c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Durch angemessene Rente Altersarmut in Thüringen verhindern“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3151
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, das ist ja ein sehr guter Übergang, denn – ich denke, das können Sie sicher bestätigen, Frau Ministerin – wenn es eine gute Krankenhausreform, eine gute Krankenhausplanung gibt, gute medizinische Versorgung, ist das auch ein guter Garant, um wirklich in die Rente zu kommen und auch im Alter noch was von der Rente zu haben.
Hier wäre ich schon bei unserem Thema. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, werte Kolleginnen und Kollegen, aber bei mir in den Wahlkreisbüros, in den Sprechstunden mehren sich in den letzten Tagen die Stimmen der Personen, die kommen und meinen: Was ist denn los beim Thema „Rente“? Gehen wir auf Wahlkampf zu? Ich höre jeden Tag neue Diskussionen, neue Inhalte, die aus Berlin kommen und die, wenn sie so umgesetzt würden – so ist die Auffassung der Bürgerinnen und Bürger –,leider nichts Gutes bringen. An der Stelle habe ich ausdrücklich zugesagt, das Thema auch hier im Landtag noch mal zu thematisieren, denn es geht wohl jeden Thüringer und jede Thüringerin was an. Da wird versprochen, die Steuern nicht zu erhöhen. Da wird zugesagt, an der Rentenschraube doch etwas zu schrauben, und es heißt, wir sind im Bundestagswahlkampf. Frau Nahles hat in den letzten Tagen ihr Konzept vorgelegt. Sie hat dargelegt, dass sie 46 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens als Rente anstrebt, das soll die untere Sicherungslinie bei der Rente sein.
Da sind wir genau bei dem Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, 46 Prozent hat nichts mit Armutsverhinderung zu tun, sondern nach Auffassung der Linken ist das genau das Thema zur Armutsverstetigung beim Thema „Rente“.
Hier helfen uns keine roten Haltelinien, sondern wir brauchen den Weg zurück zu 53 Prozent. Gesetzliche Rente – das haben wir alle mal gelernt – soll im Alter zum Leben reichen. Das, was jetzt auf den Weg gebracht werden soll oder was diskutiert wird, reicht bei Weitem nicht. Ich mache es an ein paar Zahlen fest. In Thüringen haben im Moment rund 560.000 Bezieherinnen und Bezieher eine Altersrente, mehr als 65.000 Menschen bekommen Erwerbsminderungsrente, aber auch 15.600 erhalten eine Grundsicherung. Das sind Zahlen aus dem Jahr 2015. Zahlen belegen aber auch, im Jahr 2014 gab es in Thüringen 21.600 Personen, die über das 65. Lebensjahr hinaus gearbeitet haben, davon hat immerhin jeder Zehnte zwischen dem 65. und 70. Lebensjahr einfach zur Rente dazuverdient. Sicher gibt es den einen oder anderen, der damit versucht einfach etwas rauszukommen, seine Arbeitskraft noch ein bisschen zur Verfügung zu stellen, aber die meisten müssen einfach dazuverdienen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir als Linke fordern auch die Thüringer Landesregierung ganz explizit auf, sich im Bundesrat in den nächsten Jahren beim Thema „Rente“ starkzumachen. Wir brauchen wieder den Zugang zu 53 Prozent der Nettoeinkünfte, was die Rentenzahlung anbelangt. Wir brauchen eine Anhebung des Rentenniveaus, damit man wirklich im Alter von der Rente leben kann. Wir stehen dafür, dass die Kürzungsfaktoren in der Berechnungsformel bei der Rente endlich wieder aufgehoben werden, und die Ost- und Westrente müssen in einem fairen Verfahren endlich angeglichen werden. Wir haben nicht noch mal zehn Jahre Zeit, wie es jetzt von der Kanzlerin zu hören war.
Des Weiteren sage ich auch eindeutig, wir brauchen keine Erhöhung des Eintrittsalters in die Altersrente von 67plus bis hin zu 70 Jahren, wie es uns so manche Yuppies gern deutlich machen wollen,
sondern wir brauchen wirklich ein Renteneintrittsalter, das dafür Garant ist, dass man später im Rentenalter noch was vom Leben hat. Wir brauchen eine Mindestrente von 1.050 Euro sowie einen Mindestlohn von 12 Euro, um dahin zu kommen.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Wir haben ein Einnahmeproblem bei der Rente und das muss geklärt werden. Wir brauchen einfach mehr Personen, die ins Rentensystem einzahlen, um somit die Rentenkassen zu füllen. Das heißt, wir als Abgeordne
te, die Selbstständigen, die Handwerkerinnen und Handwerker sollten endlich einzahlen und somit hätten wir dann auch vollere Rentenkassen als bisher und könnten endlich das, was der Bürger und die Bürgerin
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer, derzeit haben 3 Prozent der Rentner in Deutschland weniger Einkünfte, als sie zum Leben brauchen und benötigen und erhalten Grundsicherung vom Staat, wie im Wesentlichen von Frau Stange schon gesagt. Diese Zahl könnte sich bis auf 6 Prozent im Jahr 2030 erhöhen. Das sollte natürlich nicht unser Ziel sein und wir sollten alles daran setzen, dies zu vermeiden, und Lösungswege finden.
