Die erste Performance dort war sehr jugendlich aufgeführt. Man hat auch das Lied „Money, Money“ gesungen. Es war hektisch auf der Bühne. Im ersten Moment dachte ich: Was passiert denn jetzt? Dann wurde es deutlich. Nicht das Geld ist das Entscheidende, was Europa gestalten muss, sondern wir müssen als Menschen, als Jugendliche miteinander reden. Das muss die Macht des Geldes einschränken. Das wurde dort auch durch die Jugendlichen herübergebracht. Das war auch ein Signal der Festveranstaltung: Die soziale Frage muss in Europa geklärt werden.
Es geht nicht darum, dass die Banken Geld kriegen und mit viel Geld gerettet werden, sondern es geht darum, dass zum Beispiel die Jugendarbeitslosigkeit in Portugal, in Spanien und in weiteren Ländern
Nicht die Banken brauchen das Geld, sondern diese Jugendarbeitslosigkeit muss zum Beispiel bekämpft werden. Da haben auch wir als die drei Staaten – Frankreich, Deutschland und Polen – eine Aufgabe, die wir bewältigen müssen.
Mit unserem Antrag, den wir gestellt haben, wollen wir nicht nur das Weimarer Dreieck würdigen, sondern uns geht es wirklich darum, dass der zivilgesellschaftliche Aspekt noch einmal hervorgehoben wird. Sie haben die europapolitische Strategie zitiert. Wir wollen aber wirklich noch mal unterstreichen – und das sagen wir hier deutlich –, dass nicht nur auf der Landesebene diese Kontakte gepflegt werden, dass Vertreter der Landesregierung Kontakte pflegen zu Kleinpolen und zur – ich sage jetzt mal – Picardie, die heißen jetzt anders. Wir wollen auch, dass die Landesregierung Aktivitäten unterstützt, dass Kommunen, Vereine und Verbände direkten Kontakt zu Partnern in unseren Partnerregionen bekommen, weil Menschen und nicht die Politik ins Gespräch kommen und Europa gestalten müssen. Das ist für uns das Wichtigste. Deshalb haben wir das in den Antrag hineinformuliert. Sie haben das mit dem Landtag gewürdigt. Jawohl, auch wir als Parlamentarier sollten gerade jetzt, wo in vielen osteuropäischen und mitteleuropäischen Ländern wieder nationalistische Tendenzen und Auffassungen Oberhand gewinnen, auf unsere Kollegen Einfluss nehmen. Das geht auch nur, indem man Kontakt hält, indem man Gespräche führt, dass wir, wenn wir eine bessere Welt wollen, ein geeintes Europa und kein getrenntes Europa brauchen. Wir wollen in Europa keine Grenzen wieder aufbauen. Das soll das Signal sein, was wirklich von dem Weimarer Dreieck ausgeht.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, ich bin froh, dass wir im Thüringer Landtag einmal ein bisschen das Feld der Außenpolitik streifen und uns nicht immer mit so hoch ideologisierten Themen wie der gesunden Ernährung in Schulen beispielsweise auseinandersetzen müssen. Die Außenpolitik ist ja ein ganz besonderes Politikfeld.
Das ist ein Politikfeld, auf dem mit sehr viel Augenmaß und mit sehr viel Fingerspitzengefühl operiert werden muss.
Das tut der Politik sicherlich auch in anderen Politikfeldern gut, aber es ist auch ganz klar – darüber müssen wir uns auch, glaube ich, gar nicht auseinandersetzen –, dass auf der nationalstaatlichen Ebene, was die Politik im Inneren angeht, dass da auch durchaus einmal ein deutlicheres Wort fallen darf und muss und in der Außenpolitik, wie gesagt, dieses Fingerspitzengefühl absolut vonnöten ist. Deswegen kann ich Ihren Ausführungen, Frau Staatssekretärin Winter, auch sehr zustimmen. Sie haben das sehr gut dargestellt, die Konzeption dieses Weimarer Dreiecks. Sie haben sehr schön und sehr richtig darauf hingewiesen, dass dieses Weimarer Dreieck deswegen in seinem 25-jährigen Bestehen Verdienste erworben hat, weil es primär nicht auf der politischen Ebene entsprechend operierte, sondern auf der menschlichen Ebene. Das ist ganz zentral und diesem Aspekt kommt auch eine ganz eminente Bedeutung zu. In Projekten, Jugendbegegnungen, Schüleraustauschen, Studentenworkshops, Sprachkursen und anderen Kulturveranstaltungen sind tatsächlich in den letzten 25 Jahren Begegnungen angebahnt worden zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten. Diese Begegnungen sind ein Selbstwert. Der Religionsphilosoph Martin Buber hat einmal gesagt: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Allen, die im Rahmen des Weimarer Dreiecks diese menschlichen Begegnungen angebahnt haben und auch vollzogen haben, gebührt der Dank von uns allen.
