Oder der Ex-Bürgermeister von Worbis-Leinefelde – das ist kein Freund von Rot-Rot-Grün, aber der hat eindeutig gesagt: Macht bitte diese Reform. Worbis-Leinefelde liegt im Raum Landkreis Eichsfeld; also auch dort ist offenbar nicht nur Protest, sondern auch Zustimmung.
Also, meine Damen und Herren, hören Sie auf Ihre Kommunalpolitiker, da sind Sie besser beraten und da füllen Sie die Rolle der Opposition auch besser aus, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Was sagt denn der Landrat Peter Heimrich dazu? Hö- ren Sie mal auf den!)
Effizienz findet immer im Spannungsfeld zwischen kommunaler Demokratie, Bürgernähe und Leistungsangebot statt. Deswegen ist es ja so schwierig, Effizienzpotenziale eindeutig und verallgemeinernd zu entwickeln. Auch da wähle ich ganz bewusst ein einfaches Beispiel, damit die Kolleginnen und Kollegen der CDU es nachvollziehen können. Die preiswerteste, die effizienteste Meldestelle einer Gemeinde ist natürlich die, die vielleicht an einem Tag drei Stunden geöffnet hat. Da kann ich am optimalsten Kosten darstellen. Öffne ich aber die Meldestelle an zwei Tagen, an fünf Tagen und vielleicht sogar am Samstag, um ein Leistungsangebot ständig vorzuhalten, oder entscheide ich mich, dass die Nachfragenden dort nicht eine halbe Stunde warten müssen, sondern nur fünf Minuten, oder nehme ich das Modell wie in Köln, wo es gar keine Öffnungszeiten mehr gibt, sondern wo ich mir vorher einen Termin holen muss mit einem Zeitfenster – das hat alles Auswirkungen auf die Kosten. Insofern müssen wir uns immer mit dieser Frage beschäftigen: Wie viel Service, wie viel Bürgernähe wollen wir? Da ist unsere Erfahrung, dass viele Bürger sagen, sie sind sogar bereit, auf kommunaler Ebene höhere Entgelte oder auch höhere Hebesätze in Kauf zu nehmen, wenn dafür die Verwaltung leistungsfähig ist, wenn sie dort Partner haben, sowohl für die Wirtschaft als auch für Bürgerinnen und Bürger, die auf der Höhe der Zeit sind und wo nicht jede zweite Entscheidung mit Widerspruch belegt wird und dann vor die Verwaltungsgerichte muss. Deshalb darf man nicht von Einsparungen reden, sondern man muss das in einem Kontext mit Leistungsfähigkeit und auch mit Bürgernähe, mit demokratischer Kontrolle und Steuerung sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Vergleich mit Bayern ist natürlich äußerst schwach. Da hätte ich Herrn Mohring etwas Besseres zugetraut. Jeder, der die kommunale Struktur in
Bayern einigermaßen kennt, weiß, dass wir dort einen vierstufigen Verwaltungsaufbau haben und man deshalb natürlich nicht über andere Kreisgrößen debattieren kann. In Bayern gibt es noch Bezirksvertretungen bei den Regierungspräsidien. Die gibt es hier in Thüringen und in den anderen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg nicht. Deshalb kann man das doch nicht eins zu eins vergleichen. Wenn ich natürlich Bezirksvertretungen als vierte Stufe einführe, also Ministerien, Regierungsbezirke mit Bezirksvertretungen, Landkreise und Gemeinden, dann stellen sich bestimmte Strukturfragen einfach anders. Wer das in der Öffentlichkeit ausblendet, erzeugt einen anderen Eindruck und das ist für einen Politiker – auch in Opposition – verantwortungslos.
