Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wolf, für die Bezeichnung von Herrn Brandner als „Schwätzer“ erteile ich Ihnen eine Rüge. Wir haben uns hier – und ich will den Hinweis einfach noch mal geben – dazu verpflichtet, uns gegenseitig als Abgeordnete nicht herabzuwürdigen. Als Nächster erhält Abgeordneter Kowalleck das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Besucher, zunächst einmal muss man feststellen: Frau Abgeordnete Muhsal hat den Gesetzentwurf der AfD eingebracht. Ich denke, da gehört es auch zum guten Ton in diesem Haus, dass man dann anwesend ist und die Debatte verfolgt. Das macht sie leider nicht.
Meine Damen und Herren, zu den Ausführungen des Abgeordneten Wolf möchte ich nur sagen: Wir als CDU stehen für verschiedene Lebensmodelle.
Ich bin ein bekennender Fan des Kindergartens, muss aber auch sagen, es gibt natürlich auch andere Formen der Erziehung. Wenn Eltern sagen, wir möchten unser Kind länger zu Hause bei uns im Familienverbund haben, dann muss man das akzeptieren. Das sollten wir auch ganz klar hier an dieser Stelle sagen.
Am Montag war ich gemeinsam mit der Thüringer Sozialministerin und meinem Landtagskollegen Herbert Wirkner in Bad Blankenburg zum Sportfest der Eisenbahner mit Behinderung. Wer Bad Blankenburg besucht und dort bei der einen oder anderen Veranstaltung ist und den Bürgermeister erlebt, der kann bestätigen, dass auch hier immer vonseiten der Stadt der Hinweis auf das Erbe von Friedrich Fröbel kommt, das Erbe, das wir als Land Thüringen hegen und pflegen müssen. Der Erfinder des Kindergartens ist gerade in unserer Region Saalfeld-Rudolstadt allgegenwärtig.
Das ist für uns als Thüringer Landtag Verantwortung und mit dem novellierten Kindergartengesetz haben die Fraktionen des Landtags in der vergangenen Legislaturperiode im Jahr 2010 auch neue Standards für den Kindergarten geschaffen. Es gilt, diese Standards dauerhaft halten zu können. Das ist mitunter ein Kraftakt. Ich erinnere da auch an die Diskussionen, die wir mit den Kommunen haben. Im aktuellen § 20 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes werden sozial verträgliche Elternbeiträge ermöglicht. Die meisten Kommunen staffeln auch mit der derzeitigen Regelung genau in diesem Sinne. Man muss aber sagen – Herr Abgeordneter Wolf hat auch Beispiele genannt –, die Kommunen handeln da unterschiedlich. Dass einige Kommunen nicht die Anzahl aller kindergeldberechtigten Kinder einbeziehen, sondern die Anzahl der Geschwisterkinder, die gerade eine Kindertageseinrichtung besuchen, oder nur nach Einkommen staffeln, entspricht der kommunalen Selbstverwaltung.
Die AfD hat in ihrem Antrag diese unterschiedlichen kommunalen Satzungen erwähnt, mitunter sind auch Nachbargemeinden unterschiedlicher Auffassung und haben unterschiedliche Regelungen getroffen. Das weiß ich auch aus meinem Bereich in Saalfeld-Rudolstadt. Aber das ist die kommunale Selbstverwaltung, die auch von der AfD akzeptiert und respektiert werden sollte.
