Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf welchem schmalen Pfad Sie in Ihrer Argumentation stehen, zeigt ein Blick in den deutschen Duden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Höcke hat angezweifelt, dass es klar sei, was Ethnozentrismus ist, und unter anderem damit diesem Thüringen-Monitor Wissenschaftlichkeit abgesprochen. Im Duden – und ich glaube, dass wir uns alle darauf einigen können, dass Definitionen, die im Duden gegeben sind, als allgemeingültig und verständlich angesehen werden können – kann man Folgendes lesen, meine sehr verehrten Damen und Herren: „Ethnozentrismus: Form des Nationalismus, bei der das eigene Volk (die eigene Nation) als Mittelpunkt und zugleich als gegenüber anderen Völkern überlegen angesehen wird“. Was davon verstehen Sie nicht?
Was davon wollen Sie nicht annehmen, dass Wissenschaftler mit dieser ganz einfachen Definition arbeiten?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer seine Rede damit abschließt – mit totaler Grenzöffnung, Staatsauflösung, Demokratiefeindlichkeit der Altparteien –, der bläst genau in dieses Horn.
Eigentlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollte ich anders anfangen, und zwar mit einem Blick auf den gestrigen Abend. Wir haben gestern auf der Wartburg des Thesenanschlags vor 500 Jahren gedacht, nämlich des Thesenanschlags von Martin Luther. Wenn man der Erzbischöfin aus Schweden gut zugehört hat, dann hat man davon erfahren können, dass es in dieser Reformation, die
von Martin Luther ganz maßgeblich geprägt wurde, ganz viel um Bildung, ganz viel um Freiheit, ganz viel um die Frage ging, wie ein moderner Staat, wie wir ihn heute verstehen, nämlich mit der Trennung von Glauben und Religion sowie Staat auf der anderen Seite, geprägt worden ist. Das war ein wesentlicher Punkt. Ganz wesentlich war aber auch die Leistung von Martin Luther, dass er zu den Menschen gesprochen hat und aufgeschrieben hat, was dann hundertfach gedruckt wurde, vielleicht auch tausendfach, es war nämlich seine Sprache. Es war seine einfache Sprache, mit der er Menschen erklären wollte und die Menschen zu mündigen Bürgern machen wollte. Schaut man auf das Ergebnis des Thüringen-Monitors, wenn wir heute darüber diskutieren, könnte man fix sagen: Na ja, in dem Thüringen-Monitor ist eigentlich dem vermeintlichen Widerspruch oder der besonderen Bedeutung der polarisierten öffentlichen Debatte und der Ambivalenz in jedem Einzelnen persönlich Rechnung getragen worden. Das bearbeitet dieser Thüringen-Monitor. Aber so, meine sehr verehrten Damen und Herren, sprechen ja nur wir hier in diesem Landtag. Deshalb will ich heute versuchen – vielleicht mache ich das in Zukunft, vielleicht funktioniert das dann auch –, mich mit einer sehr einfachen Sprache diesen beiden Elementen, dem, was der Thüringen-Monitor uns hier sagen will, zu widmen.
Der Thüringen-Monitor – ich glaube, das ist heute schon deutlich geworden – ist eine Umfrage, die jährlich durchgeführt wird und uns dadurch viel Wissen über die Einstellungen geben kann. Mit diesem Thüringen-Monitor sollen die Einstellungen der Menschen in Thüringen abgefragt werden, insbesondere zu extremen, ganz besonders zu rechtsextremen Einstellungen. Das war auch der Beginn, das wurde hier schon gesagt.
