Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

Was muss man noch sagen? Die Evaluation und die Gerichtsentscheide, die vorliegen, haben gezeigt, dass das Thüringer Ladenöffnungsgesetz rechtssicher ist. Dass es in erster Linie ein Arbeitsschutzgesetz ist und kein Gesetz zur Umsatzsteigerung, hatten wir auch schon gesagt. Mehr muss man im Grunde genommen hier nicht noch einmal betonen. Es bleibt dabei: Die Koalitionsfraktionen lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Vielleicht noch eine letzte Anmerkung an Arbeitgeber im Bereich des Handels: Zahlen Sie tarifgerecht, dann haben auch Arbeitnehmer mehr davon. Mehr muss man dazu nicht sagen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es liegen jetzt keine weiteren – Herr Abgeordneter Möller, Sie haben noch 1 Minute und 13 Sekunden.

Frau Holzapfel, Frau Leukefeld, es geht eigentlich mehr an Frau Holzapfel. Frau Holzapfel hat auf die Ermächtigungsnorm hingewiesen, aufgrund derer die Landesregierung kraft Verordnung Ausnahmen bei dem Samstagsarbeitsverbot schaffen kann. Das ist richtig. Ganz offensichtlich hat Ministerpräsident Ramelow aufgrund unserer Anregung, aufgrund unseres Gesetzentwurfs und aufgrund der Rückmeldung aus der Wirtschaft auch erkannt, dass es hier Bedarf gibt, Chancengleichheit überhaupt erst einmal herzustellen. Chancengleichheit ist ein wichtiges Thema für die Linken. Wenn man sieht, dass Tankstellen den ganzen Tag öffnen und Bäckereiwaren verkaufen können und die Bäcker können das nicht, dann betrifft das die Chancengleichheit.

(Beifall AfD)

Was ich nicht verstehe, Frau Holzapfel, wenn Sie jetzt schon darauf hinweisen, dass der Verordnungsgeber, die Landesregierung, diese Möglichkeit hat: Warum wollen Sie diese Möglichkeit dem Gesetzgeber, dem Parlament denn nicht auch zubilligen? Das habe ich nicht verstanden. Vielleicht können Sie es noch mal erklären. Ansonsten, denke ich, sind die Argumente ausgetauscht. Danke.

(Beifall AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/2629 in zweiter Beratung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstim

men? Das sind alle anderen Fraktionen aus dem Haus und Abgeordneter Gentele. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich rufe auf den neuen Tagesordnungspunkt 6 a

Thüringer Gesetz zur Änderung bestattungsrechtlicher und waldrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/2169 dazu: Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses - Drucksache 6/2960 dazu: Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3001 ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat zunächst Abgeordneter Kuschel aus dem Innen- und Kommunalausschuss zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf wurde in der 50. Sitzung des Landtags am 19. Mai 2016 erstmals im Landtag beraten und an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen. Der Ausschuss beschloss in seiner 28. Sitzung am 16. Juni 2016, zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung ein mündliches Anhörungsverfahren gemäß § 79 Abs. 1 der Geschäftsordnung durchzuführen. Zugleich beschloss der Ausschuss mehrheitlich, den Gesetzentwurf der Landesregierung vom 20. Juni 2016 bis 15. August 2016 in das Online-Diskussionsforum des Thüringer Landtags einzustellen. In seiner 31. Sitzung am 25. August 2016 führte der Innen- und Kommunalausschuss eine mehrstündige öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durch, an der 20 Anzuhörende teilnahmen. Zudem lagen dem Ausschuss über 20 Zuschriften zum Gesetzentwurf vor. In der Anhörung wurde unter anderem die Frage der Einfriedungspflicht für Friedhöfe wie auch die Frage, ob durch das Zulassen von sogenannten Waldfriedhöfen möglicherweise die Friedhofsgebühren der übrigen Friedhöfe erhöht werden müssten, intensiv erörtert. Im Online-Forum des Thüringer Landtags gingen insgesamt 76 Beiträge ein. In der 32. Sitzung des Innen- und Kommunalausschusses am 22. September 2016 erfolgte die Auswertung der Anhörung. Es bestand Einvernehmen, den Tagesordnungspunkt zu vertagen und in der Sitzung am 3. November 2016 erneut aufzurufen. Der Ausschuss beschloss in seiner 33. Sitzung am 3. No

(Abg. Leukefeld)

vember 2016, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Die Beschlussempfehlung liegt Ihnen nunmehr in Drucksache 6/2960 vor. Ich bitte um Zustimmung. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Beratung und frage: Gibt es Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Rudy, Fraktion der AfD.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Frau Holbe hat sich gemeldet!)

