delegierte Macht eingeschränkt werden soll und niemals gelten soll, wenn es sich um Verfassungsänderungen handelt, für eine solche Zurückdelegierung sehen wir keine Veranlassung und keinen Grund.
Sie haben dann wieder mal wohlfeil – denn das macht sich ja immer gut – natürlich die Altparteien in Gänze beschimpft und auf diese angebliche, nicht öffentlich verhandelte Trickserei zur Indexierung der Abgeordnetendiäten abgehoben. Ich möchte auch für die Bürgerinnen und Bürger, die uns hier oben zuhören, noch einmal sagen, dass die Diäten der Landtagsabgeordneten im Thüringer Landtag nicht qua willkürlichem Gesetz immer mal wieder erhöht werden, sondern dass man einfach mal gesagt hat,
wir koppeln das an die allgemeine Einkommensentwicklung und Abgeordnete kriegen deswegen nicht mehr, aber auch nicht weniger, als allgemein die Einkommensentwicklung ist. Das ist eine vernünftige Entscheidung gewesen, dazu stehe ich bis heute
und die ist auch vorbildlich für viele andere Parlamente und auch der Bundesgesetzgeber macht sich dazu Gedanken und selbstverständlich gab es damals auch eine öffentliche Debatte darüber.
Also man kann der repräsentativen Demokratie hier nicht so pauschal das Misstrauen aussprechen, wie Sie das mit Ihrem Antrag machen. Wir leben in einer repräsentativen Demokratie, die Bürgerinnen und Bürger sollen immer das Recht haben, sich die Sachen auf den Tisch zurückzuholen – darüber haben wir im Tagesordnungspunkt 8 diskutiert –, wenn sie das möchten. Aber dass Sie von vornherein das Parlament entmachten wollen und sagen, Verfassungsänderungen gibt es hier im Parlament gar nicht mehr, dafür sehen wir keine Veranlassung.
(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie haben es nicht verstanden! Ich kann es Ihnen gleich noch mal erklären!)
Doch, ich habe es verstanden. Sie haben gesagt, die Altparteien, das ist alles Mist, das ist alles hier nicht öffentlich, die mauscheln irgendwas aus und schmieren dann auch noch in der Verfassung rum und deswegen müssen die Bürgerinnen und Bürger so etwas zwingend immer selbst entscheiden und das Parlament darf das nicht. Für eine solche pauschale Misstrauenserklärung gibt es keine Veranlassung. Wir werden uns gemeinsam, wie gesagt, mit den anderen Parteien hier zusammensetzen und schauen, wie wir die Verfassung modernisieren können,
sodass es leichter ist, als das vorher der Fall war, sich als Bürgerinnen und Bürger Dinge auf den Tisch zu holen. Dafür haben wir uns in dem Bündnis für mehr Demokratie schon jahrelang eingesetzt – das habe ich bereits gesagt –, um entsprechende Quoren abzusenken, um entsprechende Hürden zu erweitern. Zur besseren Information der Bürger werden wir ein Transparenzgesetz vorlegen, das die Rechte auf Beteiligung und Einsichtnahme nicht nur in Gesetzgebungsvorgänge, sondern überhaupt in Behördenarbeit erweitert und damit macht eine repräsentative Demokratie einen Sinn. Wir sind auch in Thüringen, obwohl wir ein kleines Land sind, ein Volk von 2 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, wir können uns nicht wie früher unter der Dorflinde treffen und alles qua Urabstimmung regeln. Deswegen gibt es die repräsentative Demokratie – mal kurz zusammengefasst.
Wenn die Bürgerinnern und Bürger sagen, wir wollen eine Sache selbst entscheiden, dann können sie sich das hinholen, aber dass man von vornherein diesen Bereich aus der Verfügungsgewalt des Parlaments herausnimmt, ich sagte es bereits mehrfach, dafür gibt es keinen Grund und keinen Anlass. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, das von der AfD eingebrachte Gesetz – jetzt hören Sie zu – ist der offensichtliche Versuch, als Trittbrettfahrer auf unsere Initiative zur Einführung fakultativer Referenden aufzuspringen.