Da muss man zumindest dazusagen: Liebe Leute, die Alternative ist dann zum Beispiel, dass wir in Thüringen die Mittelbehörden mit eigenen Vertretungen versehen. Darüber kann man doch mal reden. Man kann doch sagen, das Landesverwaltungsamt erhält eine kommunale Vertreterversammlung an die Seite gestellt. Die wählt den Behördenleiter, die bestimmt den Haushalt und die Ausrichtung. Darüber kann man reden. Ich persönlich halte das nicht für sinnvoll. Aber dann würden wir uns dem bayerischen Modell annähern. Wer das nicht macht, erzeugt – wie gesagt – einen falschen Eindruck.
Meine Damen und Herren, es wird immer wieder von der CDU thematisiert, die Landkreise in Thüringen wären leistungsfähig. Die Thüringer Landkreise haben keine eigene Leistungsfähigkeit, sondern leistungsfähig sind die kreisangehörigen Gemeinden. Dort findet das Leben statt. Die Landkreise haben keine Steuerkompetenz, können also keine Steuern einnehmen. 60 Prozent der Einnahmen der Landkreise sind Landeszuweisungen. 85 Prozent der Aufgaben der Landkreise sind übertragener Wirkungskreis, da ist nur die Verwaltung zuständig, keine Befassungskompetenz der Kreistage, nicht einmal ein Informationsrecht. Frau Schweinsburg zelebriert das bis zum Besten. Es gibt keine Informationen zum übertragenen Wirkungskreis, nicht mal an die Kreistagsmitglieder. Es gibt andere Landräte, Landräte bei mir im Ilm-Kreis, Frau Enders, die gibt dem Kreistag auch Informationen zum übertragenen Wirkungskreis. Aber einen gesetzlichen Anspruch haben wir dort nicht.
Die CDU hat doch selbst die Landkreise zu reinen Verwaltungsebenen degradiert, nämlich als sie 1994 die Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion aus der Kommunalordnung gestrichen hat. Die CDU streicht die Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion heraus und faselt jetzt von Selbstverwaltung auf
Kreisebene. Nur noch 1 Prozent der Landkreisaufgaben sind sogenannte freiwillige Aufgaben. Da sind die Musikschulen schon dazugerechnet; bei denen ist strittig, ob das freiwillig oder pflichtig ist. Wenn ich die noch rausrechne, dann sind die freiwilligen Aufgaben unter 1 Prozent. Da kann ich doch nicht mehr von Selbstverwaltung reden.
Die Kreistage sind derzeit nahezu neutralisiert. Sie haben bei entscheidenden Dingen kaum noch ein Mitspracherecht. Thematisiert werden auch die Sparkassen. Da wird ein Horrorszenario entwickelt: Die Sparkassen gehen dem Ende entgegen. Wir haben jetzt schon die Situation, dass wir Zweckverbandssparkassen über Landkreisgrenzen hinweg haben, sehr erfolgreich, wo keiner das Gefühl hat, dass dadurch das Leistungsangebot in Mitleidenschaft gezogen ist. Die größte ist Mittelthüringen mit Weimar, Weimarer Land, Sömmerda, Erfurt.
Oder Krankenhäuser: Da wird die Gefahr beschrieben, dass durch die Kreisgebietsreform die Struktur der Krankenhäuser tangiert wird. Dabei wissen Sie, dass die allgemeine Verwaltungsstruktur und die Krankenhausstruktur höchstens noch mittelbar im Zusammenhang stehen, denn Land, Krankenhausgesellschaft und Kassen verhandeln über die Struktur der Krankenhäuser, über Bettenzahlen und dergleichen. Im Übrigen ist nach meinem Kenntnisstand entschieden, bis 2020 wird weder ein Krankenhaus geschlossen, noch werden Betten in der Summe insgesamt abgebaut. Dass das mal an einem einzelnen Standort so sein kann, ist unstrittig, aber das regelt sich doch – das ist jetzt schlimm beim Gesundheitswesen zu sagen – entsprechend der Bedürfnisse und Nachfragen.