Wenn Sie hier eine zentrale Regelung wollen, dann müssen Sie auch mal hinausgehen und mit den Kommunen sprechen und sich informieren, warum bestimmte Regelungen so in den Satzungen stehen. Sie müssen ebenso sagen, wie Sie Neuregelungen finanziell absichern wollen. Es reicht nicht, zu sagen: „Es können Kosten entstehen, die sich durch gegebenenfalls notwendige Satzungsänderungen ergeben.“ – so in Ihrem Gesetzentwurf. Da machen Sie es sich zu einfach. Unter „C. Alternativen“ schreibt die AfD: „Neben der Beibehaltung der bisherigen Regelung besteht die Möglichkeit der Abschaffung der Elternbeiträge.“ Auch bei der Forderung nach kostenlosen Kindergärten müssen Sie sagen, wie und woher das Geld kommen soll. Bei dem Thema gehe ich auch gern noch mal auf den Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün ein. Hier heißt es: „Die Koalition ist sich einig, das erste Kita-Jahr unter Beachtung der Wahlfreiheit der Eltern beitragsfrei zu stellen und die hierfür notwendigen Regelungen mit den kommunalen Spitzenverbänden, der Thüringer Landeselternvertretung und den Gewerkschaften abzustimmen.“ Weiter heißt es: „Das Thüringer Landeserziehungsgeld wird abgeschafft. Die dadurch frei werdenden Mittel werden für die kostenfreie Kita-Betreuung und in die Sicherung der Qualität in den Kindertagesstätten reinvestiert.“
Für den Wähler stellt sich hier die Frage: Warum machen Sie an dieser Stelle nur Versprechungen, die Sie nicht halten? Herr Wolf hat jetzt wieder an dieser Stelle nur vage über dieses Thema geredet, aber eines steht fest: Die Koalition zieht den Eltern mit der Abschaffung des Landeserziehungsgelds jedes Jahr 19 Millionen Euro aus der Tasche. Die versprochenen Gegenleistungen – ich habe den Koalitionsvertrag zitiert – lassen auf sich warten. Und wann sie kommen, ist völlig offen. Es ist schon zu hinterfragen, inwieweit Rot-Rot-Grün sein Versprechen an dieser Stelle erfüllen kann. Dazu wurde innerhalb der Koalition noch diskutiert, welches Kindergartenjahr nun beitragsfrei werden soll, obwohl Sie eine klare Regelung im Koalitionsvertrag haben. Die Grünen hatten ja auch ihre entsprechenden Wortmeldungen, wo sie den gesamten Passus infrage stellen und gesagt haben, sie können es ja an dieser Stelle noch einmal deutlich machen,
aber ich erinnere hier auch an das Interview Ihres Vorsitzenden Herrn Wernicke und Herr Adams hatte sich auch schon zu diesem Punkt geäußert und seine Zweifel deutlich gemacht. Da sehen wir innerhalb der Koalition durchaus unterschiedliche Auffassungen. Das Schlimme bei der ganzen Sache ist: Sie haben 2014 Ihr Wahlversprechen gemacht, haben Ihren Koalitionsvertrag unterzeichnet und die Eltern, die Ihnen vertraut haben, die Sie gewählt haben, deren Kinder am Ende zu der Zeit im Kindergarten waren, die können das dann gar nicht mehr nutzen, weil nach Ihrer Aussage dieses beitragsfreie Kindergartenjahr so weit nach hinten geschoben werden soll wie möglich. Am Ende müssen es dann nachfolgende Regierungen ausbaden, so wie Sie das dann im Landeshaushalt darstellen. Darüber muss noch diskutiert werden.
Da es vor allem in Erfurt immer wieder Proteste gegen zu hohe Kindergartengebühren bzw. beabsichtigte Erhöhungen von Gebühren gibt, sollte sich gerade hier auch die Koalition und insbesondere der Koalitionspartner SPD angesprochen fühlen. Treten Sie lieber für eine Familienfreundlichkeit der Kindergartengebühren im Sinne des § 20 ein, statt Versprechungen zu machen, wie eine komplette Gebührenfreiheit in den nächsten Jahren in Aussicht zu stellen.
