ob diese Worte einer redlichen Wende im Blick der CDU-Fraktion auf mehr Demokratie entspringen oder ob es eine Doppelzüngigkeit ist.
Das werden wir in Kürze hier im Parlament sehen. Mit großem Respekt schaue ich auf eine Opposition, die – sonst wäre sie ja nicht Opposition – nicht einmal die Mehrheit hinter sich vereinen kann und hier mit großem Mut und Engagement eine Verfassungsänderung vorschlägt, für die man eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Hoher Respekt vor diesem Vorstoß!
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wie viel Prozent hatten Sie? 5 Prozent und dann so eine dicke Backe?!)
Ich weiß nicht, Herr Brandner, ob Sie sich, bevor Sie in den Landtag eingezogen sind, mit Parlamentarismus, parlamentarischen Gepflogenheiten und dem Ablauf in so einem Parlament auseinandergesetzt haben. Ich habe das viele Jahre gemacht,
weil ich viele Jahre darauf hingearbeitet habe, so eine Aufgabe einmal übernehmen zu dürfen. Ich habe bei Ihren Zwischenrufen nicht den Eindruck,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen auch – und da wende ich mich noch einmal den Kollegen der CDU zu –, dass die jetzige Koalition niemals einen solchen Vorstoß von Ihnen abblocken würde, so wie Sie es immer getan hätten.
Wir laden Sie ein zu einem echten Gespräch, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir wollen Gesprächsangebote machen, auch wenn es uns schwerfällt – und das, glaube ich, ist in allen Reden heute hier deutlich geworden –, Ihnen abzukaufen, dass Sie das tatsächlich ernst meinen und dass Sie tatsächlich wollen, dass von dem Augenblick an, an dem wir die Verfassungsänderung vornehmen, auch immer alle dieses Recht haben werden. Das fällt uns im Augenblick noch schwer und es wird die Debatte zeigen.
Aber eines, Herr Mohring, möchte ich Ihnen nach Ihrer Rede auch sehr deutlich sagen: Wer auf die letzten 20 Jahre beim Fortentwickeln von Volksbegehren schaut, die Opposition von damals schmäht und dann noch vor Populismus warnt, der karikiert sich selbst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer eine Verfassungsänderung angeht, muss dies gut bedenken. In dem Zusammenhang darf ich an das Bernhard-Vogel-Zitat erinnern, das Ihren Fraktionsraum ziert. Wir laden Sie dazu ein, genau nach dieser Prämisse vorzugehen, so wie wir es bei jedem Schritt bisher gemacht haben, den Rot-Rot-Grün in Richtung mehr Demokratie auf den Weg gebracht hat: Gut diskutieren, Symposien machen, Menschen fragen, mit den Leuten draußen reden und dann zu einer Entscheidung kommen, wie wir eine solche Verfassungsänderung, wie wir eine weitere Stufe für die direkte Demokratie ermöglichen. Das wollen wir machen. Wir werden eines nicht tun: Wir werden keinen weiteren Placebo platzieren. Das heißt auch – meine Kollegin von der Linken hat das auch schon gesagt –, wer so wie Sie auf dem Finanztabu beharrt und den Leuten versucht zu erzählen, dass man damit tatsächlich die direkte Demokratie stärkt, in der Hoffnung, dass der Verfassungsgerichtshof nahezu jedes Volksbegehren kassieren muss und damit auch jedes fakultative Referendum, der spielt nicht echt. Das werden wir mit Ihnen durchdiskutieren, das werden wir deutlich
Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss ganz klar sein: In dieser Debatte werden wir keinen Populismus zulassen. Wir werden keine Ultimaten zulassen, Frau Tasch,
nur guten parlamentarischen Stil. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Einzige, was uns an dieser Stelle weiterbringt. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, als ich im jugendlichen Alter meine S 51 reparierte, blieben des Öfteren Kleinteile übrig.