Ja, eine angemessene Rente würde Altersarmut verhindern. Aber wo liegt eine angemessene Rente? Sie sagten 1.050 – ich habe mir aufgeschrieben, sind es 1.000, sind es 2.000 Euro? Ich weiß es nicht. Aber dies kann keiner mit Sicherheit sagen. Was aber mit Sicherheit gesagt werden kann, ist, dass ein Mensch, der sein Leben lang gearbeitet hat, auch von seiner Rente leben können sollte.
Mit diesem Grundsatzgedanken ist die Bundesregierung in die Gespräche über die Rentenreform gegangen und hat auch lange gebraucht, um eine Lösung zu finden. Andrea Nahles’ Konzept sieht nun vor, dass die Beiträge nicht über 25 Prozent steigen sollen und das Rentenniveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent sinken soll. Dieser Lösungsansatz ist manchen – das haben Sie gesagt – nicht genug. Aber, meine Damen und Herren, die Rente muss auch unter den schwierigen Bedingungen des demografischen Wandels, wie er sich momentan darstellt, erwirtschaftet werden. Da ist die Bundesregierung mit Augenmaß, Verantwortung und den bekannten Zahlen herangegangen. Denn hier steht auch die Belastung der jüngeren Generation zur Diskussion, die diese Renten erwirtschaften muss. Heute stehen 100 Erwerbstätigen 35 Ruheständler
gegenüber. Im Jahre 2040 werden es 58 Ruheständler auf 100 Erwerbstätige sein. Eine Lösung wären mehr Kinder, die wiederum für die Zukunft mehr Beitragszahler bedeuteten. Aber ist es allein ein politisches Versagen, dass sich heute immer mehr Menschen gegen Kinder entscheiden? Ich glaube nicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn immer wieder gesagt wird, die Rente wird in den nächsten Jahren sinken, so ist das aus meiner Sicht ein falsches Schlagwort. Denn eine Rentenkürzung ist per Gesetz ausgeschlossen. Vielmehr ist es richtig, dass die Renten langsamer steigen werden als das Arbeitseinkommen. Aber die Union macht sich auf Bundesebene auch Gedanken über den Ausgleich für alleinerziehende Mütter und Väter. So wurde beispielsweise die Mütterrente eingeführt. Eine aktuelle Forderung ist hier die Gleichbehandlung der Eltern mit Kindern, die vor 1992 geboren oder nach 1992 geboren wurden. Diese sollen, geht es nach der Frauenunion, alle drei Rentenpunkte pro Kind erhalten und nicht wie bisher zwei oder drei. Die Lebensleistung aller ist auf das gleiche Niveau zu stellen. Der Freibetrag bei der Einkommensanrechnung auf die Hinterbliebenenrente sollte ebenfalls erhöht werden. Dies ist ebenso eine Möglichkeit, die Situation zu verbessern.
Wenn wir über Altersarmut sprechen, sind leider der überwiegende Teil der Betroffenen Frauen und Alleinerziehende. Deshalb müssen der weitere Ausbau und die Flexibilisierung der Kinderbetreuung weiterhin ein wichtiges Ziel sein. Auch weitere Möglichkeiten, Beruf und Kindererziehung besser zu vereinbaren, müssen konsequenter ausgeschöpft werden.
Die drei Säulen der Rente, wie sie in den letzten Jahren vorangetrieben wurde, müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Die staatliche Rente wurde bereits aktuell in einen Zielrahmen gestellt. Die Betriebsrente soll ebenfalls gestärkt werden und auch für Kleinunternehmen attraktiv gemacht werden. Die dritte Säule, die private Vorsorge, sollte ganz neu überdacht werden. Denn die Niedrigzinspolitik der EZB und der Verfall auf dem Kapitalmarkt haben dazu geführt, dass viele hinter den ihnen versprochenen Erträgen und damit der Stärkung ihrer Renten zurückbleiben oder diese ganz ausbleibt.
Zum Schluss möchte ich denen sagen, die heute ohne Arbeit sind: Nutzen Sie jetzt alle Chancen, die sich aus der Situation am Arbeitsmarkt ergeben, allein oder mit Hilfe vom Staat, Ihre Situation zu verbessern und zu verändern. Auch die Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz und Schulabgänger haben heute bessere Möglichkeiten denn je, einen Beruf oder sogar ihre Wunschausbildung auszuüben und mit einem erfolgreichen Abschluss in Schule und
Beruf ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten und damit auch für ihr Alter vorzusorgen. Es wird am Ende immer so sein, dass jeder Einzelne für sein Leben Verantwortung trägt
und die staatlichen Absicherungssysteme die Grundlagen auch in der Rente bilden und wir selbst ergänzende Möglichkeiten nutzen sollten, um unseren Erwartungen für das Alter gerecht zu werden.