Beim Einstieg in die Gebührenfreiheit, wie es von den regierungstragenden Fraktionen gewollt ist, stellt sich in erster Linie die Frage nach der Finanzierbarkeit. Dazu habe ich an dieser Stelle auch noch nichts Konkretes gehört. Es wäre gut, wenn das heute noch erfolgen könnte. Die Abschaffung – das habe ich gesagt – des Landeserziehungsgelds brachte etwa 19 Millionen Euro, die Einnahmen durch Elternbeiträge belaufen sich derzeit auf knapp 90 Millionen Euro. Sie müssen an dieser Stelle auch ganz klar sagen, wie Sie den Ausfall dieser Einnahmen kompensieren wollen.
Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion sind familienfreundliche und sozial verträgliche Elternbeiträge ein wichtiger Baustein, um die hohe Qualität in unseren Einrichtungen zu sichern. Dies wird mit dem jetzigen § 20 des Kindergartengesetzes und der darin enthaltenen sozialen Staffelung weitgehend erreicht. Insofern sehen wir keine Notwendigkeit für die Änderung dieses Paragrafen. Danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Die AfD hat hier einen Gesetzentwurf vorgelegt oder besser gesagt die Änderung zum Kindertagesstättengesetz, die sich allein auf zwei kleine Punkte bezieht. Das ist hier auch schon ausgeführt worden. Es geht zum einen um die Berücksichtigung der tatsächlichen Einkommen von Eltern und zum Zweiten um die Anzahl der Kinder.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns als rot-rot-grüner Koalition und Fraktionen, die diese Koalition tragen, geht es aber um sehr viel mehr. Uns geht es um bestmögliche Bedingungen für alle Kinder, und zwar selbstverständlich, lieber Herr Kowalleck, unter Berücksichtigung der Wahlfreiheit. Auch das ist für uns wichtig. Niemand will Eltern vorschreiben, wie sie ihre Kinder erziehen.
Liebe Frau Tasch, hören Sie mir doch erst einmal zu! Sie sind heute groß in Zwischenrufen, hier vorn habe ich Sie noch nicht erlebt. Wir wollen niemandem vorschreiben, wie er oder sie die Kinder erzieht. Wir wollen aber bestmögliche Bedingungen für beispielsweise auch die Kindertagesstätten schaffen, weil sie für uns ganz klar die erste Säule im Bildungssystem sind und auch zum Bildungssystem dazugehören.
Wir alle wissen: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Auch Eltern bringen Ihren Kindern tagtäglich viel bei. Übrigens auch, wenn Eltern sich entscheiden, neben der eigenen Erziehung eine Kindertagesstätte in Anspruch zu nehmen. Ich habe noch nie etwas davon gehalten, elterliche Erziehung gegen die Erziehung in Kindertagesstätten auszuspielen. Es geht um ein gutes, um ein gelingendes und ein vertrauensvolles Miteinander, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Für uns ist in den Kindertagesstätten die Frage der Qualität ganz entscheidend. Qualität ist das A und O und diese spiegelt sich beispielsweise im Fachkräftegebot. Da muss ich die CDU leider daran erinnern, dass wir in der letzten Legislatur hier eine sehr unschöne Debatte hatten – manch einer wird sich erinnern. Diese wurde vom damaligen Finanzminister Dr. Voß ausgelöst, der vorgeschlagen hatte, doch mal eben ein Drittel der Erzieherinnen durch Sozialassistenten/Sozialassistentinnen zu ersetzen. Das haben wir abgewehrt.
Das ist nicht falsch, das ist die Realität. Genau das ist vorgeschlagen, ist in die Debatte gebracht worden von Herrn Dr. Voß. Lesen Sie doch die Debatten, natürlich stimmt es.
Ja, wo stimmt es denn nicht? Herr Dr. Voß hatte genau diesen Vorschlag gemacht. Wir haben gesagt, wir werden am Fachkräftegebot nicht rütteln. Wir haben uns dann glücklicherweise hier im Landtag – das hat Herr Kowalleck völlig richtig erwähnt – 2010 in einer – wie es der damalige Minister Matschie beschrieb – „Sternstunde“ auf ein gemeinsames Kita-Gesetz verständigt. Allerdings kam das nicht mal eben von ungefähr – dass Frau Tasch dagegen gestimmt hat, scheint ihr besonders wichtig zu sein, das kann sie ja nachher noch mal begründen. Dieses Kita-Gesetz nämlich war nicht allein von den Fraktionen im Thüringer Landtag erarbeitet worden, sondern gemeinsam mit ganz vielen Eltern, mit dem Thüringer Landeselternverband Kindertagesstätten, mit denen, die sich tagtäglich um die Erziehung der Kinder bemühen. Dafür noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an dieser Stelle.