Es ging bei der Gründung dieses Gesprächsformats des Weimarer Dreiecks 1991 natürlich in erster Linie auch darum – und jetzt versuche ich einmal die Perspektive durchaus etwas zu ändern und zu korrigieren im Hinblick auf meine Vorredner –, Polen und andere osteuropäische Staaten an die EU, aber natürlich auch an die NATO heranzuführen. Auch nach der Osterweiterung von NATO und EU blieb das Weimarer Dreieck eine Plattform trilateraler Kooperation, wie wohl vonseiten Polens – das wurde hier auch schon angemerkt – schon vor zehn Jahren die Frage gestellt wurde, ob dieses Format sich nicht vielleicht doch überlebt hätte.
Vor einigen Monaten hat die polnische Regierung diese Frage erneut aufgeworfen und sie hat auch gleich die Antwort gegeben. Danach habe sich das Format aus polnischer Perspektive – wörtlich – erschöpft. Nun hat zwar der polnische Außenminister Waszczykowski am vergangenen Wochenende in
Weimar geäußert, dass das Weimarer Dreieck auf politischer Ebene wieder sichtbarer werden müsse, doch bleibt angesichts mancher außenpolitischer Missstimmung im Verhältnis Deutschlands zu Polen noch unklar, was das wohl für die Zukunft des Weimarer Dreiecks bedeuten mag. Diese Frage stellt sich umso eindringlicher, als derselbe polnische Außenminister, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, vor wenigen Tagen der deutschen Bundesregierung vorwarf, eine – so wörtlich – „selbstsüchtige und rücksichtslose Außenpolitik“ zu verfolgen. Wörtlich sagte er, dass das Verhalten Deutschlands der europäischen Solidarität schade.
Das sind doch alles Zeichen einer erheblichen Abkühlung, die man eben auch nicht kleinreden sollte, die dieses Kooperationsformat nach 25 Jahren Bestehen erreicht hat. So kann das Treffen der Außenminister am Wochenende eben nicht über die Krise hinwegtäuschen, in der sich das Weimarer Dreieck befindet. Ob man angesichts dieser Entwicklung, die ich gerade in der Kürze skizziert habe, wie das Staatsminister Hoff vor einiger Zeit relativ lapidar tat, einfach so konstatieren kann, das Weimarer Dreieck habe nichts an Bedeutung verloren, das wage ich zu bezweifeln. Das ist mir der geschmeidigen Phraseologie, selbst in diesem Feld der Außenpolitik, dann doch etwas zu viel.
Jedenfalls – und das ist, glaube ich, auch von Thüringen aus klar erkennbar – liegt der Ball nun vor allen Dingen im Feld der Bundesregierung. Was da gelingen kann, wird man sehen. Ich muss natürlich, wenn ich diesen Satz so ausspreche, gerade an den Hasenlauf der Bundesregierung in der Causa Armenien-Resolution denken: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Das, was hier in der Diskussion ist, dass man sich von der ArmenienResolution des Bundestags distanziert, ist wirklich nur noch mit dem Begriff „peinlich“ zu bezeichnen.
Die Bundesregierung hat anscheinend nicht verstanden, dass – was ich eingangs erläuterte – das Feld der Außenpolitik ein besonderes Fingerspitzengefühl und auch ein besonderes Maß an Kontinuität verlangt und entsprechend praktiziert werden muss. Vielleicht stellt man sich aber – die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt – in Berlin doch mal die Frage, ob die polnische Haltung nicht doch etwas mit dem Agieren von Bundeskanzlerin Merkel auf dem internationalen Parkett, insbesondere in der EU zu tun hat.
Jetzt ist Ministerpräsident Bodo Ramelow leider wieder nicht anwesend, trotzdem möchte ich ihm hier auch im Namen meiner Fraktion – es wird wahrscheinlich das erste Mal sein, dass ich das hier vom Rednerpult aus tue – einen Dank sagen. Herr Bodo Ramelow in Abwesenheit, ich danke Ih
nen für Ihren Einsatz im Rahmen der Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie die Kontakte zwischen Thüringen und Polen, insbesondere unserer Partnerregion Malopolska durch Ihren Besuch intensiviert haben.