Haben Sie es gehört, Herr Brandner? Wir haben am 23.06.2016 den Antrag zur Verwirklichung fakultativer Referenden bei durch den Landtag beschlossenen Gesetzen eingebracht, als Grundstein für die Erweiterung der Bürgerbeteiligung bei allen beschlossenen Gesetzen des Landtags.
Der Politikwissenschaftler Werner Patzelt hat hierzu in einem Beitrag in der TLZ herausgestellt, dass nur
die von unten nach oben herbeigeführten Referenden einschließlich fakultativer, gesetzesaufhebender Referenden wirklich zu mehr Demokratie führen und eben gerade nicht der umgekehrte Weg, Herr Brandner.
Im Gegensatz dazu stehen Referenden, die von politischen Amtsträgern von oben nach unten veranlasst werden, denn durch solche Volksabstimmungen schiebt die Politik die Verantwortung für die Folgen weichenstellender Entscheidungen auf das Volk ab.
So weit dazu, dass die von uns als CDU-Fraktion initiierte fakultative Volksbefragung nach der Verabschiedung eines Gesetzes tatsächlich zu einem Mehr an Demokratie führt. Der Gesetzentwurf der AfD weicht jedoch vom Prinzip eines fakultativen Referendums ab, indem er bei einer Verfassungsänderung ein obligatorisches Referendum vorsieht. Es ist dabei aus unserer Sicht aber zu berücksichtigen, dass – von der krassen Ausnahme einmal abgesehen, dass die regierungstragende Mehrheit im Landtag über zwei Drittel verfügt – es in der Regel so ist, dass eine Verfassungsänderung ohne Mitwirkung der Opposition nicht möglich ist, also die Verfassungsänderung eines breiten parlamentarischen Konsenses bedarf. Schon von daher kann bezweifelt werden, ob es tatsächlich ein Erfordernis gibt, zusätzlich ein Referendum vorzusehen und das auch noch obligatorisch, denn diese Konstellation ist eine gänzlich andere als bei der einfachgesetzlichen Abstimmung im Landtag, bei der eben regelmäßig die regierungstragenden Fraktionen – oder man kann auch sagen, die Regierung – ihre Auffassung gegen die Opposition durchsetzen können. Zudem sollte die Realität der letzten 25 Jahre nicht außer Betracht bleiben. Verfassungsänderungen in Thüringen hatten jeweils gerade die Bürgerbeteiligung fördernde Regelungen gebracht, meines Wissens aber keine Regelungen, welche irgendwelche Bürgerrechte eingeschränkt hätten.
Von daher muss man natürlich auch die Frage stellen: Führt das vorgesehene obligatorische Referendum tatsächlich zu einer von der AfD behaupteten Kontrolle staatlicher Machtausübung oder ist es nur den Buchstaben nach eine Stärkung von Bürgerbeteiligung? Das sind Fragen, die komplex sind und noch keine Antwort darauf geben, ob es etwa auch einen sinnvollen Mittelweg zum Beispiel durch fakultative Referenden auch im Verfassungsbereich
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich werde heute das Gefühl nicht los, dass wir über Gesetzesvorlagen oder -initiativen der AfD reden, die irgendwie mit Zwang und Diktatur zu tun haben. Wir wollen dort Menschen eine Kleidungsvorschrift auferlegen und hier wollen wir Menschen zwingen, ständig über alles und jeden abstimmen zu müssen. Es ist wirklich Zwang und Diktat. Ich weiß nicht, in welcher Demokratie oder in welcher Staatsform Sie leben wollen.
Das hat mit Demokratie nichts zu tun. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfehlt die AfD nach Ansicht der Linke-Fraktion im populistischen Übereifer das Ziel der Stärkung der direkten Demokratie. Mit der gewählten Ausgestaltung werden die direkte Demokratie und die Demokratie überhaupt sogar ein Stück weit geschwächt. Die AfD will, dass zukünftig alle Verfassungsänderungen durch Volksentscheid bestätigt werden müssen, um überhaupt wirksam zu werden. Damit ist faktisch eine Art genereller Abstimmungszwang für solche Verfassungsänderungen eingeführt. Will man solche Zwangselemente in die Demokratie einführen, muss man sich sehr gut überlegen, ob diese weitreichende Festlegung sinnvoll und notwendig ist.
