Zudem streben wir an, § 12 Abs. 3 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes zu reformieren, der bisher vorsieht, dass Arbeitnehmer in Verkaufsstellen an mindestens zwei Samstagen im Monat nicht beschäftigt werden dürfen. Diese Regelung bezweckt eigentlich den Schutz von Arbeitnehmern, richtet sich aber tatsächlich nicht an deren Bedürfnissen aus. So haben wir viele Hinweise erhalten, dass vor allem familiär in der Woche stark eingebundene Arbeitnehmerinnen – und ich wähle hier bewusst die weibliche Form – darauf angewiesen sind, an Samstagen zu arbeiten, dies jedoch aufgrund der Regelung nur im beschränkten Umfang dürfen, nämlich nicht mehr als zweimal. Gleiches gilt zum Beispiel für provisionsberechtigte Verkäufer im Möbeleinzelhandel, wo samstags im Gegensatz zu werktags, wo meist nur geschaut, aber nicht gekauft wird, erhebliche Umsätze erzielt werden. Das ist den Leuten gegenüber ungerecht, die werktags beraten, samstags aber nicht mehr arbeiten dürfen. Die Kollegen stecken dann die Provisionen ein.
Wir wollen daher, meine Damen und Herren, ganz im Sinne des liberalen Ansatzes der AfD mehr Freiheit und weniger Regulierung. Lassen wir einfach die betroffenen Arbeitnehmer entscheiden, ob sie ihre berufliche Tätigkeit auch an mehr als zwei Samstagen im Monat durchführen und ausüben wollen, soweit dies betrieblich möglich ist. Der Wortlaut unserer Liberalisierung orientiert sich an der seit vielen Jahren bewährten Regelung des § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz. Das wird jetzt nicht jeder sofort verstehen; schauen Sie aber mal rein, da steht auch eine Freiwilligkeitsregelung. Der Einwand, der wahrscheinlich gleich kommt, dass sich kein Arbeitnehmer traut zu widersprechen, der zieht nicht. Wir haben in § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz eine exakte Regelung und die funktioniert seit vielen Jahren. Damit wird dann sichergestellt, dass der Arbeitnehmerschutz einerseits auf hohem Niveau erhalten, andererseits aber flexibel genug gestaltet wird, um den Wünschen von Arbeitnehmern entsprechen zu können.
Abschließend sollten Sie wissen, dass wir mit unseren Anträgen im breiten Konsens mit der Gesellschaft stehen und sich auch in sämtlichen Gesprächen – in sämtlichen Gesprächen! – mit Vertretern der Industrie- und Handelskammern gezeigt hat, dass sich diese und ihre Mitgliedsunternehmen diese Neuregelung sehnlichst wünschen.
Wir bitten Sie um eine sachliche Diskussion, die sich zum einen an den Interessen der kleinen und mittleren Betriebe orientieren und zum anderen auch die Wünsche der Arbeitnehmer im Blick haben sollte. Lassen Sie Ihre Ideologie und Ihre AntiAfD-Sprüche einfach mal weg! Machen Sie keine
Vielen Dank, Herr Brandner. Hiermit eröffne ich die Beratung und als Erste erhält Frau Abgeordnete Leukefeld für die Fraktion Die Linke das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir haben gerade noch mal gehört, was die AfD will. Sie will, dass Blumen, Backwaren und Zeitungen mindestens fünf Stunden lang am Sonntag verkauft werden können,...
... und sie will die Aufweichung der Regelung der zwei arbeitsfreien Samstage für die Beschäftigten.
Wir sagen: Das wird mit uns nicht stattfinden, weil wir uns lange und ausführlich – allerdings schon zu anderen Zeiten – mit dem Ladenöffnungsgesetz auseinandergesetzt haben, das aus dem Jahr 2006 stammt.
Es gab eine Befristung. Am 21.12.2011, wenn ich das noch einmal rekapitulieren darf, wurde das Ladenöffnungsgesetz noch mal geändert, geändert übrigens damals mit einem Vorschlag der CDUFraktion, genau diese zwei arbeitsfreien Samstage einzuführen. Und ich kann Ihnen sagen, damit ist Thüringen ziemlich spitze. Im Übrigen haben wir von dem ehemaligen Gewerkschafter Ramelow, dem heutigen Ministerpräsidenten, gelernt, dass das Ladenöffnungsgesetz eben kein Gesetz zur Generierung von Umsatz, sondern ein Arbeitnehmerschutzgesetz ist. Das nehmen wir auch sehr ernst.