Herr Abgeordneter Fiedler, ich habe es zur Kenntnis genommen.

Sehr geehrte Parlamentspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuschauer! Um wertvolle Parlamentszeit zu sparen, machen wir es ganz kurz: Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu, lehnen aber den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen ab.

Der Gesetzentwurf stellt es Kommunen bzw. Religionsgemeinschaften als Körperschaft des öffentlichen Rechts frei, Waldfriedhöfe einzurichten. Bei einer entsprechenden Nachfrage seitens der Bürgerschaft kann daher Waldbestattung ermöglicht werden. Aufgrund des relativ geringen Anteils derer, die eine Waldbestattung wünschen, kann keine Rede von einer Gefährdung der sonstigen Friedhöfe infolge einer stark abnehmenden Belegung mit der Folge steigender Kosten für den Friedhofsträger sein. Durch die Beteiligung einer Behörde der Regionalplanung wird außerdem vermieden, dass Konkurrenzsituationen zwischen einzelnen Gemeinden entstehen.

(Beifall AfD)

Wie der vorliegende Gesetzentwurf ausführt, hat sich die Bestattungskultur in den letzten Jahren verändert. In Deutschland sind es circa 4 bis 5 Prozent der Bevölkerung, die sich im Wald bestatten lassen möchten. Wir begrüßen ausdrücklich, dass dies den Bürgern durch das Thüringer Gesetz zur Änderung bestattungsrechtlicher und waldrechtlicher Vorschriften ermöglicht wird. So weit, so gut! Doch was Sie mit Ihrem kurz vor knapp vorgelegten Entschließungsantrag vorhaben, kann man nur als eine ideologische Überrumpelungsaktion von RotRot-Grün bezeichnen.

(Beifall AfD)

Keiner, ich betone, keiner der Punkte des Entschließungsantrags außer Punkt 1 a hat jemals Eingang in die Beratung des zuständigen Innen- und Kommunalausschusses gefunden. So etwas ist kei

ne gute parlamentarische Praxis, sondern nichts anderes als der Versuch, durch Überrumpelung die eigene multikulturelle Ideologie durchzusetzen. Punkt 1 b spricht in dieser Hinsicht Bände: sarglose Bestattung, Veränderung von Bestattungsfristen sowie Zurverfügungstellung von Räumen für die rituellen Waschungen – das alles ist nichts anderes als die Islamisierung des Bestattungswesens in Thüringen. Ahmadiyya wirkt!

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Blödsinn!)

Ihr Entschließungsantrag ist ein plumper Versuch zur Überrumpelung zwecks Durchsetzung der eigenen Ideologie und wird von uns abgelehnt. Thüringen muss Thüringen bleiben, das gilt auch und gerade für unsere Bestattungskultur. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Mühlbauer das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin, wenn ich neue Redezeit kriege, würde ich die auch nehmen, ansonsten arbeite ich in der Redezeit auch weiter.

Ich möchte mich zuerst einmal ganz herzlich beim Ministerium bedanken.

(Unruhe CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder, der an der Anhörung teilgenommen hat – und das waren viele Ihrer Kollegen, Herr Thamm war anwesend, viele andere waren auch anwesend –,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da kann man sagen, die Anhörung war gut!)

wird bestätigen, dass diese Anhörung fachlich, sachlich, mit hoher Kompetenz, hohem Sachverstand an der Sache durchgeführt worden ist. Aus diesem Grund herzlichen Dank an das Ministerium, das uns ja den Rahmen für diese Diskussion auch mit ermöglicht hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wir diskutieren die Veränderung des Bestattungswesens ja nicht erst seit gestern, sondern das ist ein legislaturübergreifender Punkt, den Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch jeder für sich selbst, festgestellt haben. Unsere Gesellschaft wandelt sich, unsere Kultur wandelt sich und in unserer Kultur sollten Dinge nicht in Stein gemeißelt sein, die den Bedürfnissen der Menschen nicht entsprechen. Im Land von Goethe und Schiller – darauf darf ich wirklich