Zu bedenken ist aber, im Vergleich zu einem zwingenden Referendum – wie es die AfD will – gibt das Modell des fakultativen Referendums den Bürgern mehr demokratische Selbstbestimmung. Denn beim Fakultativmodell signalisieren die Bürgerinnen und Bürger selbst, ob sie, bezogen auf eine bestimmte Verfassungsänderung, überhaupt die Notwendigkeit einer besonderen zusätzlichen Bestätigung dieser Verfassungsänderung durch die Stimmberechtigten sehen. Dieses Fakultativreferendum lässt sich auch auf Gesetzentwürfe anwenden, die Verfassungsänderungen enthalten.
Nach Ansicht unserer Fraktion sollte sich der Landtag für die Fortentwicklung der direkten Demokratie durch Referendum auf das Fakultativmodell konzentrieren und, wie schon zu einem anderen TOP gesagt, das möglichst ohne Finanztabu und Abgabenvorbehalt. Der Verzicht auf Finanztabu und Abgabenvorbehalt beim Referendum, auch beim fakultativen, ist wichtig, damit erstens die Bürgerinnen und Bürger bei möglichst vielen Sachthemen
wirkliche Entscheidungsbefugnisse haben, denn diese derzeit in Thüringen bestehenden Abstimmungsverbote bei Themen mit finanziellen Auswirkungen entziehen einen sehr großen Teil der möglichen Themen der tatsächlichen Bürgermitbestimmung. Er ist auch wichtig, damit es zweitens die Bürgerinnen und Bürger auch selbst in der Hand haben, worüber sie abstimmen wollen und welche Themen sie für nicht so entscheidend halten.
An diesem Punkt wird auch deutlich, warum sich unsere Fraktion zu dem CDU-Gesetzentwurf zur Einführung des fakultativen Referendums politisch anders verhält als zum vorliegenden AfD-Gesetzentwurf. Deshalb ist dieser vorliegende Gesetzentwurf für uns nicht zustimmungsfähig.
Ein weiterer inhaltlicher Problempunkt ist: Es soll in der Verfassung ein Zustimmungsquorum von 50 Prozent der Abstimmenden festgeschrieben werden. Das Quorum von 50 Prozent der Abstimmenden kann bei einer sehr niedrigen Beteiligungsquote zum Beispiel ein Anteil von nur 5 Prozent aller Wahlberechtigten sein, dann hat die Verfassungsänderung nur ein geringes Legitimationsniveau. Das ist für so grundlegende Bestimmungen mit Blick auf das Demokratieprinzip problematisch.
Nicht umsonst wird im Landtag eine Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen verlangt. Ist die Abstimmungsbeteiligung sehr hoch und die Meinungsbildung unter den Abstimmenden ziemlich komplex, wird es sehr schwierig, die 50 Prozent Zustimmung zu erreichen. Zwar sieht Artikel 83 Abs. 2 Thüringer Verfassung derzeit auch ein Beteiligungsquorum von 40 Prozent auf der Ja-Seite vor, allerdings geht es dort um Volksentscheide nach einem Volksbegehren. Nach Erfahrungen aus stärker direktdemokratisch geprägten Ländern ist das eine sehr hohe Legitimationshürde.
Das von der AfD vorgeschlagene Quorenkonstrukt, verbunden mit dem Modell des Zwangsreferendums zu jeder Verfassungsänderung, kann dagegen zu einer unguten Erstarrung und Zementierung der Verfassung führen. Dass sich aber Verfassungen gesellschaftspolitisch fortentwickeln und auch fortentwickeln müssen, zeigt schon ein Vergleich von Grundgesetz und der Thüringer Landesverfassung, verabschiedet 1993. Anders als im Grundgesetz ist das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in der Thüringer Landesverfassung von Anfang an ausdrücklich verankert. Dieses Grundrecht wurde schon im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1983 entwickelt. Anders als im Grundgesetz ist in der Thüringer Landesverfassung ein Diskriminierungsverbot bezogen auf die sexuelle Orientierung enthalten.
Die Linke-Fraktion lehnt daher aus den oben genannten Gründen den vorliegenden AfD-Gesetzentwurf ab und favorisiert stattdessen die Einführung
Danke schön, Frau Müller. Als Nächster erhält Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.