Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Zu der angeblichen Verfassungswidrigkeit hat Kollege Emde schon ausgeführt. Sie haben – als Jurist besonders peinlich – die ganzen entsprechenden Urteile weder gelesen noch zur Kenntnis genom

men, sondern hier einfach nur eine allgemeine Verleumdung ausgesprochen, die überhaupt keine Stütze in den Urteilen findet. Im Gegenteil, gerade diese Aufwandsentschädigung zum Beispiel für Ausschussvorsitzende wurde eben für die Aufrechnung des tatsächlichen Mehraufwands geschaffen. Den gibt es sehr wohl, auch wenn Sie ihn vielleicht als Ausschussvorsitzender in Ihrem Ausschuss nicht betreiben. Andere tun es. Es ist kein Entgeltcharakter, sondern es ist eine echte Aufwandsentschädigung.

Zu den Vizepräsidenten ist schon sehr vieles gesagt worden und zu den Ausschussvorsitzenden kann ich vielleicht auch noch mal aus eigener Erfahrung etwas sagen. Wie Sie wissen, bin ich Ausschussvorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU. Was ich da an finanziellem Mehraufwand habe, das geht weit über das hinaus, was mir mit diesen 400 Euro im Monat abgegolten wird. Das kann ich Ihnen wirklich versichern. Denn ich bin sehr viel öfter hier, als es mit normaler Parlamentsarbeit erforderlich wäre. Ich habe eine Arbeit, die weit über das hinausgeht, was man als Ausschussmitglied sowieso auch schon machen würde. Das war auch ein Argument von Ihnen. Ich muss mich mit Korrespondenz auseinandersetzen, mit schwierigen juristischen Fragen, wenn es darum geht, welche Zu- und Zusammenarbeit wir mit anderen Ausschüssen, Behörden und Institutionen haben. Ich habe schließlich als Ausschussvorsitzende auch noch die Verantwortung für den Abschlussbericht zu tragen und habe übrigens in der letzten Legislatur weite Teile davon auch selbst geschrieben. Das alles ist natürlich nicht nur ein Arbeitsaufwand, sondern auch ein finanzieller Mehraufwand. Ich bekomme Einladungen zu vielen Veranstaltungen, die ich wahrnehme und natürlich nicht jedes Mal irgendwie extra abrechne, geschweige denn noch extra ein Dienstfahrzeug des Landtags in Gang setze. Das alles sind Mehraufwendungen, und zwar erhebliche Mehraufwendungen. Ich mache das auch für die anderen Ausschussvorsitzenden der inhaltlichen Ausschüsse geltend. Wer die Arbeit in diesem Haus ernst nimmt, der hat auch tatsächlich einen Mehraufwand.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist der Knackpunkt!)

Es ist dann angemessen, den entsprechend zu entgelten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ist überhaupt nichts von Selbstbedienung der Fall. Besonders schlimm wird es dann, wenn Sie sich noch hier hinstellen und sagen: Ja, jeder arme Arbeitnehmer muss jeden Kilometer nachweisen. So bar der Lebensrealität sind Sie, dass Sie noch nicht einmal wissen, dass Arbeitnehmer natürlich

(Abg. Korschewsky)

auch Steuerpauschalen haben. Das ist natürlich eine Sache der Finanzverwaltung, die schon lange entschieden hat, dass es einen entsprechenden Aufwand zu vermeiden gilt, einen unangemessenen Aufwand für die Spitzabrechnung. Deswegen gibt es für normale Arbeitnehmer – aber mit denen haben Sie wahrscheinlich im Leben noch nie etwas zu tun gehabt – Entfernungspauschalen, Arbeitnehmerpauschalen, Pauschalen für Werbungskosten. Auch bei allen anderen Steuerbereichen gibt es Pauschalen. Ich weiß nicht, ob Sie keine Steuererklärung machen oder wer Ihre Steuererklärung macht, schauen Sie einmal rein, auch Anwälte haben Pauschalen bei Betriebskosten. Wenn Sie Wohneigentum haben oder auch Vermietungseinnahmen, auch da gibt es Pauschalen. Überall gibt es Pauschalen. Es gibt Pauschalen zur Abgeltung von Aufwand, für besonderen Aufwand, zum Beispiel im Falle von Behinderungen und schweren Erkrankungen. Das Steuerrecht ist von Pauschalen durchzogen und dann stellen Sie sich hierhin und sagen, jeder normale Arbeitnehmer muss jeden Kilometer abrechnen – muss er nicht. Dafür gibt es die Entfernungspauschale. Jeder weiß das, aber Herr Brandner nicht, weil Sie lebensfremd sind und uns hier einmal mehr – und das zieht sich durch die ganze Tagesordnung – an zwei so Stückchen diskreditieren wollen als diejenigen, die hier angeblich nicht oder wenig arbeiten und sich dann irgendwas ungerechtfertigt in die Tasche schaufeln.