Ähnlich ist es bei der Sparkasse. Meine Sparkasse Arnstadt-Ilmenau hat jetzt die Zweigstelle in Gräfinau-Angstedt geschlossen. Da bin ich als Kreistagsmitglied gar nicht gefragt worden. Da hat der Sparkassenvorstand gesagt: Ja, Kostengründe. Aber die Gebietsreform kann dafür nicht zuständig sein. Oder unser Wunsch, dass am Standort des Bratwurstmuseums in Holzhausen zumindest ein Geldautomat der Sparkasse steht, weil da einer der Volksbank steht und wir sagen, wenn es sich bei der Volksbank lohnt, warum nicht bei der Sparkasse. Da wird mir gesagt: Nein, rechnet sich nicht. Das heißt, auch die Sparkasse entscheidet nach ganz anderen Kriterien, aber doch nicht nach den allgemeinen Verwaltungsstrukturen ihres Trägers. Also liebe Freunde!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kreisstadtfrage: Schauen Sie sich doch mal die Städte in Thüringen an, die seit 1994 kein Kreissitz sind, wie die sich entwickelt haben.
Ich nenne da beispielhaft: Leinefelde-Worbis-, Schmalkalden, Rudolstadt, Zeulenroda-Triebes, Ilmenau. Ist denn dort das Leben stehen geblieben? Wenn ich diese Städte mit anderen Städten vergleiche, kann ich keinen großen Unterschied feststellen. Das heißt, das Image einer Stadt hängt doch nicht ausschließlich vom Kreissitz ab.
Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Hören Sie doch auf! Wenn eine Stadt tatsächlich nur vom Kreissitz abhängig wäre, das wäre eine erbärmliche Stadt. Von daher auch dort eine völlige Überbewertung. Das betrifft auch den Identitätsverlust einer Gemeinde. Wer meint, dass das Image der Stadt Weimar an der Kreisfreiheit hängt – mich hat noch niemand in der ganzen Bundesrepublik oder darüber hinaus gefragt, ob es einen Zusammenhang zwischen Weimar und der Kreisfreiheit gibt. Weimar wird anders wahrgenommen, geschichtlich als europäische Kulturhauptstadt, Bauhaus und dergleichen. Aber noch nie hat mich einer mit der Frage konfrontiert: Ist Weimar nun kreisfrei oder nicht? Weimar zahlt einen hohen Preis für die Kreisfreiheit. Die Mittel fehlen eben für städtische Aufgaben. Kreisfreie Stadt heißt ja nichts anderes, als dass zusätzlich Landkreisaufgaben wahrgenommen werden. Keine Landkreisaufgabe ist kostendeckend. Man muss immer bezuschussen. Die kreisfreien Städte müssen das aus dem eigenen Steueraufkommen realisieren. Das Geld fehlt an anderer Stelle. In Weimar diskutiert man heftig, ob man den Zuschuss für das Kulturfest ab 2019 – 250.000 Euro – streicht, ist aber bereit, jedes Jahr 8 Millionen städtische Mittel für Landkreisaufgaben bereitzustellen. Hinzu kommt die andere Sozialstruktur der kreisfreien Städte – durch die andere Sozialstruktur überdurchschnittliche Sozialausgaben und Ausgaben im Bereich der Jugendhilfe. In einem Landkreis wird das solidarisch nach Leistungsfähigkeit über die Kreisumlage finanziert, in einer kreisfreien Stadt nicht. Insofern sollten das doch die kreisfreien Städte als Chance sehen, weil sie dadurch gestärkt werden und freie Mittel für städtische Aufgaben haben. Hinzu kommt, dass wir natürlich debattieren, dass wir zumindest Kreisaufgaben, die tatsächlich was mit Identität zu tun haben, wie zum Beispiel Schulträgerschaft oder dergleichen, bei den Städten belassen können – was übrigens jetzt schon nach der rechtlichen Lage zulässig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wäre insbesondere noch viel zu den Verwaltungsgemeinschaften zu sagen. Der Vorwurf, wir hätten keine Abwägungen vorgenommen, ist falsch. Wenn wir keine Abwägungen vorgenommen hätten, gäbe es jetzt das Institut der großen Landgemeinde nicht. Das ist das Ergebnis der Abwägung. Da darf ich darauf verweisen, es ist im parlamentarischen Ver
