entsprechend frühen Bürgerbeteiligung.
Was jetzt Ihre Kritik, Herr Dittes, an der handwerklichen Abfassung unseres Gesetzentwurfs angeht: Na ja, über einzelne Worte hätte man ja reden können. Das wäre überhaupt kein Problem gewesen. Aber wissen Sie, woran es gescheitert ist? Dass Sie permanent die Überweisungen an die Ausschüsse boykottieren.
Und wer die Überweisung von AfD-Gesetzvorlagen an die Ausschüsse permanent boykottiert, dem ist auf der anderen Seite das Argument abgeschnitten, dass diese ganze Abfassung ja in einigen wesentlichen Teilbereichen nicht dem Stand der Technik oder was auch immer entspricht. Das hätte man ändern können. Aber Sie wollen sich nicht mit unseren Argumenten, mit unseren Anträgen auseinandersetzen.
(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie haben keine Argumente, Sie haben nur ras- sistische Vorurteile!)