Wir haben im Koalitionsvertrag in der Tat vereinbart, dass wir schauen wollen, wo es noch Privilegien gibt. Das System der Altersvorsorge, das Sie hier nicht hinterfragen: in Nordrhein-Westfalen ist es jetzt anders geregelt. Im Bund hat man es noch nicht gemacht. Es ging immer um die Alternative des Einzahlens in die gesetzliche Sozialversicherung. Das würde natürlich eine entsprechende Grunddiätenerhöhung mit sich führen, weil die Beträge auch wieder aufgebracht werden müssen. Das sind alles Debatten, die führen wir gern. Sie sagen auch immer: Ja, wir haben noch mehr, das kommt dann aber erst später. Das ist genau das, was Sie wollen: immer mit einem Stückchenwerk und mit Ihren Verdrehungen von irgendwelchen Gerichtsurteilen, die Sie entweder nicht gelesen haben oder nicht verstanden haben, uns am Zeug flicken. Es geht Ihnen darum, die repräsentative Demokratie und das Ansehen des Parlamentarismus zu schädigen und da machen wir auch bei diesem Tagesordnungspunkt nicht mit!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir – doch, Herr Brandner, Sie haben noch eine Meldung.

Frau Marx, meistens halte ich ja eine Menge von Ihnen, aber die Einzige, die dem Parlament in seinem Ansehen heute geschadet hat, sind Sie mit Ihren unsäglichen Vorträgen von hier vorn. Sie scheinen vom Steuerrecht nicht den blassesten Schimmer zu haben, oder? Nennen Sie mir einmal eine Pauschale, die der Arbeitnehmer netto obendrauf vom Finanzamt ausgezahlt bekommt. Nennen Sie mir bitte eine Pauschale. Die Pauschalen, die Sie genannt haben, darf der Arbeitnehmer, wenn er Glück hat, von seinem Brutto abziehen, aber dass er netto vom Finanzamt obendrauf etwas bekommt, Frau Marx, da lagen Sie so was von neben der Spur. Warum, weiß ich nicht.

Was ich Ihnen auch nicht glaube, Frau Marx, ist, dass Sie einen monatlichen finanziellen Mehraufwand von 400 Euro, oder was Sie da gesagt hatten, haben – jeden Monat, weil Sie Ausschussvorsitzende sind. Im Juli waren Sie nicht im Urlaub, ja? Weisen Sie es mir gern einmal nach, dass Sie im Monat mehr als 400 Euro finanziellen Mehraufwand haben und wenn das stimmt, dann knie ich vor Ihnen nieder und bitte um Entschuldigung. Aber es wird Ihnen nicht gelingen, das nachzuweisen.

Dann wollte ich noch die Gelegenheit nutzen, auf Herrn Korschewsky – auf den habe ich wohl noch nie erwidert – einzugehen. Herr Korschewsky, zunächst einmal wundert mich – ohne Kritik am Präsidium zu üben, das hat gerade gewechselt –, dass Sie mich von hier vorn ungestraft einen Lügner nennen können. Das finde ich respektabel. Wenn ich das machen würde, würde es wahrscheinlich Ordnungsrufe hageln. Ist egal. Ich gehe einmal darauf ein.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er hat gesagt, Sie haben gelogen! Er hat Sie nicht einen Lügner ge- nannt!)