Insofern hat eine intensive Auseinandersetzung auch mit dem Modell der Verbandsgemeinde stattgefunden. Aber wir haben gesagt, die Verbandsgemeinde löst die Strukturprobleme der Verwaltungsgemeinschaft nicht, zum Beispiel das Spannungsverhältnis, dass ich ein mehrfaches Ortsrecht für jede Gemeinde vorhalten muss, was Verwaltungsressourcen bindet, oder dass das Spannungsverhältnis zwischen dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde und dem ehrenamtlichen Bürgermeister der selbstständigen Gemeinde ungelöst ist, weil der Bürgermeister einer Verwaltungsgemeinschaftsmitgliedsgemeinde auch jetzt schon für den Vollzug der Beschlüsse zuständig ist, aber die Vollzugsorgane liegen bei der VG und da gibt es immer wieder Spannungsverluste, Reibungsverluste. Die werden in keinem Haushalt abgebildet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine abschließende Bemerkung noch zu den angekündigten Klagen und dem Vorwurf, die Landesregierung würde jetzt eine Öffentlichkeitskampagne machen. Da muss man natürlich sagen, dass auch alle Aktivitäten, die die CDU auf den Weg bringt, steuerfinanziert sind. Man muss es wenigstens mal sagen.
Es ist nicht so, dass Herr Mohring oder Herr Geibert oder die anderen Abgeordneten das aus ihrer Tasche bezahlen. Das wäre mal eine tolle Idee: Wenn Sie von den Erfolgsaussichten überzeugt sind, können Sie erklären, dass Sie im Fall der Niederlage selbst die Kosten tragen. Darauf kommen Sie auch nicht. Von daher auch die Bitte: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht allzu große Steine nehmen und möglicherweise nur mit Schlagsahne um sich werfen. Der Inhalt der Rede von Herrn Mohring deutet darauf hin, dass er eher der Schlagsahne nahesteht.
Meine Damen und Herren, wir werden sehen, die Diskussionen werden spannend. Wir werden eine Vielzahl von Gesetzen hier im Hause noch beraten müssen. Umfassende Bürgerbeteiligung ist dabei schon in der Verfassung und auch in den Gesetzen vorgeschrieben. Darauf freue ich mich, vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja schade, dass der selbsternannte größte Oppositionsführer aller Zeiten jetzt leider nicht im Plenarsaal ist. Ich hätte ihm das gern persönlich gesagt. Aber mein Eindruck zu dieser Erwiderung auf die Regierungserklärung des Innenministers zum Thema „Kreisgebietsreform“ ist: Es war ein schönes Warmlaufen für den in der nächsten Woche stattfindenden Parteitag der CDU.
Dafür war die Rede ganz gut geeignet, die Parteiseele der CDU zu streicheln und die eigentlichen Probleme des Landes dabei hintanzustellen. Das ist im Übrigen genau die Politik, die bei dem Thema der Gebietsstrukturen in Thüringen in den letzten Jahren, man kann sagen Jahrzehnten, seitens der CDU verfolgt worden ist. Und dass wir heute vor dieser Problematik stehen, mit dieser Wucht und auch mit dieser durchaus nicht in Abrede gestellten Geschwindigkeit vorgehen müssen, hat damit zu tun, dass dieses Problem in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden ist. Daran ändern die hier vielfach beschworenen freiwilligen Gemeindestrukturveränderungen, die wir speziell in der letzten Legislatur auf den Weg gebracht haben, auch nichts.