Was meinen die Wissenschaftler, wenn sie über „polarisierte Debatte“ reden? Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass viele Menschen immer wütender werden, wenn sie miteinander in diesem Land diskutieren. Man kann das, glaube ich, vor der Tür hören. Die einen sagen: Ich finde nicht gut, dass du geflüchteten Menschen helfen willst. Die anderen sagen: Ich finde nicht gut, wie du darüber denkst, denn in diesem Land gibt es Gesetze, die schreiben es vor, dass jeder Mensch, der als Geflohener zu uns kommt, bleiben darf, und an Gesetze muss man sich halten. Manche sagen: Ich habe aber Angst und keiner sagt mir, du musst keine Angst haben, weil wir uns doch um alles kümmern. Die anderen sagen: Doch, es kümmern sich viele Menschen darum und das ist auch gut so. Letztere Aussage scheint vom Thüringen-Monitor auch gedeckt zu sein, weil die wenigsten Menschen in Thüringen Angst vor einer sogenannten Überfremdung haben, sondern die Überfremdung eher
Oft wird aber auch darüber gestritten, was in diesem Land richtig und falsch oder gut und böse ist. Es wird so heftig darüber gestritten, dass man glauben könnte, dass dies in unserem Land nicht mehr klar ist. Beispielsweise die AfD und einige andere haben gesagt, die Guten sind doch gar nicht die Guten, weil sie nur behaupten, Gutes zu tun, aber das Böse und das Falsche tun. Sie haben sich dafür auch einen Namen ausgedacht: Das sind die „Gutmenschen“. Andere haben sich ein anderes Wort ausgedacht: Das sind die „Dunkeldeutschen“. Und sie sagen: Böse ist, wer Böses tut und Böses sagt. Das klingt erst einmal logischer, aber ich will das gleich sagen: So einfach, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste, ist das natürlich nicht. Vielleicht müssen wir uns wieder – und das will ich heute hier auch an dieser Stelle tun – eher den Zahlen und Fakten – und dafür ist so ein Thüringen-Monitor gut eingesetztes Geld und dafür ist so ein Thüringen-Monitor ein guter Anlass – zuwenden und sie ansehen, aber wir müssen noch viel mehr darüber diskutieren, was uns wichtig ist. Eine solche Debatte um „was uns wichtig ist“ kann man sehr leicht als Wertediskussion oder Wertedebatte bezeichnen. Diese Debatte lohnt sich immer wieder zu führen. Auch diese Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann hervorragend an diesem Thüringen-Monitor geführt werden.
Was, meine ich, ist richtig? Ich meine, wir Grünen meinen: Jeder soll hier leben und glücklich werden können, egal woher er oder sie kommen, egal woran sie oder er glauben. Das ist uns wichtig.
Das ist einer der wichtigsten Werte, den wir verteidigen wollen. Ich erlebe den Thüringen-Monitor so, ich finde in dem Thüringen-Monitor, dass die meisten Menschen hier in Thüringen das auch so wollen, denn sie wollen ein Einwanderungsgesetz. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, soll dann helfen, Menschen diese Chance auch zu geben.
Wenn wir über die polarisierte Debatte reden, meinen die Wissenschaftler aber noch etwas anderes, denn sie haben uns ins Stammbuch geschrieben, dass viele Menschen nicht gut finden, wie wir Politiker miteinander umgehen. Viele Menschen sagen: Ihr streitet euch um sinnlose Dinge, die überhaupt keine Relevanz für unser Leben haben. Ja! Ich will damit selbstkritisch anfangen. Wir Grüne sollten weniger komplizierte Erklärungen für Alltägliches suchen. Das mit dem „Gender-Star“ versteht auch kein Mensch, obwohl es eine wichtige Debatte ist, aber es versteht uns keiner. Außerdem finden die Menschen, dass wir Grüne viel zu viel verbieten. Ob das so ist oder nicht, kann man noch diskutie
ren, aber sie verstehen es so, und daran sollten wir arbeiten. Ich finde aber auch, dass Björn Höcke aufhören muss, wie ein böser Zauberer zu sprechen, weil er damit Menschen Angst macht, Angst machen will.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man darf auch nicht erzählen, dass in diesem Land niemand mehr die eigene Meinung ausdrücken kann, obwohl wir gerade erleben, dass das vor der Tür viel lauter, als wir das hier im Landtag tun, natürlich möglich ist, dass das an allen Stammtischen in diesem Land möglich ist und dass man das überall – auch in diesem Plenum – sagen kann. Das Einzige, das Ihnen dabei offensichtlich nicht zu gefallen scheint, ist, dass Sie dafür Widerspruch von uns ernten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber auch die CDU darf so gemeine Sachen wie gestern, nämlich „Ihr versaut unser Land“ oder „Ihr redet mit den Leuten zwar nett, habt aber ein Messer hinter dem Rücken“, nicht sagen, weil das nämlich nicht wahr ist und weil man solche Worte auch in diesem Plenum nicht sagt.