Die Geschäftsordnung, Herr Korschewsky, die Sie zitiert haben, die ist so richtig. Aber Sie haben natürlich ganz entscheidend vergessen zu sagen, was in der Wahlperiode vorher war, als die AfD hier nicht vertreten war. Wahrscheinlich waren Sie bei der Diskussion um die Geschäftsordnung mit dem Kollegen Harzer noch Ihren Wahlerfolg feiern. Aber ich verrate Ihnen einmal, woran das lag: Es gab in der Wahlperiode vorher eine Abweichung von der Geschäftsordnung, wonach jeder der Altparteien ein Vizepräsidentenposten zugeschustert wurde.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Geben Sie es doch zu, dass Sie die Geschäftsordnung nicht ken- nen!)

Wir haben gesagt, wir machen das nicht mit. Nachdem Ihnen peinlich bewusst geworden ist, wie Sie die Geschäftsordnung in Ihrem Sinne verändert ha

(Abg. Marx)

ben, nämlich von den zweien – Sie haben recht – auf die vier, damit jeder sein Pöstchen abbekommt und auch Frau Rothe-Beinlich mal mit Dienstwagen fahren kann, nachdem Sie gemerkt haben, dass wir den Finger in die Wunde gelegt haben, haben Sie darauf verzichten müssen. Genauso war es und nicht anders. Verdrehen Sie da nichts.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die PGFs angeht: Es ist Ihnen unbenommen, wenn Sie Ihren PGF für so entbehrlich oder für so faul halten, Herr Korschewsky, in den Ausschussverhandlungen einzubringen, dass auch die PGFs keine zusätzliche steuerfreie Pauschale mehr bekommen. Wir sehen das anders, nicht weil ich Angst vor dem Kollegen Möller habe, sondern weil ich Respekt vor dem Kollegen Möller habe und sehe, der hat wirklich, tatsächlich finanzielle Mehraufwendungen als PGF. Das mag bei Ihrem PGF anders sein. Wir können nämlich differenzieren und hauen nicht gleich mit der Keule auf alles drauf. Deshalb sind die PGFs in unserem Antrag auch nicht drin. So einfach ist das.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Lächerlich!)

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Beifall AfD)

Bitte, Herr Emde für die CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Sag mal was zu den PGFs!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das greife ich gern auf. Ich bin Parlamentarischer Geschäftsführer und wer will abstreiten, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer in diesem Landtag wirklich viel zu tun haben und sehr viel Verantwortung übernehmen,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

völlig unabhängig von meiner Arbeit, die ich da tue. Wir gehen eben auch nur mit dieser Monatspauschale nach Hause. In anderen Parlamenten wird diese Tätigkeit wesentlich anders entschädigt. Vielleicht können Sie dort auch noch mal einen Vorstoß machen, dann könnte ich vielleicht bei Ihnen sein.

Aber, Herr Brandner, zunächst mal zu der Frage: Steuerpauschalen oder wie auch immer für die Wege. Wir reden hier über Abgeordnete und Abgeordnete sind bekanntlich keine Arbeitnehmer und sind so auch nicht zu vergleichen. Abgeordnete sollen ihr Mandat unabhängig wahrnehmen können. Deswegen kann es eben auch nicht sein, dass ein Finanzamt dann vielleicht genau die Wege, die wir fahren, kontrolliert und uns vorschreibt, was richtig

und was falsch ist. Deswegen stechen einfach Ihre Aussage und Ihr Argument nicht.

(Beifall CDU)

Herr Brandner, ich will auch noch mal eines sagen, weil Sie das jetzt so darstellen, als wäre dieser Abgeordnetenjob so eine Sache für nebenbei. Wenn Sie mal verschiedene Studien und Umfragen studieren, dann werden Sie feststellen, dass die Abgeordneten – egal, ob in diesem Parlament, in anderen Landesparlamenten, im Bundestag – wenigstens zwischen 65 und 80 Stunden die Woche arbeiten. Da sage ich mal: Da muss man sich auch nicht verstecken, wenn es darum geht, dass diese Arbeit angemessen entschädigt wird.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sage ich hier in vollem Bewusstsein. Ich bin schon ein paar Jahre Mitglied dieses Landtags. Ich weiß, wie viel ich arbeite. Ich weiß, was ich leiste, und ich weiß auch, dass ich mich alle fünf Jahre neu stellen muss. Auch das gehört zur individuellen Lebensplanung dazu.