Wir waren dabei als SPD nicht ganz unbeteiligt. Das habe ich schon oft von diesem Pult aus gesagt, und ich sage das gern auch noch einmal, dass ich auch bereit bin, Asche auf das eigene Haupt zu streuen, weil nicht immer ausschließlich nach den Prinzipien der Freiwilligkeit gehandelt wurde. Keine anderen Kriterien haben gegolten, sondern nur das Prinzip der Freiwilligkeit hat eben heute Strukturen hervorgebracht – vor allem auf der gemeindlichen Ebene –, die uns genau diese Probleme, die wir jetzt haben, verursachen, dass es eben keinen Ausgleich mehr zwischen schwächeren Strukturen im ländlichen Bereich und den Städten gibt. Genau diese Politik hat dazu geführt, und das müssen wir jetzt wirklich mit Vehemenz in Angriff nehmen.
Dazu ist der Vorschlag, und da komme ich auf das eigentliche Thema des heutigen Vormittags zu sprechen. Wenn ich mich recht erinnere, steht in unserer Tagesordnung unter Tagesordnungspunkt 1 „Regierungserklärung des Innenministers zur Kreisgebietsreform“. Gestatten Sie, meine Damen und Herren, dass ich darauf wieder zurückkomme und das auf das eigentliche Thema wieder bringe.
Der Vorschlag zur Neustrukturierung der Landkreise, der vor einigen Wochen – oder so ziemlich genau vor einem Monat – durch den Innenminister vorgelegt worden ist, folgt nach meiner Auffassung
ganz klaren Prinzipien, und zwar den Prinzipien, die wir als Landtag mit Mehrheit hier vor einigen Wochen, vor einigen Monaten beschlossen haben, nämlich mit dem Vorschaltgesetz. Deswegen kann ich nur sagen: Ja, dieser Vorschlag mag in einigen Regionen nicht unbedingt auf positiven Widerhall stoßen. Das verwundert nicht, das ist deutschlandweit ein völlig normaler Vorgang, dass es, wenn Landkreise in ihrer Struktur verändert werden – man kann auch sagen: infrage gestellt werden –, bei den Beteiligten wenig Gegenliebe gibt. Aber nichtsdestotrotz hat die Landesebene, hat eine verantwortungsvolle Landespolitik die Aufgabe, genau diese Verantwortung wahrzunehmen. Und diese Verantwortung nehmen wir wahr.
Wie gesagt, es ist nach ganz klaren Kriterien strukturiert. Ein Kriterium – dann schaut man bitte ins Vorschaltgesetz hinein – ist: keine Zerschneidungen von Landkreisen. Natürlich sind Ausnahmen möglich, aber das Grundprinzip ist erst mal im Gesetz formuliert. Und genau danach richtet sich dieser Vorschlag. Er versucht auch – es gelingt nicht an allen Stellen, das hat aber ganz einfach auch strukturelle Ursachen in der Vergangenheit –, stärkere jetzige Landkreise mit vermeintlich schwächeren so zu vereinigen, dass dort insgesamt eine bessere Entwicklung der gesamten Regionen vonstatten gehen kann. Natürlich, wenn wir in den nördlichen Teil unseres Freistaats schauen: Die Landkreise dort, mit Verlaub, wenn wir uns die Strukturdaten wirklich mal genau anschauen, sie ähneln sich. Sie ähneln sich aber auf einem relativ niedrigen Niveau und deshalb ist es ganz schwierig, dort einen Partner zu finden, der sozusagen das Niveau heben könnte. Also muss man diese Strukturen so zueinander bringen und auch so gezielt – und auch das hat der Innenminister in seiner Pressekonferenz damals deutlich gemacht –, dass man dann auch nicht mit der Gießkanne, aber nach ganz klar strukturell vorgegebenen Prinzipien diese neuen Strukturen dann auch speziellen Hilfen unterzieht. Das ist im Falle für Nordthüringen aus meiner Sicht durchaus angezeigt. Es entstehen andernorts durchaus Gebilde, die sich von ihrer Leistungsfähigkeit, von ihrer Leistungskraft nicht verstecken brauchen. Wenn ich da an die Mitte unseres Freistaats denke mit dem angedachten Zusammenschluss zwischen dem jetzigen Landkreis Gotha und dem Ilm-Kreis, das wird wirklich von der Wirtschaftskraft, von der Steuerkraft der Kommunen, die letztendlich den Landkreis finanzieren müssen, ein Gebilde, bei dem wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach wenig Sorgen machen müssen, genauso wenig, wie bei dem viel kritisierten und mittlerweile viel gescholtenen Vorschlag, was den Süden unseres Freistaats betrifft. Diese vier Körperschaften, die jetzt zum Zusammenschluss vorgeschlagen sind, haben, wenn man wirklich versucht, intensiv und vor allen Dingen halbwegs werturteilsfrei an die Sache heranzugehen, sehr viele
Ähnlichkeiten. Die Wirtschaftsstruktur dieser Region ist in allen vier Körperschaften ausnehmend gut. Das ist die Region mit der höchsten Industriedichte, also Arbeitsplätze pro 1.000 Einwohner in ganz Deutschland. Deswegen macht es schon mal Sinn, allein aufgrund der Wirtschaftsstruktur diesen Zusammenschluss vorzunehmen.