Es ist nicht in Ordnung, Kollegen zu denunzieren, obwohl man genau weiß, Herr Mohring, dass sich die Fraktionsvorsitzenden der SPD, der Linken und der Grünen niemals die Buchstabenkombination, die Sie und alle Ihre Kollegen massenhaft ins Internet geschrieben haben, selbst reingeschrieben haben, zu eigen machen würden. Wir haben beim letzten Plenum ein Foto von uns gemacht und in der Struktur des Hintergrunds hat jemand eine – diese – Buchstabenkombination hineingesetzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als wir es gepostet haben, hat niemand von uns dreien das gewusst. Wider besseres Wissen – und Sie wissen das – zu behaupten, dass ein guter, konservativer Sozialdemokrat, ein GdP-Mitglied und die Tochter eines Kriminalisten das tun würden, das ist Denunziation. So etwas darf man nicht tun, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man darf auch der Mehrheit in diesem Parlament nicht die Legitimation absprechen, nur weil man selbst gerade nicht die Mehrheit hat.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, man darf der Bevölkerung auch nicht erzählen, dass Anträge der Opposition dafür gemacht und hier gestellt werden, dass sie dann tatsächlich auch angenommen werden. Das ist in keinem Parlament dieser Welt so, sondern die Anträge der Opposition sind gut dafür und wichtig dafür, dass gezeigt wird, man könnte es auch anders machen, als es die regierungstragenden Fraktionen tun, aber es geht nicht darum, dass das dann eins zu eins übernommen wird. Jeder weiß das, Herr Grob, und Sie auch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die innere Ambivalenz ist auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hier untersucht worden. Das meint für meine Begriffe, dass wir alle mal gemein sind, dass wir alle mal gute Sachen tun. Das ist auch gut so. Ich finde, wir sollten auch nicht zu schnell übereinander urteilen. Aber wir müssen das ansprechen und wir müssen das zur Diskussion stellen. Viele Menschen finden, wer vor einem Krieg – und das finde ich gut, dass das in Thüringen alle oder der überwiegende, große Teil so findet – oder großer Armut flieht, soll hier aufgenommen werden. Wir müssen erkennen, dass sich die Menschen wünschen, dass sie danach auch gehen, wenn der Asylgrund entfallen ist. Gleichzeitig finden die Menschen – und auch das finde ich gut –, dass Geflüchtete danach auch gern wiederkommen können, wenn sie sich auf ein anderes Gesetz berufen. Das Problem ist nur, dass es dieses Gesetz, nämlich ein echtes Einwanderungsgesetz, leider nicht gibt. Wir Grüne wollen ein solches Gesetz. Wir halten es für sehr wichtig, dass es dieses Gesetz endlich gibt. Wir kämpfen, Herr Kießling, seit so vielen Jahren dafür, da gab es – wie es Ihr Vorsitzender gerade gesagt hat – die AfD wirklich noch nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so ein Gesetz ist aber wichtig und wir wollen das machen und wir freuen uns darauf, das mit den Menschen auf der Bundesebene durchzusetzen, die sich auch hinter die Forderung stellen. Wir brauchen endlich ein Einwanderungsgesetz. Dabei werden wir noch viele Fragen klären müssen, nämlich auch die Frage, die dabei sehr entscheidend ist, ob dann jeder kommen darf oder nur diejenigen, die etwas können, was hier niemand kann oder hier nur wenige
können. Wir Grüne meinen, es müsste jeder kommen dürfen, weil wir ja vorher nicht wissen können, was die Leute können, und wir wissen auch nicht, ob sie es vielleicht lernen und damit unserem Land Gutes tun.
Im Thüringen-Monitor stehen noch viele wichtige und kluge Sachen, die der Ministerpräsident und meine Vorredner von SPD und Linke hier auch schon gesagt haben, zum Teil auch von der CDU, das will ich ganz deutlich sagen.
Für uns Grüne will ich die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zusammenfassen. Die Menschen in Thüringen wollen gut und in Sicherheit leben. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass der falsche Stellenabbaupfad der CDU bei der Polizei ausgesetzt wird. Deshalb haben wir das bisher auch so gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Landesregierung hat das mit den geflüchteten Menschen ziemlich gut gemacht und dafür darf man Dieter Lauinger, dem zuständigen Minister, auch einmal Danke sagen.
(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wenigstens der Ministerpräsident hat erkannt, dass es die Kommunen waren!)
Die Menschen in Thüringen haben vor allen Dingen, Herr Emde, Herr PGF der CDU, gesagt, die Thüringer Landesregierung hat das auf jeden Fall besser gemacht – und das hat sie auch wirklich gesagt, als Landesregierung – als die Bundesregierung, bei der Sie die Spitze stellen. Auch das, glaube ich, muss man wahrnehmen und bereit sein ernst zu nehmen. Darüber muss man auch einmal nachdenken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Thüringer wollen die Menschen, die verfolgt sind, aufnehmen und nicht wieder wegschicken, sondern ihnen hier auch eine Bleibeperspektive geben. Die Thüringerinnen und Thüringer wollen ein Gesetz, mit dem man das ermöglicht. Dieses Gesetz, so wollen wir, soll nicht nur ein Gesetz für die Schlauen und Guten sein, sondern es soll für jedermann