Wir sollten uns aber auch darüber Gedanken machen, wie wir die Menschen dazu bewegen können, sich bereits frühzeitig mit dem Thema „Rente“ auseinanderzusetzen und für sich selbst zusätzliche Vorsorge für die Zeit nach dem aktiven Arbeitsleben zu betreiben. Danke.
Danke schön, Herr Thamm. Als Nächste hat Abgeordnete Pfefferlein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, die Aktuelle Stunde von der Linken ist aktuell, weil die Debatte um ein gutes und sicheres Rentenkonzept immer wieder neu geführt wird und weil sich die Große Koalition in den letzten Wochen nur auf ein paar Eckpunkte einigen konnte. Ein großer Teil der Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger noch immer haben, wurde nicht abschließend gelöst. Deshalb wird das Thema sicherlich auch den Bundestagswahlkampf bestimmen, der für meine Begriffe dazu auch schon begonnen hat.
Es gibt eine Debatte um die staatliche und um die private Rente und ob diese Formate ausreichen, um eine Mindestsicherung an Lebensstandard zu gewährleisten, damit diese Menschen eben nicht in die Armut abrutschen bzw. auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Die aktuellen Zahlen legen auch einen Handlungsbedarf nahe. Laut DPA ist die Zahl von Empfängern von Grundsicherung im Alter bei verminderter Erwerbsfähigkeit gestiegen. Circa eine Million Menschen in Deutschland bezog Ende vergangenen Jahres diese Form der Sozialhilfe, so viele wie nie seit der Einführung 2003. Wir sind hier aber bei einem bundespolitischen Thema, welches auch auf Bundesebene gelöst werden kann.
Die Lösung liegt aus grüner Sicht zum einen auf der Einkommensseite mit der Einführung des Mindestlohns. Damit ist ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. Dieser müsste natürlich noch höher liegen. Zum Zweiten liegt eine Lösung
in der Verbesserung bzw. Nachsteuerung bei den betrieblichen und privaten Renten. Als Drittes liegt aus grüner Sicht die Lösung bei einer Garantierente, die in irgendeiner Form jeder und jedem ermöglicht werden sollte. Sie soll sicherstellen, dass auch Geringverdienende, Erwerbstätige in Teilzeit oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien als langjährig Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung im Alter nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Darauf müssen sich Bürgerinnen und Bürger verlassen können.
Wir benötigen flexiblere Übergangsmöglichkeiten in den Ruhestand und mehr Schutz der Menschen, die nicht bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können. Wir setzen uns dafür ein, dass alle maßgeblichen Größen zur Berechnung der Rente kurzfristig vereinheitlicht werden; das heißt, dass es keine Unterschiede mehr bei Ost- und Westrenten geben darf.
Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, die die Erwerbsarbeit von Frauen begünstigen und zur partnerschaftlichen Aufteilung der Sorge und Erwerbstätigkeit anregen. Wir brauchen einen Rentenfahrplan, der auf Planungssicherheit, Stabilität und Generationengerechtigkeit setzt. Der derzeitige rentenpolitische Kurs vom Bund bietet keine umfassende Lösung an, sondern geht zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, die ungelöste Rentenfrage ist eine tickende Zeitbombe, die das Potenzial besitzt, unsere sowieso schon fragile Gesellschaft vollends zu zerstören. Rente ist kein Almosen im Alter, die Rente ist der Verdienst eines Erwerbslebens. Wer sein Leben lag hart gearbeitet hat, der hat einen Anspruch auf Rente im Alter, die auskömmlich ist.
Die Rente, meine Damen und Herren, ist ein Grundrecht in einer auf das Wohl aller hinarbeitenden solidarischen Gemeinschaft. Und doch ist für die zukünftigen Generationen in diesem Land nichts so unsicher wie die Rente. Von Norbert Blüms Versprechen „Die Rente ist sicher“, sehr geehrte Kollegen von der CDU, ist nichts mehr übrig geblieben. Wenn die Generation der Babyboomer demnächst in Rente geht, wird ein Großteil von ihnen eine Rente beziehen, die unterhalb des Exis
tenzminimums liegt. Und das, obwohl all diese Menschen ein Leben lang hart dafür gearbeitet haben. Das ist das Ergebnis christdemokratischer und rot-grüner Wirtschafts- und Sozialpolitik. Dieses Ergebnis ist ein Skandal.
Meine sehr verehrten Kollegen Abgeordneten von den Altfraktionen, Ihre Politik – und ich muss alle ansprechen – hat Niedriglöhne und Minijobs hervorgebracht. Sie hat zu einer sozialen Spaltung der Gesellschaft geführt. Die Mittelschicht schrumpft immer weiter. Dazu antiproportional wächst der Reichtum einiger Weniger immer mehr an.
Das Ergebnis – und das ist das Ergebnis einer von Ihnen – und zwar von Ihnen allen – zu verantwortenden neoliberalen Ausbeutungspolitik.