Der zweite Punkt, das ist die touristische Struktur. Das bietet sich ja geradezu an. Aber was haben wir denn in den letzten Jahren erlebt, trotz Regionalverbund Thüringer Wald, den ich da gar nicht in Abrede stellen will und dessen Arbeit ich durchaus zu würdigen weiß? Aber wir haben im Bereich Tourismus bei der Vermarktung beispielsweise unseres geliebten Thüringer Waldes nach wie vor einen solchen Wust an Aktivitäten, die kaum miteinander koordiniert sind. Ich nenne an dieser Stelle gern immer wieder das Beispiel mit der Denkweise: bis zum Schatten oder bis zur Grenze des Schattens des eigenen Kirchturms, was den Tourismus betrifft. Die Region bzw. dieser Landkreis hat die Chance, zum ersten Mal gemeinsam neben dem jetzt von der Landesregierung durch das Wirtschaftsministerium vorgestellten Tourismuskonzept Thüringer Wald – das muss man zusammen sehen, das muss man zusammen denken – auch eine gemeinsame Vermarktungsstrategie auf den Weg zu bringen, um auf dem touristischen Sektor deutlich Fortschritte zu machen.
Denn schauen Sie sich die Zahlen an: Seit mittlerweile drei Jahren hintereinander gibt es deutliche Übernachtungszahleneinbrüche im Bereich des Thüringer Waldes und das hat seine Ursachen nicht zuletzt auch in unseren Strukturen.
Der dritte Punkt, was den Süden betrifft: Auch die durchaus vorhandene landsmannschaftliche Zusammengehörigkeit – ich will das nicht unbedingt an allererste Stelle stellen, aber es gehört eben auch dazu gesagt – spielt da eine ganz große Rolle und ich kann mir für diese Region vorstellen, dass sie ein ganz starker Teil unseres Freistaats in der Zukunft sein wird.
Schauen wir in den östlichen Teil unseres Freistaats. Der vorgeschlagene Zusammenschluss des Altenburger Landes mit dem Landkreis Greiz und
der Stadt Gera macht auch aus strukturpolitischer Hinsicht sehr viel Sinn, meine Damen und Herren. Und warum auch das Thema „Kreisfreiheit“, und da kann man auch die Überleitung zu Weimar gleich nahtlos anschließen, warum das Ganze Sinn
macht, hat der Kollege Kuschel hier an dieser Stelle meiner Ansicht nach schon anschaulich dargelegt. Ich will es aber gerne noch einmal wiederholen. Ich will es vielleicht ein bisschen anders formulieren. Kreisfreiheit wird, so nehme ich das zurzeit wahr, als ein Symbol verstanden, als eine Besonderheit der jeweiligen Städte. Natürlich kann man Besonderheiten unserer Städte durchaus herleiten. Da hat Gera seine Besonderheiten, Weimar erst recht – das will gar keiner in Abrede stellen, völlig klar. Aber ich sage es ganz deutlich: Kreisfreiheit muss man sich auch leisten können.