Unseren Außenpolitikern – wir sind hier in Thüringen ja keine geborenen Außenpolitiker – in Berlin aber lege ich nahe, generell einmal selbstkritisch über die selbstgefällige offizielle deutsche Haltung gegenüber Polen und anderen osteuropäischen Ländern nachzudenken. Bekanntlich spielen – und dafür gibt es zahlreiche Beispiele – sich manche Politiker hierzulande gegenüber unseren östlichen Nachbarn immer wieder gern als besserwisserische Oberlehrer auf. Dabei wird dieses Oberlehrertum auch flankiert durch eine verstärkende Presse. Die „WirtschaftsWoche“ etwa warnte vor einiger Zeit mit der Feststellung, dass die Polen Freundschaftsgesten abblocken, wörtlich: „Die Polen blocken Freundschaftsgesten ab.“ Das ist schon bemerkenswert. Immerhin verstieg sich die „WirtschaftsWoche“ nicht zu der Aussage: „Der Pole blockt Freundschaftsgesten ab.“
Für mich ist jedenfalls diese neue deutsche Überheblichkeit, die auf dem Fundament des Humanitarismus und der Hypermoral entsprechend operiert – und dieser Humanitarismus und diese Hypermoral werden in unserem Hohen Haus leider auch zu oft zur Schau getragen –, eine unerträgliche politische Haltung.
Selbstredend, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, ist es gut und richtig, wenn miteinander gesprochen wird. Ich kann mich da nur wiederholen: Wir begrüßen es, wenn das Weimarer Dreieck auch in Zukunft mit Leben gefüllt wird. Die Hoffnung, dass dies auch der Fall sein wird, stirbt für uns zuletzt. Aber ich vermute – und das ist noch mal ein wichtiger Aspekt, den ich in die Diskussion einbringen möchte, und das ist vielleicht auch ein neuer Aspekt, den ich in die Diskussion einbringen kann –, dass sich das jetzige Format entsprechend auch an eine neue Lage anpassen muss und entsprechend auch einer neuen Ausrichtung bedarf.
Ich möchte in diesem Zusammenhang abschließend daran erinnern, dass sich EU-Europa nicht nur wegen des selbst ausgelösten Asylorkans im Krisenmodus befindet. Auch und vor allen Dingen die Konfrontationsstrategie der NATO gegenüber Russland schadet Deutschland und schadet Europa. Sie liegt nicht in deutschem und europäischem Interesse.
Ich akzeptiere es, wenn die US-Amerikaner eigene Interessen definieren. Auch das müssen wir als Deutsche in Zukunft wieder lernen und wieder tun. Ich denke, es ist an der Zeit, das mal in aller Deutlichkeit auszusprechen: Wir müssen unsere Interessen definieren, wir müssen unsere Interessen transparent machen und wir müssen selbstverständlich unsere deutschen Interessen im Ausgleich mit den Partnern in der Welt auch wieder durchsetzen.
Ich bekenne in diesem Zusammenhang auch, dass mich die ergebnislosen Konsultationen des NATORussland-Rats mit tiefer Sorge erfüllen.
Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, das Weimarer Dreieck kann auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken, weil es das erfolgreiche Aussöhnungsprojekt zwischen Deutschen und Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Osten ausdehnte.
Dieses Aussöhnungsprojekt darf nicht gefährdet werden. Aber mehr noch: Was spräche dagegen, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, aus dem Weimarer Dreieck ein Weimarer Viereck zu machen? Franzosen und Deutsche haben in einem jahrzehntelangen Aussöhnungsprozess ihre angebliche Erbfeindschaft überwunden. Wir könnten uns also ein Format für das Weimarer Dreieck vorstellen, das in ein Weimarer Viereck entsprechend ausgedehnt wird. Und zwar wäre dieses Viereck um ein weiteres Partnerland ergänzt, um ein Land, das entsprechend unsere Politik in Europa – wie vielleicht kein anderes – auch determiniert und entsprechend kanalisiert, und das ist Russland.
Wäre das nicht eine wunderbare Vorstellung, wenn Polen und Russen – und wir wissen um die belastete Beziehung beider Länder – dasselbe gelingen würde wie Deutschen und Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg? Und was wäre für den Frieden, was wäre vor allen Dingen für eine selbstbestimmte europäische Politik gewonnen, wenn Polen und Russen – wie gesagt – das Gleiche gelingen würde?
Warum also nicht, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, dieses Weimarer Dreieck in ein Weimarer Viereck verwandeln? Weimar als Brücke zwischen Osten und Westen – für mich und für meine Fraktion wäre das ein wunderbarer Gedanke. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst mal ein Kompliment an den neuen Pressereferenten der AfD – schöne, weichgespülte Äußerungen haben wir hier gehört.
Allerdings das Ende und das Detail – da musste ja auch der Vortragende ein bisschen blättern. Mit Russland, natürlich, das ist eine Sache, die Außenminister Steinmeier auch schon länger anmahnt, dass wir zu einem Dialog mit Russland zurückkehren müssen und sollen.