Jetzt reden wir aber über den Vorschlag der AfD und was dieser so beinhaltet. Dieser beinhaltet tatsächlich, ausschließlich die Anzahl der Kinder und das Einkommen zur Grundlage zu machen. Da hat Herr Kowalleck völlig richtig ausgeführt – wie im Übrigen auch schon mein Kollege Torsten Wolf –, dass es für diese Problematik eine kommunale Hoheit gibt. Es gibt die kommunale Selbstverwaltung und der eine oder die andere in diesem Raum hier ist ja auch selbst kommunale Abgeordnete, Stadträtin oder auch in Kreistagen oder Kreisräten.
Da muss ich zur AfD, die ja immer gern alles besser weiß und uns hier belehren will, sagen: Auch die AfD hat eine Stadträtin in Erfurt.
Diese wird allerdings so gut wie nie gesehen. Frau Herold ist so gut wie nie anwesend bei den Stadtratssitzungen, nicht dass wir sie da vermissen. Aber Fakt ist: Sie bringt sich dort auch nicht ein. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass Sie sich überhaupt nicht für das interessieren, was tatsächlich auf welcher Ebene geschieht, denn dort, wo Sie mitsprechen könnten, tun Sie es nicht.
Sie ziehen hier Schaufensteranträge hoch, Sie wollen hier ein Lob auf Mehrkindfamilien singen, die wir selbstverständlich auch schätzen und unterstützen wollen. Aber so einseitig und ideologisch funktioniert das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn wir mal in die Praxis der Thüringer Kommunen schauen, dann stellen wir fest, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Thüringer Kommunen nach Einkommen und Kinderzahl staffeln. Für die anderen 80 Prozent der Thüringer Kommunen, die bisher vor allem nach Kinderzahl und Betreuungsumfang staffeln – was ja auch entscheidend ist, wie viele Stunden ein Kind eine Betreuung in Anspruch nimmt –, würde dies eine ziemlich aufwendige Umstellung bedeuten und vor allem auch einen höheren Verwaltungsaufwand. Was wird die Folge sein? Was ist die Folge? Steigende Kita-Gebühren werden beispielsweise die Folge sein. Das können wir so nicht wollen. Die Einkommensnachweise müssten nämlich dann wieder regelmäßig geprüft werden, dafür braucht es mehr Personal. Jede und jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt hat, weiß das auch. Das alles sind auch Gründe, warum sich beispielsweise die kommunalen Spitzenverbände und die LIGA sehr bewusst gegen eine solche Regelung aussprechen. Auch das muss man mit bedenken.
Sie haben vorhin aus unserem Koalitionsvertrag zitiert. Im Koalitionsvertrag steht, dass wir nicht irgendetwas verordnen wollen, sondern dass wir gemeinsam mit denjenigen, die Kitas betreiben, dort arbeiten und die Kitas nutzen, das Gesetz reformieren. Das tun wir ja auch gerade. Wir werden also demnächst einen Gesetzentwurf vorlegen, der sich sehr umfangreich noch einmal mit Verbesserungen in den Kitas befasst. Sie kennen mich ja, ich drücke mich nicht um Debatten. Schade, dass Herr Kowalleck jetzt gar nicht mehr da ist.
Doch, er ist noch da. Schön. Er spricht mit dem ehemaligen Koalitionspartner – ja, der Vergangenheit trauern manche nach, andere schauen lieber nach vorn, Herr Kowalleck.