(Abg. Kuschel)

noch einmal verweisen –, ist gerade der Naturgedanke in unserer Bevölkerung sehr stark ausgeprägt und nicht, wie manch einer heute hier vermelden mag oder den Anschein erwecken mag, das christlich Geprägte. Nur noch die wenigsten der Thüringer sind kirchlich gebunden. Aber sie haben eine Wertevorstellung und eine Wertediskussion und der letzte Wille

(Unruhe CDU)

Frau Tasch, ich weiß, dass Sie den in Ihrer eigenen Verwandtschaft auch realisiert haben –,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ich nicht!)

der letzte Wille eines Menschen sollte über den Dingen und über den Punkten stehen.

(Unruhe CDU)

Aber lassen Sie mich bitte in sachlicher Form die Änderungen – Herr Fiedler, Sie haben nachher noch genug Zeit – …

Meine Damen und Herren, die Abgeordnete Mühlbauer hat jetzt das Wort.

Bitte lassen Sie mich in sachlicher Form die Änderungen darstellen, die in dem Gesetz stehen. § 27 lässt eine neue Friedhofsform zu: den Bestattungswald, der als Beisetzungsort erkennbar sein muss und der natürlich nur eine Urnenbestattung vorsieht, keine Grabmale – klarer Raum für Wald und für Natur. Die Waldnutzung als Friedhof, als Bestattungswald muss natürlich mit Abstimmung der anderen öffentlichen Stellen genehmigt werden. Und natürlich dürfen nur Kommunen und Kirchen Betreiber von Friedhöfen werden. Wir sind klar gegen eine Privatisierung von Friedhöfen. Und wir haben auch in der gesetzlichen Änderung klargestellt, dass sich Kommunen Dritter bedienen dürfen, Verwaltungshelfer, dass sie dieses selbst betreiben müssen und der Verwaltungshelfer aber ein privater Dritter sein kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dazu sind alle hier einer Meinung: Der Glauben und die Weltanschauungsfreiheiten sind ein wichtiges Grundrecht eines jeden unserer Bürger und deswegen begrüße ich dieses Gesetz heute hier so und werbe um breite Zustimmung in den Bereichen.

Lassen Sie mich bitte noch einmal herzlich bedanken und ein paar Zitate aus der Anhörung bringen. Ich darf hier den Herrn Janus von der evangelischen Kirche zitieren, wenn Sie erlauben, Frau Präsidentin, und Frau Biehl, die zum Waldfriedhof ergänzte: Es seien gute Erfahrungen mit dem Evangelischen Waldfriedhof in Sachsen-Anhalt gesammelt worden. Es seien keine Probleme mit Tieren

und Sonstigem aufgetreten. Der ist akzeptiert und in seiner Abgrenzung klar erkennbar. Abgrenzen kann man nicht nur durch Zäune, sondern Abgrenzen kann man auch durch Beschilderung und Deutlichmachen. Und dieses kam auch komplett in der Anhörung durch, denke ich.

Aber was ist uns weiterhin in der Anhörung klar geworden? In der Anhörung ist uns klar geworden, dass das Thema „Bestattungskultur“ weiter zu diskutieren ist. Deswegen werbe ich um unseren heute hier eingebrachten Entschließungsantrag als Auftakt einer Diskussion, die wir hier zu führen haben. Es ist klar geworden, es ist von der evangelischen Kirche an uns herangetragen worden, dass Grabmäler und Grabsteine zum Teil aus Kinderarbeit stammen, aus ausbeuterischer Arbeit, die klar nach der ILO-Konvention 182 ausgeschlossen wird. Es ist auch klar dargelegt worden, dass die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen, die ja nun nicht von Rot-Rot-Grün in der Landesregierung regiert werden, diesbezüglich auch Regelungen erlassen. Wir haben eine Frist in dem Entschließungsantrag dargelegt, die es uns ermöglicht, zu beobachten, was dort passiert und ob wir damit arbeiten können.