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Wahl- kreis!)

Aber, Herr Brandner, 60 bis 80 Stunden im Monat, wenn man sein Mandat voll ausübt und dabei unterwegs ist – man kann aber auch als Anwalt unterwegs sein, kann sich dann vielleicht noch entschuldigen, wenn so eine Gesetzesvorlage nicht so ganz richtig hier auftaucht. Okay, das können wir Ihnen abnehmen. Aber wenn Sie in Ihrer Argumentation stringent sein wollen, dann sage ich, dann müssen Sie Ihr Anwaltshonorar, das Sie hier mit bis zu 7.000 Euro zu versteuerndes Einkommen im Monat angeben, eben auch auf Ihre Diät anrechnen und dann wäre das ein billiger Abgeordneter. Schönen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich damit die Aussprache schließe.

Wir kommen zur beantragten Ausschussüberweisung, wenn ich es richtig verstanden habe, an den Ausschuss für Justiz, Migration und Verbraucherschutz. Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Migration und Verbraucherschutz ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion sowie des Abgeordneten Gentele. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

(Abg. Brandner)

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2629 ERSTE BERATUNG

Ich frage, ob die Fraktion das Wort zur Begründung wünscht. Und wer? Herr Brandner, bitte schön. So oft, wie Sie heute reden, müssten Sie fast eine Zusatzentschädigung bekommen.

Ich denke auch darüber nach. Ich muss wahrscheinlich Strafarbeiten machen, weil ich so einen blöden Antrag hier eingebracht habe. Aber ich verdiene mir meine Abgeordnetendiäten auch, Herr Emde, wie Sie sehen.

Meine Damen und Herren, anderes Thema, gleichwohl auch sehr wichtig. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Thüringer Ladenöffnungsgesetz in zwei wesentlichen Punkten ändern, also nichts Rassistisches, nichts Populistisches, eine ganz normale Änderung des Ladenöffnungsgesetzes. Das konnten Sie bereits den Medien entnehmen. Die bestehenden Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes sehen vor, dass Verkaufsstellen für Bäcker- oder Konditorwaren, für den Handel mit Blumen, Zeitungen und Zeitschriften sowie selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte an Sonn- und Feiertagen im Zeitraum von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr nur für die Dauer von fünf zusammenhängenden Stunden geöffnet sein dürfen. Im Gegensatz dazu dürfen solche Waren jedoch zum Beispiel an Tankstellen oder in Bahnhöfen ganztägig auch an Sonnund Feiertagen verkauft werden. Gerade aber für traditionelle Bäckereigeschäfte und auch für Blumenläden stellt diese Regelung eindeutig einen Wettbewerbsnachteil dar.

Die AfD-Fraktion möchte mit der Änderung erwirken, dass die Regelung, die die Ladenöffnungszeiten auf fünf Stunden begrenzt, aufgehoben wird. Damit erhalten nämlich auch diese Marktteilnehmer, also die kleinen Betriebe, dann die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, in welchem Umfang sie ihr Geschäft an Sonn- und Feiertagen öffnen wollen.

Auch von Herrn Ramelow – der kriegt ja gar keine Diäten mehr und ist gerade nicht da – sehen wir uns in diesem Ansinnen unterstützt. Sogar er erkannte anlässlich des Innungstreffens der Bäcker im Juni in Weimar an, dass sich etwas ändern müsse, weil diese Fünf-Stunden-Regel aus einer anderen Zeit stamme oder komme, wie er das sagte. Damit dürfte uns, denke ich mal, in diesem Punkt dann die Zustimmung der Koalitionsfraktionen si

cher sein, denn Sie werden wohl nicht gegen Ihren eigenen Ministerpräsidenten stimmen.