Dieser sparsame Verbau von Mopedteilen führte regelmäßig dazu, dass das Teilsystem, das ich versucht habe, zu reparieren, wieder funktionierte, kurz darauf aber ein anderes Teilsystem den Geist aufgab. Mir waren also die Zustände und Zusammenhänge dieser Teilsysteme nicht bekannt oder besser gesagt, mir war die Komplexität des Gesamtsystems eines Motors überhaupt nicht präsent. Übertragen auf die aktuelle Debatte frage ich mich, ob es bei einem fakultativen Referendum nicht auch wichtig wäre, dass der abstimmende Bürger die Fähigkeit besitzt, die Verzahnung eines zur Debatte stehenden Gesetzes mit anderen Regelungen – oder hier Teilsystemen – zu erkennen.
Nach dem Brexit bin ich überzeugt, dass sich die Bürger grundsätzlich souveräner fühlen, wenn sie einschätzen können, welche Räder sich in welche Richtung drehen, wenn dieses oder jenes Gesetz verabschiedet oder eben durch einen Volksentscheid gekippt wird.
Nur zur Erinnerung: Wissen Sie, was die Wähler im Vereinigten Königreich nach Schließung der Wahllokale am meisten googelten? Suchbegriff Nummer eins: Was bedeutet es, die EU zu verlassen? Suchbegriff Nummer zwei: Was ist die EU? Was lernen wir daraus? Nun ja, dass eine formale Bürgerbeteiligung – hier ein fakultatives Referendum – auch dazu geeignet ist, den nachfolgenden Generationen einen Scherbenhaufen zu hinterlassen,
weil einfache Antworten auf die Funktionsweise eines komplexen Gesamtsystems in der Regel durch Populisten besser transportiert werden.
Sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene scheint es, dass alle Thüringer Parteien die formale Bürgerbeteiligung als politisches Ziel erkannt haben, und das, obwohl wir alle wissen, dass das Kind schon längst in den Brunnen gefallen ist, wenn es formal wird. Was wir meiner Meinung nach am dringendsten brauchen – aber das lässt sich natürlich nicht so gut medial verkaufen wie ein Gesetz zur Stärkung der Demokratie –, ist eine Stärkung des allgemeinen politischen Interesses und Verständnisses. Das heißt, auch am Abendbrottisch muss wieder mehr über Politik gesprochen werden, anstatt vom Dschungelcamp. Dieses politische Verständnis erreicht man am ehesten über qualitativ hochwertige und zielgruppenorientierte Entscheidungs- und Informationsgrundlagen in Verbindung mit der informellen Bürgerbeteiligung im unmittelbaren Umfeld des Wählers.
Wer also meint, dass ein Bürger seine unmittelbare Betroffenheit von Windkraftanlagen anhand einer Papierkarte anstatt von einem 3D-Modell ableiten kann, der entfernt sich zunehmend von dem Ziel der Bürgerbeteiligung, nämlich individuelle Betroffenheiten frühzeitig zu erkennen, um tragfähige Lösungen zur Vermeidung negativer Auswirkungen zu entwickeln. Wer meint, es reiche aus, Haushaltspläne als PDF-Dokument im Internet zur Verfügung zu stellen, der verkennt die Realität. Kein Bürger liest 100 oder Tausende Seiten Haushaltspläne. Warum werden hierfür nicht computergestützte Werkzeuge wie „wheredoesmymoneygo.org“ oder „bern.budget.opendata.ch“ nachgenutzt, mit denen ganz einfach komplexe haushalterische Sachverhalte auch für Laien erklärt werden können?
Zur Aktivierung des politischen Interesses der Thüringer Wählerschaft eignet sich idealerweise die informelle, verbindliche und vor allem anerkennende Bürgerbeteiligung auf der kommunalen Ebene. Genau hier bedarf es einer Kooperation des Engagements und der Koproduktion der Einwohnerschaft mit Politik und Verwaltung. Ich möchte damit sagen, dass es unser Ziel sein muss, formelle Verfahren zu vermeiden und stattdessen frühzeitig mit der Bürgerschaft auf kooperativer Ebene und auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.