In Thüringen kann man – bis auf Samstagabend und -nacht sowie Sonntag – rund um die Uhr einkaufen, von 0.00 bis 24.00 Uhr. Das ist aus unserer Sicht die absolute Freiheit des Konsums. Wenn Sie mich fragen – ich halte es da mit dem ehemaligen Thüringer Aphoristiker Helmut Glaßl, der gesagt hat – wenn ich das hier kurz zitieren darf –: „Ungezügelter materieller Konsum frisst nicht nur Geld, sondern auch Lebenszeit.“ So geht es mir manchmal mit Anträgen von der AfD, meine Damen und Herren.
Um es klar zu sagen: Wir wollen derzeit keine Öffnung der gesetzlichen Regelungen; das kommt für uns nicht in Betracht. Wir haben dafür drei Gründe. Das Erste habe ich schon gesagt: Die Regelung in § 12 Abs. 3 ist ein Schutz für Arbeitnehmerinnen und Beschäftigte im Einzelhandel, vorwiegend Frauen, wie wir wissen, oftmals auch in prekärer Beschäftigung. Das ist eine Regelung, die familienfreundlich ist, die der Erholung der Beschäftigten dient und die viele andere Beschäftigte auch haben. Diese Maßnahme greift sowohl gesundheitliche als auch soziale Aspekte auf. Lassen Sie mich das an der Stelle sagen: Auch uns sind die Reaktionen und die Kritik der Kammern, des Handelsverbands Thüringen, der Handelsunternehmen usw. bekannt. Wir haben uns natürlich auch mit der Frage auseinandergesetzt. Aber ich sage Ihnen, wir haben zuallererst mal die Beschäftigten und die Betriebsräte gefragt.
So hat sich zum Beispiel unser Koalitionsarbeitskreis, nachdem es auch Unterschriftenlisten und Anfragen gegeben hat, zusammengesetzt und darüber beraten. Da hat zum Beispiel – ich darf das hier mal konkret sagen – Britta Gebhardt von Kaufland Rudolstadt klargestellt, dass sich die Arbeitgeber mittlerweile daran halten und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dankbar für die zwei freien Samstage sind. Die, die das beklagen, sind meistens Beschäftigte, die von Provisionen abhängig sind. Da muss man sagen: Wenn ordentlich gezahlt würde und es nicht abhängig wäre von Provisionen, wäre da auch schon ein wesentlicher Schritt getan, dass Beschäftigte dort besser vorankommen.
Was die Öffnungszeiten am Sonntag angeht, gibt es auch eine Initiative für den freien Sonntag. Das unterstützen wir rückhaltlos. Es ist ausführlich und ausgiebig die Möglichkeit gegeben einzukaufen, insofern wollen wir da auch nicht heran. Wir nehmen es ernst, dass uns Betriebsratsvorsitzende und Beschäftigte gesagt haben: Finger weg vom Ladenöffnungsgesetz! Daran halten wir uns, da kann man uns auch ernst nehmen, dabei soll es bleiben. Das, was in einer schwarz-roten Koalition auf den Weg gebracht wurde und gut ist, das wird R2G nicht wieder abschaffen.
Meine Herren und Damen von der AfD, ich wundere mich schon, Sie sind ja Populisten vor dem Herrn, Sie hängen Ihr Mäntelchen in das Lüftchen, was gerade weht. Ich denke, es wäre eine Frage, Menschen, die im Handel arbeiten, Frauen, die auch für ihre Familie, für ihre Kinder da sein wollen, ernst zu nehmen. Deswegen ist diese Gesetzesänderung überflüssig und sie wird unsere Zustimmung nicht finden. Herzlichen Dank.
Die Republik horcht auf, in Thüringen haben Verkäuferinnen und Verkäufer zwei freie Samstage im Monat. Mit Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich aus der „Frankfurter Allgemeinen“ vom 22. März 2015. Ich zitiere: „Aus Sicht der Gewerkschaften steht Thüringen jetzt als Vorbild da. Und zwar mit einem Gesetz, das klingt, als hätte es Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei gemacht. Hat er aber gar nicht. Denn das Gesetz stammt aus dem Jahr 2011, als eine große Koalition unter der CDUMinisterpräsidentin Christine Lieberknecht regierte.“
Dass dieses Gesetz zwischenzeitlich gegen viele Widerstände auch einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht am 14. Januar 2015 standgehalten hat, macht mich persönlich sehr zufrieden.
Ich halte dieses Gesetz mit seiner inhaltlichen Festlegung für einen weiteren Meilenstein für eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zukunftsfähig zu gestalten.
Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Thüringer Ladenöffnungsgesetz die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran hindert, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen, sondern das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie ab und entspricht damit den Belangen des Gemeinwohls. Diese Regelung ist verhältnismäßig und insbesondere angemessen. Sie reagiert auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen im Einzelhandel, die sowohl die Gesundheit als auch das Familienleben beeinträchtigen können. Aus meiner Sicht ein sozialpolitischer Ritterschlag für den Thüringer Landtag, auf den wir mit Recht stolz sein können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der veränderten Altersstruktur und des Anstiegs der Lebenserwartung ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einer der wichtigsten Aufgaben der Beschäftigungs- und Sozialpolitik in unserem Land geworden. Die Gleichstellung von
Mann und Frau, von Frau und Mann in der Gesellschaft sowie auch in Familie und Beruf steht in einem sehr engen Zusammenhang mit den Zielen aller in diesem Haus vertretenen Parteiprogramme. So lese ich zum Beispiel in Ihrem Antrag „Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes“ – dazu steht in Ihrem Programm ganz krass gegenüber die Aussage auf Seite 7, hier bringen Sie zum Ausdruck, und jetzt zitiere ich noch mal: „Maßnahmen, die Familien stärken, haben Priorität, was Familien schadet, muss unterbleiben.“
Wir alle kennen den Lebensalltag in den Familien und wissen, dass die Bewältigung oftmals einem Kraftakt ähnelt. Es wird gefeilscht und gestritten, verteilt und verhandelt über das, was wer wann zu erbringen hat. Oft erst beim Frühstück, sofern sich dafür noch eine gemeinsame Zeit genommen wird, erfahren die Kinder, wie der Tag oder die Woche verlaufen. Auch ich habe in jüngeren Jahren geglaubt, wenn man etwas will und alles gut organisiert, ist alles miteinander vereinbar. Heute ist mir bewusster denn je, dass die Bedürfnisse von Familie nach Nähe und Zeit füreinander eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren dieser kleinsten Zelle unserer Gemeinschaft und unserer Gesellschaft sind.
Zeit in und mit der Familie ist eine sichere Bindung, um das Leben in seiner ganzen Vielfalt kennen und begreifen zu lernen. Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich davon überzeugt, dass die Vorgabe des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes ein absoluter Beitrag für unsere Gesellschaft ist, der sowohl die Gesundheit der Betroffenen sowie das Familienleben und damit die Vereinbarkeit mit dem Beruf unterstützt. Zwei arbeitsfreie Wochenenden stellen einen wichtigen Ausgleich zu den gestiegenen Arbeitsbelastungen im Einzelhandel dar. Die Regelung ermöglicht den Beschäftigten ein planbares Familienleben und unterstützt den Wert der Familienarbeit, die leider oft viel zu wenig Beachtung findet. Und längst, meine Damen und Herren, haben sich die betroffenen Unternehmen, die ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen öffnen, auf diese Situation eingestellt.
Vielen Unternehmern ist inzwischen bewusst, dass die Balance zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit gefördert werden muss. Nur so können sie dem Fachkräftemangel begegnen und gleichzeitig Mut zur Familie und damit für Kinder als zukünftige oder künftige Konsumenten und Arbeitnehmer unterstützen. Für die CDU-Fraktion besteht kein Zweifel, dass wir uns mit den zwei arbeitsfreien Samstagen auf dem richtigen Weg einer guten Familienpolitik bewegen.
Das Ladenöffnungsgesetz regelt nicht nur die zwei freien Samstage, von denen wir nicht zurücktreten. Nach fünf Jahren lohnt es sich aber, die Wirkung des Gesetzes zu überprüfen. Daher stimmen wir einer Überweisung an die Fachausschüsse zu. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen am Livestream, dass ein Gesetzentwurf nicht rassistisch oder populistisch ist, macht ihn ja noch lange nicht richtig.
Ich möchte aus diesem Grund noch einmal § 1 des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes zitieren. Hier steht: „Dieses Gesetz regelt die Öffnungszeiten für Verkaufsstellen und das gewerbliche Anbieten von Waren außerhalb von Verkaufsstellen und dient dem Schutz der Sonn- und Feiertage sowie dem Arbeitnehmerschutz.“ Genau das macht das Gesetz mit diesen zwei freien Samstagen, das ist ein Beitrag zum Arbeitnehmerschutz, den die SPD-Sozialministerin in der vergangenen Legislatur – ich sage vorsichtig: damals auch noch gegen die Widerstände der CDU – durchgesetzt hat. Umso erfreulicher ist, dass wir da heute offensichtlich eine geschlossenere Position für die Beschäftigten in diesem Land haben.