Liebe Kollegen, die Bereitstellung zielgruppenorientierter Informations- und Entscheidungsgrundlagen ist nicht nur Aufgabe der Politik, sondern auch die der Medienvertreter. Schließlich ist es Aufgabe der Medien, die Öffentlichkeit zu informieren, auch über komplexe Zusammenhänge und das in einer einfa
chen und verständlichen Art und Weise. Insofern müssen sich die Medienvertreter aktuell selbst hinterfragen, inwieweit ihre Art von Journalismus noch zeitgemäß ist und welche Rolle der Datenjournalismus in Thüringen zukünftig spielen wird. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, wir haben vorhin einleitende Worte von Herrn Mohring gehört, die mich noch mal ans Pult rufen, weil ich mich sehr gewundert habe, warum Herr Mohring hier vorn nicht nach und nach immer roter geworden ist. Es ist uns unbegreiflich, wie man als CDU, als selbsternannte Noch-Volkspartei, jahrzehntelang das eine erzählen kann und sich dann innerhalb von wenigen Wochen um 180 Grad dreht und das Gegenteil von dem behauptet, was man immer wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat. Es ist wenige Wochen her, der Kollege Kießling hat darauf hingewiesen, dass Herr Scherer hier noch Volksabstimmungen als kommunistisches Teufelszeug verunglimpft hat, keine kommunistischen Volksdemokratien haben wollte, die er damit in Verbindung brachte, wenn Volksabstimmungen möglich werden. Herr Fiedler sprach von blankem Populismus. Rückblickend war das wahrscheinlich ein Lob für uns, Herr Fiedler, was Sie da gemeint haben. Und plötzlich stellt sich Herr Mohring hier hin und tut so, als hätte die CDU das Konstrukt der Volksabstimmungen erfunden. Meine Damen und Herren, der Wähler draußen wird das merken. Der Wähler draußen mag das Original und das wird er am Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern ganz klar durch sein Wahlverhalten verdeutlichen. Das Original ist die AfD.
Im AfD-Grundsatzprogramm, Herr Mohring, ich habe darauf schon mal hingewiesen, im AfD-Grundsatzprogramm vom 1. Mai 2016 – das ist noch gar nicht so alt – da steht an ganz prominenter Stelle, ganz vorn unter Punkt 1.1: dem Volk soll das Recht gegeben werden, über vom Parlament beschlossene Gesetze abzustimmen. Das ist ein Markenkern der AfD, den es inzwischen seit einigen Monaten gibt.
Nachdem Sie wahrscheinlich etwas länger gebraucht haben, das AfD-Grundsatzprogramm überhaupt angefangen haben zu lesen – das steht ja am Anfang –, haben Sie gemerkt, Mensch, das ist ja eine Bombenidee, da versuchen wir mal, der AfD die Butter vom Brot zu nehmen, und kommen jetzt als billige Kopie unseres Grundsatzprogramms da
Warum macht die CDU das? Die CDU ist personell und programmatisch verbraucht und ausgelutscht. Die CDU regiert in wechselnden Koalitionen mit wechselnden Mehrheiten in allen Bundesländern seit 70 – gefühlt seit 170 – Jahren, sage ich Ihnen mal. Da ist nichts Neues. Jetzt kommt eine neue Partei, die auf den Plan tritt, nämlich die AfD, und die hat gute Ideen, die hat sehr gute Ideen – lesen Sie sich das Grundsatzprogramm durch! – und dann geht natürlich nichts schneller, als das sofort zu verwursten und so zu tun: Mensch, das übernehmen wir mal und da tun wir so, als wenn wir das erfunden hätten.
Und wer macht dabei mit? Das gesamte Altmedienkartell macht dabei natürlich auch mit. Unsere, Herr Kollege Kießling hat auch darauf hingewiesen, Anträge, hier mehr Demokratie einzuführen – zwei oder drei haben wir schon eingebracht –, wurden von den Altparteimedien verschwiegen. Nichts zu finden in der Presse, gar nichts.
Und plötzlich, ein Jubel geht durch die Medienlandschaft: Die CDU bekennt sich zur Basisdemokratie. Die CDU hat Bombenideen. Flankiert wird das wunderbar durch die Medien, die Sie unter Kontrolle haben, aber das merken die Leute draußen natürlich auch. Die wissen das Original von der billigen Kopie zu unterscheiden. Sie werden damit hier in Thüringen, Herr Mohring, keinen Blumentopf gewinnen. Auch wenn Sie nicht rot werden, wenn Sie hier vorn lügen.